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THEMA:   Stern auf der Brust

 25 Antwort(en).

Johannes Michalowsky begann die Diskussion am 13.12.02 (09:40) mit folgendem Beitrag:

Eine solche Bemerkung, immerhin im Plenum eines deutschen Landtags von einem Ministerpräsidenten geäußert, ist skandalös und läßt sich auch durch eine Entschuldigung nicht mehr aus der Welt schaffen. Sie zeigt, daß solche Leute durchaus noch in diesen Kategorien denken und daß diese Denke nicht auf FDP-Obere beschränkt ist. Sie zeigt auch, daß noch nicht einmal politischer Opportunismus die Zunge im Zaume zu halten vermag.

Ich vermute zusätzlich, daß solche Leute - und viele hier im ST bestimmt auch nicht - nie einen Menschen live mit einem solchen Stern gesehen haben.


KlausD antwortete am 13.12.02 (10:03):

Sehe ich nicht so,Jo.

Es macht nur deutlich,wie tief verwurzelt wir falsch denken!


schorsch antwortete am 13.12.02 (11:32):

Bin überzeugt, dass es überall auf der Welt Leute gibt, die über solche Anstecker oder Annäher nachbrüten, die man missliebigen Minderheiten an die Brust heften könnte!


mulde antwortete am 13.12.02 (12:38):

Jo
wir sind beide ein Jahrgang
Ich habe noch Leute mit "Stern" gesehen!!!!


Barbara antwortete am 13.12.02 (13:12):

War es nicht der Ziehvater von Roland Koch, Manfred Kanther, der die schweizer Schwarzgeld-Millionen der CDU Hessens mit jüdischen Vermächtnissen erklärte?
Hatte Roland Koch sich nicht der brutalst möglichen Aufklärung verschrieben?

Wie kann jemand mit diesem Hintergrund die Brandmarkung und Verfolgung jüdischer Mitbürger in der NAZI-Zeit mit der Nennung von Persönlichkeiten unserer Gesellschaft gleichsetzen, die für eine Vermögenssteuer in Frage kämen?


bello antwortete am 13.12.02 (14:54):

"Ich vermute zusätzlich, daß solche Leute - und viele hier im ST bestimmt auch nicht - nie einen Menschen live mit einem solchen Stern gesehen haben", sagt Johannes M.

Dazu: ich erinnere mich noch ganz genau, daß mich mein Opa einmal mit in die Innenstadt nahm und mir die schwarz gekleideten Menschen und schwarz verkleideten Schaufenster auffielen mit all diesen gelben Sternen, die ich bis dahin noch nicht gesehen hatte.
Ich fragte meinen Großvater, was das für Menschen seien. Er sagte nur kurz "... ganz arme".


Fred Reinhardt antwortete am 13.12.02 (18:06):

Johannes, ob live oder nicht live, im Fernsehn hat es jeder von den hier schreibenden Senioren/innen schon gesehen. Demnach müsste auch Herr Koch schon einmal die schrecklichen Bilder dieser irrsinnigen Verfolgung gesehen haben. Herrn Koch scheint nicht nur brutalst bei Aufklärungen, was Geld anbelangt zu sein, sondern auch brutalst bei dem Wort " VERGESSEN " vorzugehen.

Ich selbst habe mit Anderen in meiner Jungvolkverblendung noch Juden mit den Namen Israel und Itzik beschimpft. Erwachsene haben es damals gesehen und gehört haben uns aber nicht zur Ordnung gerufen.


Heinz-Dieter antwortete am 13.12.02 (19:26):

Ich stimme dem zu, die Jahre von 1933 bis 1945 sollten nicht vergessen werden.Dieses Nicht-Vergessen soll meiner Meinung nicht bei jeden Faut-Pas uns in Erinnerung gerufen werden.
Dei Zeit war furchtbar, sie war... und es sind bereits ca 60 Jahre vergangen.
Also vergessen nie, aber bitte nicht bei jeden Fehltritt uns darauf hinweisen.
Es war nicht klug, was H. Koch da von sich gegeben hat.


