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THEMA:   Heute jährt sich erneut der "Reichstagsbrand"... Das Fanal zum Auftakt des totalitären Staates

 34 Antwort(en).

Wolfgang begann die Diskussion am 27.02.03 (10:30) mit folgendem Beitrag:

Am 27.02.1933 wurde in Berlin der Reichstag angezündet... Die Nazis gaben einem Mann - Marinus van der Lubbe, einem niederländischen Kommunisten - die alleinige Schuld und liessen ihn verurteilen und hinrichten.

Die Alleinschuld van der Lubbes wird seitdem in Frage gestellt. Manche schieben die Brandstiftung den Nazis sebst in die Schuhe. Wichtiger aber war der Effekt: Ab diesem Tag und mit der Begründung der kommunistischen Gefahr und der angeblichen Sorge um die öffentliche Sicherheit wurde der Rechtsstaaat schnell und vollständig demontiert.

Vergleiche des 27.02.1933 mit dem 11.09.2001 sind nicht nur erlaubt, sondern m. E. dringend geboten.


Marianne antwortete am 27.02.03 (11:11):

eine dumme Frage:

Meint der Verfasser des obigen Threads, dass die Amis selbst die Terroristen angestiftet haben, sich auf die Hochhäuser zu stürzen? Oder - haben die Amis klammheimlich in dem Gebäude Sprengladungen versteckt, um dann beim ersten Herannahen zweier Flugzeuge, in denen nachweislich ( irakische!?) Männer saßen,: "Achtung - fertig - Feuer " zu rufen?
Da kann ich nur sagen: Auch das wird nicht heraus kommen, wenn die sonstige Einschätzung des Verfassers des Threads , dass alles im Staate USA faul sei, stimmen sollte.
Es wäre auch möglich, dass sie vor ihr zu erwartendes Schaugericht einen muslimischen Iraker stellen, dar sich wie Georgi Dimitroff verteidigen kann. Frage: Was macht dann die amerikanische Justiz?
Soviel Fragen - und hoffentlich auch Antworten vom Fragensteller.
Anderes kann ich in der anempfohlenen Vergleichssuche : Reichsstagsbrand 1933 - 11. November 2001 nicht sehen.
Aber daran mag ich ja mit meiner Einseitigkeit selber schuld sein.


Karl antwortete am 27.02.03 (11:28):

Ich sehe in der Ursache beider Katastrophen keine Parallelen, eher in ihrer Wirkung. Letzteres ist aber nicht hinreichend, um über die Ähnlichkeit der Ursachen zu spekulieren. Dies finde ich, ist durch die vorhandene Evidenz absurd.

Mit freundlichen Grüßen

Karl


Barbara antwortete am 27.02.03 (13:41):

Wolfgang regt an, über den Effekt nach einer derartigen Wahnsinnstat nachzudenken. Das halte ich durchaus für angebracht.

So frage ich mich, wie ein Kongress seinen Präsidenten gut einen Monat nach den Terrorakten vom 11.09. ermächtigen konnte, Kriege nach seinem alleinigen Ermessen gegen sämtliche vermeintlichen Feinde dieser Welt führen zu dürfen.

Standen die Abgeordneten damals alle unter Schock?
Hat es noch etwas mit Demokratie zu tun, wenn eine einzige Person mit einer derartigen Generalvollmacht ausgestattet wird?
Können Kreuzzüge gegen "das Böse in der Welt" (im Klartext: Kriege gegen eine Reihe von Völkern) durch Terrorakte einiger weniger, welchen Ausmaßes auch immer, gerechtfertigt werden?
Werden nicht auch in Deutschland heimlich still und leise die Rechte der Bürger aus Angst vor Terroristen mehr und mehr eingeschränkt?
Verändern sich dadurch nicht die Demokratien der westlichen Welt, u.U. auf erschreckende Weise?
Haben die Terroristen dadurch nicht weit mehr erreicht, als sie je zu träumen wagten?

Durch den Anschlag auf die Insassen eines U-Bahn-Waggons in Südkorea wird deutlich, dass ein Staat seine Bürger nicht vor Wahnsinnigen schützen kann. In Japan passierte vor Jahren ähnliches. Durch schärfere Kontrollen in den Flughäfen kann z.B. den Fluggästen ein Gefühl der Sicherheit vorgegaukelt werden, damit der Verlust der Branche nicht ins Unermessliche geht. Allumfassenden Schutz kann niemand gewähren....

Wir sind dabei, viele unserer mühselig erkämpften Freiheiten durch eine irrationale Angst vor Terror widerstandslos aufzugeben. Die Folgen können wir uns nur schwer ausmalen, vielleicht trotzdem ein ganz klein wenig zur Vorsicht vor Überreaktionen aufrufen.

Angst ist ein schlechter Ratgeber. Durch Panikmache kann Vieles erreicht werden, was wir bei klarem Verstand bitter bereuen könnten.


poldi antwortete am 27.02.03 (14:14):

"Durch Panikmache kann Vieles erreicht werden, was wir bei klarem Verstand bitter bereuen könnten. "

Was Anderes ist es, was hier im Forum ständig stattfindet?


Marianne antwortete am 27.02.03 (14:14):

@ Barbara:

Die Anregung muss dann aber mit einem wirklich historisch vergleichbaren Tatbestand erfolgen.

Dir gereicht es zur Ehre, wenn Du den Wolferl verteidigst.
Schließlich verteidigt frau ja schon aus Solidarität gleich Denkende.

Und um noch einmal sachlich zu werden: Es ist sehr sehr fragwürdig, vergangenes Geschehen mit den möglichen Folgen möglichen zukünftigen Geschehens vergleichen zu wollen. Wobei ich nicht einmal an die Möglichkeit einer vergleichbaren Entwicklung denken kann,sonst säßen ja Dustin Hoffmann und die übrigen amerikanischen Friedensdemonstranten schon längst im KZ oder hätten "wenigstens" Berufsverbot.


Barbara antwortete am 27.02.03 (16:41):

@ Marianne

Was sollen diese persönlichen Unterstellungen?
Wolfgang gibt uns durch seine Beiträge gute Anregungen. Bisher hat er in meinen Augen nicht den Eindruck erweckt, meines oder anderer Leute Schutz zu bedürfen. Ich gebe mir Mühe, sachlich zu bleiben und frage mich, warum Du nicht auf die Gefahren eingehst, die ich durch die Überreaktionen auf den 11. September sehe.

Zu Deiner Information:
15 der 19 Attentäter stammten aus Saudi-Arabien...

