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THEMA: Michael Moore an "his President"
4 Antwort(en).
Antonius
begann die Diskussion am 28.03.03 (11:18) mit folgendem Beitrag:
Der Schriftsteller und Filmemacher Michael Moore ("Stupid White Men", "Bowling for Columbine" hat sich am Vorabend des Irak-Kriegs in einem offenen Brief an seinen Präsidenten gewandt.
Montag, 17. März 2003 Lieber Gouverneur Bush,
heute ist also der Tag, an dem, wie Sie es nennen, die "Stunde der Wahrheit" gekommen ist, der Tag an dem "Frankreich und der Rest der Welt ihre Karten auf den Tisch legen müssen".
Ich bin froh, dass dieser Tag nun endlich da ist. Denn, das muss ich Ihnen sagen, nach 440 Tagen mit Ihren Lügen und Ihren Halbwahrheiten war ich nicht sicher, ob ich das noch länger ausgehalten hätte. So bin ich beruhigt zu hören, dass heute der Tag der Wahrheit gekommen ist, denn ich möchte Ihnen gerne ein paar Wahrheiten mitteilen:
1. Es gibt im Grunde genommen NICHT EINEN in Amerika (ausgenommen Talk-Radio-Spinner und Fox News), der Gung-Ho-mäßig [Gung Ho ist ein Plastiksoldat, Anm.] wild darauf ist, in den Krieg zu ziehen. Vertrauen Sie mir in diesem Punkt. Gehen Sie aus dem Weißen Haus heraus in irgendeine Straße und versuchen Sie, fünf Leute zu finden, die leidenschaftlich gerne Iraker umbringen möchten. SIE WERDEN SIE NICHT FINDEN! Warum? Weil keine Iraker jemals hierher gekommen sind und einen von uns getötet haben. Kein Iraker hat jemals gewagt, dies zu tun. Sie sehen, so denken wir Durchschnitts-Amerikaner: Wenn irgend jemand irgendetwas tut, was nicht als Angriff auf unser Leben wahrgenommen wird, dann - glauben Sie es oder nicht - wollen wir ihn nicht töten. Lustig, wie so was läuft.
2. Die Mehrheit der Amerikaner - die, die Sie niemals gewählt haben - sind nicht auf Ihre Gehirnwäsche hereingefallen. Wir wissen, was die wirklichen Probleme sind, die unser tägliches Leben betreffen - und keiner fängt mit einem I an und hört mit einem K auf. Das hingegen macht uns wirklich Angst: Zweieinhalb Millionen Menschen verloren Ihre Arbeit, seitdem Sie im Amt sind, die Börsenkurse sind zu einem schlechten Witz verkommen, keiner weiß, ob die Rentenfonds in Zukunft noch existieren werden, Benzin kostet mittlerweile fast zwei Dollar - diese Liste könnte noch endlos fortgesetzt werden. Den Irak zu bombardieren, wird keine einzige Lösung dafür bringen. Es gibt nur eins: Sie müssen gehen, damit die Dinge sich verbessern können.
3. Wie [der Talkshow-Moderator, Anm. d. Red.] Bill Maher letzte Woche sagte: Wie tief sind Sie gefallen, um einen Beliebtheitswettbewerb gegen Saddam Hussein zu verlieren? Die ganze Welt ist gegen Sie, Mr. Bush. Zählen Sie die Amerikaner dazu.
4. Der Papst hat gesagt, der Krieg sei falsch, er sei eine SÜNDE. Der Papst! Aber es kommt sogar noch schlimmer: Die Dixie Chicks sind nun auch gegen Sie. Wie tief muss es noch mit Ihnen bergab gehen, bevor Sie merken, dass Sie Armee von nur einem Menschen in diesem Krieg sind. Natürlich ist das ein Krieg, in dem Sie nicht persönlich kämpfen müssen. Genauso als Sie sich unerlaubt von der Truppe entfernten und die anderen armen Kerle statt Ihrer nach Vietnam verschifft wurden.
(Teile 5 und 6 folgen.)
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Antonius
antwortete am 28.03.03 (11:23):
Moore - Teile 5 und 6:
5. Von den 535 Mitgliedern des Kongresses hat nur EINER (Sen. Johnson aus South Dakota) seinen Sohn oder seine Tochter beim bewaffneten Militär eingetragen. Wenn Sie wirklich für Amerika einstehen wollen, schicken Sie bitte sofort Ihre Zwillingstöchter nach Kuwait und lassen Sie sie dort Ihre chemischen Armee-Sicherheitsanzüge tragen. Und lassen Sie uns sehen, ob alle Mitglieder des Kongresses mit Kindern im militärfähigem Alter ihre Kinder für diesen Kriegseinsatz opfern würden. Was haben Sie gesagt? Das glauben Sie nicht? Gut, okay, wissen Sie was - das glauben wir auch nicht!
