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THEMA: Aus Jägern werden Gejagte... US-Army und ISAF verteidigen sich gegen islamische Kämpfer
10 Antwort(en).
Wolfgang
begann die Diskussion am 29.01.03 (19:35) mit folgendem Beitrag:
Vor einem Jahr tönte es vollmundig (auch hier im Forum): "Wir" haben gewonnen!
Mit "wir" gemeint waren die Truppen der US-Army, die in einem heroischen Kampf den übermächtigen Feind niederrangen und den Afghanen die "immerwährende Freiheit" brachten. Die unterdrückten Afghanen fielen ihren Befreiern um den Hals und dankten ihnen und fragten sie: Warum seid ihr nicht schon früher gekommen? Insbesondere die afghanischen Frauen konnten sich gar nicht einkriegen über das neue 'westliche' Leben und die vielversprechenden westlichen Werte (die, leider, leider, ihnen erst einmal in Form von Bomben und Raketen das Leben schwer machten). Sei's drum: Lieber tote Afghanen, als lebende in den Fängen der Taliban!
So oder so ähnlich rauschte das im Blätterwald. Und jetzt das:
Schwere Gefechte in den Bergen Afghanistans - Massenhaft neue Terroristen - Der Islam in seiner fundamentalistischen Variante wird zur Hoffnung der jungen Generation - Al-Qaida hat an Potenz mächtig zugelegt - US-Army und ISAF igeln sich ein in ihren Stützpunkten.
GULBUDDIN HEKMATJAR - der alte Kämpfer gegen die Russen, der neue Kämpfer gegen die Amerikaner - sagt:
"Die Amerikaner sind in eine Falle geraten, so wie einst die Sowjets. Vielleicht noch schlimmer: Sie werden sich nach Vietnam zurücksehen."
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schorsch
antwortete am 30.01.03 (09:20):
Ja, die Amerikaner hätten ihre Arbeit wohl besser zuerst in Afghanistan erledigt, bevor sie sich auf neue Entdeckungsreisen machten! Der Amerikaner ist sich gewohnt in Schemas zu denken. Kommt mal eine neue Situation und es passt kein Schema, verliert er die Übersicht. Das war in den Gründerjahren noch ganz anders. Da kamen jeden Tag neue Situationen, mit denen man fertig werden musste.
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Nienenueteli (NN)
antwortete am 30.01.03 (09:53):
@ Schorsch: Tja, die fast-Ausrottung der armen Indianer war ja wirklich eine Herausforderung und nicht so einfach :-)
Damit wir noch was zu lachen haben am heutigen Tag, hier ein Witzerchen:
Auf einer Propaganda-Tournee durch Amerika besucht Präsident George Bush eine Schule und erklärt dort den Schüler seine Regierungspolitik. Danach bittet er die Kinder, Fragen zu stellen. Der kleine Bob ergreift das Wort: "Herr Präsident, ich habe drei Fragen: 1. Wie haben Sie, obwohl Sie bei der Stimmenauszählung verloren haben, die Wahl trotzdem gewonnen? 2. Warum wollen Sie den Irak ohne Grund angreifen? 3. Denken Sie nicht, das die Bombe auf Hiroshima der größte terroristische Anschlag aller Zeiten war?"
In diesem Moment läutet die Pausenklingel und alle Schüler laufen aus dem Klassenzimmer. Als sie von der Pause zurück kommen, lädt Präsident Bush erneut ein, Fragen zu stellen, und diesmal ergreift Joey das Wort:
"Herr Präsident, ich habe fünf Fragen: 1. Wie haben Sie, obwohl Sie bei der Stimmenauszählung verloren haben, die Wahl trotzdem gewonnen? 2. Warum wollen Sie den Irak ohne Grund angreifen? 3. Denken Sie nicht, das die Bombe auf Hiroshima der größte terroristische Angriff aller Zeiten war? 4. Warum hat die Pausenklingel heute 20 Minuten früher geklingelt? 5. Wo ist Bob???"
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NN
antwortete am 30.01.03 (10:03):
Zusammenfassung eines Artikels von Giorgio Fiacconi, Chefredaktor und Herausgeber der «Times of Central Asia», vom Dezember 2002/Januar 2003.
Wir hoffen bis zur letzten Minute, dass der Krieg vermieden werden kann. Das schlimmste Szenario wird für uns sein, dass der Krieg gegen den Irak nicht in den engen Grenzen gehalten werden kann. Er könnte alle Nachbarstaaten hineinziehen und wahrscheinlich auch nach Zentralasien hinüberschwappen. Ein Krieg im Irak wird auch den Iran, Syrien und die Türkei mit hineinverwickeln und in der muslimischen Welt für Aufruhr sorgen. Das Resultat ist nicht vorhersagbar.