Fällt Dir nicht etwas zur folgenden These von Wolfgang ein:

>>Wichtiger aber war der Effekt: Ab diesem Tag und mit der Begründung der kommunistischen Gefahr und der angeblichen Sorge um die öffentliche Sicherheit wurde der Rechtsstaaat schnell und vollständig demontiert.<<

Ich denke z.B. etwa dreißig Jahre zurück, als die RAF unser Land mit Terror überzog. Damals fand in Folge eine Einschränkung unserer Bürgerrechte statt, die später nie wieder aufgehoben wurde.

Z.Zt. wird z.B. die Terrorangst von Herrn Schönbohm massiv benutzt, um Unvorstellbares in unserem Land durchzusetzen:

>>Mit unheimlichem Eifer treiben Innenpolitiker die Folterdiskussion voran. Nun will Brandenburgs Innenminister Schönbohm in Deutschland physische Qualen gegen potentielle Terroristen hoffähig machen. Die Grünen reagieren empört auf den Hardliner-Vorstoß.<<

Spiegel-Artikel
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,237727,00.html

Wäre es nicht wert, sich diese Gefahren einmal vor Augen zu führen....ob der geschichtliche Hintergrund nun total genau mit dem vor siebzig Jahren übereinstimmt, ist für mich dabei nicht so wichtig. Trotzdem kann und sollte man aus Geschichte lernen, oder?

Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,237727,00.html


Karl antwortete am 27.02.03 (17:05):

Wenn geschichtliche Vergleiche nicht überstrapaziert werden, können sie schon nützlich sein und das Augenmerk auf Gefahren lenken. Tatsache ist, dass zur Zeit aufgrund der Terrorangst über Dinge wieder gesprochen wird, die vor Jahren undenkbar gewesen wären. Ich habe heute mit Nachdenklichkeit einen Kommentar in der Badischen Zeitung zu der Folterdiskussion gelesen. Wir müssen uns hüten wegen persönlicher Betroffenheit rechtstaatliche Grundsätze leichtfertig aufzugeben. Dem kann ich nur zustimmen, wir dürfen nicht aus dem Bauch heraus Vernunftsentscheidungen rückgängig machen, denn die Missbraucher von Macht warten nur darauf.

Ich möchte auch noch einmal an das erinnern, was Johannes Rau kurz nach dem 11. September sagte. Sinngemäß: Wir dürfen bei der Verteidigung des Rechtsstaates diesen nicht aufgeben, sonst haben die Terroristen gesiegt. Leider - und das ist mein subjektiver Eindruck, den ich allerdings mit vielen teile - hat die US-Administration diese Einsicht nicht, sondern sie arbeitet dem Terrorismus in die Arme und verschlimmert den Konflikt, welcher erst zu der Entstehung des Feindbildes USA geführt hat.

Wir werden viele Kriege der jetzt geplanten Art bekommen, die Bush Administration wird gar nicht mehr fertig werden mit Kriege führen. Nur wird sie die Ursachen für Terror damit nicht beseitigen, sondern der Hydra werden für jeden abgeschlagenen Kopf zehn neue nachwachsen.


Marianne antwortete am 27.02.03 (17:11):

@ Barbara:

Ich habe nicht unterstellt, ich habe in meinen Augen richtig gestellt. Und Wolfgang ist bisher der belegbar Bessere gewesen, mir etwas zu unterstellen.

Und (Iraker?!) war natürlich ein Stein des Denkanstoßes für alle, die sich um historische Wirklichkeit oder deren Wahrscheinlichkeit Gedanken machen. Ich sagte schon , dass ich jedes Wort, das ich öffentlich mache, mir bestens überlege.
Und so waren auch meine anerkennenswerten Worte an Dich in Bezug auf Solidarität durchaus ernsthaft. Ich schätze diese nämlich als Wert an sich. Und wer würde sie besser verdienen,als ein bewährter Mitkämpfer. Ich habe nicht s`Wolferl angegriffen, sondern Dich verteidigt. Denn wie ich zu seinem neuesten Einfall, die Vergleichbarkeit des Nichtvergleichbaren , stehe, hatte ich ja schon in meinem ersten Beitrag - wahrscheinlich nicht allen - klar gemacht.


hl antwortete am 27.02.03 (17:53):

"Ab diesem Tag und mit der Begründung der ***** Gefahr und der angeblichen Sorge um die öffentliche Sicherheit wurde der Rechtsstaaat schnell und vollständig demontiert"

Natürlich lassen sich Vergleiche ziehen. Der zitierte Satz passt sowohl zu dem geschichtlichen Thema wie auch zu dem ganz aktuellen Thema.

Eine - sagen wir - Katastrophe wird von einer Regierung zum Anlass genommen, eigene Ziele und Zwecke dem Volk schmackhaft zu machen oder zumindest zu begründen.

Passt! - wie die Franken hier sagen ;-)


mechtild antwortete am 27.02.03 (17:53):

@ Barbara,
Ich gebe Dir recht, demokratische Rechte sind schnell abgebaut und es dauert lang, bis sie erkämpft werden. Einen absoluten Schutz gibt es nicht. Mit der Angst der Menschen lässt sich gut, schlechte Politik machen. Zur Zeit wird viel damit begründet, dass es aus Schutz vor terroristischen Angriffen gemacht wird. Die meisten geplanten Maßnahmen helfen nicht gegen terroristische Angriffe, aber man hat Grundrechte abgebaut.
Ich halte es auch für notwendig sensibel zu sein, wenn man an unser Grundrechte will. Geschichte wiederholt sich zwar. Die Situation ist aber nie sie dieselbe. Es ist ja immer einige Jahrzehnte später.


katharina antwortete am 27.02.03 (19:08):

In Abwandlung einer Bibelgeschichte gedacht:
Wenn der Hüter bei jedem Rascheln im Wald, bei jedem Heulen und Knurren, bei jedem Flackern gelber Lichtpunkte in der Nacht usw. schreit: Die Wölfe fallen über die Herde her!, besteht die Gefahr, dass die Dorfbewohner ihm nicht glauben und dann, wenn die Wolfsmeute wirklich über die Schafsherde herzufallen droht, den Hilferufen des Hüters keinen Glauben mehr schenken werden.
Nein, ich will nicht dem "Wehret den Anfängen" entgegnen, aber ich denke, dass den Anfängen besser gewehrt wird, wenn der Hüter nicht immer dasselbe (Die Wölfe fallen über die Herde her!) ruft. Besser ist es - wie ich denke - wenn er: Es raschelt im Wald! Da ist ein heilen und Knurren! Ich sehe das Glühen der Wolfsaugen usw. ruft.

