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THEMA:   "Es darf doch nicht sein, dass uns diese Cowboys überlegen sind "

 23 Antwort(en).

seewolf begann die Diskussion am 29.10.02 (15:49) mit folgendem Beitrag:

"Der Antiamerikanismus ist ein kollektiver Urschrei verwundeter Seelen: der Versuch, über das Gefühl der eigenen Unterlegenheit hinwegzukommen. Es darf doch nicht sein, dass die primitiven Amerikaner, diese Cowboys und Bush-Krieger uns praktisch in allem überlegen sind, wo wir die Kultur und die Klappstulle erfunden haben und sogar in Augsburg, Mainz und Oldenburg teure Drei-Sparten-Theater unterhalten. Erschwerend kommt dazu, dass es die Amis waren, die uns im letzten Jahrhundert zweimal geschlagen und vor uns selbst gerettet haben. Keine andere Gesellschaft, so hat es der Literaturwissenschaftler Hans Ulrich Gumbrecht, ein Deutscher mit US-Pass, in der FAZ geschrieben, würde "ähnlich stolz und ähnlich konsequent ihren eigenen Antiamerikanismus als Ausdruck nationaler Souveränität" missverstehen. Unter den Beispielen, die Gumbrecht nannte, war auch ein "national hochgeschätzter Künstler", der in einer Talkshow gesagt hatte, die Erfindung des Kaugummis sei "der einzige amerikanische Beitrag zur Weltkultur" gewesen. - Würde man die Mischung aus Häme und Ignoranz, die in Deutschland als Nachweis eines gesunden Selbstbewusstseins gilt, andersrum anwenden, müsste man sagen, der einzige deutsche Beitrag zur Weltkultur von Wert und Bestand sei die Curry-Wurst."

- Auszug aus einem Beitrag in SPIEGEL-online zum Thema "Antiamerikanismus" -

Der ganze Artikel ist es wert, in Ruhe gelesen zu werden. Mir erscheint manche der im Alltag gehörten und gelesenen Bemerkungen in diesem Zusammenhang durchaus von der Sorte zu sein, wie sie der SPIEGEL-Beitrag "beschreibt".

Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/politik/debatte/0,1518,220361,00.html


Jean antwortete am 29.10.02 (16:03):

Henryk M. Broder hat das geschrieben. Ist das nicht der deutsche Jude, der alle Kritiker Israels sofort als Antisemiten und Nazis brandmarkt?


bernhard antwortete am 29.10.02 (16:35):

Zunächst mal als Richtigstellung: Viele der hier sich amerikakritisch äußernden Schreiber (ist amerikakritisch sofort "antiamerikanisch"?) sind Schweizer.


Wolfgang antwortete am 29.10.02 (17:26):

Wir dürfen nicht in den Fehler verfallen, die Hegemonialmacht USA für allmächtig und ewigwährend und nicht-kritisierbar zu erklären. Eine radikale Kritik der kriegerischen US-Politik hat sowenig etwas mit Anti-Amerikanismus zu tun wie eine schonungslose Bilanz der gesellschaftlichen Defizite der US-Gesellschaft.

KritikerInnen in Europa suchen nicht das Verständnis der Bush-Administration, sondern kämpfen zusammen mit KritikerInnen in den USA für Alternativen jenseits der derzeitigen Großmachtpolitik, diese Politik, die uns alle in den Untergang reissen kann.

Und wenn Henryk M. Broder - ein angeblicher 'Freund' der USA und Israels - uns des Anti-Amerikanismus' zeiht? - Dann, Freunde, müssen wir richtig liegen mit unseren Analysen und der Einschätzung der Lage. Denn er hat offensichtlich keine Argumente, die unsere aufwiegen würden. Deshalb greift er zu den Mitteln der Denunziation. Ein paar Dumme wird er damit beeindrucken können. Aber die sind kein Maßstab... :-)


Hans-Jürgen antwortete am 29.10.02 (17:37):

Was der "deutsche Jude" (sic!) Henryk M. Broder in ironischer Form manchen Deutschen vorwirft, ist, richtig betrachtet, ein Beitrag zur Völkerfreundschaft, und es ist verdienstvoll, daß Seewolf den Artikel hier zitiert hat.

