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THEMA: Die USA haben ihren Krieg verloren
10 Antwort(en).
Jean
begann die Diskussion am 17.10.02 (12:26) mit folgendem Beitrag:
Innerhalb eines Jahres haben die USA ihren Krieg gegen Afghanistan verloren, militärisch, erst recht aber politisch.
Ihre einzigen Trümpfe, ihre High-Tech-Waffen, stachen nicht. In ein paar schwer befestigten Stützpunkten sitzt die sich so gerne rühmende und angeblich unbesiegbare US-Army und verteidigt sich selbst. Mittlerweile werden sie fast täglich angegriffen. Eigene Operationen mit Bodentruppen im Bergland gibt es praktisch nicht mehr. Die Warlords der sogenannten Nordallianz haben sich abgewendet von ihrem "Verbündeten" und verfolgen ihre eigenen Interessen.
In Pakistan haben die Islamisten vergangene Woche bei den Parlamentswahlen 51 Abgeordnetensitze errungen. Bei den letzten Wahlen hatten sie gerade mal vier Vertreter ins Parlament entsenden können. Heute sind sie die drittstärkste politische Kraft. Ein Erdrutschsieg.
Auch in anderen muslimischen Ländern zeigt sich das gleiche Bild: Al-Qaida ist stärker denn je, der beliebteste Kriegsherr ist Usamah Bin Ladin. Und der wartet auf den nächsten Fehler der Bush-Administration, auf den Krieg gegen Irak.
Noch werden die Lügen vom amerikanischen Sieg von den Amerikanern geglaubt. Noch berauschen sie sich an der scheinbaren Macht und Herrlichkeit ihres Landes. Noch träumen sie den Traum vom immerwährenden "american way of life". Und während sie träumen läuft ihre Zeit unerbittlich ab.
Internet-Tipp: https://www.islam.org
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mulde
antwortete am 17.10.02 (12:43):
Oooo weiah Dem nach müßte die Meldung stimmem, wonach mehr deutsche Soldaten als Amis in Afghanistan sind. Man kann auch Niederlagen schön reden
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Karl
antwortete am 17.10.02 (17:54):
Hallo Jean,
das werden die USA so nicht sehen. Verloren ist der Kampf gegen den Terrorismus noch nicht, aber gewonnen erst recht nicht, insbesondere da sehr wenig getan wurde, um die tieferen Ursachen für den Terror zu beseitigen. Die USA wollen die Symptome bekämpfen, aber die Wurzeln der Krankheit scheinen sie noch nicht diagnostiziert zu haben.
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Jean
antwortete am 17.10.02 (18:32):
@Karl
Ich teile Deine Meinung. Nichts ist verloren, nichts ist gewonnen. Das betrifft aber den Kampf gegen Terroristen. Mein Beitrag bezieht sich auf den Krieg der USA gegen Afghanistan. Das sind zwei völlig verschiedene Bereiche. Die Bush-Administration zeigt in Bezug auf Afghanistan zumindest nach außen zwar keine Siegesstimmung, aber sie spricht doch von Erfolgen. In wie weit sie die Lage aber nicht vielleicht anders einschätzt, und sie diese Lageeinschätzungen nur nicht nach draußen dringen läßt, entzieht sich unserer Kenntnis. Ich gehe davon aus, daß sie über weit mehr seriöse Informationsquellen verfügt, als über die, mit denen ich zurechtkommen muß. Die aber sehen die USA in einer Situation, die militärisch und vor allem politisch nicht sehr gut ist.
Was mich etwas wundert, ist, daß Du so ohne Weiteres den terminus technicus "Kampf gegen den Terrorismus" verwendest. Dieser Begriff wurde/wird von der Bush-Administration verwendet als Propagandamittel. Er beschreibt nicht das wirkliche Geschehen. Wenn ich Deine Beiträge der letzten Wochen richtig gelesen habe, ist Dir auch klar, um was es der Bush-Administration geht. Bestimmt nicht geht es ihr um den Kampf gegen Terroristen. Denn diese züchtet sie derzeit in großer Zahl.
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Jean
antwortete am 17.10.02 (18:40):
@Mulde
Nach meinen Informationen sind aktuell etwa 10.000 US-Soldaten Bodentruppen in Afghanistan und weitere 1.500 Soldaten aus anderen Ländern. Deutsche Soldaten sind meines Wissens nach nicht mehr unter den Aggressoren, sondern wurden vor einigen Wochen abgezogen. Es waren sowieso nur ein paar Dutzend.
Bei der ISAF, also bei den Truppen, die per UNO-Mandat in Afghanistan stehen, ist das größte Kontingent das deutsche.
Aggressoren und ISAF sind streng auseinanderzuhalten. Die einen führen Krieg (ohne UNO-Mandat) und die anderen bemühen sich, daß eine friedliche Entwicklung dort möglich wird.
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mulde
antwortete am 17.10.02 (19:39):
Jean! Entschuldige, so genau habe ich das nicht auseinander gehalten. für mich war der Merksatz "mehr deutsche als Amis " in Afghanistan der Auslöser. Wobei ich nun nicht die Bezugsquelle habe,welche Du benutzt. Nur ganz profan sagt mein "mein Bauch " um die Bekämpfung der Terrorismus geht es der Bush Administration schon lange nicht mehr. Leider sind dort menschenrechts Verletzungen nach wie vor an der Tagesordnung nur das ist nicht mehr von belang.
