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THEMA:   23. Mai 2002: Erinerung an einen Widerstandskämpfer

 3 Antwort(en).

Antonius begann die Diskussion am 04.03.03 (10:02) mit folgendem Beitrag:


Wer erinnerte in Berlin, 23. Mai 2002, an den evangelischen Theologen und Widerstandskämpfer D. Bonhoeffer:

(...) Einer der größten Deutschen des 20. Jahrhunderts war Pastor Dietrich Bonhoeffer. Er verließ die Sicherheit Amerikas, um sich gegen das nationalsozialistische Regime zu stellen. In einer dunklen Stunde gab er Zeugnis ab vom Evangelium des Lebens und zahlte den Preis für seinen Glauben - er wurde nur Tage vor der Befreiung seines Lagers getötet.
"Ich glaube", sagte Bonhoeffer, "dass Gott aus allem, auch aus dem Bösen, Gutes entstehen lassen kann und will."
Diese Überzeugung wird durch die Geschichte Europas seit diesem Tag bewiesen - in der Versöhnung und Erneuerung, die diesen Kontinent verwandelt haben. In den Vereinigten Staaten haben wir vor kurzem den Schrecken des Bösen und die Macht des Guten gesehen. In den Bewährungsproben unserer Zeit bekräftigen wir unsere tiefsten Werte und unsere engsten Freundschaften. In dieser Kammer, in dieser Stadt, in diesem ganzen Land und auf dem ganzen Kontinent hat Amerika wertvolle Freunde. Und mit unseren Freunden bauen wir das Haus der Freiheit - für unsere Zeit und für alle Zeiten.
Möge Gott Sie segnen. (Ende der Rede)
*

Wie verstehen Ihr dieses Zitat..? Als politisch versteckte Ankündigung? Als Ablenkung? Als religiös kaschierten Irrsinn?


Antonius antwortete am 04.03.03 (21:43):

Der "Gotteskämpfer" Bush verschneidet den Wiederstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer...
Ich bin dem Zitat, mit dem Bush seine Berliner Rede abschloss, nachgegangen und habe folgendes gefunden: Dietrich Bonhoeffer schrieb: "Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen."

Da hat Mr. Busch aber die entscheidende Bedingung, Gutes aus Bösem wachsen zu lassen, deleted, ge-busht -weggeschnitten. So etwas ist Kennzeichen für eine böse Zunge und ein verlogenes Herz - egal wer dem Mr. Big President diese Rede schrieb, bzw. sie ihm so schrieb, wie er es "verkünden" wollte. (Auch wenn bisher kein Bonhoeffer-Experte darauf geantwortet hat...; oder hat hier im Forum jemand gute Beziehungen zu Theologen und weiß Besseres?)
*
Von einem Prediger namens Joachim Georg fand ich noch zu einem sinnähnlichen Paulus-Text - "Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit dem Guten" (Römer 12, 21): "Welch eine Kraft der Liebe und des Guten! Solch eine innere Größe hat nur ein Sieger, einer, der das Böse überwindet, unter dem wir alle täglich leiden. Das Kreuz Jesu ist ein Symbol dafür, dass Gott eine andere Strategie verfolgt als die der Vergeltung. Dietrich Bonhoeffer hat einmal geschrieben: "Als ich Gott feind war, da handelte er an mir wie an einem Freund. Als ich ihm Böses tat, tat Gott mir Gutes. Er rechnete mir mein Böses nicht auf, er suchte mich, unermüdlich und ohne Erbitterung. Er litt mit mir, er starb für mich, es war ihm nichts zu schwer für mich. Da hat er mich überwunden." Soweit der evangel. Pastor Joachim Georg.

URL: https://www.emk-esslingen.de/predigten/predigt_1.html


Karl antwortete am 04.03.03 (22:44):

Hallo Antonius,


wie genau (wörtlich!) lautete denn das von Bush geäußerte Zitat von Boenhoeffer am Ende seiner Berliner Rede? Das habe ich leider aus deinen Beiträgen nicht richtig erschließen können.

Mit freundlichen Grüßen

Karl


Antonius Reyntjes antwortete am 04.03.03 (23:21):

Das Zitat ist o. genau angegeben:

Bush zitiert den so gelobten Widerstandskämpfer: "Ich glaube", sagte Bonhoeffer, "dass Gott aus allem, auch aus dem Bösen, Gutes entstehen lassen kann und will."

Auch schon die Heimkehr aus den USA nach einem kurzen Besuch hat Bush willkürlich politisch wiedergegeben. In dem Bonhoeffer-Tagebuch sind persöhnliche Wünsche (Familie, Kollegen, Theologie) stärker als die politische Waffenrichtung gegen Hitler. A. H. wird erst später ein zeitdrängendes, politisch-religiöses Hindernis und eine Gefahr (durch den Kontakt zum Oster-Widerstand in der Abwehr), wo D.B. sich eigentlich nicht exponieren wollte.