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THEMA: Interview von General Naumann
8 Antwort(en).
baerliner
begann die Diskussion am 03.02.03 (10:53) mit folgendem Beitrag:
Ist ein Irak-Krieg noch zu verhindern, Herr Naumann? Der General über Gutmenschen, Präzisionswaffen und seine größte Niederlage
so überschreibt gestern der Tagesspiegel ein lesenswertes Interview mit einem General, der nicht im Verdacht steht, ein Kriegstreiber zu sein.
Hier ein Ausschnitt zum Thema Krieg für Öl:
Die Amerikaner führen ins Feld: Saddam besitzt Massenvernichtungswaffen, verstößt gegen UN-Resolutionen, ist eine Gefahr für Israel. So viele Begründungen – das hört sich nicht nach einem überzeugenden Grund an.
Amerika hätte besser daran getan, viel früher schlüssige Beweise vorzulegen. Dann wäre auch das dämliche, unbegründete Schlagwort „Blut für Öl“ nicht so populär geworden. Nun gut, vielleicht hätten detaillierte Informationen das Leben von Quellen im Irak gefährdet. Aber die Unterstützung des eigenen Volkes und der Verbündeten aus Überzeugung ist auch ein hohes Gut. Der entscheidende Kriegsgrund ist aus meiner Sicht, erstens, der Besitz von Massenvernichtungswaffen in Verbindung mit dem Verwundungssyndrom der Amerikaner. Und zweitens die Nichtbeachtung von mehr als einem Dutzend UN-Resolutionen durch den Irak in den letzten zwölf Jahren.
Warum wäre das kein Krieg für Öl?
Wenn es um Öl ginge, hätte sich Amerika die Quellen 1991 unter den Nagel reißen können. Die Soldaten standen an den Ölfeldern. Und die USA waren damals viel abhängiger. Heute führen sie circa 50 Prozent ihres Ölbedarfs ein, aber aus wesentlich mehr Ländern, darunter Russland; nur 20 Prozent kommen aus dem Mittleren Osten, die Masse davon aus Saudi-Arabien. Zudem hat Bush jetzt das Ziel verkündet, jeder Amerikaner solle 2021 ein Auto mit Wasserstoffantrieb fahren.
Internet-Tipp: https://archiv.tagesspiegel.de/archiv/02.02.2003/418999.asp
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Wolfgang
antwortete am 03.02.03 (13:41):
Was Hunderttausende Demonstranten für den Frieden nicht schaffen, das schafft ein Krieger a. D.: Einen guten Platz in den Medien zu kriegen, von wo aus dieser seine vom Pentagon vorgekaute Kriegskost wiederkäuen darf.
"Die Arbeit der Medien ist schlimm", sagt CHRIS TOENSING vom 'Middle East Research and Information Project', "das war in der Außenpolitik schon lange so. Die Medien hinterfragen die Außenpolitik der Regierung nicht. Vielmehr sind sie zu ihrem Sprachrohr geworden. Und seit den Anschlägen vom elften September ist das noch viel schlimmer geworden. Die Medien sind zu den Cheerleadern, den Jubelchören des Pentagon geworden."
Der Sekt steht bereit, die Laune ist da, die Party kann beginnen... Demnächst heisst es dann auf allen Kanälen und in allen Blättern:
Let's rock Iraq!
Webtipp...
ZDF - Frontal 21 - 21.01. 2003 Kriegsrhetorik - "Showdown Irak" in den US-Medien https://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/0,1872,2031070_HOME,00.html
Internet-Tipp: https://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/0,1872,2031070_HOME,00.html
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Karl
antwortete am 03.02.03 (13:44):
Massenvernichtungswaffen, Nichtbeachtung von UN-Resolutionen?
Trifft das nicht auf andere Staaten noch wesentlich besser zu?
Mit freundlichen Grüßen
Karl
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Marianne
antwortete am 03.02.03 (13:49):
Diese von Dir zitierten Stellen aus dem Naumanninterview zeigen, dass selbst hohe militärische Ränge das Ölargument bezweifeln. Und noch deutlicher machen das die von Dir genannten Zahlenbeweise. Ich suchte auch schon verzweifelt nach zu diesen Fakten Zitierbarem , hatte ich doch "nur" Kenntnis über sie durch Fernsehsendungen.
Also sieht man/ frau , dass Innenpolitik einen großen Teil der Motivierung der Außenpolitik eines Landes ist. Und das gilt nicht nur für die USA - möchte ich meinen.