Womit ich hier also konkreter sein möchte:

Die Einschränkung der Bürgerrechte läuft in den USA seit dem Attentat. Legitimiert wird das als Terrorbekämpfung. Dem stimme ich vollkommen zu.
Ich kenne das übrigens auch aus Österreich, wo die Rasterfahndung ja auch aus ähnlichen Gründen eingeführt und die Möglichkeiten der Telephonüberwachung ausgeweitet wurden. Und soweit ich weiß, sieht das in Deutschland nicht viel anders aus.
Obwohl ich dagegen bin, dass aus dem Bürger ein "gläserner Mensch" gemacht, gründet die diesbezügliche Entwicklung weder in Österreich, noch in Deutschland und auch nicht in den USA in der Absicht, bestimmte Menschengruppen zu ermorden und Andersdenkende zu eliminieren - wie das in der NS-Zeit war.
Ich unterstelle allen genannten Staaten, dass die Unterwanderung der Bürgerrechte ein, wenn auch kontraproduktiver, so doch der Versuch ist, Terror, Mord, mafiösem Geschehen, usw. Herr zu werden. Wenn sich beispielsweise der Antrax-Verdacht in Deutschland bestätigen oder wenn es andere Terroranschläge geben sollte, dann werden wir u.U. nicht merh ganz so leicht diskutieren. Der Thread über das Einschleichen staatlicher Willkür (Folterandrohung für Kindesentführer?) zeigt das ja deutlich.

Der vage in den Raum gestellte Vergleich mit NS-Methoden ist für mich in letzter Konsequenz sogar schädlich. Weil auf der einen Seite das NS-Regime auf diese Weise relativiert wird und weil man auf der anderen Seite bei denen, die man auf gefährliche Entwicklungen hinwiesen möchte, nur eines erreicht: dass sie - des dauernden maximalen Gefährdungsrufes müde - nicht mehr zuhören.

Mit Grüßen
Katharina


Marianne antwortete am 27.02.03 (19:16):

@ hl

Eine - sagen wir - Katastrophe wird von einer Regierung zum Anlass genommen, eigene Ziele und Zwecke dem Volk schmackhaft zu machen oder zumindest zu begründen.


So wie Du argumentiert wird alles richtig. Du verallgemeinerst zu stark- meiner Meinung nach,1. weil ´s wolferl ja ausdrücklich uns anempfohlen hat, über ausdrücklich genannte Ereignisse im Vergleich nachzudenken.
2.
Stelle doch Deine an diese Frage angebundenen Denkergebnisse hier in den Raum. Dann lasse ich mich ja vielleicht gerne belehren.

Aber so, wie Du es tust, eine anerkannt richtige historische Allgemeinformel zur Rechtfertigung eines Fakts heranzuziehen, ist zumindestens bedenklich.

Dann kann ja gleich die Formel, mit der ich im Geschichtsunterricht aufgezogen wurde und zu der ich mich im Rahmen des geschichtsphilophischen Ansatzes des Historischen Materialismus durchaus bekenne, als Erklärmodell für alles dienen. "Geschichte ist eine Geschichte der Klassenkämpfe".

Nun, so kommst Du zu einer Deutung in Deinem Sinne ( auch in meinem)- aber eben viel umfassender als es Wolfgang provozieren wollte.

Ich bleibe dabei ( bis Du mich faktisch eines Besseren , eines Richtigeren belehrst) : Man kann Einzeltatsachen nicht so allgemein miteinander vergleichen. Da wird eine allgemeine Wahrheit zur falsch interpretierten Beurteilung eines Einzelgeschehens.

Habe ich mich nun auch in Deinen fachkundigen Linksaugen genügend gerechtfertigt?


Johannes Michalowsky antwortete am 27.02.03 (20:03):

"...aber ich denke, daß den Anfängen besser gewehrt wird, wenn der Hüter nicht immer dasselbe (Die Wölfe fallen über die Herde her!) ruft."

Das erinnert mich an die Alarmanlage in Autos, deren Ertönen man als Störung und nicht als tatsächlichen Alarm empfindet. Wer kennt das nicht? Warum stellt denn das keiner endlich ab?, denkt man da, Anlaß, aktiv zu werden, ist es nicht. So sind Alarmanlagen eher ein Kriterium zur Senkung der Versicherungsprämien als wirkliche Warngeräte.

Die häufigen, teilweise sehr massiven Warnungen aus Richtungen, die man für berufen hält, die Sicherheitsmaßnahmen in teilweise großem Stile, besonders letzthin an den Londoner Flughäfen, sprechen eher für eine Steuerung und Gefügigmachung der öffentlichen Meinung als für den Ausfluß tatsächlicher Erwartungen. Wer auch wollte schon Warnungen diesen Ausmaßes bagatellisieren? Die Panikmacher gehen da kein Risiko ein.


Barbara antwortete am 27.02.03 (20:16):

Liebe Marianne,

die Heiligenscheine, die Du mir aufpressen möchtest, verursachen bei mir nur Kopfschmerzen. Ich sehe mich nicht als "bewährter Mitkämpfer", von dem "Solidarität" gefordert ist. Wenn ich eines wirklich hasse, so ist es das Gefühl, vereinnahmt zu werden....und das in jeder Richtung.

Wenn ich zu einem zur Diskussion gestellten Beitrag Stellung nehme, verteidige ich niemanden. Das Thema ist viel zu ernst, als dass wir auf diese Ablenkungsmanöver eingehen sollten. Unsere Gesetze sind ausreichend, um Straftäter zu der ihnen zustehenden Strafe verurteilen zu können. Vielleicht mag uns Katharina nur einen einzigen Fall nennen, bei dem die nach der Terrorangst erfolgte Einschränkung unserer Rechte zur Verhaftung eines einzigen Täters geführt hat. Ich meine, es gibt keinen derartigen Fall.

Und, Katharina, das Instrument der Folter darf in unserem Lande unter keinen Umständen auch nur zur Diskussion gestellt werden. Im Falle des entführten und ermordeten Jungen hatte ich lediglich mein Mitgefühl mit den verhörenden Polizeibeamten geäußert.

Bei Alfred Biolek sagte der Verteidiger des Täters, dass der stellvertretende Polizeichef von Frankfurt die Möglichkeit von Folter in Erwägung gezogen habe, dazu noch betont habe, dass keine sichtbaren Schäden nach der Folter auftreten dürften, so dass aus diesem Grund ein Arzt die Ausübung der Folter überwachen solle......
Alfred Biolek und seinen Gästen verschlug es die Sprache...Dir nicht auch?

Lt. Spiegel >>forderte der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP), dass der Internationale Ausschuss zur Überwachung der Uno-Folterkonvention die Situation in Deutschland untersuchen solle. Äußerungen einiger deutscher Politiker lassen für Baum den Schluss zu, dass sie nicht uneingeschränkt zu den Prinzipien der Uno-Konvention stünden.<<

Ich meine, wenn Wolfgang uns hier vor Überreaktionen auf den Kampf gegen den Terror warnt, hat das mit Panikmache rein gar nichts zu tun.

Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,237727,00.html


Marianne antwortete am 27.02.03 (21:21):

@ Entschuldige Barbara, ich wollte Dir, die ich schätze nicht direkt sagen, dass Du im vorliegenden Falle einfach die Provokation nicht verstanden hast, die Wolfgang einer geeichten , wenn Du so willst, sogar im marxistischen Denken geeichten Historikerin mit seiner Aufforderung, Unvergleichbares mit einander zu vergleichen, angetan hat.


Das war ein Fehler, wie ich einsehe. Man sollte aus falsch verstandener Schonung niemanden " vereinnahmen": werde ich nie mehr tun.

Und zum versöhnlichem Schluss: Wenn unsere Männergilde über Störche oder technische Wunderwerke diskutiert, glaube ich auch fast nie, dass ich das alles versteh, was ich lese.
Und wenn ich dann etwas im Fachsinne Falsches sage, stecke ich den Kopf ein und lasse mich belehren. Und bei Meinungsfragen, und dazu gehören ja wohl politische Einschätzungen, bin ich überhaupt vorsichtig.
Und jetzt zum Schluss: Wolfgang hat nicht zur Meinungsäußerung aufgerufen, sondern dazu, etwas zu vergleichen, was ich als Fachfrau ihm, sogar in sehr witziger Weise, wie mir schien, verwiesen habe.


hl antwortete am 27.02.03 (21:28):

"Ab diesem Tag und mit der Begründung der (kommunistischen) Gefahr und der angeblichen Sorge um die öffentliche Sicherheit wurde der Rechtsstaaat schnell und vollständig demontiert."

.. indem man das Recht Unrecht nannte und das Unrecht für Recht erklärte. So geschehen anno 1933.. in Hitler-Deutschland und so geschieht es auch heute in Bush-Amerika


Marianne antwortete am 27.02.03 (22:18):

Und so, wie Du es tust, kann niemand, der an Geschichte als Wissenschaft Interesse hat, Dich ernst nehmen.
Du stellst eine Behauptung in den Raum und machst nicht einmal den Versuch, sie an der Realität zu beweisen.

Überlege einmal, was solch eine Vorgangsweise, im Unterricht angewendet, anrichten würde. Denn Du bist ja vom Fach.
So, wie Du Dich äußerst, kannst Du Dich als politische Rednerin gerieren-
Aber wenn ich den Redner der KPÖ auch nur ansatzweise in seiner Rede anlässlich des Friedensmarsches am 15. richtig
verstanden habe, würdest Du nicht einmal in dieser Partei reussieren.
Denn er war außer den Vertretern der Kirchen der einzige,
der auf das Gemeinsame, die Sicht zur Erhaltung des Friedens sich zu erhalten, hingewiesen hat.

Und: Bei Hitler stimmt das von Dir Gesagte ja auch.Wie wir alle wissen!

Nur - und das sage ich nun zum Schluss: Es ist falsch, dient nicht den Ideen der Friedenserhaltung und schaukelt nur Emotionen auf, wenn ich mit Vergangenem in Zukunft noch gar nicht Geschehenes begründe.
Das ist unwissenschaftlich, unanständig und v. a. kann es nicht zu wahren Aussagen führen, denn was geschieht, geschehen wird, weiß keiner von uns.


Wolfgang antwortete am 28.02.03 (01:07):

Ich möchte in die Diskussion ein Zitat einbringen... Es stammt aus einem Aufsatz der schweizerischen Historikerin ANNEMARIE BUCHHOLZ-KAISER und bezieht sich auf die Nacht zum 27.02.1933, die Nacht, als der Reichstag in Berlin brannte:

"Die Demokratie wurde besiegt - in einer einzigen Nacht. Dieses Ereignis verdient schon deshalb genaueres Nachdenken, weil es ein Modell darstellt, das auch heute und in Zukunft wieder zum Einsatz kommen könnte - an anderer Stelle natürlich und in anderer Form, aber so, dass das Ziel erreicht wird: Dass der Wille zum Krieg sich die Bahn freischaffen kann."

Quelle... Pro Memoria: Der Reichstagsbrand. Oder: Warum es sich lohnt, über geschichtliche Erfahrungen nachzudenken (von ANNEMARIE BUCHHOLZ-KAISER), Zeit-Fragen Nr. 50/51 vom 21.12. 2001


katharina antwortete am 28.02.03 (06:42):

ich finde es schade, dass meine zentralen überlegungen nur so spärlich aufgegriffen werden. ich hatte mir mühe gegeben, meine gedanken sachlich zusammenzufassen. ich wollte erklären, warum ich es nicht für zielführend erachte, wenn man so oft und wenn auch nur einige merkmale übereinstimmen, mit dem ns-vergleich argumentiert. ich wollte zeigen, dass es zwischen usa und dem dritten reich zu wenig übereinstimmende merkmale gibt, wollte zeigen, dass man, führte man diesen vergleich weiter, auch unsere länder als faschistisch bezeichnenen könnte, denn auch bei uns werden bürgerrechte beschnitten (barbara, ich wollte deine damaligen diskussionsbeiträge doch nicht desavouieren!), ... - naja, ich wiederhole mich.

und wenn auf eine (und das möge man doch jetzt bitte mal respektieren) wirklich an der sache orientierte überlegung schon wieder ein link geknallt wird, verzeih mir wolfgang, aber dann kommt mir das ganze wie eine link-schlacht vor. an der ich aus zeitgründen einfach nicht mithalten kann. und ich kann auch nicht so gut googlen.

ich bin gestern den ganzen abend dran gewesen, einigen der vielen links, die in den letzten tage gegeben wurden, nicht nur zu folgen, sondern auch (richtig) zu lesen, was dort steht, mir anzuschauen, *wer* da *was* geschrieben hat, in welchen zusammenhängen die für den ST ausgewählten zitate stehen. tja, in googlezeiten ist es einfach, sich für alles und jedes irgendwelche belege aus dem großen weiten informationsmeer zu fischen. weniger einfach ist es, schlicht weil es ziemlich zeitaufwändig ist, sich dann auch wirklich damit zu beschäftigen, nämlich zu lesen (und die texte sind zum teil ja alles andere als unkompliziert) und sich womöglich auch noch - im sinne von quellenkritik - das erscheinungsumfeld anzusehen. denn ich kenne ja so manchen nicht, dessen zitate hier gebracht werden.
achtung: ich habe nichts dagegen, ganz im gegenteil, wenn man via link-angabe den schnellen zugang zu weiterführenden informationen aufmacht. das ist eine feine und hilfreiche sache. aber links statt argumentation - das finde ich nicht in ordnung.

