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THEMA: Atommüll
19 Antwort(en).
Eddie
begann die Diskussion am 11.10.02 (13:31) mit folgendem Beitrag:
Gestern rollte der größte Atommüll-Transport der deutschen Geschichte – fast unbemerkt von der Öffentlichkeit – störungsfrei Richtung Frankreich. Zwei Züge mit 16 Atombehältern aus sieben deutschen Kraftwerken waren unterwegs. Merkwürdigerweise gab es keinerlei Proteste - im Gegensatz zu früheren Zeiten - aus den Reihen der Grünen. M.E. kann es doch nur daran liegen, dass diejenige, die früher die Proteste organisiert und mitgemacht haben, heute diese Transporte genehmigen. Oder gibt es andere Gründe? Welch eigenartiger Gesinnungswandel dieser Grünen Politiker. Diese grüne Heuchler bestimmen nach der Wahl mehr oder weniger die deutsche Politik. Bezeichnend hierfür ist auch, dass dieser Transport nicht vor, sondern nach der Wahl stattgefunden hat.
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Wolfgang
antwortete am 11.10.02 (14:12):
Da ist was dran, Eddie... Seit die GRÜNEN Teil des offiziellen politischen Systems sind, haben sie ihre ausserparlamentarische Herkunft und ihre ehemalige Heimat bei den AtomgegnerInnen vor Ort abgelegt, wie alte Kleider, die man nicht mehr tragen möchte.
Immerhin, dank der grünen Regierungsbeteiligung wurde der Einstieg in den Ausstieg aus der Atomenergie geschafft.
Die Frage ist ja auch: Welche andere Regierung hätte die Atomtransporte wegen der von ihnen ausgehenden Gefährdung von Mensch und Umwelt verboten? - Eine CSU/CDU-geführte Regierung sicher nicht... Denn die trauern der Atomenergie immer noch nach und wollen sogar neue Atomkraftwerke bauen lassen...
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Wolfgang
antwortete am 11.10.02 (14:17):
Noch etwas, Eddie... Proteste gegen die Atomtransporte gibt es schon (nur eben nicht unter Beteiligung der GRÜNEN).
Falls Du Dich aber beteiligen möchtest an den Protesten... Hier ist ein passender Link:
X-tausendmal quer https://www.x1000malquer.de/
Internet-Tipp: https://www.x1000malquer.de/
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Eddie
antwortete am 11.10.02 (21:34):
@ Wolfgang
Vielen Dank für den Link. Kannst Du mir auch sagen welche Organisation oder Personen dahinter stecken?
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Wolfgang
antwortete am 11.10.02 (23:27):
So ungefähr, Eddie... Keine Organisation steckt dahinter... Eine Ansammlung von 'Einzelkämpfern' ist das... Arg politisch sind die meisten dort auch nicht. In aller Regel sind das Ortsansässige, die um ihre Landwirtschaft oder um ihr Eigenheim oder um ihre Gesundheit fürchten. Sie begreifen sich als irgendwie 'grün'; damit meinen sie aber nicht die GRÜNE Partei.
Da es praktisch keine politische Partei von Rang mehr gibt, die sich um ihre Belange kümmert, fühlen sie sich verlassen... Eine kleine, nicht radikale Minderheit, die jegliche Hoffnung aufgegeben hat, dass ihnen der Staat oder die staatstragenden Parteien in irgendeiner Art und Weise hilfreich zur Seite stehen.
Trotzdem hoffen sie, dass ihr Protest nicht umsonst sein wird. Obwohl, sie haben in den letzten Jahren bittere Pillen schlucken müssen.
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Gabi
antwortete am 12.10.02 (14:59):
und woher nehmen wir unsere energie wenn in 30 jahren nichts mehr da ist? wenn noch keine regenerativen energien gefunden wurden, die uns retten könnten und wenn kernenergie so wahnsinnig viele vorteile bietet.... sicher es gibt gefahren, aber gibt es die nicht bei jedem technischen fortschritt? ohne autos, gäbe es auch weniger unfallopfer...
