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THEMA:   Die Kosten des Atomstroms

 31 Antwort(en).

Wolfgang begann die Diskussion am 04.02.02 (01:14) mit folgendem Beitrag:

Ich habe gestern abend im ZDF die Sendung gesehen: Das Spiel mit dem Feuer. Der Super-GAU in Tschernobyl. Mehr als 500 Millionen US-Dollar hat der Westen bisher in Studien und Projekte gesteckt mit dem Ziel, die strahlende Ruine zu sichern. Weitere 750 Millionen US-Dollar sollen in den nächsten Jahren folgen. Das ist nur das Geld des Westens. Was die Sowjetunion bzw. Russland bzw. die Ukraine für diese Zwecke ausgegeben haben, ist nicht genau bekannt. Es sollen einige Milliarden US-Dollar sein. Die volkswirtschaftlichen Kosten insgesamt werden sogar auf einige hundert Milliarden US-Dollar geschätzt.

Die Ruine strahlt weiter, wie am ersten Tag des Unglücks. Cäsium 137, Cäsium 134, Kobalt 60, Europium, Strontium 90 und Plutonium 239... Die Halbwertzeit des Plutonium-Isotops liegt bei 24.360 Jahren. Das ist die Zeit, in der seine Strahlung auf die Hälfte des Ausgangswertes abgesunken ist. 24.000 Jahre, das sind die nächsten 1.000 Generationen! Wie lange die provisorische Schutzhülle - der sogenannte Sarkophag - noch hält, weiss kein Mensch. Bei der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl wurde ein Gebiet hochgradig verstrahlt, das größer ist, als das Gebiet der ehemaligen DDR.

Weitere baugleiche Reaktortypen mit ähnlich miserablen Sicherheitsstandards sind am Netz. In der Nähe von Berlin zum Beispiel oder in der Nähe von Prag. Die Folgen eines Unfalls dieser Grössenordnung in der Nähe grosser Städte sind nicht mehr vorstellbar. - All die obengenannten Kosten tauchen in der Stromrechnung für Atomstrom nicht auf. Atomstrom gilt als "billiger" Strom. Sonnenstrom dagegen, gewonnen durch Photovoltaiktechniken, gilt als teuer.

Das Spiel mit dem Feuer. Der Super-GAU in Tschernobyl
https://www.zdf.de/wissen/techniktragoedien/35983/index.html

(Internet-Tipp: https://www.zdf.de/wissen/techniktragoedien/35983/index.html)


Henner antwortete am 05.02.02 (20:36):

Hallo Wolfgang mit deiner Auffassung:"Weitere baugleiche Reaktortypen mit ähnlich miserablen Sicherheitsstandards sind am Netz. In der Nähe von Berlin .....
bin ich nicht ganz einvestanden.Bei Berlin gab es nur einen Druckwasserreaktor (ehemals KKW Rheinsberg)mit knapp (80 MW elektr. Leistung)sowie ca 200KM enfernt die auch schon seit Jahren stillgelegten Lubminer Reaktoren des gleichen Typs mit je 440MW.Beim Tschernobyl-Typ handelt es sich um graphitmoderierte Siedewasserdruckröhrenreaktoren die mit o.g Reaktoren nicht vergleichbar sind.


Wolfgang antwortete am 06.02.02 (01:10):

Da bin ich aber froh, Henner, dass solch ein Ungetüm nicht in unmittelbarer Nähe von Berlin steht. Die Meldung des ZDF ob solch eines Tschernobyl-Reaktors "in der Nähe von Berlin" bezog sich auch auf einen Standort in Russland, ein paar hundert Kilometer Luftlinie entfernt von Berlin... Ein Klacks, wenn man die üblichen Windgeschwindigkeiten zugrundelegt (natürlich gültig nur bei Ostwind, was aber gelegentlich vorkommen soll).