Die "vielen Schweizer", die sich hier antiamerikanisch äußern, können sich ihn ja ebenfalls zu Herzen nehmen, ohne direkt angesprochen worden zu sein.

Hans-Jürgen


Karl antwortete am 29.10.02 (17:52):

Ich habe mir die Mühe gemacht, Broders Machwerk in Gänze zu lesen. Mir ist aufgefallen, dass er außer wordgewaltiger Häme gegen die Deutschen, die es wagen, Kritik an Israel oder an den USA zu üben, keinerlei inhaltliche Sachargumente bringt. Er setzt sich nicht auseinander, sondern denunziert. Diese Lektüre fand ich wirklich eklig.

Fassungslos steht ein Herr Broder da, dass Deutsche so kühn sein können, moralisch zu argumentieren. Aber haben wir Deutsche für alle Zeiten verwirkt, in moralischen Kategorien zu denken? In seinen Zeilen kommt glasklar zum Ausdruck, dass dies so sein sollte.

Nein danke, da mache ich nicht mit! Ich lasse mir mein Recht auf das freie Wort nicht nehmen. Ich lasse zudem nicht zu, dass Kritik gleichgesetzt wird mit "Antihaltung. Umgekehrt würde ein Schuh daraus, aber ob ein Herr Broder das versteht?


Karl antwortete am 29.10.02 (17:59):

@ Hans-Jürgen


auch Du setzest hier wieder das Wort "antiamerikanisch" ein. Das finde ich nicht in Ordnung. Wäre Kritik an Hitler oder an Ulbricht oder an Honecker antideutsch gewesen? Ist Kritik an Putin antirussisch?

Wenn wir nicht mehr differenziert denken, sondern nur noch amerikagläubig oder antiamerikanisch, dann gute Nacht.

Mit freundlichen Grüßen

Karl


Nienenueteli antwortete am 29.10.02 (18:02):

Lest doch bitte auch die FORUMSBEITRAEGE im www.spiegel.de zu diesem Artikel.

Auch meine Meinung - ausser Wörtern nichts gewesen.

Es geht nicht um Anti-Amerikanismus, sondern um den Angriffskrieg in Irak ohne Bedrohung. Die USA wird Menschenrechte mit Füssen treten.

KEIN BLUT FUER OEL.

In Anbetracht, dass die Oelreserven sowieso in absehbarer Zeit zur Neige gehen werden, ist es vielmehr Angebracht, sich heute schon Gedanken zu machen über Alternativen.

Dieser Artikel von Broder ist echt an den Haaren herbeigezogen.


Hans-Jürgen antwortete am 29.10.02 (18:05):

Nachtrag

Ich lese gerade: einer unser profiliertesten Amerika-Kritiker hält diejenigen, die nicht seiner Meinung sind, für "dumm". Wahrlich ein großer Intelligenzbeweis und ein fabelhaftes "Argument"!

Aber im Ernst: was manche sich hier herausnehmen, indem sie andere schamlos herabsetzen und zu beleidigen versuchen (was in meinem Fall nicht gelingt), überschreitet zumindest die Grenzen der Höflichkeit. Kein wohlerzogener Mensch würde einem anderen ins Gesicht sagen, er sei dumm! Hier im ST dagegen glaubt man sich alles erlauben zu können.

Der *Sache*, um die es letztlich geht, wird mit diesen Attacken, diesem unrühmlichen Verhalten nicht im geringsten gedient.

Aber das *wissen* die "Intelligenten", die den "Maßstab" bilden, nicht und werden es vermutlich nie lernen.


Nienenueteli antwortete am 29.10.02 (18:09):

Die Wörterführung von Bush finde ich auch das Allerletzte.

Bush zum Moskau-Drama:
"Am Tod der 118 Geiseln sind die Tschetschenischen Rebellen schuld".
Es war immer noch die russische Alpha-Truppe, die das Massaker veranstaltet hat, niemand sonst. Da helfen alle Verdrehungen nichts.

Drama hin oder her. Wo kommen wir hin, wenn wir jedem Rechtsverdreher und Terroristen in Zukunft eine Kugel in den Kopf jagen können? Es ist GEGEN die Menschenrechte.
Ein Verbrecher hat das Recht auf ein Gerichtsurteil. Ansonsten können wir doch die Todesstrafe hier auch gleich wieder einführen. Dann wäre der Doppelmoral genüge getan.

