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THEMA:   Grundrechte erfordern Grundeinkommen

 10 Antwort(en).

Annett Blunk begann die Diskussion am 03.12.02 (16:24) mit folgendem Beitrag:

"Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei
zu wählen." Art.12, Abs.1,GG

"Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung
zulässig." Art.12, Abs.3,GG

Willkommen im großen Arbeitslager Deutschland ! Oder glaubt noch jemand, dass die Mehrheit der Erwerbstätigen hierzulande das, was sie tut, freiwillig tut und nicht, weil sie sonst kein Geld bekommt ? Freiwillig gezwungen ist auch gezwungen. Das mögen diejenigen, die so etwas wie ihren Traumjob gefunden haben und davon leben können, anders sehen. Doch sind sie sich bewusst, dass sie einer aussterbende, museumsreifen Art angehören ? Die meisten begnügen sich bei der Berufswahl mit der zweit-, der dritt-, der viertbesten Lösung, so sie überhaupt etwas finden. Die Kompromisse werden von Job zu Job fauler. Die Löhne tendieren Richtung Null-Lösung. Arbeit für Geld um des Geldes willen, weil ich es brauche und nicht anders bekomme, das ist Zwangsarbeit, somit ein klarer Verstoß gegen das Grundrecht auf freie Berufswahl. Nicht von ungefähr sieht man den Menschen auf der Straße die Unlust und Unzufriedenheit bei der täglichen Pflichterfüllung an. Angst, Druck und Stress hinterlassen ihre Spuren in den Gesichtern. Wie passt das zusammen mit den hehren Ansprüchen einer Gesellschaft, die sich auf dem Papier bescheinigt, von Grund auf freiheitlich-demokratisch zu sein ? Gemessen an diesen Ansprüchen sollte Arbeit keine Pflicht, kein Zwang, sondern ein frei gebräuchliches Recht sein. Das funktioniert nur über die Entkoppelung von Arbeit und Lebensunterhalt, also auf Basis eines Existenzgeldes. Erst so werde ich in die Lage versetzt, mir in Ruhe eine sinnvolle Beschäftigung auszusuchen, anstatt mich mit der nächstbesten Geldverdienstmöglichkeit abspeisen zu lassen.

Arbeitszwang spottet nicht nur dem Grundrecht auf freie Berufswahl. Er tastet die Würde des Menschen an, er fördert Ungleichheit, weil ihm ausreichend Vermögende nicht ausgesetzt sind und er macht in höchstem Maße unfrei. Er ist in keinster Weise grundrechtskompatibel. Ohne Befreiung vom Arbeitszwang sind die Grundrechte nicht das Papier wert, auf dem sie gedruckt stehen. Somit machen sie die Einführung eines Grundeinkommens zwingend erforderlich. Die ewige Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, macht die Beschäftigten erpressbar. Sie nehmen Lohnverzicht, schlechte Arbeitsbedingungen und Tätigkeiten, die ihnen nicht liegen, in Kauf. Eine Gesellschaft, die sich frei und offen schimpft, deren Ideologen (ach so verlogen) keine Gelegenheit auslassen, uns großartige Vorträge über Freiheit zu halten, sollte erhaben sein über derart faschistoid anmutende Zwangsmechanismen. Sie ist es nicht und das zeigt ihr großes Manko, ihre Unreife.

Aufgrund der Länge des Beitrages und der Beschränkung in diesen Forum, finden Sie den kompletten Beitrag auf unserer Web-Site unter "Tierische Gedanken zum Zeitgeschehen".

Internet-Tipp: https://www.DogInstinkt.de


Hanskarl antwortete am 03.12.02 (17:10):

Hallo Annett Blunk,

es gibt zwei Arten von Gesetz, die nationalen ( oder internationalen ) von Staaten erlassenen
Gesetzte ( die man auch umgehen kann, wie jeder weiß ) und die "Naturgesetze" von Markt,
Evolution, Natur und Sitte ( Ethos ), die überall und immer gelten, denen kein Mensch ent-
fliehen kann. Die Naturgesetze kann auch ein Staat nicht ungestraft "umwidmen", wie wir
derzeit in Deutschland ja erkennen können.

Diese zweite Art von Gesetzen zwingen Dich zu arbeiten wenn Du essen willst ( steht schon
in der Bibel ).

Ob Dir die Arbeit Spaß ( besser Freude ) bereitet ist abhängig vom Erfolg - nur Erfolg
( Bestätigung ) gibt Zufriedenheit und mach Freude. Wir "Alten" wissen das aus
Lebenserfahrung. Probier es aus.

Gruß Hanskarl


smokie antwortete am 03.12.02 (17:24):

Na bravo, so etwas habe ich lange nicht mehr gelesen: nur weil jemand auf der Welt ist und zu allem Möglichen keine Lust hat, vor allem nicht zum Arbeiten , ist das Zwangsarbeit.
Ich empfinde es als Zwang ,für solche "Freiheitsliebenden " mitarbeiten zu müssen.


schorsch antwortete am 03.12.02 (17:41):

Lebensqualität ist, wenn andere meinen Lebenunterhalt verdienen?