Trotzdem, danke für den Hinweis. Ich werde mich in den nächsten Tagen beim ZDF schlau machen, welcher Reaktor genau gemeint ist und wo dieser steht. :-)

(Internet-Tipp: https://www.ecotrip.de/)


schorsch antwortete am 06.02.02 (09:40):

In ein paar hundert Metern Enfernung von meiner Behausung steht auch ein Atommeiler. Mein Haus stand vorher da und ich wohnte auch schon vorher da. Hätte ich gewusst, dass da einmal ein solches Dampf speiendes, die Sonne wegfressendes Ungetüm käme, ich hätte gewiss nicht hier gebaut. Nun aber ist es halt so - und man gewöhnmt sich dran - an alles.....

Schorsch


Manfred Franz antwortete am 06.02.02 (20:00):

Dem ZDF ist sicher ein russischer Informant untergekommen. Mich hat vor vielen Jahren, als ich einmal in Russland weilte, ein Bekannter dort gefragt wo ich wohne. Als ich ihm sagte: "In Leipzig", da antwortete er auch: "Ah..., bei Karlshorst! (Stadtteil von Berlin- dort war das Oberkommando der Roten Armee) :-))
Sicher ist es deshalb ganz gut, wenn in absehbarer Zeit neue Energiequellen in der entsprechenden Größenordnung aufgebaut werden. Aber sofort abschalten? Da würde es zappenduster in Deutschland- oder wir importieren eben dann Atomstrom- und könnten wunderbar über die anderen schwadronieren....


schorsch antwortete am 07.02.02 (11:29):

Uns kann nichts passieren - wir haben von der Regierung Jodtabletten bekommen!

Schorsch


Wolfgang antwortete am 08.02.02 (10:40):

Hier die versprochene Information... 13 graphitmoderierte Reaktoren (Blöcke) des Tschernobyl-Typs sind noch in Betrieb. Und zwar an den Standorten Ignalina (Litauen), Kursk (Russland), Leninggrad (Russland) und Smolensk (Russland).

Die Zahl der Toten wurde jetzt in einer UN-Studie genannt: "30.000 Menschen kamen als Folge einer Explosion im Reaktorblock 4 des ukrainischen Kraftwerks Tschernobyl ums Leben. Laut offiziellen russischen Angaben waren es nur gut 30."

taz v. 08.02.2002
UN-Studie über Tschernobyl
https://www.taz.de/pt/2002/02/08/a0073.nf/text

(Internet-Tipp: https://www.taz.de/pt/2002/02/08/a0073.nf/text)


KlausD antwortete am 08.02.02 (20:37):

Wieder Panne in Cattenom.

Einer der 65 Führungsstäbe des Blocks war nie angeschlossen!
Ein Spezialist für Automatisierungs-Fragen hat diesen Mangel in der vergangenen Woche festgestellt.
Und das seit der Inbetriebnahme 1987!!

Die Leitung des Reaktorparks hält das für undramatisch.


Der Schorsch soll mal auf das Verfallsdatum seiner Jodtabletten schauen!!


RolfB antwortete am 09.02.02 (16:57):

Befürworter und Gegner der Atomenergie werden angesichts der 30.000 Toten durch den Tschernobyl-Unfall bei der Frage nach Verantwortung und Sinn zu unterschiedlichen Antworten kommen und die Diskussion darüber erregt viele.
Aber es gibt in unserem Dasein noch viel schlimmere ‚hausgemachte‘ Gefährdungen mit noch viel mehr Toten, über die sich aber kaum jemand aufregt.
Passende Zitate dazu: "Nicht die Dinge selbst, sondern die Meinungen von den Dingen beunruhigen den Menschen." Oder modern ausgedrückt: „Nicht die naturwissenschaftlichen Fakten, sondern die hierüber verbreiteten medialen Meinungen versetzen uns in Unruhe“. Eine in unserer Zeit formulierte Erweiterung der Erkenntnis des antiken Weisen lautet, "daß nun auch Meinungen als Daten anerkannt sind“; oder anders gesagt, „daß die Fakten nicht das Entscheidende sind, sondern die Vorstellung, die die Menschen von den Fakten haben“.
Und nun zu den Fakten: Nach einer Schätzung sind bis 30% aller Todesfälle in Deutschland eine mittelbare oder unmittelbare Folgen des Rauchens. Das sind in Zahlen ausgedrückt etwa 300.000 Tote in jedem Jahr nur in Deutschland.
Nun höre ich schon das totschlagende Argument, daß dies die persönliche Freiheit des Einzelnen sei, sich dagegen zu entscheiden. Also wären wir vor allem potentielle Selbstmörder oder doch nicht? Eines spricht auch nicht dafür: das Robert-Koch-Institut Berlin schätzt, daß jährlich 3000 bis 5000 Menschen in Deutschland durch Passivrauchen sterben, sie sind also unschuldige Opfer der Raucher, doch auch eine beachtliche Zahl.
Dagegen relativiert sich die Katastrophe von Tschernobyl doch gewaltig (das soll sie nicht verharmlosen!) und wie wäre es mit einer Schlagzeile „Jedes Jahr Tschernobyl-Katastrophe durchs Rauchen“?
Gruß Rolf