Karl antwortete am 13.12.02 (19:41):

Es war nicht nur nicht klug, was Herr Koch von sich gegeben hat, sondern es markiert hoffentlich das Ende seiner Karriere. Wer leichtfertig solche Vergleiche zieht, denkt auch so. Wir sollten solche Menschen als Politiker in die Wüste schicken.


Fred Reinhardt antwortete am 13.12.02 (19:45):

Heinz Dieter, es war kein Faut-pas von Herrn Koch, es war mehr als ein Fehltritt, es war eine Unverschämtheit. Wer soetwas sagt, denkt auch so und dies nicht zu ersten Mal.

Guten Abend Fred


Philanthrop antwortete am 13.12.02 (21:08):

Eigentlich wollte ich mich zu diesem Thema nicht äußern, aber die einseitigen Stellungnahmen in diesem Thread provozieren geradezu, den Vorgang mal aus einem anderen Blickwinkel zu beurteilen. Denn nach meinem subjektiven Empfinden ist die Empörung über Roland Koch´s Äußerung unehrlich und in höchstem Maße scheinheilig.

Denn so wie das Kreuz Jesu als ein Symbol des Leidens und der schweren Bürde in unserer Sprache verwendet wird, so steht der Judenstern der Nazis als Synonym für Stigmatisierung und Diskriminierung in unserem Denken. Ich bin mir sicher, daß Koch mit seinem Hinweis bezüglich des "Stern an der Brust" keineswegs den Holocaust verharmlosen oder gar Juden beleidigen wollte.

Beleidige ich Jesus Christus im besonderen oder das Christentum im allgemeinen, wenn ich etwa darüber klage, daß es "ein Kreuz" mit unseren Politikern ist? Das müßte ich dann ja "am Kreuze" bereuen, wenn ich mich mit dieser Aussage tatsächlich versündigen sollte. Der Wunsch, daß mir nun niemanden einen Stern an die Brust setzen möchte, wird man in diesem Kontext ganz sicher verstehen und mir wohl auch erfüllen können.


seewolf antwortete am 13.12.02 (21:34):

Gott sei Dank -

es gibt hier jemand kund, daß es notwendig ist, differenziert zu denken und mit der Sprache nicht immer nur schlampig umzugehen.

Erfreulich!


Fred Reinhardt antwortete am 13.12.02 (22:44):

Philanthrop,
warum so rundumadum schreiben, der liebe Herr Koch wollte doch nur an den Stern Davids erinnern und dies ist doch der Stern der Reinheit. Ist dies vielleicht etwas schlechtes ??
Deine geschriebene Feingliedrigkeit ist weit vom grobmaschigen des Herrn Koch entfernt. Der haut mit der Faust und nicht mit dem kleinen Finger wie du.

Seewolf,
schlampig war Herr Koch mit der Sprache und nicht die Schreiber die hier soetwas angeprangern.

Fred


wese antwortete am 13.12.02 (23:24):

@ Philanthrop:
@ seewolf:

Was ihr so dezent zu umschreiben versucht, das ist im Prinzip nichts anderes als eine Verharmlosung des Problems. Damit befindet ihr euch voll im Trend von Roland Koch und seiner Strategie der Verniedlichung.

Herr Koch hat schon einmal den schäbigen Versuch unternommen, mit "jüdischen Vermächtnissen" Schindluder zu treiben. Es handelt sich also um keinen Zufall und um keine verbale Entgleisung, sondern um die charakterlichen Defizite eines Ministerpräsidenten.

Wenn man die führenden Politiker eines Landes nicht mehr beim Wort nehmen darf, dann sollten sie den Mund halten. Das gilt übrigens für alle Politiker und für alle Parteien. So einfach ist das.


Ursula antwortete am 14.12.02 (00:56):

Roland Koch selbst hat versucht, seine Entgleisung mit "Vergaloppieren" zu bagatellisieren.

Meine Meinung:
Jemand, der solche Äußerungen tut, gibt Auskunft über seine gesamte (unausgesprochene)Gesinnung, vor der mir graust.

Dieser Mann hat wieder einmal überdeutlich gezeigt, dass er als Politiker untragbar ist ;-((( !