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Jean
antwortete am 17.10.02 (20:11):
Ist schon in Ordnung, Mulde, Du fragst zu Recht nach. Ich hätte die Quelle angeben müssen. Die Quelle, die ich benutzte, war ein Artikel in "The New York Times", October 13, 2002, "In Afghanistan: What's Past and What's Still to Come" by ERIC SCHMITT. Der Autor beruft sich auf die offiziellen veröffentlichten Zahlen der Bush-Administration.
In dem Artikel steht übrigens auch etwas über die Kosten dieses Krieges. Im ersten Haushaltsjahr 2001/2002 (Haushaltsjahre enden in den USA immer am 30. September) wurden für den Krieg gegen Afghanistan 12,6 Mrd. US$ ausgegeben. für das Haushaltsjahr 2002/2003 werden zwischen 7,2 Mrd. US$ und 9 Mrd. US$ erwartet.
Zum Vergleich: für zivile und humanitäre Projekte innerhalb Afghanistans haben die USA im Haushaltsjahr 2001/2002 10 Mio. US$ bereit gestellt. Ausgegeben haben sie davon bis Juli 2002 5,2 Mio. US$.
Die Zahlen verdeutlichen den Stellenwert, den die Bush-Administration der Humanität einräumt. Muß noch erwähnt werden, daß diese Regierung es ablehnt, die auf ihren Befehl hin und von ihrer Armee verursachten Schäden zu begleichen?
Das sollen sich alle, die diesen Krieg befürworteten, auf der Zunge zergehen lassen: Die USA führen einen Krieg, der vom internationalen Völkerrecht nicht gedeckt ist, für den es folglich auch kein UNO-Mandat gab, überfallen ein anderes Land und weigern sich, die afghanischen Opfer in irgend einer Art und Weise zu entschädigen. Das ist schon stark. Deutsche müssen heute noch zahlen, weil die deutsche Wehrmacht ähnliches Unrecht tat.
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bello
antwortete am 18.10.02 (11:43):
Die USA haben erst dann ihren Krieg verloren, wenn in ihrem Land mehr kaputt ist, als sie den anderen Ländern zerstört haben.
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Wolfgang
antwortete am 19.10.02 (17:15):
Ich bin auch der Meinung, dass die USA diesen Krieg veroren haben. Gestern hat GEORGE J. TENET - der Chef der CIA - ein vernichtendes Urteil über die Arbeit der Sicherheitsbehörden gefällt: Al Qaeda lebt... Schlimmer noch... Al Qaeda ist stärker als jemals zuvor.
Seine Einschätzung der Sicherheitslage für die nächsten Monate:
"They [Al Qaeda] are reconstituted. They are coming after us. They are planning in multi-theaters. They are planning to strike the homeland again."
Dass die USA den Krieg verloren haben, haben ausschliesslich die Bush-Krieger zu verantworten. Sie nahmen die Angriffe am "11. September" zum Vorwand, ihre Ölinteressen in Afghanistan und Irak militärisch durchzusetzen. Das Resultat: Die gesamte muslimische Welt ist in Aufruhr und in offener Rebellion gegen ihre eigenen Regierungen (so weit diese mit den Amerikanern gemeinsame Sache machen). Saudi-Arabien, wichtigster Erdöllieferant der Welt, steht vor einer politischen Explosion. Tausende neuer Terroristen sind weltweit bereit für Selbstmordattentate. Nicht nur zivile Einrichtungen in den USA, auch solche in europäischen Länder werden ihre Ziele sein.
Als vor einem Jahr die Türme des World Trade Centers (WTC) zuammenbrachen, gab es viel Betroffenheit und wenig Freude in der muslimischen Welt. Wir werden es erleben: Wenn demnächst amerikanische Einrichtungen schwer getroffen werden und viele Opfer zu beklagen sein werden, werden immer mehr Menschen vor Freude auf den Strassen tanzen.
Der "Krieg der Kulturen" (Samuel P. Huntington) ist voll entbrannt... Dank der Wahnsinnspolitik der Bush-Krieger hat Al-Qaeda den Zugang zu den Massen gefunden. Deren "Held" ist Osama Bin Laden.
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seewolf
antwortete am 19.10.02 (21:45):
Wolfgang -
schlimm ist es, daß Du schon heute Vorfreude auf die nächsten Entgleisungen irgendwelcher Terroristen zeigst.
Verrücktgewordene werden nicht dadurch heilig, daß Massen auf den Straßen tanzen. Das tun Massen auch bei der Love-Parade...
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Wolfgang
antwortete am 19.10.02 (21:56):
Ich bitte Dich, Seewolf, mit Deinen Worten vorsichtig umzugehen... Denn woraus schliesst Du, dass ich "Vorfreude auf die nächsten Entgleisungen irgendwelcher Terroristen" zeige. Auch Du machst immer wieder den Versuch, den Boten mit der Botschaft gleichzusetzen.
Lass' es Dir gesagt sein: Ich freue mich nicht auf irgendwelche Gewalt, egal, von wem sie verübt wird... Ich verachte die Bushs und Bin Ladens... Sämtliche Beiträge von mir in diesen Foren haben eine Botschaft an alle Kriegsparteien: Hört auf mit dem Kriegführen!
Das wird mich aber nicht hindern auf Sachverhalte hinzuweisen. Zum Beispiel auf den, dass Bushs Kriegspolitik die Welt noch unsicherer gemacht hat, als sie schon war. Und, dass sich die Gewaltsprirale weiter drehen wird, so lange die USA andere Länder völkerrechtswidrig überfallen.
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