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THEMA:   Der Meteorit von Bayern

 3 Antwort(en).

Karl begann die Diskussion am 19.04.02 (13:33) mit folgendem Beitrag:

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Online-Information Nr. 2/2002 vom 18.04.2002 - tro

Mögliches Absturzgebiet des "Meteors von Bayern" liegt zwischen Garmisch-Partenkirchen und Schwangau Flugbahn fast identisch mit der des Pribram Meteoriten von 1959

Eine Version dieser Online-Information mit hochauflösendem Bildmaterial finden Sie unter https://www.dlr.de/oeffentlichkeit/presse/onlineinfo/oi2_2002.htm

Berlin - In der Nacht vom 6. auf den 7. April wurde über dem südlichen Bayern ein außergewöhnlich heller Meteor gesichtet, der in der Öffentlichkeit und der Presse deutschlandweit großes Aufsehen erregte. Wissenschaftlern des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und des Ondrejov Observatorium bei Prag ist es nun gelungen, aufgrund von fotografischen Aufzeichnungen die Flugbahn des Meteoroiden zu rekonstruieren. Da der Meteor sehr tief in die Atmosphäre eindringen konnte, wird vermutet, dass das Objekt nicht vollständig verglüht ist, sondern dass eine Restmasse, ein so genannter "Meteorit", den Erdboden erreicht hat. Das mögliche Absturzgebiet liegt zwischen Garmisch Partenkirchen und Schwangau. Mit Hilfe der Aufnahmen ließ sich auch die Umlaufbahn des Meteoroiden um die Sonne vor seiner Kollision mit der Erde genau bestimmen. Zur Überraschung der Wissenschaftler ist diese Bahn fast identisch mit der eines Objekts, das vor mehr als 40 Jahren den gleichen Kameras ins Netz ging.

Das Europäische Feuerkugelnetz

Das seltene Meteor-Ereignis ist ein ausgesprochener Glücksfall für die Wissenschaftler vom DLR-Institut für Weltraumsensorik und Planetenerkundung in Berlin-Adlershof denn der Meteor zeigte sich in einem Gebiet, das nachts routinemäßig mit einem Netzwerk von Himmelskameras überwacht wird.

Das sogenannte "Europäische Feuerkugel-Netz" ist bereits seit Ende der 50er Jahre in Betrieb und besteht aus derzeit 25 Kameras, die in Mitteleuropa von Deutschland über Tschechien, die Slowakei, Belgien, die Schweiz und Österreich verteilt sind. Seit Mitte der 90er Jahre koordinieren und betreuen Wissenschaftler am Institut für Weltraumsensorik und Planetenerkundung des DLR in Berlin-Adlershof und des bei Prag gelegenen Ondrejov Observatoriums die Arbeit des Netzwerkes.
Die vom DLR betreuten Kameras arbeiten nach einem einfachen Prinzip: sie fotografieren jeweils einen stark gewölbten Spiegel, wodurch eine Beobachtung des gesamten Himmels gewährleistet wird. Dabei wird der Kameraverschluss die ganze Nacht lang geöffnet, so dass jeweils eine Belichtung pro Nacht auf dem Film aufgezeichnet wird. Aus den Bildern mehrerer Stationen lassen sich in der Regel die Flugbahn und Geschwindigkeit von Meteoren, sowie - aus der Abbremsung und der Eindringtiefe in die Atmosphäre - die physikalischen Eigenschaften der Flugobjekte bestimmen. Im Mittel fotografiert das Feuerkugelnetz etwa 50 Meteore im Jahr.

Der Meteor vom 6. April 2002

Insgesamt wurde der Meteor vom vorletzten Wochenende von sieben der Kameras aufgezeichnet. Neben drei Stationen nördlich von Augsburg und Nürnberg konnten zwei Stationen im Schwarzwald, sowie jeweils eine Station in Tschechien und in Österreich das "Flugobjekt" aus unterschiedlichen Blickwinkeln fotografisch erfassen. Glücklicherweise waren die atmosphärischen Bedingungen optimal für die Aufzeichnung mit den Kameras: Der Himmel über Bayern war frei von Wolken.

Die Auswertungen zeigen, dass der Meteoroid unter einem Winkel von etwa 50 Grad um 22:20:18 MESZ knapp südlich der bayerisch-österreichischen Grenze bei Innsbruck in die Erdatmosphäre eintrat und sich nach Nordwesten in Richtung Mittenwald und Garmisch Partenkirchen bewegte. Die Eintrittsgeschwindigkeit betrug 20,9 Kilometer in der Sekunde (ca. 75000 Kilometer pro Stunde); die sichtbare Leuchtspur begann in einer Höhe von etwa 86 Kilometern.