naja. wie auch immer. vielleicht muss man den teufel eh wirklich mit dem beezelbuben austreiben. auf vereinfachungen mit vereinfachungen antworten, auf feindbilder feindbilder draufsetzen, selektive wahrnehmung mit selektiver wahrnehmung bekämpfen, emotionalisierungen mit emotionalisierungen löschen usw.

mein weg ist das nicht. schön wäre, wenn mir - aufgrund dieser grundsätzlich anderen herangehensweise - nicht immer wieder mehr oder weniger verdeckt unterstellte würde, ich sei fürs "wegschauen", ich betriebe botenschelte, weil ich die botschaft nicht hören wolle, ich sei eine schönfärberin usw. und genauso schön wäre es, wenn man sich mit meinen gedanken auseinandersetzen würde. ich meine: auseinandersetzen, eingehen auf argumente, ich meine nicht, dass der nächste stehsatz, der nächste link, die nächst pauschalisierung vom stapel gelassen wird.

mit grüßen
katharina


katharina antwortete am 28.02.03 (08:13):

Tja, die größten Kritiker der Elche / waren früher selber welche. Vielleicht es doch sinnvoll, auch (m)einen individuell-persönlichen Hintergrund darzustellen.

Ich kenne diesen Jargon, diese beseelte Beherztheit, die kompliziertesten Dinge unter zwei oder drei Kampfpositionen zu vereinen. Ich kenne diesen Tatendrang, der aus jedem Wort quillt, weil einem alles doch so sonnenklar ist. Ich war ähnlich fassungslos über all diejenigen, die das, das ich so unübersehbar vor Augen hatten, nicht sehen konnten. Ich kenne auch die Masche gut, wie man Diskussionskontrahenten mit Zitaten und Literaturverweisen zuschüttet. Wobei das in Prae-Google-Zeiten ein wenig aufwändiger war. Ich war auch lange Zeit Fahnenträgerin "im Dienst der guten Sache".

Ich habe dann nach dem Studium 16 Jahre lang mit Kindern und Jugendlichen einer internationalen Schule gearbeitet. Alle Religionen, alle Nationalitäten: österreichische Kinder und Kinder, die aus Kriegsgebieten wie Beirut kamen, Kinder, die eine wohlbehütete Kindheit hatten, jüdische Kinder und arabische Kinder, amerikanische und österreichische Farbige, Kinder aus dem zerfallenden Jugoslawien. Kinder von den Philippinen und deutsche Kinder.
Ich habe viele private, gesellschaftliche, politische und religiöse Konflikte aus mehreren Perspektiven heraus - eingebunden in Kinderbiographien, eben ohne vorgeschalteten Filter - unmittelbar mit-erlebt und das hat meine Weltsicht ganz entscheidend geprägt.

Ich kenne ein Kind, dessen Gesicht im Krieg entstellt wurde. Ich kenne die Scham dieses Mädchens und das lässt mich solche Bilder, auch wenn sie gegen den Krieg eingesetzt werden, eben mit anderen Augen sehen. Lässt mich mit derartigen Anti-Kriegs-Bilder sehr vorsichtig sein.

Der Satz "Aber so einfach ist das doch alles nicht!" fasst wohl am deutlichsten zusammen, wie ich heute denke, wenn mir Weltbilder, Handlungs- und Denkweisen präsentiert werden, die gar so genau wissen, was richtig und was falsch ist. Mein Anliegen ist, dass differenziert wird, damit man wenigstens im Ansatz den komplizierten Sachverhalten näher kommt und auf diese Weise auch näher zu den Menschen, die davon betroffen sind, wovon wir hier ja nur reden.

Mit Grüßen
Katharina


Karl antwortete am 28.02.03 (08:45):

Hallo Katharina,


Deine Erfahrungen und Weltsichten sind hier durchaus willkommen. Es geht um die faire Beleuchtung von Sachverhalten aus möglichst vielen Perspektiven. Idealisiertes, wohl nie ganz erreichbares Ziel hierbei ist es, dass jeder seine Argumente einbringt, ohne den anderen Diskutanten zu diffamieren. Viele haben das niemals gelernt und deshalb entartet die Diskussion so oft, weil die Botschaft mit dem Botschafter verwechselt wird und man/frau die Person schlägt, die eine andere Meinung als die eigene äußert. Dieses Verhaltensschema ist aus vielen Gründen besonders am rechten Rand angesiedelt (das wäre ein interessantes Thema für sich), dem linken aber nicht völlig fremd.
Zum inhaltlichen Disput, den wir beide hatten und den Du hier auch wieder ansprichst: Wenn Bilder von Kriegsfolgen, die auch Kinder betreffen, gezeigt werden, halte ich das für eine wichtige Warnung und für den Versuch, ähnliches neues Unheil von Kindern fern zu halten. Meine persönliche Meinung ist, dass die Ablehnung solch aufrüttelnder Bilder wegen angeblichen "Persönlichkeitsschutzes" nicht angemessen ist.
Bilder können auch lügen und das ist von allen Seiten, seitdem es die Fotografie gibt, eingesetzt worden. Deshalb ist es in Ordnung, wenn die Seriösität von Quellen hinterfragt wird.
Auch ohne Bilder kann gelogen werden. Ich erinnere nur an die Story aus kuweitischen Krankenhäusern zu Beginn des ersten Golfkrieges, als die Tochter eines kuweitischen Botschafters benutzt wurde, um die Lüge von den aus den Brutkästen herausgerissenen Babies zu verbreiten.
Zur Argumentation mit Links: Ich halte es für eine absolute Bereicherung dieser Foren, dass häufig Links zum beleg einer meinung oder einfach zur Information angeboten werden. Ich verstehe überhaupt nicht, warum sich einige Personen hier ständig darüber aufregen.
1. Das Verfolgen von Links ist freiwillig und das Nichtlesen steht nicht unter Strafe.
2. Das Verfolgen der Links hat mich persönlich schon oft bereichert.

Ich bin jedem Diskutanten dankbar, der sich die Mühe macht, weitere Informationen anzubieten und der versucht, seine Meinungsäußerungen zu belegen.

Als Link biete ich hier das Google-Ergebnis zu "wie Bilder lügen" an.

