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THEMA: Kriegsführung im Irak - Strategien
11 Antwort(en).
Medea.
begann die Diskussion am 01.04.03 (08:51) mit folgendem Beitrag:
Da versucht eine Supermacht mit vielfacher Überlegenheit ihrer modernen Kriegswaffen, den "unterentwickelten" Irak in die Kniee zu zwingen und muß nun verstört feststellen, daß das "Unternehmen" beginnt, aus dem Ruder zu laufen. Saddam Hussein hat seine Lektion aus dem Golfkrieg von 1991 gezogen und verfolgt eine asymmetrische Strategie, die den technisch weit überlegenen Gegner zunehmend in Verwirrung stürzt. In einer Analyse des Instituts für Sicherheitspolitik an der Uni Kiel (ISUK) heißt es: "Asymmetrie heißt, anders zu denken und zu handeln, mit der Maßgabe, die Schwäche des Gegners auszunutzen, um den eigenen militärischen Vorteil zu erhöhen". Die Angriffe auf die Nachschubwege der US-Armee erfolgen aus dem Nichts, schnell zuschlagen und sofort verschwinden, eigene Erfolge schnell der Weltöffentlichkeit präsentieren, Bilder von getöteten US-Soldaten verbreiten, um psychologisch Unruhe zu stiften. Vor allem, das Bild Davids gegen Goliath erzeugen und damit geschickt die Solidarität stets auf Seiten von David zu finden. Mich überrascht schon die ganze Zeit, wie der politischen Führung der USA so gravierende Fehler unterlaufen konnten. Aber es gilt immer noch: Wer Wind sät, wird Sturm ernten.
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schorsch
antwortete am 01.04.03 (08:55):
So haben sich schon die Alten Eidgenossen gegen Übermächte gewehrt!
Schade - wir haben das Rezept leider verloren!
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RoNa
antwortete am 01.04.03 (13:41):
Vermutlich lacht sich Saddam ins Fäustchen. Im Gegensatz zu den USA hat er vorab nichts preisgegeben über Strategien, Waffen, Zahlen. Die Irak-Führung erscheint ruhig und gelassen, während ihren Gegnern längst anzusehen ist, wie sehr sie nervös macht, was sie erwartet hat, und wie schwer ihnen jetzt eigentlich schon das Lügen fällt. Während die anderen schwatzten und schwatzten, hat sich Saddam in aller Stille vorbereitet. Und ich bin der Meinung: er hat noch viel mehr im Hinterhalt als das, was er bis jetzt dem Feind entgegenstellte. Und das alles befindet sich irgendwo in Bagdad.
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Barbara
antwortete am 01.04.03 (17:49):
Ja, medea....
vielleicht handelt es sich bei diesen Leuten eben nicht um verantwortungsbewusste Politiker sondern schlicht und einfach um Verbrecher. Die Bush-Administration scherte sich einen Dreck um das schwierige Geschäft der Diplomatie, um Völkerrecht und die Institution der UNO....
Sie bevorzugte die Strategie des Wilden Westens.... die Macht des Stärkeren...
Die Bush-Leute sind dabei, auf dem schnellsten Weg alles zu verspielen:
>>Wie die Koalition der Willigen zerbröselt
45 Länder, so hatte es die US-Regierung verkündet, unterstützten den Krieg in Irak. Angesichts der blutigen und unberechenbaren Entwicklung distanzieren sich jedoch immer mehr europäische Regierungen von dem Krieg. Andere melden sich verärgert zu Wort, weil sie den Krieg nie wollten, aber dennoch auf der Liste auftauchen.