Während die meisten Meteoroide in der Hochatmosphäre verglühen, konnte das Objekt ungewöhnlich tief in die Lufthülle eindringen, wie die Aufnahmen zeigen. Die Leuchtspur endete knapp 16 Kilometer über dem Boden. Es wird daher vermutet, dass eine - vielleicht sogar mehrere Kilogramm schwere - Restmasse aus Stein oder Eisen, sogenannte "Meteorite", den Boden erreicht haben. Die Aufschlagpunkte werden im Großraum nordwestlich von Garmisch-Partenkirchen vermutet; eine genauere, zweite Auswertung der Aufnahmen ist noch nicht abgeschlossen, da das Verfahren sehr zeitaufwändig ist.

Der Meteor war enorm lichtstark. Dies deutet darauf hin, dass der Meteoroid beim Eintritt in die Atmosphäre ursprünglich eine hohe Masse von vermutlich 500 Kilogramm hatte, die jedoch durch die entstehende Reibungshitze während des Hochgeschwindigkeitsflugs durch die Atmosphäre zum großen Teil verdampft ist.

Der Pribram Meteorit - ein enger Verwandter?

Die Aufnahmen liefern wertvolle Daten über die Flugbahn des Objektes vor seinem Zusammenstoß mit der Erde und damit über seine mögliche Herkunft. Sie zeigen, dass der Körper vor seiner Kollision in einer stark elliptischen Bahn die Sonne umkreiste. Der sonnenfernste Punkt der Bahn lag bei 4,0 Astronomischen Einheiten zwischen den Bahnen der Planeten Mars und Jupiter, innerhalb des so genannten "Asteroidengürtels".

Zur großen Überraschung der Forscher ist diese Umlaufbahn des Meteoroiden nahezu identisch mit der eines zweiten, ähnlich spektakulären Meteoroiden, der vor fast exakt 43 Jahren, am 7. April 1959, bereits vom Europäischen Feuerkugelnetz fotografiert wurde. Damals konnte auf Grund der fotografischen Ausbeute erfolgreich ein Meteorit, nach seinem Fundort in der damaligen Tschechoslowakei "Pribram" benannt, geborgen werden, ein damals einmaliger Erfolg der Meteoritenforschung. Sollte in diesem Fall die Bergung ebenso gelingen, ist zu vermuten, dass dieser neue Meteorit eine ähnliche stoffliche Zusammensetzung besitzt wie "Pribram".
Dass kleine Meteore ("Sternschnuppen") bisweilen in Schwärmen auftreten (wie die alljährlichen Leoniden im November) ist ein bekanntes Phänomen. Bislang waren jedoch die meisten Wissenschaftler der Ansicht, dass sich Meteoroide vom meteoritischen Typ eher als "Einzelgänger" durch das Weltall bewegen. Diese Entdeckung macht jedoch offensichtlich, dass ein ganzer "Strom" meteoritischer Körper existiert, den die Erde jedes Jahr Anfang April durchkreuzt. Möglicherweise lassen sich mit Hilfe starker Teleskope auch größere Asteroiden in diesem Strom finden.

Meteore - keine Seltenheit

Der erdnahe interplanetare Raum ist bevölkert mit Bruchstücken und Trümmern aller Größenklassen, den so genannten Meteoroiden. Sie stammen großenteils von Kometen und Asteroiden ab, darunter Staubteilchen von Millimeter-Größe bis zu großen Objekten mit Durchmessern von mehreren hundert Metern.
Man schätzt, dass im Mittel jährlich bis zu 16.000 Tonnen dieser interplanetaren Materie in die Erdatmosphäre eintreten, aber nur ein Bruchteil davon erreicht die Erdoberfläche (die bekanntlich zu zwei Dritteln von den Weltmeeren bedeckt ist). Statistisch gesehen fällt im Jahr auf eine Fläche von einer Million Quadratkilometer (etwa dreimal so groß wie Deutschland) gerade mal ein Meteorit mit einer Masse von einem Kilogramm. Will man diese Meteoritenfälle beobachten, ist also eine weiträumige, flächendeckende und vor allem geduldige Himmelsüberwachung notwendig. In der Regel werden jedoch nur etwa ein Prozent aller Meteoriten tatsächlich geborgen.
Eine wirkliche Gefährdung für die Menschheit besteht durch diese Meteoriteneinschläge nicht, es sei denn, es sind Körper so groß wie Asteroiden, die auf Kollisionskurs mit der Erde geraten. Solche Kollisionen sind zwar an der menschlichen Lebensspanne gemessen extrem rar (sie erfolgen im Abstand von zehn bis hundert Millionen Jahren), dann aber äußerst verheerend. Weitere Informationen finden Sie unter https://www.dlr.de/feuerkugelnetz.

