Übersicht Archiv "Politik und Gesellschaft"
THEMA: Thema "Irak" - einmal anders...
7 Antwort(en).
seewolf
begann die Diskussion am 29.11.02 (14:25) mit folgendem Beitrag:
... "Wie auch immer - die deutsche Debatte über die Irak-Politik sollte möglichst rasch auf ein anderes Niveau gehoben werden als das der ewigen Anschuldigungen des Antiamerikanismus oder der Parole "Kein Blut für Öl". Diese Debatte darf auch keine über Wahltaktiken und Umfallen nach der Wahl sein. Zur Diskussion steht eine gewaltige Aufgabe mit unübersehbaren Risiken, ganz gleich, wie man sich entscheidet. Zum politischen Erwachsenwerden, dem wir uns seit dem Fall der Mauer nicht mehr entziehen können, gehört die sachliche wie sachkundige Führung solcher Debatten. In ihnen formt und schult sich der politische Wille. Und den braucht man, wenn man in den nächsten Jahren nicht die Rolle eines kritiklosen Nachbeters oder besserwisserischen Anschwärzers der US-Politik spielen, sondern mit eigenen Alternativen aufwarten will."
Der Autor ist Professor für Theorie der Politik an der Humboldt-Universität Berlin. Zuletzt ist von ihm erschienen "Die neuen Kriege" (Rowohlt).
- ein lesenswerter Artikel aus der Frankfurter Rundschau, Link siehe unten.
Internet-Tipp: https://www.frankfurter-rundschau.de/fr/140/t140001.htm
|
Titus(WolfgangM.)
antwortete am 29.11.02 (18:09):
Ein sicher lesenswerter Artikel - nur verstehe ich die Empfehlungen/Schlußforgerungen für die deutsche Poltik am Ende des Artikels nicht.
Ich bin Deutscher, also für Deutsche Interessen. Dann (mehr oder minder zwangsläufig und noch nicht überzeugt)muß ich auch für europäische Interessen eintreten.
Was Amerika betrifft: Deren Politik ist deren Sache. Wenn ich meine, daß deren Politik nicht zum Wohle meines Landes ist, was ist daran "antiamerikanisch"?
Wenn der gegenwärtige amerikanische Präsident meint, daß er einen Krieg vom Zaun brechen muß, weil die USA (nicht etwa die sogenannte "freie, westliche Welt") von diesem Staat bedroht werden, dann ist es das gute Recht und so gar die Verpflichtung eines Regierungschefs zu sagen, daß sich sein Land nicht an einem Krieg beteiligen wird.
Dieser Krieg ist - vorsichtg ausgedrückt - völkerrechtlich umschstritten. Dieser Krieg wird kommen, da kann man wohl ziemlich sicher sein.
Nun könnte man auch sagen, daß die amerikanische Politik "antideutsch" oder "antieuropäisch" ist - nur, das wird nicht gesagt, frei nach dem Motto "was gut ist für Amerika, hat auch gut zu sein für den Rest der Welt"
Wenn schon Kritik an der deutsche Poltik geübt wird, dann doch die, daß wir nicht viel selbstbewußter gegenüber anderen Staaten - die USA - eingeschlossen auftreten.
|
Marianne
antwortete am 29.11.02 (19:06):
Ich danke Seewolf für den interessanten Hinweis auf den überaus lesenswerten Artikel "Blockierte Entwicklung" von Herfried Münkler.Es liest ja nicht jede/r "Frankfurter Rundschau" und ohne diesen Tipp wäre ich sonst nicht in den intellektuellen Genuss dieses so klaren und aussagestarken Artikels gekommen. Meines Erachtens hat der Autor die deutschen Politiker auffordern wollen,auf mehreren Schienen zu denken und es nicht der offiziellen Bushpropaganda - Kampf gegen das Böse -nachzutun, indem sie genauso stur die Position der bedingungslosen Verneinung eines Irakkrieges einnehmen. Wenn es sie auch offiziell nicht gibt, die gerade für Deutsche so nachvollziehbaren Überlegungen einer Aufbauplanung nach dem Krieg, haben sie doch auch für einen Gegner dieses Krieges mögliche Zustimmungsaspekte.
|
Petrone
antwortete am 30.11.02 (14:15):
Titus hat recht! Die deutsche bzw europäische Politik muß selbstbewußter gegenüber anderen Staaten - auch den USA - auftreten. Ein "Kampf gegen das Böse" wie ihn die Hypermacht Amerika führen will, ist falsch, weil er nur in der Unterdrückung enden kann. Einen "Kampf gegen das Böse" kämpfen ja auch die Gegner, ich will sie nicht Terroristen nennen. Aber sie kämpfen auch mit falschen Waffen. Richtig wäre, dem Bösen die Grundlage zu entziehen. Und in diese Richtung geht die deutsche Politik. Würde sie das lautstark verkünden und selbstbewußt angehen, fände sie Interesse in allen Lagern. Es wäre ein erster Schritt.