6. Schlussendlich: Wir lieben Frankreich. Gut, sie haben einige Dinge richtig verbockt. Ja, einige von ihnen können sogar verdammt nerven. Aber Sie haben vergessen, dass wir dieses Land [die USA] nicht mal als Amerika gekannt hätten, wenn es die Franzosen nicht gegeben hätte. War es nicht mit ihrer Hilfe während des Revolutionskrieges, mit der wir gewonnen haben? Und waren es nicht unsere größten Denker und Gründerväter - Thomas Jefferson, Ben Franklin etc. -, die viele Jahre in Paris verbrachten, wo sie die Konzepte überarbeiteten und verfeinerten, die uns zu unserer Unabhängigkeitserklärung und unserer Verfassung geführt haben? War es nicht Frankreich, das uns die Freiheitsstatue geschenkt hat? War es nicht ein Franzose, der den Chevrolet gebaut hat, und waren es nicht ein paar französische Brüder, die das Kino erfanden? Und nun tun sie das, was nur ein guter Freund tun kann - Ihnen die Wahrheit über Sie, Mr. Bush, sagen, geradeheraus und ohne Umschweife. Hören Sie auf, auf die Franzosen zu pinkeln, und danken Sie ihnen, dass die es endlich einmal richtig machen. Wissen Sie, Sie hätten wirklich mehr verreisen sollen (zum Beispiel ein Mal), bevor Sie Präsident geworden sind. Ihre Ignoranz gegenüber der Welt hat Sie nicht nur lächerlich aussehen lassen, sondern hat Sie auch in eine Ecke gedrängt, aus der Sie nicht wieder herauskommen.
Hey, nehmen Sie es nicht so tragisch - jetzt kommen die guten Neuigkeiten: Wenn Sie diesen Krieg wirklich durchziehen, wird er mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit schnell vorbei sein, denn ich schätze, dass es nicht viele Iraker gibt, die ihr Leben zum Schutze Saddam Husseins lassen wollen. Nachdem Sie den Krieg gewonnen haben, werden Sie einen enormen Zuspruch in der Bevölkerung erfahren, da jeder Gewinner liebt - und wer möchte nicht ab und zu einen ordentlichen Arschtritt sehen (vor allem, wenn es ein Dritte-Welt-Arsch ist). Also, versuchen Sie Ihr Bestes und tragen Sie diesen Sieg den ganzen Weg bis zur Wahl im nächsten Jahr mit sich. Natürlich ist das noch ein weiter Weg, und so haben wir alle noch eine lustige Zeit vor uns, während wir zugucken, wie die Wirtschaft immer weiter den Bach runtergeht!
Aber, Mensch, wer weiß, vielleicht finden Sie ja Osama ein paar Tage vor den Wahlen! Sehen Sie, SO müssen Sie denken! Bloß nicht die Hoffnung aufgeben! Tötet Iraker - sie haben unser Öl!!!
Hochachtungsvoll Michael Moore
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Karl
antwortete am 28.03.03 (11:31):
Nun - in einem hat sich auch Herr Moore geirrt: "Wenn Sie diesen Krieg wirklich durchziehen, wird er mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit schnell vorbei sein, denn ich schätze, dass es nicht viele Iraker gibt, die ihr Leben zum Schutze Saddam Husseins lassen wollen."
Arme Iraker - sie müssen ihren Mut mit dem Leben bezahlen. Es werden nicht mehr viele übrig sein, die den "American way of life" zelebrieren können.
Vielleicht aber wird das Ziel "Regimewechsel" zuvor in London und Washington erreicht???
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Wolfgang
antwortete am 28.03.03 (11:51):
Ich (und vermutlich praktisch alle der ST-Community) hoffe(n) mit Dir, Karl, dass der Regimewechsel in New York und London noch rechtzeitig kommt und nicht erst dann, wenn Millionen Tote zu beklagen sind, wie es bei HITLER war, bevor die Alliierten diesen stürzten.
