Das Grabmal des Unbekannten Freundes

Gestern habe ich auf der Straße jemanden gesehen, den ich fast sehr gut kannte. Es war ein Mann mit einem freundlichen und interessanten Gesicht. Schade, daß wir uns nicht schon früher begegnet sind. Wir hätten sehr enge Freunde sein können, wenn wir uns schon früher begegnet wären. Als ich ihn sah, hatte ich fast das Gefühl, ich sollte stehenbleiben und ihm vorschlagen, daß wir zusammen etwas trinken und uns über alte Zeiten, gemeinsame Freunde und Bekannte unterhalten: Was ist denn aus Soundso geworden? Und weißt du noch die Nacht, in der wir...?
Der einzige Haken dabei war, daß wir keine alten Zeiten miteinander verbracht hatten, über die wir hätten reden können, weil man dazu erst einmal jemanden kennen muß.
Der Mann ging ohne ein Zeichen des Erkennens an mir vorbei. Auch mein Gesicht blieb unbewegt, aber ich hatte das Gefühl, als würde ich ihn fast kennen. Es war wirklich schade, aber das einzige, was uns davon abhielt, gute Freunde zu sein, war der blödsinnige Umstand, daß wir uns nie kennengelernt hatten.
Wir verschwanden beide in verschiedene Richtungen, und damit war jede Möglichkeit, Freundschaft zu schließen, zunichte gemacht.

(Richard Brautigan)

hi,
und das ist auch gut so,

stell dir mal vor, du bist einem eventuellen exhibitionisten begegnet, vielleicht jemandem, der gerade seine verblödete tussi, die für ihn auch noch kocht und putzt, genüsslich verprügelt hat...

der umstand war nicht blödsinnig, sondern von der rettenden vorhersehung gesandt :-)))

das hätte m.e. auf dem grabstein stehen sollen *ggg*

Ach pilli,

deine Phantasie möchte ich *nicht* haben...

Mich haben diese Zeilen berührt, nicht unter dem Aspekt "Frau trifft Mann" oder "Mann trifft Frau" oder umgekehrt oder auch nicht, sondern:

Wie viele Menschen laufen wohl herum, mit denen man sich sehr gut verstehen würde, wozu man aber nie die Gelegenheit hat, weil man sie zufällig gerade NICHT kennenlernt?

Das Internet und solche Foren wie dieses hier bieten meiner Meinung nach eine gute Gelegenheit, auch dem "Unbekannten Freund" eine Chance zu geben.
Jetzt kann ich z.B. mit Felix in der kleinen Kneipe auf den FCB anstoßen, obwohl ich ihn nie getroffen habe, oder für Wanda Kaffee kochen oder ...

Ich find das nett.

hi dorisW,

sind "zufallbekanntschaften" und "freunde" nicht zwei paar schuhe?

ich differenziere das sehr stark, denn "freund" zu werden, das geht me.e. nicht im vorübergehen, dazu bedarf es viel gemeinsam erlebtes, zu öberflächlich wird oft so gerne der name "freund"/"freundin" genannt. selbst eine zeitschrift hat sich diesen namen auf`s etikett geschrieben, recht verkaufsförderlich, denke ich. auch virtuell "anstossen" oder "Kaffee kochen" kann sehr nett sein, aber bedeutet doch nicht, dass mann/frau jetzt "freunde" sind?

goethe`s gedicht "freundliches begegnen" zeigt eine möglichkeit auf, "mehr draus zu machen... *gg*",

Ach so, klar,
Pilli: ""freund" zu werden, das geht me.e. nicht im vorübergehen, dazu bedarf es viel gemeinsam erlebtes, zu öberflächlich wird oft so gerne der name "freund"/"freundin" genannt. "

Aber "Da war's geschehn / sie lag in meinen Armen" (natürlich hab ich's gleich nachgelesen), das geht ganz schnell und dazu bedarf es nichts gemeinsam Erlebtem? Na, dann ist ja alles gut ;-)
Du läßt dich von dem Thema "Mann/Frau" nicht so schnell abbringen, was?

Natürlich denke ich nicht daran, jemanden vorschnell "Freund" oder "Freundin" zu nennen, nur wegen ein paar ausgetauschter Forums-Zeilen. Das ist klar.

Aber warum sollte ich mich nicht mit jemandem, den ich nur durch Zufall NICHT kennengelernt habe, vielleicht viel besser verstehen als mit vielen, die ich kenne? Oder umgekehrt: nur daß jemand die gleichen Hobbys hat wie ich und / oder in der gleichen Straße lebt, den gleichen Arbeitgeber hat... macht ihn doch nicht automatisch zum besseren potenziellen Freund als einen Wildfremden.

Nach ausgiebigem Lesen der Themen hier im Forum (auch im Archiv) habe ich viele von euch regelmäßigen Teilnehmern "kennengelernt" und manche richtig ins Herz geschlossen. Das hat mich dazu veranlaßt, auch meine Umwelt - die bekannte und die unbekannte - mit neuen Augen zu sehen. Das ist eine Bereicherung für mich, Freund hin oder her.

Doris

P.S. noch mal @pilli, "sind "zufallbekanntschaften" und "freunde" nicht zwei paar schuhe?"