|
Wolfgang
antwortete am 30.11.02 (14:44):
Europa könnte eine friedliche und friedensstiftende Macht sein, wenn es nur wollte... Die deutsche Bundesregierung hat es bewiesen: Es ist nicht nur vernünftig, sondern auch möglich, Widerstand zu leisten gegen den Katastrophenkurs der Bush-Krieger.
Beunruhigend sind die aktuellen Erfolge der Al-Quaeda-Terroristen. Der Krieg der USA gegen den Irak, so ihr kühles Kalkül, würde ihnen weitere AnhängerInnen bescheren... Das 'Pulverfass' Naher Osten würde explodieren.
Der Traum aller christlichen, jüdischen und islamischen Fundamentalisten - der Traum der Bushs, der Sharons und der bin Ladens - scheint Wirklichkeit zu werden. Der 'Krieg der Kulturen' (S. P. HUNTINGTON) wird zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Die westliche gegen die östliche 'Wertegemeinschaft'... 'Culture is to die for!', kein Wahlspruch Osama bin Ladens - obwohl er durchaus zu ihm passen würde -, sondern ebenfalls ein Spruch von SAMUEL P. HUNTINGTON, der lange vor dem Kreuzzug die Blaupause dafür gezeichnet hat.
'Culture is to die for!'? - Nennen wir die Sache bei ihrem richtigen Namen... Tun wir etwas dafür, dass Sprache sich wieder der Wahrheit nähert:
Kein Blut für Öl!
|
Marianne
antwortete am 30.11.02 (15:42):
Schon wieder Marianne So überlegenwert ja manche Antworten von Euch an sich sein mögen, aber eine tiefgreifende Beschäftigung mit dem ,von Seewolf empfohlene Artikel verraten sie m i r nicht. Wie ich schon schrieb, ist die Intention des Politikwissenschaftlers ziemlich eindeutig darauf gerichtet, die Leserschaft ( auch die Politiker ) auf andere als die schon sattsam bekannten Argumente zu lenken.Und dass es möglicherweise auch für die deutsche Politik denkbar sein k ö n n t e , die Bushpolitik vorsichtig zu hinterfragen und möglicherweise zu unterstützen. und um Dieses sollte es - immer meiner bescheidenen Meinung nach - bei dieser Diskussion gehen.
|
Petrone
antwortete am 30.11.02 (16:54):
Den Artikel gelesen zu haben, heißt ja nicht, sich mit ihm zu identifizieren, Marianne. Und denken auf mehreren Schienen heißt für mich, sich verzetteln.
Die USA haben im kommenden Haushaltsjahr 379 Milliarden Dollar für ihre Streitkräfte veranschlagt. Das ist zuviel für einen Krieg im Irak, zu wenig um Terror und Unzufriedenheit zu bekämpfen, aber ausreichend um die gesamte Welt zu amerikanisieren. Das kann weder im deutschen, noch im europäischen Interesse liegen.
|
Wolfgang
antwortete am 30.11.02 (18:37):
@Marianne... "[...] die Intention des Politikwissenschaftlers [ist] ziemlich eindeutig darauf gerichtet, die Leserschaft ( auch die Politiker ) auf andere als die schon sattsam bekannten Argumente zu lenken."
Genau den gleichen Eindruck hatte ich auch, Marianne, als ich den Artikel las... Ein Versuch der (Ab-)Lenkung... Zu viel intellektuelle Winkelzüge... Denn, auch wenn es der gute Professor selbst nicht denken mag und es unter seinem 'Niveau' ist, so zu denken: Im Krieg der Öl-Gas-Bush-Cheney-Junta geht es um Öl und Gas.
Merke: Die Wahrheit ist manchmal erschreckend 'niveaulos'. ;-)
P.S. Der Artikel ist mittlerweile ins FR-Archiv gewandert und kann dort noch ein paar Tage aufgerufen werden:
Blockierte Entwicklung Über amerikanische Motive für einen weiteren Golfkrieg Von HERFRIED MÜNKLER https://www.frankfurter-rundschau.de/archiv/fr30t/h120021128084.htm
Internet-Tipp: https://www.frankfurter-rundschau.de/archiv/fr30t/h120021128084.htm
|
|