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Ruth
antwortete am 12.10.02 (17:13):
Hinsichtlich der Frage "Atomstrom ja oder nein?" fühle ich mich sehr unsicher, ja eigentlich hin- und hergerissen, wie man so sagt. Einerseits macht mir die Atomindustrie Angst, andererseits frage ich mit Gaby "was dann?" und zum dritten sehe ich absolut keinen grossen Erfolg in einem deutschen Totalausstieg, wenn andere Nationen nicht am gleichen Strick ziehen. Vermutlich werde ich weiterhin mit meinen wabernden Gefühlen leben müssen. Jedenfalls bei diesem Thema.
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Wolfgang
antwortete am 12.10.02 (17:15):
Ganz mal abgesehen von den Gefahren und Risiken beim Betrieb der Kernkraftwerke und den ungelösten Problemen im Zusammenhang mit der Lagerung des atomaren Mülls... Wenn es mit den fossilen Energieträgern zuende geht, gibt es schon längst kein Uran mehr. Hoffnungen auf "Schnelle Brüter" sind aus technischen und wirtschaftlichen Gründen längst begraben
Auf etwa 2,31 Mio. t Uran (Gewinnungskosten bis 80 $/kgU, dem 4-fachen des aktuellen Preises) belaufen sich die Weltreserven. Verbraucht werden derzeit weltweit jährlich etwa 63.000 tU (Verbrauch 1997). Folge: Bei gleichbleibendem (!) Verbrauch sind die Uran-Weltreserven in knapp über 36 Jahren aufgezehrt, bei einer Steigerung des Verbrauchs entsprechend früher. - Wenn es mit den fossilen Energieträgern zuende geht, gibt es schon längst keine atomaren Energieträger mehr. Hoffnungen auf "Schnelle Brüter" sind aus technischen und wirtschaftlichen Gründen längst begraben. Die Kernkraft ist Technik von vorgestern und megaout... :-)
P.S.: Alle Zahlen stammen von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR):
Reserven, Ressourcen und Verfügbarkeit von Energierohstoffen 1998 Teil 1 https://www.bgr.de/aktthema/enerstud/vorwortkl.html Teil 2 https://www.bgr.de/aktthema/enerstud/definit.html
Internet-Tipp: https://www.bgr.de/
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Hans-Ludwig Juch
antwortete am 12.10.02 (18:20):
Was brauchen wir Atomkraftwerke, was brauchen wir überhaupt Kraftwerke, der Strom kommt doch aus der Steckdose.- Aber Spass beiseite. Irgendwie muß es doch weitergehen in unserer schnellebigen und auf Lebensqualität ausgerichteten Gesellschaft. Man kann die Entwicklung nicht um Hundert Jahre zurückschrauben. Außerdem sollten sich die Atomgegner mal vor Augen führen, was eine, wie früher, angelegte Protestdemonstration mit all ihren Konsequenzen, für die Gemeinschaft kostet. Wir müssen das doch alles von unseren Steuergeldern bezahlen. Vierle Grüße Haelju
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Eddie
antwortete am 12.10.02 (19:34):
@ Gabi @ Ruth @ Haelju
Hallo meine Lieben, es geht bezüglich meiner Eingangsfrage nicht darum wo die Energie herkommt oder wie sie gewonnen wird, sondern schlicht und einfach um das Verhalten unserer grünen Politiker bezüglich des größten Castor-Transportes in der Geschichte unserer Republik. Es musste niemand von der Polizei – wie früher Joschka Fischer, Jürgen Trittin und einige andere Mitstreiter – weggetragen werden. Ich wollte nur wissen, warum das heute so ist. mfg Eddie
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Johannes Michalowsky
antwortete am 12.10.02 (19:47):
@Eddie
Vielleicht sind Politiker ja lernfähig? Oder anpassungsfähig und opportunistisch? Fischer wollte erklärtermaßen deutscher Außenminister werden und hat begriffen, wie man das in unserem Land auch erreichen kann.