Ursula


bello antwortete am 14.12.02 (07:58):

@ "Philanthrop",

ein richtiger solcher bist Du jedenfalls nicht.
Philanthropismus ist Erziehung zur Vernunft.


Philanthrop antwortete am 14.12.02 (10:09):

@ benno

Ich bezeichne mich als Philanthrop (Menschenfreund) und nicht als Philanthropinist (besondere Form eines Erziehers).
Auf diese Unterscheidung lege ich großen Wert, denn ich habe hier niemanden zu erziehen.


Philodendron antwortete am 14.12.02 (10:25):

Philanthrop,

Du bist leider so verschwommen undeutlich. Als selbsternannter Menschenfreund kannst Du uns doch sicher erklären wer "benno" ist.


bello antwortete am 14.12.02 (12:45):

"benno" ist mein Schwager in Brüssel.
Woher kennst Du den?

Gibt's hier wieder einen Übergang zu "Legasthenie"?


Misanthrop antwortete am 14.12.02 (12:50):

Ruf ihn doch an und sag ihm das.


Barbara antwortete am 14.12.02 (12:56):

Lt. Niedersachsens Ministerpräsidenten Sigmar Gabriel war der Ausspruch Roland Kochs "eiskalte Berechnung". Im Hinblick auf die anstehenden Landtagswahlen glaube Koch, von einer aufgeheizten innenpolitischen Stimmung profitieren zu können.


mechtild antwortete am 14.12.02 (14:17):

Roland Koch selbst hat versucht, seine Entgleisung mit "Vergaloppieren" zu bagatellisieren. Hildebrand meinte in seiner Sendung am Donnerstag dazu. „Koch muss eigenartige Pferde haben, die sich so vergaloppieren.“
Mit rechtsextremen Argumenten soll man angeblich bis zu
18% der WählerInnen erreichen können. Das ist eine Menge Holz meinte auch Möllemann.


Ursula antwortete am 14.12.02 (14:58):

Ja, mechtild, "... meinte auch Möllemann" - und leitete damit seinen fraktionierten Absturz ein.
Ich hätte nichts dagegen, wenn auch Roland Koch aus der Politik verschwinden würde ...


schorsch antwortete am 14.12.02 (16:41):

Um zum Thema zurück zu kommen:

Stellt euch doch mal vor, ihr lebtet in einem islamistischen Staat, wo Christen bislang unbehelligt leben konnten, und jemand käme auf die Idee, alle Christen müssten ein Christuskreuz auf die Ärmel nähen....


Philanthrop antwortete am 14.12.02 (21:30):

Es ist mir schrecklich peinlich, hier erklären zu müssen, daß ich mit dem Namen "Bello" einen Vierbeiner assoziiere: Unser Hund heißt nämlich Bello! Deshalb auch der Lapsus.
So wie "bello", habe auch ich einen Benno (Bernhard) im Verwandtenkreis, weshalb ich "bello" um Verständnis und Entschuldigung bitte, daß ich ihn versehentlich mit "benno" angeredet habe.
Aber offensichtlich hatten einige in diesem Forum ihren Spaß daran, daß es zu dieser Namensverwechslung gekommen ist. Und das erfreut nun wieder auch mich.


Rosmarie V.(Ruzenka) antwortete am 20.12.02 (18:33):

Von einem Politiker ist zu erwarten, dass er weiss was er sagt. Ich würde jedenfalls nie einen wählen, der sich ver-
galoppiert. Wer weiss denn, wohin dieser Ritt mich führt?

Ich denke drüber nach, wie sich die Deutschen jüdischen Glaubens beim Anhören dieser Unverschämtheit fühlen....
Ich hatte nur eine jüdische Großmutter, aber der kleine
Viertel in mir hat dazu geführt, dass mir schlecht wird,
wenn ich diesen " Galopierer " reden höre.

Es stimmt, es sind sechzig Jahre her seit der Judenverfolgung. Und es sind 2002 Jahre her seit der Geburt Christi. Der Mensch soll verzeihen können, aber vergessen
darf er nicht, damit solches nicht wieder geschieht.