Manfred Franz antwortete am 09.02.02 (19:30):

Schnell noch eine andere Zahl (Statistisches Bundesamt): 2001: 7000 Verkehrstote und 490.000 Verletzte im Straßenverkehr in Deutschland!
Rauchen aufgeben "schadet" nur der Tabakwarenindustie, den Tabakbauern, den Händlern- und, ich höre schon: Die Arbeitsplätze! Wird ja heute bei jeder unbequemen Forderung ins Spiel gebracht, ist "in".
Den Verkehr dagegen (ein Schelm, der auch dabei weiter denkt :-)), den wollen und können wir derzeit ebensowenig aufgeben, wie den Verbrauch an Atomstrom. Noch!
Ich sehe schon ein Licht am Energiehimmel....


Heidi antwortete am 17.02.02 (01:38):

hier ein paar Bilder zum Erleuchten des "Energiehimmels"

https://www.amberger-bi.de/kindvtsch.htm

(Internet-Tipp: https://www.amberger-bi.de/kindvtsch.htm)


Barbara antwortete am 17.02.02 (10:39):

Danke, Heidi!


Manfred Franz antwortete am 17.02.02 (11:49):

Die Kinder sehen aus wie Contergan-Opfer. Oder sind das gar welche?
Der Unterschied ist nur, einmal war die Gewinngier eines westl.Pharmakonzerns der Auslöser, das andere Mal die Schlamperei der Kraftwerkswartung gepaart mit ungenügender Sicherheitstechnik.
Ja, und mit dem "Restrisiko" werden wir noch etwas leben müssen- sonst.... ich sagte es ja schon.
Mit denen der anderen Lebensgefährdungen durch Technik haben wir uns ja auch abgefunden.....etwa, dass Flugzeuge herunterfallen, gar als Bomben benutzt werden, dass Unfälle im Land- und Seeverkehr passieren und...und...und...


Heidi antwortete am 17.02.02 (12:20):

"..mit dem "Restrisiko" werden wir noch etwas leben müssen.. / ..Mit denen der anderen Lebensgefährdungen durch Technik haben wir uns ja auch abgefunden.."



versagt..


26. April 1986

unkontrolliert
explodiert
fünfhundert mal hiroshima

technik versagte
mensch versagte
wieviele kinder lebten da?

atom müll transport
an jeden ort
menschlich technische sicherheit?

wo ist der sinn?
keiner hört hin
"ist doch nicht so schlimm"!


Manfred Franz antwortete am 17.02.02 (13:09):

Muss ich noch konketer werden?
Könntest Du sofort mit 30% weniger Strom auskommen? Auf welche Annehmlichkeiten würdest Du dann verzichten? Nur mal, um an dem Restrisiko, das Du hier so literarisch-sarkastisch geißelst, nicht auch noch mit Deiner ganz persönlichen Schuld beteiligt zu sein. Oder ist es so persönlich nun auch wieder nicht zu sehen?
ICH kann das. Denn ich halte mich mehr als 1/3 des Jahres in meinem Waldhaus auf und dort habe ich 100% Strom aus Solarenergie. Reicht mir - und rechnet sich sogar. (Leider aber nur in dem speziellem Falle)


Heidi antwortete am 17.02.02 (13:30):

Ja, das könnte ich, Manfred und ich würde es auch, wenn ich wüßte, dass eine Reduzierung meines ohnehin mehr als bescheidenen Stromverbrauchs etwas ändern würde.