Mit freundlichen Grüßen

Karl

Internet-Tipp: https://www.google.de/search?q=wie+Bilder+l%FCgen


katharina antwortete am 28.02.03 (09:15):

also ehrlich gestanden, ich weiß jetzt nicht mehr, *wie* ich es anstellen soll, aus dieser schlagabtausch-sache rauszukommen, an der ich - das sei eingestanden - nicht unschuldig bin.
aber ich habe mich gerade in diesem thread um argumentative redlichkeit bemüht, egal: auch aus diesem posting wird nur das rausgezupft, von dem man sich angegriffen fühlt, das wird dann noch nicht mal ordentlich gelesen und dann wird zurückgepostet.
das thema "links" ist doch wahrlich nicht das zentrale meines postings, aber selbst wenn ich davon absehe, ... egal. kann eh jeder nachlesen, was ich dazu geschrieben habe.
und mir mit der bilder (und nicht nur bilder)-können-lügen-geschichte zu kommen, wenn ich erklären möchte, warum ich eben zwiespältig bin, wenn .... (auch alles schon gesagt), dann meine bedenken/meine nachdenklichkeit/zwiespältigkeit als "Ablehnung solch aufrüttelnder Bilder wegen angeblichen "Persönlichkeitsschutzes" zu verallgemeinern.

nein und schade.

nicht mit freundlichen, sondern mit enttäuschten grüßen
katharina


Karl antwortete am 28.02.03 (09:35):

@ Katharina,


ich hatte bereits weit oberhalb deiner Beiträge geschrieben: "Wenn geschichtliche Vergleiche nicht überstrapaziert werden, können sie schon nützlich sein und das Augenmerk auf Gefahren lenken." In der Tat können, wie Du schreibst, voreilige Hitlervergleiche Hitler verharmlosen etc. Aber m.E. darf man Vergleiche, die ja nicht Gleichsetzung bedeuten müssen, nicht tabuisieren. Sie müssen vorsichtig (mit Vorbehalten) platziert werden, können dann aber durchaus auch die Funktion haben, Augen zu öffnen.

Mit weiterhin freundlichen Grüßen, Karl


katharina antwortete am 28.02.03 (10:01):

Sprach ich je von Tabuisieren? Ich sprach von Differenzieren.

Und ob du es glaubst oder nicht: ich möchte auch Augen öffnen (für die Kompliziertheit von Sachverhalten) und vermutlich wollen diejenigen, die den Krieg als probates Mittel zur Herstellung von Gerechtigkeit im Irak oder zur Friedenssicherung ansehen, auch die Augen öffnen.
Als altem Widerspruchsgeist kommt mir da in den Sinn: macht doch mal die Augen zu, schließt sie GELEGENTLICH vor der Bilderflut und denkt doch auch einmal nach. (Das nur mal so angedacht - soll nicht dazu dienen, mir wieder sonst was zu unterstellen).

Das Monopol aufs Aufrütteln und Augen-Öffnen hat niemand. Und niemand hat das letzte Wahre, Gute und Schöne geschaut und keiner weiß mit letzter Gewissheit, wie der Weg beschaffen ist, der dorthin führt.

Noch ein kleines Argument: Wenn die abschreckende Wirkung von Bildern tatsächlich so groß einzuschätzen ist, dass die Wahrung der Würde einzelner hintanzustellen ist: Warum hat dein Bildverweis MissLuka nicht überzeugt? Warum gibt es dann immer noch (nach 2 Weltkriegen und etlichen anderen, photographisch bestens dokumentierten anderen) so viele Menschen, die den Krieg als Handlungsmöglichkeit befürworten. Und das nicht nur diejenigen, die von ihm profitieren.
Und warum überzeugen selbst die grausligsten Bilder über Raucherbeine und Lungenkrebs nur die allerwenigsten Raucher vom Nichtrauchen?
Schreckt die Todesstrafe in den USA die potentiellen Mörder?
Gibt es keine Alternativen zur Abschreckungspolitik?
Lohnt es nicht, wenigstens darüber nachzudenken, ob diese schrecklichen Bilder bei jeder Gelegenheit aus der Tasche gezogen werden müssen?

es grüßt
Katharina


Wolfgang antwortete am 28.02.03 (10:12):

Die Idee vom Modell "Reichtagsbrand" halte ich für sinnvoll, um das Funktionieren bestimmter politischer Prozesse zu verstehen. Modelle sind vereinfachte Abbildungen der komplizierteren Wirklichkeit... Von der Wirklichkeit wird all das weggenommen, was typisch ist nur für diesen einzelnen Fall und all das betont, was typisch ist für die betrachteten Einzelfälle.

Machtgruppierungen, die bevorzugt auf Gewalt setzen (im Innern, wie nach Aussen) und sich nichts weniger auf ihre Fahnen geschrieben haben, als die Welt zu erobern und zu dominieren und in ihrem Sinne zu domestizieren, brauchen dazu enorme Ressourcen und - gerade in noch funktionierenden Demokratien - die Unterstützung grosser Teile der Bevölkerung.

Solche Machtgruppierungen brauchen eine Massenbasis. Wie bekommen sie diese? - Am effizientesten bekommen sie die, wenn der eigenen Bevölkerung erfolgreich klar gemacht werden kann, dass der Feind von aussen kommt und überall lauert und eine Bedrohung für die öffentliche Sicherheit darstellt. Am schnellsten geht das, wenn eingängige Bilder produziert werden, die Angst erzeugen... Deshalb die Vorliebe totalitärer Regime für brennende und einstürzende symbolträchtige Gebäude (die sie nicht unbedingt selbst zum Brennen oder Einstürzen bringen müssen).

Die Bush-Krieger leben seit dem "11. September" von solchen Bildern und schlachten sie nach allen Regeln der Werbekunst aus, damit - ich zitiere noch einmal ANNEMARIE BUCHHOLZ-KAISER - "[...] der Wille zum Krieg sich die Bahn freischaffen kann."


Marianne antwortete am 28.02.03 (10:24):

@ Karl

Lieber Karl,

Da ich mich ein wenig als „Linkkritikerin“ angesprochen fühle, möchte ich mich auch ein wenig rechtfertigen.
Du hast völlig Recht, wenn Du auf den Nutzen der Links hinweist. Auch lese ich fast alle nach.
Besonders gut gefiel mir der zur Frage des Kalten Krieges bearbeitet als Abiturientengemeinschaftsarbeit eines Schweizer Gymnasiums, den Du letztens mal zur Nachlektüre angeboten hast.

Und das genau ist der Knackpunkt.

Ich freue mich über Links, die zum Nachlesen, zur genaueren Beschäftigung mit dem Thema
anregen.
Ich ärgere mich, wenn – ob von rechts oder links, das hält sich hier m.E. gar nicht ganz die Waage, denn wirklich „Rechtes „ kann ich in diesem Forum nicht finden, fast nicht finden ,folgende Vorgangsweise in den Raum gestellt wird.
Es wird eine These aufgestellt – eine Behauptung . Die wird dann nicht oder unzureichend oder geradezu von Thema wegführend mit einem Link zur Begründung untermauert.