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Barbara
antwortete am 12.10.02 (22:42):
Ich sehe es so, Eddie,
die einen fingen vor Jahren mit dieser unverantwortlichen Energiegewinnung an, die auf Jahrtausende Gift produziert, den niemand ohne Gefahr für unsere und nachfolgende Generationen entsorgen kann. Und andere sorgen heute dafür, dass wir mit diesem Wahnsinn Schluss machen.
Leider geht es nicht auf die Weise, dass wir die AKW´s abreißen und lauter Windräder aufstellen. Da ist auf der einen Seite Erfindungsgeist gefragt und auf der anderen Seite der vereinbarte Rückzug zu überwachen.
Die Menschen haben begriffen, dass die Grünen zu ihren Versprechen stehen, dass es jedoch aufgrund bestehender Verträge Jahre dauern wird, bis der Ausstieg vollendet ist. Insofern gibt es z.Zt. keine Veranlassung, Druck auf die Politik auszuüben. Schließlich muss dieser Wahnsinns-Müll entsorgt werden.
Ein schlechtes Gewissen habe ich allerdings, weil unser Giftmüll nach Frankreich exportiert wird. Lieber hätte ich, dass er ganz in der Nähe der Verantwortlichen entsorgt werden würde. Vielleicht würden DIE sich dann auf die Schienen legen.......
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schorsch
antwortete am 13.10.02 (12:14):
Der beste Protest gegen Atommüll ist, die Stromverbindung zum E-Werk zu kappen (;--))))
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Poldi
antwortete am 13.10.02 (13:27):
@Schorsch
Prima Vorschlag - wir haben hier ja schon mal gehört, daß ganze Industrien aus Taschenlampenbatterien betrieben werden können, warum dann nicht auch unsere Haushalte?
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Hermann Penker
antwortete am 13.10.02 (15:18):
Das Verhalten der "Grünen" zeigt nur die verzwickte Situation, in der wir uns alle heute befinden. Zurück zum Kienspan und zum Reitpferd will sicher kaum jemand. Energie ist aber nicht erzeugbar, sie kann nur in andere Energieformen umgewandelt werden. Fossile Brennstoffe sind Träger chemischer Energie, die in Vebrennungsmotoren in geringem Umfang in Energie der Bewegung und ungewollt viel Wärme etc. umgewandelt wird. Der Nachteil dabei ist das damit gekoppelte Kohlendioxid, welches unser Klima gefährdet. Die Kernspaltung liefert uns neben dem erwünschten Strom radioaktive Spaltprodukte, deren sichere Entsorgung noch niemandem gelungen ist und daher eine große Gefahr auch für künftige Generationen bedeuten. D. h., beide erwähnten Energielieferanten bringen uns elektrische Energie, sind aber mit großen Gefahren für die Menschen verbunden. Windkraftwerke, Gezeitenkraftwerke, Solaranlagen, bessere Energienutzung bei Blockkraftwerken, Energieeinsparung durch bessere Wärmeisolierung und durch Maschinen mit höheren Wirkungsgraden können unsere Probleme bisher höchstens teilweise lösen. Aus unserem Dilemma wissen auch Fachleute keinen Ausweg, wie sollten dann Politiker eine Lösung finden? MfG Hermann
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Hermann Penker
antwortete am 13.10.02 (15:26):
Letzten Endes könnte man die in Erdgas, Erdöl oder Kohle gebundene Energie als gespeicherte Sonnenenergie bezeichnen. Es ist ein Nachteil, dass beim Verbrauch dieser Energieträger das Kohlendioxid, welches beim Masseaufbau durch Millionen von Jahren gebunden wurde, in kurzer Zeit wieder freigesetzt wird und den Kohlendioxidanteil unserer Luft gefährlich erhöht. Biomasse zur Energiegewinnung hätte diese Nachteile nicht. Das bei ihrer Verwertung entstehende Kohendioxid wird beim Pflanzenwachstum wieder gebunden. Analoges gilt für Biodiesel und Gärungsalkohol als Treibstoff. MfG Hermann
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Johannes Michalowsky
antwortete am 13.10.02 (16:24):
"Biomasse zur Energiegewinnung hätte diese Nachteile nicht. Das bei ihrer Verwertung entstehende Kohendioxid wird beim Pflanzenwachstum wieder gebunden."