Hamburg - Bilder von toten Zivilisten, Berichte über einen schleppenden Vormarsch, Debatten zur vielleicht falschen Kriegsstrategie: Der Konflikt am Golf ist unpopulär beim Volk und die Zustimmung für London und Washington sinkt in dem Maße, in dem die Verluste zunehmen. Zahlreiche europäische Regierungen kommen nun in Bedrängnis.<<
https://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,242940,00.html
Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,242940,00.html
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Wolfgang
antwortete am 02.04.03 (03:02):
Man soll zwar den Tag nicht vor dem Abend loben, aber so schlecht sieht die Lage für die Verteidiger des Irak nicht aus... Die amerikanischen und britischen Angreifer haben hohe Verluste. Die russische Fernaufklärung spricht von mindestens 100 getöteten amerikanischen und 35 getöteten britischen Soldaten. Weitere 22 Amerikaner und elf Briten wurden vermisst; etwa 480 Mann seien (zum Teil schwer) verwundet worden. Stand: 31. März 2003
Immer noch hält sich die irakische Armee wacker und treibt die Kosten des Krieges hoch.
Die Militärmaschinerie der BUSH-Krieger ist ziemlich am Stottern. :-)
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Karl
antwortete am 02.04.03 (07:33):
Nein Wolfgang, die Kriegsmaschine stottert nicht, sie wird brutaler. Je stärker der Widerstand, umso rücksichtsloser glauben die Kriegsstrategen bomben zu müssen. In den Außenbezirken der Städte kommen jetzt unvorstellbar grausame Taktiken und Waffen zum Einsatz. Durch die weitgehende Verbannung und Zensur der Berichtserstattung (nur der arabische Sender sendet noch und dessen Meldungen können den Bevölkerungen der kriegsführenden "Allianz" leicht als "Propaganda"verkauft werden), werden zunehmend alle Hemmungen fallen gelassen.
Ich bin innerlich sehr zerissen. Einen langen Krieg kann niemand gerne herbeiwünschen. Die Zeche bezahlt immer nur das Irakische Volk. Diesem Volk sind meine Sympathien sicher. für den Schlächter Saddam und seine Schergen habe ich keine. Leider bauen die USA und die Briten Saddam gerade zum Märtyrer auf. Durch diesen ungerechten und verbrecherischen Krieg scharen sie alle Araber um diesen Despoten, der noch im Tod ihr neuer Held sein wird.
Heute lese ich, dass junge britische Soldaten beginnen die Mitarbeit am Morden von Zivilisten zu verweigern und lieber 2 Jahre Gefängnis in Kauf nehmen. Den Verlauf des Krieges wird dies wahrscheinlich nicht mehr ändern. Wenn der Irak von Irakis befreit ist, wird Friedhofsruhe einkehren? Ich persönlich glaube nicht, dass sich die Regierungen in GB und USA je von diesem moralischen Kriegsschock erholen werden. Die jetzigen regierenden Cliquen werden hoffentlich bald abgewählt.
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schorsch
antwortete am 02.04.03 (09:57):
Du vergisst das traditonell schlechte Gedächtnis, der Amerikaner, Karl. Wenn die USA als "Sieger" aus diesem Krieg hervorgeht, dann ist - leider - Bushs Wiederwahl so gut wie sicher! Man darf nicht vergessen, dass kaum ein Promille der Amerikaner bis zum Kriegsende einen Angehörigen im Irak verloren haben wird!
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Ursula
antwortete am 02.04.03 (12:05):
Mein Herz und mein Mitleid gilt den Irakis, und ich wünschte, sie hätten gegen die Brutalität der us-amerikanischen Regierung und ihre Aliierten eine Chance. Aber das wird, je länger der Krieg dauert, immer mehr zur Illusion.
Das irakische Volk weiß das und weiß auch, dass es keine Alternative hat: Die Angst vor einer amerikanischen Besetzung ist offenbar größer als die Angst vor dem gehaßten Saddam Hussein. Deshalb kämpfen sie mit dem Mut der Verzweiflung einen aussichtslosen Kampf - bis zum bitteren Ende: Vielleicht werden die meisten von Ihnen bald tot sein, und die wenigen Überlebenden haben keine Gegenwart und keine Zukunft, für die es sich lohnt weiter zu leben ... Es ist einfach nur grauenhaft!