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Wolfgang
antwortete am 03.02.03 (14:12):
Selbstverständlich wird das "Ölargument" von den Bush-Kriegern und ihren AnhängerInnen vehement bestritten. Wer stirbt schon gerne für ein Fass Öl?
Krieger brauchen immer das "Höhere"... Zum Beispiel, den Kampf des "Guten" gegen das "Böse"... Oder den "Kampf gegen den Terrorismus"... Oder den "Krieg der Kulturen"...
Das ist der Stoff, aus dem die Kriegsträume gemacht werden. Kriegsstarke Bataillone von Werbefuzzis an der Propagandafront erfinden immer neue Geschichten, nur um vom schnöden Wort "Öl" abzulenken.
Der Erfolg gibt ihnen recht: Ein wenig Metaphysik und sonst noch ein paar intellektuelle Verrenkungen, und schon wird aus dem hässlichen Entlein ein stolzer Schwan.
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Barbara
antwortete am 03.02.03 (14:27):
Die schlagendsten Argumente soll wohl der letzte Absatz enthalten: "Heute führen sie circa 50 Prozent ihres Ölbedarfs ein, aber aus wesentlich mehr Ländern....."
Vielleicht haben selbst die Amerikaner inzwischen erkannt, dass die Ölreserven unseres Planeten zur Neige gehen, dass sie nur noch wenige Jahre weiter sprudeln. Können wir uns überhaupt vorstellen, was man auf dem Weltmarkt für die letzten Barrels Öl zu zahlen bereit ist? Wozu braucht man Öl, außer zum Vergeuden in umweltschädlichen Motoren und Anlagen?
Aber natürlich. Ich vergaß den letzten Satz: "jeder Amerikaner solle 2021 ein Auto mit Wasserstoffantrieb fahren." Das ist natürlich ein schlagendes Argument, was auch den letzten Zweifler überzeugen wird. Es wäre ja ökonomisch vollkommen unsinnig, für Milliarden Dollars Öl zu erkriegen, das man später gar nicht los wird :-(((
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Marianne
antwortete am 03.02.03 (17:18):
Barbara:Wozu braucht man Öl, außer zum Vergeuden in umweltschädlichen Motoren und Anlagen? Diese kritische Sicht auf die Recourcen an Erdöl haben eben viele USA- Bürger nicht, und deshalb kann ja Bush so argumentieren, wie Du es - m.E. mit Recht - leicht sarkastisch tust. "Aber natürlich. Ich vergaß den letzten Satz: "jeder Amerikaner solle 2021 ein Auto mit Wasserstoffantrieb fahren." Das ist natürlich ein schlagendes Argument, was auch den letzten Zweifler überzeugen wird."( Barbara)
Mir zeigt auch dieses Argument, dass die Amerikaner eher aus Angst davor, auch einmal im eigenen Lande angegriffen zu werden, so eine hohe Bereitschaft zum Krieg haben als aus Angst um die Ölrecourcen.
Aber natürlich- wir als Außenbeobachter haben ja nicht so eine genaue Kenntnis wie Insider, deshalb maße ich mir auch nicht an,Genaues zu wissen.
Interessant in diesem Zusammenhang ist auch eine Bemerkung, die ich im ORF in einer politischen Diskussion hörte, dass der Wiederaufbau des Iraks die USA so viel kosten würde, dass sich erst sehr spät der Gewinn aus den eroberten Ölquellen rechnen würde. Na ja, auch ein Argument, das ich nicht überprüfen kann.
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Johannes Michalowsky
antwortete am 03.02.03 (18:48):
"Wozu braucht man Öl, außer zum Vergeuden in umweltschädlichen Motoren und Anlagen?"
Die Kunststoffchemie basiert weitgehend auf Erdöl und Erdölprodukten. Der Nutzen des Erdöls geht weit über die Energiegewinnung hinaus. Deswegen sollte man auch an anderer Stelle sorgsam mit der Resource Erdöl umgehen, das fängt bei der Plastiktüte im Supermarkt an!
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Barbara
antwortete am 03.02.03 (19:11):
Jo,
darauf wollte ich aufmerksam machen. Auch die Pharmazie ist auf Erdöl angewiesen. Die Amerikaner haben bisher so getan, als sei Öl auf ewig verfügbar. Da die Ressourcen jedoch endlich sind, sollte man es nicht vergeuden. Wir wissen, dass die USA in Ideen des Energiesparens noch nicht allzu viel investiert haben. Wenn man sich nicht auf regenerative Energiegewinnung umstellen will, muss man natürlich versuchen, die letzten Vorkommen an Öl an sich zu reißen. Dieser Kampf wird sich in den nächsten dreißig bis vierzig Jahren noch verschärfen.
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