Die Baath-Partei wird eine syrische Intervention anstreben, und die schiitische Bevölkerung des Südens wird beim Iran Schutz suchen. Die Türkei wird nicht warten und zuschauen. Sie wird einschreiten, um ein Massaker an den Turkmenen oder die Kreation eines neuen kurdischen Staates zu verhindern. In Zentralasien ist die Instabilität der Situation so beängstigend. Turkmenistan und Usbekistan werden die wegweisenden Kräfte sein, weil in ihnen die oppositionellen Kräfte darauf warten, ihren Kampf gegen das Regime aufzunehmen.
Wir können auch Bürgerkriege in Afghanistan erwarten und ein Wiederaufleben der Machtkämpfe zwischen den Kriegsfürsten. Die Zentralregierung unter Karzai wird nicht imstande sein, die Situation zu kontrollieren. Amerikanische und russische Streitkräfte, die jetzt in Kirgistan stationiert sind, werden sich in neue Konflikte hineinmanövrieren. Pakistan wird dann erneut am Konflikt teilnehmen mit Streitkräften, die schon in Afghanistan sind.
Der Krieg im Irak wird Millionen von Flüchtlingen schaffen. Zusätzlich zu denen, die noch aus dem Afghanistan-Krieg da sind, aus dem Iran und aus Pakistan. Tajikistan und die Türkei werden diese Last nicht tragen können.
Bis jetzt haben das Regime in Bagdad und das internationale Embargo zu einem grossen humanitären Desaster im Irak geführt. Es könnte sich eine Situation herausschälen, die dem Szenario in Palästina ähnelt. Das Territorium wird in ethnische Gruppen zerfallen, die internationale Gemeinschaft wird nicht fähig sein, diese Dinge zu kontrollieren. In der Zwischenzeit wird in verschiedenen Teilen der Welt eine Gegnerschaft gegen den Irak-Krieg entstehen, und schlussendlich werden die europäischen Regierungen und sogar die Bush-Administration auf ihre Bevölkerung hören müssen. Die Herrschaft im Irak nach einem Krieg zu ersetzen wird schwieriger sein als bei der Herrschaft nach dem Taliban-Regime. Der Terrorismus wird enorm anwachsen.
Es muss bessere Ideen geben, um Saddams Regime daran zu hindern, Massenvernichtungswaffen herzustellen. Der Irak-Krieg scheint ein Mittel zu sein, die persönliche politische Zukunft von Bush zu stärken und die Bevölkerung von den real existierenden Probleme abzulenken. Afghanistan kann nicht als Erfolg gewertet werden. Millionen von Flüchtlingen und eine verarmte Bevölkerung bleiben eine Last für die Volkswirtschaften der Region. Der Kampf gegen die Armut bleibt ein Traum. Die Gefahr eines Weltkrieges ist viel grösser als vor einem Jahr. Unschuldiges Blut wird vergossen und eine Spirale von Racheakten, terroristische Akte eingeschlossen, werden zu weiteren Verlusten von Menschenleben führen.
Ist es dies alles wert, um Saddam zu ersetzen? Die Billionen von Dollar, die dieser neue Krieg kostet, sind besser investiert in die Schaffung von Arbeit und die Eliminierung der Armut auf der ganzen Welt. Rechtfertigen die Interessen einiger weniger, die globalen Energiequellen zu kontrollieren, wirklich den Verlust so vieler Menschenleben und die Schaffung von Millionen von Flüchtlingen?
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NN
antwortete am 30.01.03 (10:09):
Make law - not war !
Neuer Spruch, gelesen bei den Vietnam-Veteranen bei der Anti-Kriegsdemo in den USA.
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Titus(WolfgangM.)
antwortete am 30.01.03 (10:48):
Hallo Wolfgang, (wobei ich nicht weiß, ob Du der „originale“ Wolfgang bist oder ein „Neuer“??)
Deinem Eingangssatz stimme ich nicht zu, nicht nur ich war damals der Meinung, daß die USA diesen Krieg gegen Afghanistan (der laut Webmaster gar keiner war) nicht gewinnen können, sondern nur den verbliebenen Taliban und deren Nachfolgern neuen Zulauf bringen würde. Nachzulesen im Archiv.
Abgesehen von ein paar Tausend getöteten Zivilisten, Frauen und Kindern, beschränkte sich ein Teilerfolg (wenn es denn einer war) auf Kabul.
Und dem Beitrag von „NN“ ist nichts hinzuzufügen- so wird es kommen.
Und unsere Soldaten in Kabul sind in Gefahr, wir sollten uns schnellstens etwas einfallen lassen, damit wir sie vielleicht noch retten können. Spekulation? Na, dann warten wir einmal ab, was tatsächlich passiert, wenn Bush seinen Überfall auf den Irak in die Tat umsetzt.
