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THEMA:   Eine "Mauer" für den Frieden?

 5 Antwort(en).

Wolfgang begann die Diskussion am 15.06.01 (14:23) mit folgendem Beitrag:

Prof. Dr. Peter PORSCH - Vorsitzender der PDS-Fraktion im Sächsischen Landtag - hat eine provozierende These aufgestellt. In einem Statement der PDS Landtagsfraktion schreibt er:

"[...] Die Mauer hat 1961 den Frieden in Europa und der Welt erhalten. [...]"

Hauptsächlich gibt er die Schuld am Bau der "Mauer" den beiden Hauptakteuren im Kalten Krieg, den USA und der UDSSR. In "klammheimlicher Übereinstimmung" sollen sie damals - zusammen mit den Statisten aus Bonn und Ost-Berlin - die Sache aufgezogen haben. Deshalb sei es auch nicht nötig, dass sich heute die PDS (als Nachfolgerin der SED) für den Mauerbau entschuldigt.

Mir scheint, es ist was dran an der These. Ich würde gerne über dieses Thema diskutieren...

PDS-Landtagsfraktion Sachsen: Statements
https://www.pds-sachsen.de/lfs/statements/stat01/pm_01246.html

(Internet-Tipp: https://www.pds-sachsen.de/lfs/statements/stat01/pm_01246.html)


Marianne Brand antwortete am 15.06.01 (18:22):

Ich fürchte, daß es nicht nur so scheint, als sei etwas dran an dieser These. Wie immer es auch gewesen sein mag ,ich denke, es wäre gut, wenn die PDS, als Nachfolgepartei der SED, sich entschuldigt.
In manchen privaten Gesprächen mit ehemaligen Parteimitgliedern höre ich großes Bedauern heraus.
Die PDS vertritt im Osten der BRD viele Menschen, sie sollte diesen Menschen den Weg frei machen für
eine positive Mitgestaltung in der Politik.


Manfred Franz antwortete am 19.06.01 (07:11):

Der Mauerbau war und bleibt ein Verbrechen. Der einzige wirkliche Zweck war, die Abwanderung der DDR-Bevölkerung zu stoppen. Möglich, dass es bei der Menge an Zuwanderern auch westlichen Politikern Angst und Bange wurde. Dass sie deshalb aber den Bau der Mauer in irgend einer Weise gefördert oder gefordert hätten, halte ich für absurd. Tatsache bleibt, dass man uns, die Nichts weiter verbrochen hatten, als zufällig bein Kriegsende in die sowjetische Besatzungszone geraten zu sein, wie Verbrecher 28 lange Jahre eingesperrt hat. Zugegeben, mit etwas "Freigang", Essen und Trinken, mit "Beziehungen" auch etwas mehr. Kostenlose Auslandsreisen, noch dazu in den anderen Teil der Welt, wie sie straffällige Jugendliche heutzutage bekommen, gab es für uns nicht.

(Internet-Tipp: https://Warum.here.de)


Wolfgang antwortete am 19.06.01 (14:40):

Klar war der Zweck der "Mauer", die DDR am Leben zu erhalten. Ohne die "Mauer" keine DDR (jedenfalls nicht auf so lange Zeit). Völlig klar auch, dass der Auftrag die "Mauer" zu bauen, aus der UDSSR kam. Ich glaube aber, dass die Westmächte und besonders die Regierung der BRD dies ganz gern geschehen liessen. Denn was hätten diese tun sollen... Die UDSSR war zu der Zeit des Mauerbaus finster entschlossen, die DDR als ihr Vorposten in Deutschland aufrechtzuerhalten, vermutlich selbst um den Preis eines Krieges.

Bestimmt wären die beiden Supermächte USA und UDSSR übereingekommen, diesen Krieg auf das Territorium von Deutschland (West und Ost) zu beschränken. Am liebsten war ihnen und der Regierung der BRD aber die "friedliche" Lösung... - also der Kalte Krieg, statt eines heissen Krieges. Dass Millionen von Deutschen im Osten eingesperrt wurden, hat im Westen die PolitikerInnen, aber auch die sogenannten kleinen Leute nie wirklich interessiert. - Es wurde damals augenzwinkernd viel geheuchelt auf unserer Seite. Ich will ehrlich sein: Ich dachte damals so, wie fast alle hier bei uns: Wegen der DDR einen Krieg riskieren? Da war uns die "Mauer" schon lieber. Schliesslich war es ja nicht zu UNSEREM Nachteil...


Wolfgang Mücke antwortete am 14.08.01 (18:40):

General Lucius D. Clay, ein ehrlicher Freund der Berliner, sagte damals, anläßlich des Mauerbaues:
Es ist eine Sache der UdSSR, die DDR hat hier in diesem Punkt keine Macht. (nicht ganz wörtlich zitiert).