Die Chancen stehen nicht so schlecht, wie das den Meisten zur Zeit scheint. Politisch haben BUSH und BLAIR abgewirtschaftet. Niemand traut ihnen noch irgend eine konstruktive Rolle in einem Friedensprozess zu. Sie werden von der Mehrheit der Menschen - auch der amerikanischen und britischen Menschen - als das erkannt, was sie von Anfang an waren: als überaus törichte Krieger. Sie können sich nur noch militärisch gegen die meisten Menschen in der Welt an der Macht halten. Wir wissen aus der Geschichte, dass dies keine nachhaltig tragfähige Machtgrundlage ist. Auf das Recht, der einzig dauerhaft tragfähigen Grundlage der Macht, haben sie verzichtet. Mehr noch: Sie verhöhnen und verspotten tagtäglich das Recht. An seine Stelle haben sie den Krieg gesetzt.
Aber, der Krieg ist launisch. Ihr Angriffskrieg jedenfalls läuft nicht so, wie sich die BUSH-Krieger das vorgestellt haben. Ihre einzige Machtbasis kehrt sich gegen sie. Dieser Sachverhalt sollte unsere Hoffnung stärken. :-)
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verseschmied
antwortete am 28.03.03 (13:22):
In meiner verbalen Reaktion mag ich nicht schreiben, weil ich dann zu viel an Wut einfließen lasse. Stattdessen reagiere ich mich ab in "Glyrik" (Glosse+Lyrik). Hier zwei Texte als Reaktion auf Texte in der heutigen FAZ:
Bernhard Selker
Gegen das Pathos in USA
Die Menschen in den Vereinigten Staaten sind, ach, mit dem Herzen so gern doch dabei, wenn's gilt anzuzeigen, wie gut geraten ihre Haltung zu diesem und jenem sei: Sie legen die rechte Hand links auf die Brust - und schon sind sie sich ihres Gutseins bewußt.
Wenn dazu noch Sterne und Streifen wehen (oder in Blech am Jackettaufschlag stecken) und sie dann leicht aufwärts zum Himmel sehen, sich innerlich quasi gen Himmel recken und von jeder Schwere sich fühlen frei sich - dann, ja dann scheinen zu sein sie fast heilig.
Besonders gut ist in dem heiligen Schein der eine in den Vereinigten Staaten, der dazu auch noch in den Mund nimmt hinein das Heil; und das scheint ihm auch angeraten zu sein in dem Wort "Krieg" (englisch: "War"), und es stinkt - sorry - klingt zum Himmel empor.
Und solcherlei Heil im Film festzuhalten half ein anderer Mensch, ein Schauspieler, mit. Nun aber, da das Schein-"Heil" in Gestalten wie "Brandstifter" und "Schlachter" und "Tod" auftritt, erfaßt diesen Schauspieler - und das ist gut! - zum "Halt's Maul! Sprich PEACE, President!" der Mut.
Der Schauspieler Martin Sheen darf hier gelten als Beispiel für die Menschen in USA, die immer lauter über "Schein-Heil" schelten und vielleicht auch mal was von Alt-Europa übernehmen als eine Lebensweisheit: Die Sicht auf die eig'ne Unvollkommenheit.
28.03.03 B.S: FAZ 28.03.03 DudW/Personalien: "... Martin Sheens Protest gegen den Irak-Krieg"
me5913.doc 5
Bernhard Selker
General Delphin - You know? Die Menschen sind, genau genommen, doch ziemlich "auf den Hund gekommen". Nun mag's beim Hund man noch verzeihen, wenn man von dem sich will entleihen manch' Nutzen in der Einsamkeit, doch oft genug auch Ergebenheit.
Auch in USA ist verbreitet, daß man vom Hunde wird begleitet durch tristes Oberflächen-Leben, bei dem vom Hund man sich läßt geben die Tiefe seelischer Begattung bis hin zur Edelsarg-Bestattung.
Nun geh'n die USA noch weiter: Da sie jetzt sind ein Kriegs-Bestreiter mit Risiko beim Schiffsanlanden im Persischen Golf und sie dort fanden Seeminen, die ja könnten platzen, wird man Delphine jetzt benutzen
als Minensuchboot mit Kamera an rechter Flosse (dafür ist die da!); und der Delphine Sonarsystem macht Minenortung ja auch bequem - bequem, wie den Hund man hat dressiert, daß der nach Menschens Lust apportiert.
K-Dog - so nennt man den Ober-Delphin der US-Marine - wird bald eingeh'n in die Kriegs-Geschichte der USA: Man wird ihn - man kennt US-Pathos ja - bald schon mit hohen Orden behängen, mit Hand-auf-Herz-Sterne-Streifen-Gesängen
ihm ein General-Delphin-Jenseits verpassen und sich als Kriegs-Tiernutz-Nation feiern lassen.
28.03.03 B.S. FAZ 28.03.03 DudW: "An der Waterfront! Die US-Marine setzt Delphine zur Minensuche ein"
me5914.doc 5
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