Die besten Freundschaften entstehen durch Zufallsbekanntschaften :-)))
Meine beste Freundin hätte ich nie kennengelernt, wenn sie nicht durch "Zufall" sitzengeblieben und dadurch in meine Schulklasse gekommen wäre...

guten morgen,

liebe doris, ein forum "lebt" von kontroversen beiträgen *g*
sonst ist es ein totgeborenes kind.
"berühren" wird manche manches; gut, dass unterschiedliche sichtweisen möglich sind :-)),

in diesem sinne, freundliche grüsse

Liebe Pilli,
wie recht du hast. Bin eben noch neu hier und muß noch manches lernen.
Schön, daß Platz für meine Meinung und deine Deinung ist :-)))

Meine Freundin würde raten, sich einen Hund anzuschaffen. Es ist doch wirklich merkwürdig, dass es uns so schwer fällt, mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Wer seinen Waldi ausführt, hat dieses Problem nicht und lernt die interessantesten Menschen dabei kennen.

Vielleicht spielt auch noch die Gegend eine Rolle. Als ich als Nordlicht einmal mit meinen drei Kindern München besuchte, haben wir einen ganz anderen Menschenschlag kennengelernt. Wir brauchten nur unseren Stadtplan zur Hand zu nehmen, schon wurden wir von allen Seiten angesprochen, erhielten gute Tipps und jede Menge Hilfe. Als ich mich an dieses schöne Erlebnis während einer U-Bahnfahrt in Hamburg erinnerte und Touristen einige Tipps geben wollte, schauten sämtliche Leute entsetzt in die jeweilige Gegenrichtung.

Nein, Leute ansprechen, so etwas gehört sich hier im kühlen Norden nicht!

Gruß Barbara

ich habe mir den text ausgedruckt, weil ich zwei menschen kenne, denen ich diesen text geben möchte, damit er evtl. etwas bewegt.

hi barbara,

hier ist die chance für die "kühle nordländlerin":

lächle die menschen an, die dir begegnen, ein sauguter test, das verspreche ich dir, nicht alle lächeln zurück, aber wenige doch und die zählen.
text von dir könnte auch im thema "Tun`, was man will"
behandelt werden, tue also einfach das was du möchtest, lächle oder bleib nordisch kühl unabhängig von der jeweiligen landessitte. :-)))))

dass ich in deutschland bin, merke ich immer dann, wenn ich nach der rückkehr von reisen, auf bahnhöfen, flugsteigen oder wartehallen bin. :-(( ich hätte da so manche begebenheit zu erzählen... *gg*

@ dorisW.

lese und "bemerke" ab und an erst seit 3 oder 4 wochen, reagiere aber nicht unter dem wunsch "freundliche menschen" oder bekannte zu gewinnen; das erlaubt mir manchmal eine etwas freiere ausdrucksweise, fang bloss nicht an, zu lernen, "tu einfach, was du willst" *ggg*

Schon oft bin ich jemandem begegnet, der/die mir sehr bekannt vorkam. Frech wie ich nun mal bin, steuere ich auf den "Bekannten" zu und sage: "Du bist doch der XY.....?" Und dann stellt es sich heraus, dass es eben doch nicht der XY, sondern eine ihm ähnliche Persönlichkeit ist. Und jedesmal nehme ich mir vor, nicht mehr so spontan auf scheinbar Bekannte loszugehen - und jedesmal habe ich meinen Vorsatz bereits wieder vergessen, wenn wieder irgendwo auf der Welt jemand auftaucht, der dem XY so frappant gleicht, dass er es einfach sein muss!

Schorsch

Hallo Schorsch, es sollte mehr Leute wie Dich geben, hast Du
etwas dagegen, wenn ich in Zukunft ab und zu versuche Dich zu kopieren???
Danke Dina

Also das mit dem Hund stimmt spätestens seit der idiotischen Hundeverordnung auch nicht mehr :-) Wenn früher Leute begeistert auf einen zukamen um zu fragen , ob sie den Hund mal streicheln dürfen, reissen sie heute die Kinder an sich, damit sie nur ja nicht an den Hund kommen und wenn man gar wie ich 2 bzw 3 Hunde hat, wird man geradezu wie eine Kriminelle behandelt ...

Aber ich finde es wichtig, immer wieder neue menschen kennen zu lernen - ich gebe Pilli recht, in Deutschland ist das nicht einfach ... zB das Beispiel Bus fahren ... sitzen da nur 3 Hanselchen im Linienbus, setzen sie sich garantiert alle weit auseinander und beobachten sich heimlich. In südlichen Ländern setzt einer sich zum anderen und hält Smalltalk - es muss doch nichts weltbewegendes sein (auch wenn sich das bei anderen Sprachen manchmal so anhört).

Internet ist sicher keine schlechte Möglichkeit, leute zu treffen - aber es ist auch keine schlechte Möglichkeit, jemanden überhaupt nicht kennen zu lernen. So lange ich die Möglichkeit habe, nebenan in der Kneipe oder im Park mit einem realen menschen zu sprechen und ewas mit ihm zu unternehmen, so lange ist jede Minute im Internet verlorene Zeit. Hat man so wie ich z Zt den Fuss in der Schiene und kommt kaum raus, ist das natürlich ne schicke Sache -

Angelika