Krieg gegen den Terror. Was für einen Terror? Den Terror, den uns die USA damit täglich eintrichtert, und auch unsere Zeitungen mit dem Bullshit voll sind. Al Qaida allover.


Nienenueteli antwortete am 29.10.02 (18:18):

Und ein PS:

Nicht gerade nett, zu behaupten, vor allem die Schweizer seien Anti-Amerikanisch.

Ich bin Schweizer und reise pro Jahr mindestens 4 x in die USA und habe auch viele Freunde dort. Die USA hat viel Interessantes zu bieten, auch geschäftlich.

WER GEGEN DEN KOMMENDEN KRIEG GEGEN DIE USA IST, IST KEIN ANTI-AMERIKANER.

Dagegen möchte ich mich doch vehement wehren.

Vergesst bitte nicht, dass auch sehr viele Amerikaner gegen diesen geplanten Krieg sind, und auch diese sind keine Anti-Amerikaner.

Was soll dieser Blödsinn eigentlich?


Wolfgang antwortete am 29.10.02 (18:22):

Letzten Samstag versammelten sich mehr als 100.000 Menschen - die meisten AmerikanerInnen - zum 'NATIONAL MARCH ON WASHINGTON DC'.

Einige ihrer Slogans auf den Transparenten:

"Kein Blut für Öl"
"Feuert Bush statt Bomben"
"Regimewechsel ja, aber in den USA"
"Nicht in unserem Namen"

Das sollen alles VertreterInnen des sogenannten "Anti-Amerikanismus" gewesen sein? - Tut mir leid für Dich, Hans-Jürgen, aber Dummheit muss auch noch so genannt werden dürfen: Denn die denunziatorische Formel vom "Anti-Amerikanismus" ist nicht nur weit weg von der Wirklichkeit, sondern sie ist einfach dumm. Diese Auseinandersetzung im Stile Broders & Co., d. h. auf einem erbärmlichen intellektuellen Niveau, hat nichts mehr mit politischer Auseinandersetzung zu tun. Dass erneut die Formel vom "Anti-Amerikanismus" aus der Mottenkiste geholt wird zeigt, dass den AnhängerInnen der Bush-Krieger die Argumente für das Kriegführen ausgegangen sind.

International A.N.S.W.E.R
STOP THE WAR AGAINST IRAQ BEFORE IT STARTS!
https://www.internationalanswer.org/campaigns/o26/o26endorse.html

Internet-Tipp: https://www.internationalanswer.org/campaigns/o26/o26endorse.html


hl antwortete am 29.10.02 (21:14):

zum Broder-Artikel:
Offensichtlich hat dort ein "Deutschenhasser" und "Anti-Deutscher" Dampf abgelassen. ;-)) Viel mehr als heiße Luft habe ich allerdings nicht entdecken können.

Wesentlich amüsanter fand ich die Reaktion eines Schreiber hier, der sich von den Worten:
"..Deshalb greift er zu den Mitteln der Denunziation. Ein paar Dumme wird er damit beeindrucken können. Aber die sind kein Maßstab..."
sofort angegriffen und direkt angesprochen fühlte.

Beruhigend ist für mich die Tatsache, dass auch die die es in erster Linie angeht, nämlich die US-Bürger, mittlerweile deutlich Flagge zeigen gegen Bushs Kriegspläne.

Wie zitierte Broder so schön: "Wir müssen 8 Jahre Bush-Politik überstehen". Lasst uns die Freunde in den USA kräftig unterstützen, vielleicht verkürzen sich dann diese acht Jahre. ;-)


juttam antwortete am 30.10.02 (02:35):

Das Allerletzte:

"Am Tod der 118 Geiseln sind die Tschetschenischen Rebellen schuld".

Etwa nicht?

Entschuldigung, wenn ich hier was "verdrehe", aber
waren es nicht die tschetschenischen Terroristen
(nicht Rebellen, nicht Geiselnehmer, nicht Friedenskaempfer, nicht Kidnapper), die mit Bomben
bekleidet ein Theater voller Leute Menschen (Maenner, Frauen und Kinder) terrorisierten?