Leider sitzen die Energiegroßverbraucher nicht in den privaten Haushalten.

Übrigens wollte ich mit meinem "sarkastischen" Versen nur darauf hinweisen, dass wir uns nicht mit den Gegebenheiten abfinden sollten. Jeder "wehrt" sich auf seine Art und nach seinen Möglichkeiten, Du mit einem solarenergieeingerichteten Waldhaus, ich mit Gedichten.
:-)


Wolfgang antwortete am 17.02.02 (17:24):

Risiken durch schwere Unfälle spielen bei der Bewertung von Energiesystemen eine besondere Rolle. Gerade diese Risiken sind es, die die Bevölkerung zu Recht auf die Barrikaden treibt. Wie schafft man es nun, trotz der hoch riskanten Kettenreaktionen in den Atomreaktoren und trotz Tschernobyl, des bislang schwersten Unglücks, das es jemals in der Energiebranche gab, zum gewünschten Ergebnis zu kommen? Beispielhaft dafür steht die als Standard anerkannte Studie von Hrschberg et al. (1998).

Das Ergebnis der Studie: Die höchsten Unfallraten ergeben sich bei weltweiter Betrachtung für LPG (Liquefied Petroleum Gas), gefolgt von Wasserkraft, Öl, Kohle, Erdgas und Kernenergie. Mit anderen Worten: Kernkraft soll das sicherste Energiesystem sein! - Man muss schon genau nachlesen, wie solch ein lächerliches bestelltes Machwerk im wissenschaftlichen Gewande zustande kommt. Die Kriterien für einen Unfall sind recht niedrig angesetzt... Als schwerer Unfall gelten alle Unfälle mit mindestens 5 Todesfällen, 10 Verletzten oder 200 evakuierten Personen. Daraus werden dann die Risiken je Einheit Energie errechnet. Jetzt kommt der Trick: Tschernobyl wurde als nicht repräsentativ eingestuft und der Unfall als statistisch nicht verwertbar ausgeklammert. Als repräsentativ wurden die westliche Kraftwerken verwendet, die bis jetzt nur ganz wenige Unfälle im Sinne der Statistik hatten. Zehntausende Tote und hundertausende Verletzte und Millionen zum Beispiel durch Evakuierung und Umsiedlung direkt betroffene Menschen wurden nicht eingerechnet! Da wundert es nicht, dass die Autoren die Spätfolgen (die sogenannten latenten Todesfälle) ebenfalls als statistisch nicht erfassbar aus der Rechnung rausgelassen haben. Bei den "severe accidents" ist der "severest accident" nicht dabei.

Was zu beweisen war: Die Kernkraft ist die sicherste Art der Energieerzeugung, Tschernobyl hat es nie gegeben, und die Erde ist eine Scheibe! - Kein Grund also, sich zu sorgen; wir können (sollen) beruhigt weiterschlafen...

Hirschberg et al.,"Severe Accidents in the Energy Sector" PSI Report No.98-16, Paul Scherrer Institut, Würenlingen and Villigen, Switzerland (Nov. 1998).

(Internet-Tipp: https://www.ecotrip.de/)


Manfred Franz antwortete am 17.02.02 (18:38):

Da siehst Du, dass ich mit meiner kritischen Haltung zu "wissenschaftlichen" Ergebnissen, -wer weiß ob die Anführungszeichen berechtigt sind(?)-, genau richtig liege.
Und nochmals vielen Dank für den LINK zu Deiner HP. Sehr interessant! Werde mich noch zu einigen, -für mich zugegebenermaßen neuen-, Gesichtspunkten äußern. Nach- und überdenkenswert sind fast alle Beiträge.


Barbara antwortete am 17.02.02 (22:10):

Hallo Manfred,

Deine Bemerkung

>>Die Kinder sehen aus wie Contergan-Opfer. Oder sind das gar welche?<<

hat mich sehr schockiert. Willst Du vor den schrecklichen Folgen des Tschernobyl-Unfalles wirklich die Augen verschließen? Informier Dich doch einmal über die Arbeit von Hiltrud Schröder, der Ex-Gattin unseres Kanzlers. Sie engagiert sich seit Jahren für diese tragischen Opfer.