Meint Titus(WolfgangM) – gegenwärtig wenig optimistisch.
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Wolfgang
antwortete am 30.01.03 (11:33):
Was Afghanistan betrifft, bin ich mir sicher: Diesen Krieg werden US-Army und ISAF auch militärisch verlieren. Ich mache auch keinen Hehl daraus, dass ich über diese Entwicklung nicht traurig bin.
Wirtschaftlich und politisch haben die 'westlichen' Soldaten jetzt schon ein Desaster angerichtet. Die islamischen Fundamentalisten haben (dank der christlichen Fundamentalisten in Washington) den entscheidenden Durchbruch geschafft und sind zur Hoffnung der Muslime (nicht nur in Afghanistan) geworden.
Wie es derzeit dort aussieht, berichtet UNEP (s. Link): Vergiftete Böden, verseuchtes Trinkwasser, kaputte Fabriken, abgeholzte Wälder, zerstörte Bewässerungsanlagen, Millionen Flüchtlinge...
25 Jahre Krieg gegen die Afghanen... Angezettelt vom "Westen" - erst von der UDSSR, dann von den USA und ihren Ziehkindern, die Taliban und die Warlords der Nordallianz.
So sieht ein Land am Ende aus, das wegen seiner geostrategischen Lage im kaspischen Öl-/Gas-Gebiet interessant wurde für den westlichen '(american) way of life'... Ein Katastrophenweg, der die Menschen zerstört und die für den Menschen günstige Natur... Ein Weg in den Abgrund.
Und dann kommen die Zyniker und sagen: Dieses Land wurde durch "uns" befreit.
UNEP Post Conflict Assessment Unit AFGHANISTAN: A United Nations Environmental Programme Post-Conflict Environmental Assessment https://postconflict.unep.ch/actafghassessment.htm
Internet-Tipp: https://postconflict.unep.ch/actafghassessment.htm
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Wolfgang
antwortete am 30.01.03 (11:44):
An dieser Stelle ist ein Zitat angebracht... Das stammt aus der neuesten Kriegsrede (s. Link) des obersten Bush-Kriegers:
"Wir bringen Opfer für die Freiheit von Fremden. Die Amerikaner sind ein freies Volk, das weiß, dass jeder Mensch das Recht auf Freiheit hat und Freiheit die Zukunft aller Nationen ist. Das ist nicht Amerikas Geschenk an die Welt, das ist Gottes Gabe an die Menschheit."
White House - 28.01.2003 President Delivers "State of the Union" https://www.whitehouse.gov/news/releases/2003/01/20030128-19.htm
Internet-Tipp: https://www.whitehouse.gov/news/releases/2003/01/20030128-19.htm
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Poldi
antwortete am 30.01.03 (18:14):
Nach dem 11. September 2001 wurde in Brüssel großmundig der Bündnisfall ausgerufen und den USA die uneingeschränkte Solidarität versprochen. Ist der Bündnisfall je beendet worden, wenn nein, wo bleibt dann die NATO-Unterstützung für das Vorgehen der US im Nahen Osten?
Freuen wir uns lieber - so meint hier jemand -, wenn sie dort eine Niederlage erleiden, das nächste Ziel der dortigen Sieger sind dann wir, oder immerhin unsere Nachfolgegeneration.
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Fred Reinhardt
antwortete am 30.01.03 (19:19):
Genau Poldi so war es und nun das grosse ABER !!! Gegen den Terrorismus die uneingeschränkte Solidarität und da sind auch deutsche Soldaten in Afghanistan dabei. Saddam hatte mit dem 11.09. nichts zu tun. Und zukünftig Nord - Korea auch nicht.
Fred
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henner
antwortete am 30.01.03 (19:49):
@ Poldi so hab ich das aber damals nicht verstanden mit der uneingeschränkten Solidarität nach dem 11.sept 2001.Ich dachte immer,daß bezieht sich auf die Terrobekämpfung.,,und da kannste ja wohl nicht ernstlich der Meinung sein ,Deutschland würde da im Wege stehen.Die deutschlandweite Suche nach Terroristen ,der Einsatz deutscher Soldaten (auch schon mit Opfern)in Afghanistan und die Bereitschaft zur Mitarbeit bei den derzeitigen Irakkontrollen usw spricht doch wohl dafür.Auch die kräftigen Finanzspritzen an die USA im Zusammenhang mit der "Befreiung ehemaliger jugoslwischer Staaten",läßt doch ein wenig unsere kooperative,freundliche und solidarische Einstellung-bei etwas gutem Willen-erahnen.Das schließt doch wohl nicht ein,daß wir ununterbrochen sämtliche weltweiten amerikanischen "Tät(l)igkeiten unaufgefordert,begeistert zustimmend finanziell materiell und personell dynamisieren.
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