Saeuselt man nicht hier staendig auf der Harpe herum, dass mit Gewalt gar nichts zu gewinnen ist?

Warum wird Gewalt auf der einen Seite nicht nur still
gedultet, sondern noch entschuldigt?
Gewalt die bereits stattgefunden hat!
Waehrend man
sich in den Allerwertesten der anderen Seite verbeisst, welche mit Gewalt bis jetzt bloss droht?

Total VERDREHTES Denken!


Nienenueteli antwortete am 30.10.02 (07:32):

Liebste juttam

Ja, Du hast ja soo recht: Al Qaida Gängster nahmen Rebellen in einem russischen Theater gefangen. Nach zwei Tagen öffneten sie den Gashahn und vergifteten sich selber und die Geiseln.
Danach übten sie in grosser Reue Selbstjustiz, vollzogen die Todesstrafe ohne vorheriges Gerichtsurteil, und jagten sich im Schlaf vorderrücks gegenseitiig Kugeln in die Köpfe. Dann begangen sie ein über einstündiges Feuergefecht mit russischen Befreiern, der Alfa Truppe.
Darum hatte die Alfa Truppe auch keine Zeit, sich um die Geiseln zu kümmern und ihnen ein Gegengift zu geben, welches für diese auch nicht vorgesehen war, denn die Aktion war in Wirklichkeit geheim.
---
Gewalt wird nicht einfach geduldet. Aber es gibt eben nicht nur die Gewalt alleine. Und da wären wir wieder bei den Ursachen und Gründen, die zu Gewalt führen.

Und zu Bush: Er droht nicht nur mit Gewalt - Er ist auch fest entschlossen, diese anzuwenden.


eko antwortete am 30.10.02 (11:19):

Dinge aus ihrem Zusammenhang zu reißen, hat noch nie etwas gebracht.

Natürlich kann man es so hinstellen, als ob die Erstürmer des Moskauer Theaters daran "schuld" seien, dass so viele Menschen umgekommen sind. Und dagegen ist - betrachtet man dies separat ohne den Blick aufs Ganze - noch nicht einmal etwas einzuwenden.

Aber so eine Betrachtungsweise ist eben verzerrt - und deshalb fatal!!

Welche andere Chance bestand denn überhaupt ? Man stelle sich einmal vor, es wäre kein Betäubungsgas zum Einsatz gekommen. Was dann ? Dann hätten diese tschetschenischen Rebellen ( als Terroristen mag ich sie nicht einstufen) ihre Sprengladungen gezündet....und dann wären mit Sicherheit genau so viel oder noch mehr Menschen ums Leben gekommen. Alle anderen Möglichkeiten entbehren jeglicher Realität.

Eine politische Lösung, nämlich den ( berechtigen!)Forderungen der Rebellen nachzukommen, kam vor allen Dingen wegen der Kürze der Zeit nicht in Frage. Putin hätte damit sein Gesicht verloren und das konnte er sich nicht leisten, sonst hätte er sich gleich die Kugel geben können.

Ich denke, man muss sich da weitaus tiefer in die "Rrrruhsische Sällä" (Russische Seele) versetzen. Gewalt war schon immer das Mittel der Wahl, wenn sich jemand durchsetzen wollte. Das war schon im Zarenreich so, setzte sich während der Zeit der Sowjetunion fort und hat auch heute noch Stellenwert.

Man mag es abscheulich finden ( ich auch!) aber in Russland gilt ein Menschenleben bei weitem noch nicht so viel als in Westeuropa. Zu Zarenzeiten schon wurden unbequeme Mitmenschen gnadenlos liquidiert und die Herrscher in der Sojwetunion haben das in noch größerem Maße fortgesetzt.

Auch das heutige Russland, das noch meilenweit von einem demokratischen Staat entfernt ist, ist davon noch nicht "geheilt". Sicher werden heute keine politischen Gegner mehr umgebracht, aber die Machtinhaber scheuen auch heute nicht davor zurück, ihre Macht auf dem Rücken von Toten zu erhalten. Ob allerdings Russland damit ein Gefallen getan worden wäre, wäre Putin über dieses Blutbad politisch gestolpert, darf bezweifelt werden. Dieses Reisenreich kann man offenbar nur mit eiserner Gewalt zusammenhalten.