Für uns ist es heute leicht eine Meinung zu haben, ist doch das Jahr 1961 längst Geschichte, sogar das Jahr 1989 ist Geschichte. Und keiner kann eine gewisse Befangenheit ablegen, haben wir doch noch alle ein schlechtes Gewissen wegen der nicht aufgearbeiteten NS-Vergangenheit.

Ein Kommentar gestern im Fernsehen brachte es auf den Punkt:
Kurt Georg Kiesinger war Kanzler der Bundesrepublik Deutschland und er war Mitglied der NSDAP von 1933 bis 1945.
Sicherlich war er nicht an Verbrechen der Nazis beteiligt und sicherlich hat er auch nichts gewußt (wie alle Deutschen nach 1945 behaupteten).

Kein Mensch kam auf die Idee zu verlangen, daß sich Kanzler Kiesinger für die Verbrechen der Nazis entschuldigt, ebenso wurde dieses Ansinnen auch nicht an Herrn Globke gestellt.
Lag es nur daran, daß sie CDU-Leute waren??

Ich halte es nicht für gerechtfertigt, daß sich die PDS - egal wer - für den Mauerbau entschuldigt, den weder sie, noch die SED zu verantworten hatte, wenn sich auch Herr Ulbricht damit brüstete. Er konnte ja nicht sagen: Wir wollten keine Mauer, die Sowjets haben uns dazu gezwungen.
Und daß die Sowjets in Übereinstimmung mit den Amerikanern handelten, steht für mich fest. Die Lage sah nach Krieg aus und für die Amerikaner gab es nichts zu gewinnen. Das ist wohl leider Fakt!

Daß an der Mauer Menschen erschossen wurden, was wir in unserer zivilisierten Welt (wenigstens in diesem Punkt sind wir zivilisiert) als Verbrechen betrachten, geht wohl auf das Konto Ulbricht/Honecker/Mielke. Und es soll auch unter den Grenzsoldaten Offiziere und Manschaften gegeben haben, die sich zu schießen weigerten. Über deren Schicksal ist wenig bekannt - wen interessiert das schon, läßt sich doch damit keine Politik machen.

Unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger in der DDR zahlten für eine verfehlte Politik die Zeche. Und diese Politik begann 1933 und endete nicht 1945.
Erinnern wir uns daran, daß 1952 und 1954 seitens der UdSSR freie Wahlen angeboten worden waren, die Adenauer ablehnte bezw. mit Bedingungen belegte, die die UdSSR nicht akzeptieren konnte, ohne ihr Gesicht zu verlieren. Warum Adenauer ablehnte, ist allgemein bekannt und Geschichte.
Nur - 17 Millionen Deutsche mußte sich fast 40 Jahre lang mit diesem System irgendwie arrangieren. Ich wage gar nicht zu beurteieln, wie schwer das oft war, obgleich wir gute Einblicke hatten, weil unsere gesamte Familie "drüben" lebte.

Wir können das Rad der Geschichte nicht zurück drehen, wir müssen nach vorne blicken und viele von uns müssen über ihren eigenen Schatten springen, sonst gibt es kein vereintes Deutschland.

Und die Leute mit dem Spaten in der Hand, die sich zwar freuen, daß es in der DDR Menschen gegeben hat, die unter Lebensgefahr die Mauer umkippten, die nun aber jeden Tag den Graben zwischen West und Ost ein Stück tiefer graben, die Leute sollten einmal nachdenken, was sie aus Parteiegoismus anrichten.

Auf jeden Fall verhelfen sie der PDS zum Wahlerfolg, auch wenn sich der junge Bursche, der in Berlin regierender Bürgermeister werden soll (eine etwas absurde Vorstellung) Herrn Schabowski als Berater beschäftigt.

Aber, lassen wir das:
Ich meine, nach dem was bekannt wurde, hat die Mauer tatsächlich einen Krieg verhindert. Schlimm diese Feststellung, nur meine ich, wir sollten ehrlich die Fakten bewerten. Kann ich mich hierbei irren? Aber sicher!
Wer weiß es besser??

Mit Grüßen - Wolfgang Mücke


Manfred Franz antwortete am 15.08.01 (23:24):

Möglich. Vielleicht sogar wahr, dass die Mauer einen Krieg verhindert hat. Aber warum mussten die 16 Mill. Deutsche, die schon den 2.Weltkrieg allein verloren hatten, nun auch noch für die "Verhinderung" eines neuen Krieges, wieder allein, mit ihrer Freiheit bezahlen? Und heute müssen sie, nachdem sie, immer noch allein, die Mauer zu Fall gebracht, die Einheit unseres gemeinsamen Vaterlandes ermöglicht, ja erzwungen haben, immer noch als "Jammer-Ossis", als Blöde, etwas Zurückgebliebene und ewig Unzufridene sich abstempeln lassen? Wie lange geht das noch so weiter?
An mir liegt es nicht, wenn sich die Mauer in einigen Köpfen so lange hält. Das zeugt übrigens nur von der Dummheit und Ignoranz der betreffenden Kopfträger.

(Internet-Tipp: https://Warum.here.de)