Hoffentlich holt wenigstens Bush und Blair eines Tages und möglichst bald der Teufel (in welcher Gestalt auch immer) und ebenfalls ALLE (einschließlich Merkel, Schäuble und Co), die das verbrecherische Tun unterstützen oder gutheißen!
Ursula
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Barbara
antwortete am 02.04.03 (16:03):
Der Spiegel schreibt:
>>Schon am Wochenende 41 Grad im Irak
Brütende Temperaturen in der Wüste: Im Irak steht nach den Vorhersagen britischer Meteorologen eine Hitzewelle bevor. Die Militärs wollen ihre Angriffe verstärkt bei Nacht führen. ..... Die Soldaten sollen sich gegenseitig kontrollieren, ob sie auch genügend Wasser trinken. "Dafür sind auch die Kommandeure verantwortlich", erklärt Militärsprecherin Martine McMee. Normalerweise sollte jeder sechs Liter am Tag zu sich nehmen. für Soldaten in Schutzanzügen gilt aber ein Richtwert um 15. Auch Pausen sollen die Soldaten vor gefährlicher Erschöpfung bewahren. "Das bedeutet zum Beispiel 15 Minuten harte Arbeit und 30 Minuten Ruhe", sagt McMee.<<
15 Liter Wasser am Tag trinken..... Man bedenke den Kreislauf.... Schutzanzug ausziehen.... Schutzanzug anziehen... 15 Min. "arbeiten".... 30 Min. Pause.... Dabei kommen die Soldaten hoffentlich kaum zum Kämpfen....
Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,243068,00.html
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Titus(WolfgangM.)
antwortete am 02.04.03 (23:36):
Hallo Ursula,
dem ist kaum etwas hinzuzufügen, ausser: Die Irakis hassen Saddam Hussein, aber noch mehr die Amerikaner und Briten, die ihre Frauen und Kinder ermorden. Deswegen werden sie kämpfen, mit allen Mitteln, die sie zur Verfügung haben. Und das dürfen sie, denn sie sind überfallen worden.
Hallo Barbara,
wie wahr - schon allein die Vorstellung, wie das wohl funktionieren soll, läßt einem hoffen, daß die Mörder sich zu Tode schwitzen mögen! Man kann wohl davon ausgehen, dass die armen Kerle nicht wissen, was noch auf sie zukommt. Die Zeit, in der sie Flüche und Verwünschungen in Richtung Washington und London aussprechen werden, kommt bald.
Und ein Sieger dieses Krieges steht schon fest: Saddam Hussein! Wir er getötet, hat die arabische Welt einen Märtyrer, lebt er weiter, ist er der Führer der arabischen Welt.
Titus.
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Barbara
antwortete am 03.04.03 (14:08):
Der große Katzenjammer der Kriegstreiber hat längst begonnen.
Die Zeit schreibt heute:
>>„Eher Wochen als Monate“ werde der Krieg dauern, ließ Cheney wissen.
Gerade einmal zwei Wochen danach ist in Washington ein großer Katzenjammer ausgebrochen. Der Vormarsch im Irak stockt, die Versorgungslinien sind unter Feuer geraten, es mangelt an der Front zeitweise an Sprit und Essen. Dutzende von Amerikanern sind gefallen, und täglich werden es mehr. Eher Wochen als Monate? Gerade erfährt die staunende Öffentlichkeit aus dem Munde eines Feldkommandanten, es könnten noch Wochen vergehen, bis man auf dem Weg nach Bagdad endlich das Städtchen Nadschaf erobert habe.
