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THEMA:   Privatisierung

 7 Antwort(en).

Mechtild begann die Diskussion am 10.12.02 (16:30) mit folgendem Beitrag:

Ein Investor will städtische Anteile an den Kölner Wohnungsbaugesellschaften GAG und Grubo kaufen. Das Geschäft mit dem Investment-Unternehmen Terra Firma soll 420 Millionen Euro in die Stadtkasse bringen. ( ca 41000 Wohnungen) Die Firma hat ihren Sitz in London.
Der Verkauf ist sehr umstritten. Es gab ein Bürgerbegehren gegen den Verkauf der Wohnungen mit mehr als 60.000 Unterschriften. Die CDU und FDP haben das Bürgerbegehren als rechtlich unzulässig zurückgewiesen.
Die Stadt Köln ist eine reiche Stadt, auch weil über 50 % der Fläche von Köln der Stadt gehört und damit auch den Kölner BürgerInnen. Der Verkauf der Wohnungen ist für mich so, als ob die Stadtväter das Tafelsilber verfrühstücken. Auch wenn die Rechte der jetzigen MieterInnen gesichert sind, es wird auf Kosten künftiger Generationen Vermögen verschleudert. Kann man das vor den Kölner Kindern und Enkeln verantworten?


Johannes Michalowsky antwortete am 10.12.02 (18:50):

Wenn der Reichtum der Stadt Köln auf ihrem Grundstückseigentum beruht, dann ist das zunächst nur ein Buchwert und totes Kapital. Was meinst Du wohl, was passieren würde, wenn das auf einmal zum Verkauf anstünde?

Da denke ich daran, wie reich u.a. die katholische Kirche sei. Aber die Fresken der Sixtinischen Kapelle etwa sind auch nicht verkäuflich, schon aus rein technischen Gründen nicht.

Was den materiellen Wert betrifft, steht dieser nur auf dem Papier.


KlausD antwortete am 10.12.02 (19:16):

In die gleiche Richtung gehen die Überlegungen im Rat der Stadt Saarbrücken.

Man nuß sich mal diesen Schwachsinn anschauen:Das Kanalnetz von SB soll an einen Investor aus Amerika verkauft werden.
Anschließend wird es vom Amerikaner gemietet :-))
So spart man Steuern!!

Wenn es nicht so widerwärtig dumm wäre,könnte man noch darüber lachen.


mechtild antwortete am 10.12.02 (22:16):

Hat Eigentum keinen Wert mehr Jo? Die Wohnungen der Wohnungsbaugesellschaften sind kein totes Kapital. Sie bringen Geld in die Kasse. In Zeiten der Wohnungsnot mehr, gibt es genug Wohnraum etwas weniger. Wohnungen sind für die Stadt und ihre BürgerInnen aber vor allem sozialpolitisch wichtig. Wohnen muss jeder Mensch und eine soziale Wohnspolitik macht ein privater Investor sicher nicht.
Die Stadt kann die Wohnungsbaugesellschaften nur privatisieren, weil man mit Wohnungen Gewinn machen kann.
Sozialpolitik steht zur Zeit nicht hoch im Kurs. Die Sozialpolitik verursacht nur Kosten und fährt keinen Gewinn ein.
@KlausD
Die Stadt Köln hat diesen Schwachsinn schon gemacht. Die Kanalgebühren muss ja auch jeder BürgerInnen bezahlen. Ich frage mich ob der Rat keine Beziehung zur Stadt und ihren BürgerInnen hat. Es zählt nur noch Geld scheffeln. Wenn Löcher in der Kasse sind kann man auch anders zusätzliche Einnahmen erwirtschaften als dass man das Tafelsilber verscherbelt. Geld um die Diäten der RatspolitikInnen zu erhöhen ist da. Auch andere Prestigeobjekte werden durchgeführt.


Johannes Michalowsky antwortete am 10.12.02 (22:32):

Du hast von Grundstückseigentum gesprochen, nicht von Wohnungen. Auf Grundstücken stehen auch noch ein paar andere Sachen als Wohnungen - oder sie sind gar nicht genutzt und liegen brach.

Und ist es für Mieter wirklich wichtig, wer der Vermieter ist? für die Mietwohnungen der LEG hier um mich herum - Landesentwicklungsgesellschaft Baden-Württemberg - entstehen keine anderen Kosten als für die meine. Das orientiert sich am Markt, auch bei den öffentlichen Wohnangeboten. Mieterschutz ist dafür allgegenwärtig und hält private Investitionen eher ab, sich zu engagieren.


Barbara antwortete am 10.12.02 (23:12):

In Hamburg lief es ähnlich. Stadteigene Sozialwohnungen wurden an einen Investor verkauft, aufwändig renoviert und als Eigentumswohnungen weiterverkauft. Natürlich erhielten die Mieter ein Vorkaufsrecht. Kaum ein Mieter dieser Sozialwohnungen hat dieses Recht in Anspruch genommen. Warum nur???

für die Stadt rechnet sich ein Verkauf. Alte Häuser kosten viel Geld im Unterhalt; Dächer, Treppenhäuser und Bäder müssen renoviert und evtl. sogar Heizungen eingebaut werden.
Ein privater Investor braucht keine Rücksicht auf sozial schwache Mieter zu nehmen. Er muss nur der Form genüge tun und den Mietern ein Vorkaufsrecht gewähren. Dann kann er die ursprünglichen Sozialwohnungen nach Renovierung als Luxus-Eigentumswohnungen verkaufen.
Und die Stadt ist eine kostenträchtige Immobilie los.


schorsch antwortete am 11.12.02 (10:13):

Ins gleiche Thema gehören die Privatisierungen von Post und anderen Staatsgebilden. Ein paar Naivlinge (Idioten darf man nicht sagen!) glaubten das Heil in der Privatisierung der Schweizer Post zu finden. Es wurde "liberalisiert" und gesplittet. Splitten heisst: Die rentablen Teile eines Unternehmens nehmen und die unrentablen lassen. So gräbt sich die Post ihr eigenes Grab - was nicht so schlimm wäre, wäre es nicht unser eigenes!
Was das mit dem Grundstückverkauf in Köln zu tun hat? So fängts an!


mechtild antwortete am 11.12.02 (13:42):

@Barbara
Luxussanierung sehe ich auch als Problem, bei den Wohnungen in guter Lage.
@Jo
für den MieterIn ist es sicher im Einzelfall unwichtig, wer der Vermieter ist. Auch private Hausbesitzer sind oft okay.
Es ist eine Frage, ob die Politik das Recht hat das Eigentum der Bürger zu verkaufen und womit will die Stadt Wohnungspolitik machen, wenn keine Wohnungen mehr vorhanden sind?
Auch Menschen mit sozialen Schwierigkeiten brauchen Wohnraum.