Und dann Dein Argument, dass wir auf Atomstrom nicht verzichten können. So hat man vor über zwanzig Jahren schon argumentiert. Man muss es überhaupt WOLLEN !

Gruß Barbara


Manfred Franz antwortete am 18.02.02 (06:48):

Ehe ich einem Gesprächspartner vorwerfe, vor etwas sie Augen zu verschließen, würde ich die Beiträge genau lesen. Ich habe gesagt:"..Sehen aus wie Contergan-Opfer", und anschließend gefragt, ob es gar welche sind. Man wird ja mal fragen dürfen. Oder?
Das hat Nichts damit zu tun, dass ich diese Opfer verharmlosen oder verniedlichen will.
Aber nun zur Umweltpolitik:
Was hat denn die rot-GRÜNE Regierung nun geschafft, außer dass sie die Energie für den kleinen Mann verteuert hat?
-Neue Kohlekraftwerke eingeweiht ( gleich 2 Riesen!)
-Autobahnen ausgebaut, Eisenbahn-Bauten auf Eis gelegt,
-Luftverkehr mit Steuergeschenken und Flughafen-Ausbau gefördert (Erlass der Mineralölsteuer),
-Ökosteuer für Wohlhabende wirkungslos gemacht,
-LKW-Maut für die Speditionen zum Kraftstoff-Verschwendungs-Anreiz umgebaut.
Dafür konnten die GRÜNEN aber wenigstens ihre rosaroten Ziele durchsetzen. (Homo-Ehe, Prostitution zum anständigem Gewerbe gemacht)
Ist wohl kaum ein Beitrag zum Atom-Ausstieg und


Manfred Franz antwortete am 18.02.02 (06:57):

......zum Umweltschutz?
Wollten die nicht (wie Barbara vermutet), konnten die nicht (weil die Mehrheiten zu dünn sind), oder geht es einfach noch nicht. Das halte ich für das Wahrscheinlichste.
Denn: UNSERE Atomkraftwerke abschalten, dafür (Atom-)Strom einfach importieren, das ist ja wohl kaum die Lösung. Und dass der Verbrauch gleich um 30% zurückgeht- das halte ich nun wieder (derzeit) für unwahrscheinlich.
Es kann nur weiter daran gearbeitet werden. Sinnvoll und zielbewusst.


Wolfgang antwortete am 18.02.02 (09:19):

Konventionell hergestellte Energie muss teurer werden. Ihr wirklicher Preis muss bezahlt werden. Denn die aktuellen Preise für fossil oder atomar erzeugten Strom sind künstliche Preise (Marktpreise, ähnlich den Planpreisen damals in den Planwirtschaften), die die wirklichen Kosten nicht widerspiegeln. Sämtliche politische und ökologische und Gesundheitskosten werden externalisiert, auf die Gesellschaft oder den Staat abgeschoben, erscheinen also nicht in den Kalkulationen der Energiekonzerne und damit auch nicht auf den Stromrechnungen der Verbraucher.

Verrückte Welt... Atomstrom, trotz seiner immensen volkswirtschaftlichen Kosten, ist derzeit der billigste Strom, dagegen ist der ohne grosse volkswirtschaftlichen Kosten erzeugte Solarstrom der teuerste.

In dieser verrückten Welt werden die Dinge auf den Kopf gestellt: Jede fossile oder atomare Utopie gilt noch als realistisch, jede praktische solare Perspektive als unrealistisch. Dem Teuersten, technisch Schwierigsten, Krankmachensten, Risikoreichsten hat man sich verschrieben; das Preiswerteste, Einfachste, Gesündeste, Risikoloseste lässt man links liegen. Was endlich ist, wird wie unbegrenzt behandelt; was unendlich und quasi vor der Haustür angeboten wird, wird als begrenzte Möglichkeit hingestellt. Die letzten kläglichen Reste unter der Erde werden von den selbsternannten Realos der etablierten Ressourcenwirtschaft hochgerechnet, während sie die gewaltigen erneuerbaren Potentiale kleinrechnen. - Dies ist der Widerspruch unserer Zeit. Bleibt es dabei, kommt es zur Tragödie.