Ein Spaziergang? „Die ursprüngliche Strategie war, so schnell wie möglich nach Bagdad zu gelangen, das Regime auszuwechseln, Hilfsgüter ins Land zu schaffen und den Sieg zu erklären“, höhnt von der Front aus ein anonymer Heeres-General in der Washington Post. „Nun wird es länger dauern.“
Ein Kartenhaus? Saddam Hussein, dead or alive nach den Bombenangriffen der ersten Kriegsstunden, steht im Begriff, über die Grenzen seines Landes hinaus Ruhm als Feldherr zu erringen. Und seine Truppen, weit davon entfernt, führerlos zu agieren, nötigen den Amerikanern ob ihres erbitterten Widerstands wenn nicht Hochachtung, dann doch Respekt ab.
Schon werden die kleineren Verbündeten nervös. „Ich denke, sie haben die Rolle der Milizen in den kleinen Städten und Ortschaften unterschätzt“, beschwert sich Robert Hill, der australische Verteidigungsminister (2000 Soldaten im Irak). Und in Warschau meldet sich sein polnischer Kollege Jerzy Szmajdzinski (200 Soldaten im Irak) zu Wort. „Die Kampagne hat spät begonnen“, sagte er bei einer Pressekonferenz, „vielleicht zu spät.“
Derweil tobt in Washington der Kampf um die Folgen des Triumphalismus. Es gebe doch nur ein paar „Inseln des Widerstandes“, sagt Richard Perle. Und warum geht der Vormarsch vorerst nicht weiter? „Wegen des Verrats der Türken“, schreibt Charles Krauthammer, einer der Journalisten aus dem Washingtoner Falkenhorst. Warum wurde die US-Armee bisher nicht als Befreier begrüßt? Eines weiteren „Verrates“ wegen, wie der Internet-Kolumnist Andrew Sullivan schreibt. Bush senior habe die Iraker 1991 nach dem Golkrieg zum Aufstand aufgefordert und sei ihnen dann nicht zu Hilfe geeilt: „Vielleicht haben wir die psychologischen Folgen dieses brutalen Verrates unterschätzt.“
Fortsetzung folgt
Internet-Tipp: https://www.zeit.de/2003/15/Milit_8ar
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Barbara
antwortete am 03.04.03 (14:09):
Fortsetzung:
Und die Verluste? „Die Amerikaner werden noch mehr Verluste hinnehmen“, meint William Kristol, als Chefredakteur des Weekly Standards eine wichtige Stimme im Camp der Kriegsbefürworter. „Aber was sie nicht ertragen werden, ist Mehrdeutigkeit oder gar Niederlage“. ..... Dies ist vor allem Donald Rumsfelds Krieg. Er wollte den High-Tech-Angriff mit kleiner und beweglicher Invasionsarmee. Er wollte schon heute den Krieg von morgen führen – und ihn damit führbar machen. Bedenken waren ihm lästig. Sechsmal, schreibt der New Yorker, habe sich Rumsfeld bei den Kriegsplanungen persönlich über die Einwände seines Generalstabes hinweggesetzt. Immer mit dem Ziel, die Zahl der eigenen Soldaten zu reduzieren. Rumsfeld bestreitet das. Nun, da in aller Eile mehr Truppen nach Kuwait geschickt werden, sagt er: „Jeder, der ihn sah, hat dem Kriegsplan zugestimmt. Ein exzellenter Plan. Ich wäre entzückt, könnte ich das Lob dafür für mich in Anspruch nehmen. Aber das wäre nicht fair, denn es ist im Wesentlichen die Arbeit von General Franks.“ Donald Rumsfeld begehrt, nicht verantwortlich zu sein. Diese Fahnenflucht wird ihm gewiss nicht vergessen werden.
Bush wurde „bescheiden beraten“
Wahrscheinlich muss erst der Krieg vorüber sein, damit klar wird, ob die gegenwärtige Vertrauenskrise dauerhaft ist. Entscheidend dürfte sein, welche Lehre George Bush daraus zieht, „so bescheiden beraten worden zu sein“, wie ein hoher Beamter, selbstverständlich anonym, der Washington Post sagte.<<
https://www.zeit.de/2003/15/Milit_8ar
Internet-Tipp: https://www.zeit.de/2003/15/Milit_8ar
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