Insofern hatten die Geiseln keine Chance. In dem Moment, als die Rebellen das Theater betraten, waren sie Todeskandidaten. Die Frage war nur noch: sterben durch das Betäubungsgas oder durch Sprengladungen.

Das mag zynisch klingen, aber es ist - leider - Realität.


Wolfgang antwortete am 30.10.02 (11:35):

Nein, eko, das ist nicht die Realität... Das ist die offizielle russische Propaganda, die Du hier wiederholst. Wir hatten keine Wahl, so Putin.

Aber es gibt immer eine Wahl. Putin hat sich entschieden für den kriegerischen Weg. Den friedlichen Weg hat er vermutlich nicht einmal erwogen.

Das ist die Realität:

Die Geiseln und die Terroristen mussten sterben, damit der Krieg der russischen Ölkonzerne gegen die Tschetschenen und für fette Profite weitergeführt werden kann.


e k o antwortete am 30.10.02 (11:58):

ach ja, Wolfgang hat halt immer recht und muss immer was dagegen sagen, das macht die Sache so furchtbar schwer.

Ich habe beim Schreiben meiner Zeilen überhaupt nicht an an das gedacht, was Putin gesagt haben soll. Ich habs selbst nicht gehört.

Wenn man aber die Realität in Russland in Betracht zieht, und nicht irgendwelchen Träumen nachhängt, dann I S T es leider Realität, da kommen wir nun mal nicht dran vorbei.

Und ich habe auch deutlich genug geschrieben, dass Putin, wollte er an der Macht bleiben, so handeln musste.

Ob es richtig ist, die Tschtschenen so zu unterdrücken und ob es richtig war, dieses mörderische Gas einzusetzen, darüber könnte man einen eigenen Thread aufmachen.

Und noch etwas, damit ich nicht wieder falsch verstanden werde:

Auch ich bin für Frieden in der Welt und auch mir ist klar, dass man Frieden nicht herbeibomben kann. Aber sagt das mal denen, die meinen, mit Gewalt ihre Ziele erreichen zu müssen. Und das ist beileibe nicht nur ein Putin oder Bush, sondern ebenso ein Saddam und und und.

Der Traum vom Weltfrieden wird - leider, leider - immer ein Traum bleiben, so sehr wir uns den Frieden auch wünschen.


wese antwortete am 30.10.02 (12:23):

Jeder Mensch hat ein Gehirn. Selbst Kinder lernen bereits in der ersten Klasse, dass erst 1 und dann 2 kommt.

Zuerst war der Krieg in Tschetschenien. Das ist Fakt. Dann erst kamen die Rebellen nach Moskau. Auch das ist Fakt. Jede andere Behauptung ist eine Verdrehung der Tatsachen.


e k o antwortete am 30.10.02 (12:25):

Es stimmt übrigens nicht, dass es bei der Lösung der Geiselnahme nur und auschließlich um Öl ging.

Ausser diesem wirtschaftlichen Aspekt gibt es auch noch den politischen.

Schon zur Zarenzeit wurde das tschetschenische kaukasische Bergvolk unterjocht, weil man einen Zugang zum schwarzen Meer wollte. Schon damals hat man die Tschetschenen zu Tausenden hingemordet. Im Sowjetreich wurde es noch schlimmer. Und das heutige Russland will Tschetschenien auch nicht herausrücken.

Da sind einfach Hegemonialansprüche im Spiel. Und Moskau fürchtet eine Erosion, denn dann kommen auch noch andere, die aus dem mit Blut und Gewalt zusammengemauerten Russland ausbrechen wollen.

Mich wunderts bis heute, dass man den baltischen Staaten damals die Freiheit gegeben hat. Gewiss, dort gibts kein Öl, aber das allein ist nicht die Frage.

Nein, mit dem Öl-Argument alleinkommt man da nicht weiter. Es sind einfach, wie schon gesagt, Hegemonialansprüche. Und dass Putin da nachgibt, kann man von ihm nicht erwarten, das kann er sich ganz einfach nicht leisten. Zumindest zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht.

Ich denke, irgendwann wird Russland nicht umhin können, diesen geraubten Völkern zumindest eine Teilselbständigkeit zu geben. Aber bis dahin werden wir wohl - leider - noch so manches Blutbad erleben müssen.