Der Durchbruch zum Solarzeitalter (von Dr. Hermann Scheer, MdB)
https://www.waermegeben.de/energiewende.html

(Internet-Tipp: https://www.waermegeben.de/energiewende.html)


Wolfgang antwortete am 19.02.02 (00:33):

Gerade lese ich vom Störfall im AKW Brunsbüttel... Erschütterungen oder Stösse im Rohrsystem, man spricht von zerfetzten und abgerissenen Rohren im Bereich der so genannten TC-Deckeldusche, die zum Verkürzen der Abkühlzeit dient. Seit gestern früh 6 Uhr wird das AKW heruntergefahren. Das ist eine riskante Geschichte und es dauert mitunter 1-2 Tage, bis die Höllenmaschine ruhig ist.

Genau so beginnen Super-GAUs... Eine Verkettung unglücklicher Umstände, und die Tragödie ist da! - Ich will ein grosses Unglück nicht beschreien und denke, vielmehr hoffe, dass sie die Sache in den Griff kriegen. Mehr als Hoffnung bleibt uns ja nicht... Aber eine Wut habe ich auf die Leute, die uns ohne Not und aus Profit- und Machtinteresse in solche prekären Lagen hineingeritten haben.

(Internet-Tipp: https://www.ecotrip.de/)


Barbara antwortete am 19.02.02 (10:22):

Spiegel online meldet:

>>Der Schaden wurde am frühen Montagmorgen bei einer Inspektion festgestellt. "Ich bedaure, dass die Hamburgischen Electricitäts-Werke die von meinem Ministerium geforderte Inspektion erst auf Druck der Reaktorsicherheitsbehörde ausgeführt haben", kritisierte Energieminister Möller. Die HEW habe die geforderte Inspektion erst in der ab Mai geplanten routinemäßigen Jahresrevision vornehmen wollen.<<

Was wäre passiert, wenn die Inspektion erst - wie die HEW es vorhatte - im Mai erfolgt wäre?

Barbara

(Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,183063,00.html)


Hans-Jürgen antwortete am 21.02.02 (01:10):

Auffällig ist, daß bei der rückwirkenden Betrachtung des Tschernobyl-GAUs die gesellschaftlich-politische Seite der damaligen Zeit meist nicht miterwähnt wird. Dies führt zu falschen Vergleichen zwischen unseren Kernkraftwerken und dem sowjetischen Unglücksreaktor. Auf die genannten Hintergründe wird in dem untenstehenden Link ausführlich eingegangen. Einer Bemerkung am Ende des betr. Artikels kann man entnehmen, daß es sich bei den Autoren nicht um eine *kapitalistisch* eingestellte Gruppe handelt, sondern um eine solche, die die Idee des Sozialismus weiterhin für "akut" hält.

Hans-Jürgen

(Internet-Tipp: https://www.neue-einheit.com/deutsch/extras/extra25d.htm )


Barbara antwortete am 21.02.02 (09:41):

Hallo Hans-Jürgen,

die Thesen, die in Deinem Link aufgestellt werden, erscheinen mir recht abenteuerlich. Tschernobyl war also kein Unglücksfall sondern die Reaktion auf angeordnete Versuche, die die Antiatombewegung stärken sollte.

Glaub es ruhig, wenn es Dir damit besser geht.

Mit diesem Wissen könnte man meinen, es wären die Grünen gewesen, die die Rohrleitung im Sicherheitssystem des AKW´s Brunsbüttel zerfetzt haben. Dann dürften sie wohl nun ganz traurig sein, dass ihr Versuch fehlgeschlagen ist. :-(

Schwärzerer Humor fällt mir dazu wirklich nicht ein.

Barbara


Wolfgang antwortete am 21.02.02 (12:28):

Die Quelle, die Du nennst, Hans-Jürgen, ist nicht seriös... Der genannte Artikel ist mit K. S. unterschrieben, was auf Klaus Sender hindeutet, der in Wirklichkeit Hartmut Dicke heisst. Der ist Funktionär der KPD/ML (NEUE EINHEIT), jetzt Gruppe NEUE EINHEIT, das ist eine winzige Gruppe der extremen Linken. Mir ist noch kein einschlägiger wissenschaftlicher Beitrag untergekommen, der diese Quelle zitiert.

