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THEMA:   Das Europäische Parlament verabschiedet die Einführung von "Treibhausgasemissionsberechtigungen"

 6 Antwort(en).

Barbara begann die Diskussion am 10.07.03 (23:32) mit folgendem Beitrag:

Von der Öffentlichkeit bisher kaum bemerkt hat das Europäische Parlament vor einer Woche ein Regelwerk über den Handel mit „Treibhausgasemissionsberechtigungen“ verabschiedet. Es zwingt die größten Umweltsünder Europas, bei ihren täglichen Geschäftsentscheidungen Rücksicht auf das Klima zu nehmen.

Die ZEIT schreibt dazu:

>> Tatsächlich ist nun amtlich, dass rund 10000 europäische Fabriken, darunter 4000 deutsche, demnächst nicht nur – wie bisher – ihre Beschäftigten entlohnen, für geliehenes Geld Zinsen zahlen und für eingekaufte Rohstoffe die Rechnungen begleichen müssen. Erstmals in der Geschichte des Kapitalismus zwingt ein neues Regelwerk namens Emissionshandel Manager und Unternehmer dazu, sich ernsthaft auch um den Produktionsfaktor Natur zu kümmern – ein „Paradigmenwechsel“, meint die Grünen-Europaabgeordnete Hiltrud Breyer.

Es geht um rund fünf Milliarden Euro. So viel, schätzen Experten, sind die Zertifikate wert, die den Eigentümern von Kraftwerken, Raffinerien, Stahlschmelzen, Kalkbrennereien und Zementöfen demnächst das Recht zu einem exakt definierten Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2) verbriefen. Wer sein Limit überschreitet, muss zusätzliche Erlaubnisscheine von jenen Betrieben erwerben, die ihr Kontingent nicht ausnutzen; wer unerlaubt CO2 in die Atmosphäre pustet, dem drohen saftige Geldstrafen. Folge dieses cap and trade, des Zusammenspiels von Deckelung der Emissionen und Zertifikatehandel: Der Markt, unbestechlich wie kein anderes Instrument, drückt die volkswirtschaftlichen Kosten für den Klimaschutz auf ein Minimum.
.........
Im Rahmen der weltweiten Klimaschutzbemühungen hat sich Deutschland verpflichtet, seinen CO2-Ausstoß von rund 1 Milliarde Tonnen im Jahr 1990 auf etwa 840 Millionen Tonnen im Jahr 2010 zu drücken. Rund die Hälfte davon wird gegenwärtig von jenen Betrieben emittiert, die der gerade beschlossenen Richtlinie zum Emissionshandel unterliegen. Alle gemeinsam kämpfen sie nun um ein möglichst großes Stück vom Kuchen – und jeder für sich darüber hinaus für Sonderrabatte.<<

Zur gleichen Zeit stellten die Vereinten Nationen fest, dass es in einem Mai seit Menschengedenken noch nie so heiß war, wie der in diesem Jahr.

>>Noch nie in einem Mai verwüsteten so viele Tornados Amerika, und wohl noch nie quälte Hitze von fast 50 Grad die Menschen in Indien; mindestens 1400 Inder fielen ihr zum Opfer. Der Klimawandel, so die Botschaft der UN, beschere der Erde immer extremeres Wetter: Hitze, Stürme, Überschwemmungen.<<

https://www.zeit.de/2003/29/Emissionshandel#top

Wird die Weltbevölkerung es schaffen, die bisher angerichteten Schäden an der Schutzhülle unserer einzigen Erde in den Griff zu bekommen? Immerhin dauert es zwanzig bis dreißig Jahre, ehe ein Erfolg oder Misserfolg messbar sein wird.