Und das ist kontraproduktiv. Entweder überlese ich den ganzen Thread, und das ist sehr oft schade. Oder ich lehne ihn im Angesicht des mir nicht passenden Titels ganz ab – auch das ist schade im Angesicht, dass wir hier ja diskutieren wollen.
Am meisten schadet es aber sogar der „eigenen“ Sache, wenn ich das nicht tue, denn dann
Führe ich mir nur ein neues Schlagwort zu anstelle eines neuen Arguments..

Soviel zum Einem. – Zum Anderen: das ist eher persönlich. Ich habe einen ziemlich teuren Postanschluss zum Internet und bin bald schon in den „roten“ Zahlen als eifrige Diskutantin.

Und zum versöhnlichen Schluss.

Ich gelobe Besserung bei meiner „Linkkritik“ und „drohe“ eine reiche Linkflut an, wenn ich eine flat-rate in ferner Zukunft haben werde.

Ebenfalls freundliche Grüße

Marianne


katharina antwortete am 28.02.03 (11:14):

"Modelle sind vereinfachte Abbildungen der komplizierteren Wirklichkeit... Von der
Wirklichkeit wird all das weggenommen, was typisch ist nur für diesen einzelnen Fall, und all das betont, was
typisch ist für die betrachteten Einzelfälle."

ich versuche, das zu verstehen:
einem komplizierten vorgang wird alles weggenommen, das nicht allgemeingültig ist, also das konkrete, eben nur auf den jeweiligen falle bezogene. übrig bleibt das allgemeine - und dieses allgemeine wird dann in verschiedenen einzelfällen aufgesucht.
habe ich dich da richtig verstanden?

wenn ich äpfel mit birnen vergleiche:
will ich herausarbeiten, dass beide gesund sind, dann ist das aufgesuchte allgemeine ihr vitamin- und ballaststoffgehalt. form und farbe sind als einzel-typisch irrelevant.
will ich herausarbeiten, dass beide biologischen gesetzmäßigkeiten folgen, dann ist das allgemeine ihr wachsen und werden und verfaulen, der gesundheitsaspekt, form und farbe werden nur als beschreibungsmerkmale des reifungesprozesses eine rolle spielen.
die reihe ließe sich fortsetzen.

zeigen möchte ich damit, dass der entwurf eines modelles davon abhängt, was man an einem modell zeigen möchte. wer es herstellt und welches ziel er damit verfolgt, sind wichtige informationen, wenn es um modellhafte wirklichkeitsdarstellungen geht.
dein ziel ist es - korrigiere mich bitte, wenn ich dich missverstehe - eine parallele zwischen der deckmante-etablierung des autoritären ns-regimes und der deckmantel-etablierung eines ähnlichen? desselben? usa-regimes herzustellen. diesem ziel ist dein modell untergeordnet. und aus diesem grund fehlen sämtlich merkmale, die die usa von ns-deutschland unterscheiden.

solche modelle kann man natürlich anbieten, was sie bringen sollen, verstehe ich allerdings nicht. auf die gefahren, die eine solche art der vereinfachung (so "schlagkräftig" sie auch sein mögen!) bergen, habe ich hingewiesen. und nach wie vor verstehe ich nicht, was dieses modell bringt, außer dass es die amerikanische politik in die nähe nationalsozialistischer ideologie rückt - oder, was ich in meinem umfeld als reaktion bekommen habe , dass diejenigen, die gegen den krieg sind und kritisch den usa gegenüber, als spinner abgestempelt werden. politisches gewicht, politische relavanz kriegt man *so* nicht. und darin sehe ich sehr wohl auch eine große gefahr für manche teile der friedensbewegung.
(eine sichtweise, die ich mit Wolfgang Sporrer (lange zeit OSZE und EU politischer Berater, derzeit forschungen am institut für friedensforschung und sicherheitspolitik an der uni hamburg) teile. leider gibt's diesen artikel nicht im netz, aber die österreichischen leser hier können ihn im dieswöchentlichen falter nachlesen.)

mit grüßen
katharina


baerliner antwortete am 28.02.03 (11:29):

Katharina,

off-topic-on

da Du hier sowohl in Groß/Klein- als in Kleinschreibung Deine Beiträge schreibst, hätte ich eine Bitte. Schreibe doch nur in Groß-/Kleinschreibung. Es ist sicher für die meisten Senioren hier die adäquate Schreibweise und ich finde diese Schreibweise auch übersichtlicher

Vielen Dank

off-topic-off


Wolfgang antwortete am 28.02.03 (11:55):

Es gibt eine grundlegende Gemeinsamkeit zwischen der Hitler-Bande und der Bush-Cheney-Öl-Gas-Junta (so, wie es auch grundlegende Unterschiede gibt)... Ich spreche vom Versuch der totalen Herrschaft im Innern und Aussen und dem Versuch, diese totale Herrschaft mit dem Mittel des Angriffskrieges weltweit zu realisieren. Dabei geht der Versuch der Junta noch weiter, was die zu erobernden und zu besetzenden Wirtschaftsräume betrifft.

Eine der Tatsachen der modernen Geschichte ist der Totalitarismus. Bei den Versuchen, totale Gesellschaften herzustellen, sind grauenhafte Verbrechen entstanden. Art und Umfang und Zeit und Ort der Verbrechen sind verschieden; es ist ihnen gemeinsam, dass es sich um Verbrechen gegen die Menschheit handelt.

Gemeinsam ist den Versuchen auch, dass zwangsläufig das Recht unter die Ketten der Kriegsmaschine kommt.

Gründe genug, denke ich, auch über das Modell "Reichstagsbrand" nachzudenken, über psychologische Kriegsführung und ihre Bilder und über die inszenierte mediale Schlacht, die vor allem in den USA seit dem "11. September" tobt und von interessierten Kreisen geführt wird, um den Angriffskrieg hoffähig, ja, "normal" zu machen.


mulde antwortete am 28.02.03 (12:15):