Wir wissen heute, dass man unmittelbar nach dem Unfall, als die Erkenntnislage bescheiden war, dem angeblichen Fehlverhalten des Betriebspersonals mehr Bedeutung beimass, als ihm wirklich zukam. Wir wissen, dass es zwar Verstösse gegen vorhandene Vorschriften gab, wir wissen mittlerweile aber auch, dass es für bestimmte kritische Parameter und für die sich dadurch ergebenden Risiken keine Vorschriften gab, das Betriebspersonal also in eigener Verantwortung und ohne Anleitung schnell und in einer aussergewöhnlichen Stressituation handeln musste.

Ein "GAU" - nicht nur bei Kernkraftwerken - ist immer das Resultat eines komplexen Zusammenwirkens von verschiedensten Faktoren. Die Katastrophe von Tschernobyl ist somit nur zu einem Teil auf menschliches Versagen zurückzuführen. Zu einem erheblichen Teil geht das Unglück auch auf die Technik, auf Mängel in der Reaktorauslegung zurück.

Ich empfehle folgende seriöse Quelle (dort besonders das Kapitel 2: Der Unfall von Tschernobyl):

WOLFGANG BOTSCH
Untersuchungen zur Strahlenexposition von Bewohnern hochkontaminierter Ortschaften in der nördlichen Ukraine - Dissertation (Zentrum für Strahlenschutz und Radioökologie der Universität Hannover)

Inhaltsverzeichnis
https://www.strahlenschutzkurse.de/dissertationen/botsch/inhalt.html

Download
https://www.strahlenschutzkurse.de/dissertationen/botsch/download.html

(Internet-Tipp: https://www.ecotrip,de/)


Hans-Jürgen antwortete am 22.02.02 (00:51):

Danke, Wolfgang, für die Angabe der "seriösen" Quelle über den Unfallablauf in Tschernobyl. Ich habe den Bericht von Dr. Botsch mit einigem anderen aus seiner Dissertation aufmerksam gelesen und hebe ihn mir auf. Er bestätigt im Grunde das, was auch von der kommunistischen Splittergruppe (erstaunlicherweise) zusammengetragen wurde, nämlich, daß die Ursachen für das Unglück sehr stark im menschlich-organisatorischen Bereich lagen. Von Fehleinschätzungen und absichtlichen Verstößen gegen elementare Sicherheitsvorschriften ist in beiden Dokumenten mehrfach die Rede; hinzu kam Druck von außen wegen der Planerfüllung mit Elektrizität. Das Ganze basierte auf einer Befehlsstruktur, die es bei uns nicht gibt. Die befehlenden Funktionäre waren zum Teil keine Fachleute für Kerntechnik.

Ich weiß, Du gewichtest den menschlichen Faktor anders, und viele tun das, aber Du bleibst sachlich. Das kann man von Barbaras Beitrag nicht sagen. Hier schrieb offenbar eine Ideologin, die von der Sache nur wenig Ahnung hat und dazu noch unpassende Witze macht.

Im übrigen geht aus der Arbeit von Dr. Botsch und vielen anderen Publikationen hervor, daß der Tschernobylreaktor ganz anders konstruiert war als unsere Anlagen. Außerdem wurde – davon gehe ich aus – in der inzwischen vergangenen Zeit manches hinzugelernt und erforscht, was zur weiteren Erhöhung der Sicherheit bei uns beiträgt. Ich selber habe *keine* Angst vor einem GAU in Deutschland.

Hans-Jürgen


Barbara antwortete am 22.02.02 (18:02):

Hallo Hans-Jürgen,

Du bezeichnest meinen Beitrag als unsachlich und beklagst Dich darüber. Anschließend bezeichnest Du mich als Ideologin, die von der Sache nur wenig Ahnung hat.

Na ja, immerhin habe ich sofort gemerkt, dass in Deinem Link abenteuerliche Thesen aufstellt werden.