Internet-Tipp: https://www.zeit.de/2003/29/Emissionshandel#top


Wolfgang antwortete am 11.07.03 (00:31):

Ein Schritt in die richtige Richtung... Naturverbrauch muss teuer gemacht werden. Alle wohlfeilen Sonntagsreden über Sparen und Verzichten sind vergebliche Müh'. Produzenten und Konsumenten müssen spüren, dass eine für Menschen günstige Natur etwas wert ist. Erfahrungsgemäss spüren sie es erst dann, wenn es an ihren Geldbeutel geht.


schorsch antwortete am 11.07.03 (08:27):

Angefangen hat das mit dem Milchkontingenten in der Schweiz. Jeder Bauer hatte die Berechtigung, nach seinen Beständen an Vieh und Weideland eine gewisse Anzahl Hektoliter Milch zu produzieren. Da dies einigen Grossbauern nicht passte, kam ihre Lobby auf die Idee des Milchkontingente-Handels. So konnten also einem Kleinbauern, der sowieso vorhatte, den Laden demnächst zu schliessen, seine Guthaben abgekauft werden. Und schon konnte die Milchschwemme fröhlich weitergeführt werden.

Ich denke, so kommts auch mit der Umweltverschmutzung, die eigentlich im Sinne Europas eingedämmt werden sollte mit diesen Abkommen. Aber genau das Gegenteil wird passieren: Die Multis kaufen ganz einfach serbelnden Betrieben ihre "Umwelt-Verschmutzungs-Guthaben" ab und lassen fröhlich und mit gutem Gewissen ihren Dreck weiter in die Luft...

...abgesehen davon, dass sich die USA einen Dreck um den Dreck ümmern....


Wolfgang antwortete am 11.07.03 (09:59):

Ob viele kleine Bauern oder ein einziger Grossbauer Schadstoffe emittieren, ist der Natur egal... Das Argument zieht also nicht. Wichtig ist, dass jetzt die Emissionen mengenmässig festgeschrieben werden und die zulässigen Mengen Jahr für Jahr verpflichtend für alle gesenkt werden können.

Was dann die Marktakteure untereinander aushandeln, ist ihre Sache. Umweltverschmutzung wird auf jeden Fall teurer. Unternehmen minimieren üblicherweise ihre Kosten pro Outputeinheit. Jetzt haben sie einen Anreiz, weniger Emissionen an die Umwelt abzugeben, weil die Kosten für die Emissionen via Gewinn- und Verlustrechnung in der Bilanz zu Buche schlagen. Ökonomen sprechen von der Internalisierung bisher externalisierter (also vom Unternehmen nicht zu bezahlender) Kosten.

Dass die EU Vorreiter spielt in Sachen Umweltschutz, ist gut. Einer muss es ja tun. :-)


Karl antwortete am 11.07.03 (10:01):

Ich empfinde das auch als Schritt in die richtige Richtung. Prinzipiell müssen bei der Preisfeststellung eines Produkts alle Kosten berücksichtigt werden, auch die nur langfristig anfallenden Kosten eventueller Umweltschäden.

Was wir brauchen ist eine Ausdehnung des Berechnungszeitraums aller Kosten einer Technik über den Tageshorizont hinaus. Dies enthält zwar die Unsicherheit der Prognosen über deren Höhe, aber in der Versicherungswirtschaft gibt es ja bereits eine große Erfahrung mit der Abschätzung von Risikofaktoren.


juttam antwortete am 12.07.03 (06:28):

Schorsch,

kuemmer Dich doch erst mal um Euren eigenen

Dreck.


Wolfgang antwortete am 17.07.03 (12:11):

Die NordamerikanerInnen sind ausgewachsene Umweltsaeue und die markantesten VertreterInnen von homo sapiens was das Auspluendern der Quellen und das Zumuellen der Senken betrifft (Seltene Ausnahmen, die es auch dort gibt, bestaetigen nur die Regel).

Alle Fortschritte im weltweiten Kampf fuer den Schutz der Natur vor dem Menschen und gegen den Raubbau an den Ressourcen wurden bisher von den Leuten in angeblich "God's own country" kaputtgemacht. Nur ein Beispiel: Mit etwa 5 Prozent der Weltbevoelkerung sind die NordamerikanerInnen fuer mehr als 25 Prozent der weltweiten Kohlendioxidemissionen (Stand: 1998) verantwortlich... Der Pro-Kopf-Verbrauch an Benzin ist der neunfache des Weltdurchschnitts.

Es ist leider so: Der auf die Spitze getriebene westliche 'american way of life' ist das Gegenteil eines verantwortlichen nachhaltigen Lebensstils.

Gott ist kein Nordamerikaner.