Petrone antwortete am 03.12.02 (17:46):

Pessimisten sehen Probleme - Optimisten Lösungen!

Uninteressant, darüber zu diskutieren.


Wolfgang antwortete am 03.12.02 (18:10):

Das Thema ist wohl auch eher als Scherz gedacht... Trotzdem, eine überschlägige Rechnung zeigt die Unlösbarkeit des Problems via 'Existenzgeld':

Nehmen wir an, jede(r) bisher Erwerbstätige - ca. 30 Millionen Menschen - bekäme als 'Existenzgeld' 750 Euro pro Monat. Jeden Monat müsste dann der Staat dafür 22,5 Milliarden (!) Euro auszahlen, jedes Jahr Jahr ein Betrag von 270 Milliarden (!) Euro.

Etwa 270 Milliarden Mark zusätzlich! Das ist mehr, als unser Staat im gesamten Jahr 2001 als Einnahmen verbuchen konnte... Das waren knapp über 226 Milliarden Euro.

Kurzum: Die Sache ist nicht zu finanzieren. Ich fürchte, wir werden weiter unter der Fron der 'Zwangsarbeit' leiden müssen. :-)))


Wolfgang antwortete am 03.12.02 (18:14):

Natürlich nicht 270 Milliarden Mark zusätzlich, sondern 270 Milliarden Euro. ;-)


Marianne antwortete am 03.12.02 (18:15):

Mir scheint, da hat jemand aus der fun-generation fest zugeschlagen oder jemand, der den durchaus begründeten Anspruch auf Grundsicherung missverstanden hat.
Grundsicherung nach meiner Interpratation ist, dass man niemanden I M R E G E N stehen lassen soll.

Und dass Arbeit an sich Erfüllung sein kann, beweist das Buch von Solschenizyn " Ein Tag aus dem Leben des Iwan Denissowitsch"

Lies es einmal, dann wirst du merken, das in einem würdelosen Leben die Freude an geleisteter Arbeit auch unter unmenschlichsten Bedingungen ein Gefühl von Menschen würde geben kann.

Gar nicht freundlich

Marianne


e k o antwortete am 03.12.02 (19:15):

Im Eingangsbeitrag lese ich ständig etwas von "Zwang" und "gezwungen".

Es wird doch niemand zur Arbeit gezwungen, wenn er nicht will.

Es wird auch niemand zum Essen gezwungen. Wenn Annett aber meint, Essen müsse sein, weil sie sonst verhungern würde, naja, dann wird ihr wohl nichts anderes übrigbleiben, als eben - zu arbeiten, damit sie Geld bekommt, mit dem sie sich was zu essen kaufen kann. Oder glaubt sie vielleicht, ihr müssten die gebratenen Tauben von selbst in den Mund fliegen ?

Von nichts kommt nichts, liebe Annett, alles andere ist larifari


Annett Blunk antwortete am 03.12.02 (20:41):

Das Thema "Existenzgeld" wird europaweit diskutiert und wurde bisher von einigen Regierungen u. a. auch von Deutschland abgelehnt. Weiterführende Informationen finden Sie unter https://www.DogInstinkt.de unter "Tierische News" vom 02.07.02 und unter "Tierische Gedanken zum Zeitgeschehen" vom 15.10.02 und auf der Titelseite Kommentar "Das Unmögliche zu wollen, ist Voraussetzung dafür, das Mögliche zu schaffen"

Außerdem bei Bundesarbeitsgemeinschaft der Sozialhilfeinitiativen https://www.existenzgeld.de/index.html
und Katholische Sozialakademie Österreichs https://members.eunet.at/katsozak/grundeinkommen/index.htm

Über diese beiden zusätzlichen Webseiten und unsere können Sie sich über dieses Thema ausführlich informieren, da es alle Menschen betrifft. Ein ganz entscheidender Punkt ist, eine Alternative zu den bisherigen Sozialsicherungssystemen zu finden, da diese finanziell bankrott sind.

Mit freundlichen Grüßen

Annett Blunk
Redaktion@DogInstinkt.de

Internet-Tipp: https://www.DogInstinkt.de


Utelo antwortete am 04.12.02 (17:45):

Ja liebe Leute, wie wäre es denn, wenn die Leute vom Sozialamt und vielleicht auch Arbeitsamt sich mal auf diese Grundrechte berufen und sich keiner "Zwangsarbeit" mehr unterziehen wollen. Die haben doch das gleiche Recht, wie die, die ewig aus Unlust und Freiheitsliebe auf anderer Leute Knochen gelebt haben. Es mag ja sein, dass Anettes Beitrag ironisch oder als Persiflage gemeint ist, aber der Konsens liegt doch darin,dass es soviele Menschen gibt, die diese Meinung vertreten.