Da streitet sich, die eine mit der anderen, wer wohl die bessere Meinung hat, über ein
Problem , welches dem eigentlichen Verursachen nun zu allerletzt interessiert
Da meint die eine Ah ich hab den besseren Durchblick - nein sagt die andere
Ich habe das bessere Wissen.
Tja wer ist nun die Klügere?
Eigentlich wohl keine, denn jede beharrt den Standpunkt den sie sich im laufe des Lebens
angeeignet hat..
dieser Streit hier erinnert stark an die große Pause in einer Schule zwischen
Pädagogen der unterschiedlichsten Richtung – beide beharren auf erlernte Theorie
Ihres Lieblingsprofessors.
Merken aber schon nicht mehr – das Grundthema ja was war das eigentlich?
Diesen beiden Streithähnen empfehle ich werdet wieder nüchtern
andere hören (lesen ) kaum noch mit.
Was dem Reichstagsbrandproßess anbelangt nutzt mal die Literatur der alten DDR
Zu diesem Thema- man kann denken wie man will, aber zu historischen Begebenheiten
Die der DDR nützlich waren - da waren sie besser als die Historiker in den alten
Bundesländern mit ihren bräunlich gefärbten Betrachtungsweisen.
Habt ihr uns eigentlich neues gesagt zu diesem Thema. wohl kaum
Ich fand diese einseitige Diskussion nicht lehrreich.
Meine persönliche Meinung um euch dieses oder jenes klarzumachen
Würde die Regeln hier sprengen
An beide Streithühner man muss nicht auf einen Standpunkt beharren, nur in der
Hoffnung der Webmaster gibt auf und ICH kann an seine Stelle treten
Wir sind im Ganzen mit der Art und weise zufrieden.
Man muss als neue/r nicht gleich die regeln ändern wolle


baerliner antwortete am 28.02.03 (12:48):

Bush-Cheney-Öl-Gas-Junta ist sicher als Hotkey gespeichert, oder?


Marianne antwortete am 28.02.03 (15:26):

Lieber Mulde!

Anererkennung, Anerkennung, denn Du bist bisher der einzige, dem es aufgefallen ist was das ist, was hier abläuft. In Deinem Vergleich mit der Schule der DDR und dem Pausengeflüster der Lehrer.
Ob diese nun freiwillig oder unfreiwillig alle der gleichen inhaltlichen Meinung waren – sie hatten ja offiziell nur eine zu vertreten, diskutierten sie dann doch in den Pausen.

Und darum geht es. Der Linke Wolfgang vertritt eine These, in der inhaltlich etwas durch die provokante Vergleichsfragestellung zu zwei miteinander nicht vergleichbaren Tatsachen aufgerufen wird.
Die Linke Marianne – im speziellen Fachwissen universitär geschult – entdeckt diesen Denk und Methodenfehler und, auch nicht faul und sich durch solch unqualifizierten Gebrauch ihrer geliebten Wissenschaft provoziert fühlend, reißt mal kräftig das Maul auf, mit der Absicht, auf diesen Denkfehler mittels genauem Durchdenken der Frage aufmerksam zu machen.

Und der eine----- inhaltelt weiter.......
Und die andere formalisiert weiter ....


Und hier merkte ich zum ersten Mal,dass wir Linken uns hier ein klassisches Streitmodell lieferten, mit dem Unterschied, dass ich nur wenige Mitstreiter fand und der Andere mehrere, z.b. auch bedingt Dich, lieber Mulde.

Und ich merke auch, dass sich hierher sicher keine „bösen Rechten „ verirren, denn das ganze ist eine Diskussion unter uns.
Wenn nämlich ein wirklich anders Denkender hier mitmachte, würde er mit absolut berechtigter Häme den Spruch „Die Revolution frisst ihre Kinder „ loslassen.

Und in diesem Sinne und mich dem ( ungeschriebenen ) Fraktionszwang beugend, verspreche ich Dir, dem lieben Friedensengel aus Sachsen – Anhalt, dass ich nie mehr auf irgendeinen Thread von Fraktionskollegen Wolfgang reagieren werde. Sonst könnte es leicht sein, dass ein wirklich Schwarzer die oben zitierten Worte sagte. Und das täte mir weh, weil sie wahr sind.


henner antwortete am 28.02.03 (17:02):

,,,ich versteh nur noch Bahnhof und daß auf diesem Bahnhof (@ Katharina) 2 Bäume stehn ,einmal Äpfel,einmal Birne und wenn sie -die Früchte-groß,reif und überfällig sind,knalln sie aus gleicher Höhe auf oder zwischen die Gleise und je nachdem gibts Mus oder Stücke.Sollten damit DDR Bürger (siehe Mulde)wartend am Bahnhof
gemeint sein höhrt sich das so an.Fragt der Eine:Was ist der Unterschied zwischen Italien und der DDR ? Hmmm Schulterzucken.Sagt wiederum der Eine:Italien liegt am Mittelmeer und die DDR hat keine Mittel mehr.Hmmm darauf der Andere:Der Bahnhof bleib hier,der Zug fährt weg und(nachdem er dem Einen die Rückseite seines Revers am Ledermantel gezeigt hat)Du kommst mit.
Damit will ich sagen,wie Kleinlich das DDR Regime manchmal war.Umso Unkleinlicher waren,bzw. sind die Regimes um welche es im Auftaktbeitrag geht.Ich möchte fast behaupten,wenn der "Gröfaz" die UdSSR besiegt und England überrollt hätte,dann wär sein Appetit noch lange nicht gestillt,sondern sofort wären neue Wünsche dagewesen,die auch vor Überseeländern nicht haltgemacht hätten.Darin gleichen sich diese "Herrschaften",denke ich.


Wolfgang antwortete am 01.03.03 (16:51):

MICHAEL WILDT ist Mitarbeiter des Hamburger Instituts für Sozialforschung (HIS). In einem Artikel - abgedruckt heute in der Frankfurter Rundschau (FR) - beschreibt er das rechtstechnische "Werkzeug", mit dem eine Demokratie aus den Angeln gehoben wurde. Letztendlich war es nur eine simple Verordnung - die Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar 1933 -, die der Weimarer Republik endgültig den Garaus machte.

Typisch für zu allem entschlossene mächtige Gruppierungen ist, dass erst der "Notstand" inszeniert und dann die "Rettung" proklamiert wird... Die Demokratie, das alte Recht, tauge ab jetzt nicht mehr... Aussergewöhnliche Zeiten müssten aussergewöhnliche (Polizei- und Militär-)Massnahmen nach sich ziehen...

Es geht um die Zerstörung von als untauglich verhöhnten Rechtsnormen. Am Anfang der Zerstörung des Rechtsstaates steht oft nur ein Gesetz oder sogar nur eine Verordnung - die "Reichstagsbrandverordnung" 1933 oder die "Provide Appropriate Tools Required to Intercept and Obstruct Terrorism" (PATRIOT Act) 2001. Am Ende steht immer der Krieg.


Webtipp...

Einschließende Ausschließung
Auf dem Weg in die "Volksgemeinschaft": Die Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar 1933 und die Verfassung des NS-Staates
Von MICHAEL WILDT
https://www.frankfurter-rundschau.de/ressorts/kultur_und_medien/zeit_und_bild/?cnt=155169

Internet-Tipp: https://www.frankfurter-rundschau.de/ressorts/kultur_und_medien/zeit_und_bild/?cnt=155169