@Hermann
Das verstehe ich nicht. Gibt es zweierlei Kohlendioxid? Wieso ist das eine gefährlich, und das andere wird gebunden?
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Hermann Penker
antwortete am 13.10.02 (17:51):
@Johannes, es gibt natürlich nur ein CO2. Aber das aus fossilen Brennstoffen freigesetzte CO2 wurde im Laufe von Millionen Jahren aus der Atmosphäre für den Pflanzenwuchs herausgeholt und quasi in den fossilen Brennstoffen endgelagert, bis der Mensch dann die Verwandbarkeit dieser Energieträger erkannte und in wenigen Jahrzehnten das CO2 wieder freisetzte. Dies musste den CO2-Gehalt unserer Luft vergrößern und das vorher gebildete Gleichgewicht stören. Und dass das CO2 zu den Treibhausgas gehört, ist nicht erst seit ein paar Jahren bekannt. Als Biomasse dienen in vielen Fällen rasch wachsende Pflanzen. Ihre Verbrennung kann maximal so viel CO2 liefern wie für das Pflanzenwachstum benötigt wurde. Wenn der CO2-Ausstoß und der CO2-Verbrauch für den Pflanzenwuchs innerhalb kleinerer Zeiträume gleich groß wären, kann sich ein Gleichgewicht im CO2-Kreislauf ausbilden, und der CO2-Gehalt der Atmosphäre stabil bleiben (Wobei die Sache natürlich viel komplizierter ist, weil u. a. auch die Temperaturabhängigkeit der Speicherfähigkeit des Wassers für CO2 u. a. den CO2-Anteil unserer Luft mitbestimmt. Auch saurer Regen, der die Carbonate in den Böden auflöst, setzt CO2 frei und vermehrt das CO2 der Luft). MfG Hermann
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Johannes Michalowsky
antwortete am 13.10.02 (18:53):
Über den Strahlungshaushalt der Atmosphäre, für den z.B. auch Dichte und Verteilung der Bewölkung eine Rolle spielt, habe ich 1955 meine Diplomarbeit in Meteorologie geschrieben. Danach habe ich mich noch zwei Jahre lang unter heute unvorstellbar primitiven Bedingungen - von morgens bis abends an einer mechanischen Handrechenmaschine gesessen - mit dem Thema befasst. Dadurch bin ich dann auf die damals beginnende EDV gestoßen und fand das Gebiet viel einfacher und überschaubarer, so daß ich der Wetterkunde ganz schnell Ade gesagt habe.
Die Zusammenhänge sind so kompliziert, daß man zu sicheren Schlußfolgerungen wohl nicht kommen kann. Unwetterkatastrophen - so makaber es klingen mag -, deren Folgen reparabel sind, sollten aber immer noch eher tolerabel sein als atomare Verseuchung, die nie wieder rückgängig gemacht werden kann.
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Hermann Penker
antwortete am 13.10.02 (20:16):
@Johannes, ich persönlich stehe der Atomenergie auch ablehnend gegenüber, und diese Meinung wird von vielen geteilt. Leider ist es so, dass auch die Folgen anderer "Energiegewinnungsmöglichkeiten" nicht voraussehbar sind. So nimmt man an, dass Speicherkraftwerke bei zu sorgloser Einspeisung der Gebirgswässer in die Speicher langfristig zur Verkarstung führen könnten. Ausnutzung der Erdwärme mit Hilfe von Wärmepumpen wird in vielen Orten nur ungern erteilt, weil man wenigstens lokal eine Verschlechterung des Kleinklimas befürchtet (bei zu starkem Ausbau). Es gibt sicher weltweit niemanden, der einen Weg weiß, wie wir unseren Energiehunger ohne Gefahr für die Umwelt stillen können. Politiker sind auf die Ideen unserer Wissenschafter angewiesen, diese stehen aber zur Zeit eher im Dienste der gut verdienenden Großkonzerne und nicht im Dienste von Firmen, die sich um Alternativen bemühen. MfG Hermann
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