Vielleicht habe ich doch nicht so wenig Ahnung, wie Du mir unterstellst?

Mein schwarzer Humor war nur die logische Schlussfolgerung aus den Thesen aus Deinem Link - schade, dass Du nicht einmal lachen kannst :-(

Barbara


Manfred Franz antwortete am 23.02.02 (05:36):

Die Ursachen sind sicher sehr komplex zu sehen. Sie aber derartig abenteuerlich auszulegen, das ist blanker Unsinn. Fast so, wie der -auch im ST schon geäußerte Verdacht-, die USA hätten die Anschläge auf das WTC selbst verübt....
Tatsache bleibt: Die Kernkraft ist eine gefährliche Art der Energiegewinnung und sicher nicht so billig, wie sie dargestellt wird, -um zum Thema zurückzukommen.
Hoffentlich überlebe jdie Menschen die "Restlaufzeiten". Trotzdem: Wir sollten Optimisten sein und bleiben!


Barbara antwortete am 27.02.02 (23:43):

Wer hält an seiner Behauptung fest, Atomstrom in Deutschland sei sicher?

Unfall im AKW Brunsbüttel:

>>Die Untersuchung zeigte laut BMU, dass eine Rohrleitung mit zehn Zentimetern Durchmesser, die Teil des Reaktordruckbehälter-Sprühsystems sei, "über eine Länge von zwei bis drei Metern völlig zerborsten war". Etwa 25 Trümmerstücke hätten im Umkreis der beiden Bruchstellen gelegen.

Als Ursache nimmt der Betreiber zurzeit eine Wasserstoffexplosion im Innern des Rohrs an. Eine solche Explosion hatte er auf Grund früherer Analysen und Modellrechnungen ausgeschlossen. Das Ministerium macht geltend, schlimmere Folgen hätten eintreten können, wenn das Rohr an anderer Stelle - nämlich drei bis vier Meter weiter in Richtung Reaktordruckbehälter - geborsten wäre. Dies hätte zu einem Kühlmittelverlust geführt und die Notkühlung hätte einsetzen müssen. Allerdings müsste nach Ansicht des Ministeriums auch ein solcher Vorfall beherrschbar sein.<<

Man beachte die Aussage: ...müsste ....beherrschbar sein!

Barbara

(Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,184625,00.html)


Wolfgang antwortete am 28.02.02 (19:13):

Ein Kernkraftwerk - also eine kontrollierte Kernspaltung - zu fahren, ist von der Natur dieser Technik her eine riskante Sache. Dabei arbeitet man mit Fiktionen, die sich auch sprachlich ausdrücken: könnte, müsste, sollte usw... Eine der Fiktionen ist die Fehlerfreiheit. Entgegen der sonst in der Technik üblichen Idee der Fehlertoleranz darf es in den kritischen Bereichen der Reaktoren keine Fehler geben, die zur Kernschmelze - zum GAU - führen würden. Deshalb werden Sicherheitssysteme redundant, das heisst, mehrfach ausgelegt... So gibt es nicht nur eine Kühleinrichtung, sondern x unabhängig (unabhängig, auch so eine Fiktion!) voneinander funktionierende Kühleinrichtungen.

Alle TechnikerInnen wissen: Mit jedem neu eingebrachten System steigen die Anzahl der Fehlerquellen und neuer Interdependenzen. Es ist wie beim Hasen und beim Idel: Der Igel - respektive der Fehler - ist immer schon da, mag der Hase auch noch so schnell laufen, wie er will.

Knallt ein vollbetankter Jumbo oder Airbus auf einen Reaktor, fallen höchstwahrscheinlich gleichzeitig alle Sicherheitssysteme aus. Grosse Jets, gezielt gelenkt, oder Raketen dürften die Betonhülle über dem Reaktor zerstören und in den Reaktor eindringen. Nur die Sicherheit vorm Risiko des Absturzes kleinerer Jets und vor Beschädigungen durch ungelenkte Wrackteile wurde eingebaut. Nun, mittlerweile wurden wir grausam belehrt, dass noch weit schlimmere Szenarien sogar sehr wahrscheinlich sind.