Karl antwortete am 30.10.02 (13:15):

Liebe Jutta,

ich habe Deinen Beitrag heute morgen gesehen und wollte gleich antworten, konnte dann aber aus Zeitgründen nicht. Ich überspringe hier einmal das andere zwischenzeitlich Angesammelte und antworte Dir eben erst jetzt:

Liebe Jutta, vielleicht können wir uns ja auf den folgenden kleinsten Nenner einigen:

1. Ich verurteile wie Du auf das Schärfste jeden Terrorangriff, ob in Moskau, new York oder sonst wo.

2. Ich möchte (und Du sicher auch), dass die Terrorangriffe stoppen und nicht endlos immer neue und schlimmere stattfinden.

3. Dazu möchte ich (Du sicher auch), dass alle Ursachen für die Entstehung von Terrorismus beseitigt werden.

Sind wir uns bisher einig?

Möglicherweise unterscheiden wir uns in folgendem:

Ich sehe die Ursachen für die Entstehung von Terrorismus nicht nur in der Verderbtheit der menschlichen Natur, sondern auch in objektiven Zuständen auf dieser Welt, dazu gehören Kriege und Unterdrückung an vorderster Stellen. ich bin dagegen, durch Kriege neue Ursachen für Terror zu schaffen, Du glaubst, dass Terror durch Kriege besiegt werden kann, ich nicht. Lass uns hierüber in Ruhe und allem Ernst diskutieren.

MfG Karl


mechtild antwortete am 30.10.02 (14:14):

Ja Eko, Du hast Recht, es geht nicht nur um Öl in Tschetschenen, aber das Öl spielt schon eine wichtige Rolle. Dass Putin keine Verhandlungen mit den Tschetschenen beginnen würde, war auch jedem klar. Trotzdem rechtfertigen alle diese Erklärungen nicht den Einsatz von Giftgas und das nicht bekanntgeben des Namens, damit die Ärzte ein Gegengift bereitstellen können. Es ist sicher richtig, dass auch bei anderen Eingriffen die Geisel zu befreien Menschen zu Tode gekommen wären, aber das rechtfertigt immer noch nicht den Eingriff mit Giftgas.
„Gewalt war schon immer das Mittel der Wahl,“ der Russen schreibst Du. Man muss es aber verurteilen, auch wenn es immer so war.
Wenn man an den Frieden in der Welt nicht mehr glaubt, weil es Mächtige wie Putin, Bush Saddam usw. gibt. Träume können nicht in Erfüllung gehen, wenn sie keiner mehr träumt.


e k o antwortete am 30.10.02 (19:42):

@ Mechtild:
Eigentlich wollte ich Dir einen Beitrag einstellen, aber es funktioniert nicht, möglicherweise bin ich gesperrt. Aber ich gebe Dir mit Deinem Beitrag schon Recht.

Freundliche Grüße

eko

( mal sehen, ob es jetzt klappt!)


Felix antwortete am 02.11.02 (01:04):

Es ist immer schwierig bei einer so komplexen Sachlage nach der Schuld zufragen.
Gründe gibt es genug, die zum Befreiungskampf des tschetschenischen Volkes geführt haben. Gründe gibt es auch, weshalb Russland seinen Machtapparat gegen die Abtrünnigen eingesetzt hat. Dies war für die Unterdrückten Grund genug zu rebelliere ... was wiederum Gegengewalt auslöste. Militärisch kamen die Aufständischen nicht gegen diese brutale Riesenmacht auf und suchten andere Strategien um ihren Widersacher zu einem Kompromiss zu zwingen. Dies wurde dann wieder von den Russen ohne Rücksicht auf Lateralschäden verhindert.
... und wer war jetzt eigentlich Schuld am Tod dieser unschuldigen Geiseln?
So einfach ist für mich die Antwort nicht!
Als die Eidgenossen im 13.Jahrhundert für die Unabhängigkeit kämpften ... waren sie in den Augen der eingebildeten herrischen Habsburger natürlich primitive Rebellen. Erst als sie in mehreren Schlachten aufs Dach bekamen, wurde dieses Bergvolk überhaupt ernst genommen.
Der Vergleich mit den Tschetscheniern ist nicht völlig daneben.
Ein Eidgenosse....