Ansprechpartner:

Dr. Jürgen Oberst
DLR-Institut für Weltraumsensorik
und Planetenerkundung
Berlin-Adlershof
Tel.: 0 30 - 6 70 55-336
Fax.: 0 30 - 6 70 55-402
E-Mail: juergen.oberst@dlr.de

Dieter Heinlein
Tel.: 08 21 - 44 33 13
Fax.: 08 21 - 444 23 23
Mail: dieter.heinlein@a-city.de


Glossar

Meteoroide sind kleine interplanetare Körper aus Eis, Stein oder Metallverbindungen. Alle Größen, von Staubteilchen bis zu Meter-großen Brocken, sind vertreten. Die meisten der Meteoroide sind Bruchstücke von Asteroiden und Kometen. In seltenen Fällen stammen sie vom Mond oder vom Mars.
Ein Meteoroid wird zum Meteor, wenn er auf die Erde trifft und in der Lufthülle verglüht. Größere Meteore können am Nachthimmel beobachtet werden, denn aufgrund der sehr hohen Eintrittsgeschwindigkeit und Reibung (es werden mehrere zehntausend bis zu 200.000 Stundenkilometer erreicht) leuchten die Lufteilchen entlang der Flugbahn.

Sehr helle, intensiv und lange leuchtende Meteore werden als Feuerkugeln oder Bolide bezeichnet. Sternschnuppe ist das umgangssprachliche Wort für einen kleinen Meteor. Der Meteoroid wird zum Meteoriten, wenn er den Abstieg durch die Lufthülle trotz der mechanischen und thermischen Beanspruchung übersteht und Reste übrig bleiben, die auf ballistischen Flugbahnen die Erdoberfläche erreichen. Es sind fast ausschließlich Objekte aus Stein- oder Eisen, die diesen "Absturz" überleben. Meteorite sind wertvolle extraterrestrische Proben, die von den Wissenschaftlern im Labor untersucht werden und Aussagen über die Zusammensetzung von Asteroiden liefern.


Karl antwortete am 19.04.02 (13:34):

Hier noch der Link zu den Bildern:
https://www.dlr.de/oeffentlichkeit/presse/onlineinfo/oi2_2002.htm

(Internet-Tipp: https://www.dlr.de/oeffentlichkeit/presse/onlineinfo/oi2_2002.htm)


Hans-Jürgen antwortete am 20.04.02 (14:06):

Danke für die interessanten Details über Himmelskörper, die uns "besuchen" und insbesondere für die Erklärung des Unterschieds zwischen "Meteorid" und "Meteorit", der mir neu war.

Hans-Jürgen


Rosmarie Schmitt antwortete am 27.04.02 (08:55):


Lieber Karl,
danke für die äußerst interessanten Details!

Vor ca. 15 Jahren habe ich nachmittags (es war noch hell!) auch einen Meteoriten gesehen. Ich fuhr auf der Autobahn, als ich schräg vor mir fast waagerecht ein kleines hell leuchtendes Objekt in Wahnsinnsgeschwindigkeit sah. Es "schoss" wie ein langgezogenes sehr hell leuchtendes Oval scheinbar niedrig über die Erde dahin und verglühte plötzlich , indem es noch mal kurz stärker aufleuchtete.

Ich ließ mir später sagen, das sei ein Meteorit gewesen. So wie ich das Ding beschrieben hätte, sei seine Größe sicher nur ca. 10 cm gewesen. Solch kleine Objekte kämen meist nicht unten an, sondern explodierten vorher. Verblüfft hatte mich, dass die Flugbahn fast waagerecht aussah. Ich hatte mir vorgestellt, solche Dinge "fielen" von oben senkrechter herab... :-))

Allen ein schönes Wochenende! Vielleicht findet ja jemand aus dem Seniorentreff ein Stück vom bayrischen Meteoriten... :-))
Rosmarie