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THEMA: US Konsens in der Irakfrage?
8 Antwort(en).
Johannes Michalowsky
begann die Diskussion am 07.10.02 (13:26) mit folgendem Beitrag:
Wie ich heute in den Nachrichten (Deutschlandfunk, 13 Uhr) höre, bewegen sich in den USA die Demokraten in der Irakfrage auf die politische Linie von George W. Bush zu, weil sie befürchten müssen, andernfalls bei den anstehenden Kongresswahlen "abgestraft" zu werden.
Wenn ich das richtig deute, bedeutet das doch, daß Bush's Politik in den USA mehrheitlich unterstützt wird. Nach allgemeinem Verständnis von Demokratie müsste der Mehrheitswille hingenommen werden, auch wenn es einem nicht schmeckt. Die paar tausend Demonstranten gegen einen Irakkrieg, von denen aufwendig berichtet worden ist, fallen doch wohl nicht ins Gewicht, da in Demokratien Quantitäten und nicht Qualitäten entscheiden, wie wir sehr wohl wissen.
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seewolf
antwortete am 07.10.02 (15:34):
Jo -
in den USA wird noch diskutiert über das Wann und Wie, über die möglichen Folgen, während das Ob mehrheitlich so beurteilt wird, dass etwas passieren MUSS - siehe Washington Post von heute :
https://www.washingtonpost.com/wp-dyn/articles/A51929-2002Oct6.html
Internet-Tipp: https://www.washingtonpost.com/wp-dyn/articles/A51929-2002Oct6.html
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Nienenüteli
antwortete am 08.10.02 (08:41):
@ J. Michalowsky
Die Mehrheit der Amerikaner ist nicht für den Krieg. Siehe Artikel Spiegel Link.
Die Demonstration am Sonntag in einigen Städten Amerikas, New York 30'000 Teilnehmer wurde von den amerikanischen Medien mit Nichtbeachtung quittiert.
Je mehr Busch aber seinen Kriegstanz aufführt, desto weniger ist ein Zurück möglich. Der Krieg ist seit langem beschlossene Sache. Die US-Truppen sind einsatzbereit und die meisten bereits in der Gegend stationiert.
Genauso wie der "mutmassliche" Täter des 11. September nach einem Jahr schuldig geredet wurde (heute spricht von Bin Laden niemand mehr von "mutmasslich", obwohl nach wie vor keine Beweise seiner Schuld vorliegen, die eine rechtskräftige Verurteilung ermöglichen würden). Genau so spricht man jetzt den Krieg so lange herbei, bis er stattfinden muss. Ob die Völker der Welt das wollen oder nicht...
...und wer von den Gegnern einflussreich ist (nicht wir jämmerlichen armseligen Forumsdiskutierer), für diese Fälle gibt es genug Mittel, sie umzustimmen. Wer möchte schon in der Haut von von Metzlers stecken oder wer sagt schon Nein zu einem kleinen Geldsegen...
Mir tun die unschuldigen Zivilisten heute schon leid, welche das kommende Kriegsgreuel miterleben müssen.
Ich hoffe einfach, dass ich verschont bleibe. Auch ein weltweiter Wirtschaftszusammenbruch als Folge würde mich so ziemlich echt ätzend angurken.
Viel Spass im weiteren Leben.
Wer will, dass die Welt bleibt, wie sie ist, der will nicht, dass sie bleibt.
Internet-Tipp: //https://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,217154,00.html
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Nienenüteli
antwortete am 08.10.02 (18:25):
PS: @ J. Michalowsky
Es waren übrigens alles zusammen mehrere hunderttausend Menschen, die inzwischen gegen den Krieg auf die Strasse gegangen sind (London 250'000, Rom 40'000, New York 30'000, San Francisco ?, Genf 2000, Aufruf 4000 Promis USA, 120 deutsche Promis, 40 Schweizer Organisationen, und viele weitere aus anderen Ländern)
Die Führungsspitze in der ganzen Welt, sei es aus Politik oder Wirtschaft, arbeitet hart an der Ausbeutung und Zerstörung unseres Planeten. Mit schickem Regenjäckchen und neuen Designer-Gummistiefel besuchen sie Flutopfer und versprechen viel und zeiten vor allem grosse Betroffenheit.
Damit hat es sich aber auch getan. Wirkliche Rezepte gegen die anstehenden Probleme, welche man dringender lösen müsste, als Krieg anzuzetteln, das hat dagegen niemand.
Die grosse Masse, die Mehrheit schaut zu. Wie die Lemminge folgen wir ihnen noch immer, auch wenn die Scheisse offensichtlich wird.
Tja, ich bin auch für die Demokratie. Laufen wir der Mehrheit nach, der Mehrheit, die uns gutgesinnt ist und nur das Beste für das Volk will.
In Bagdad leben 5 Mio. Menschen. Sogar der gute alte Haider hat offensichtlich Saddam Hussein verpasst und sich stattdessen mit einem Doppelgänger begnügen müssen. Wie peinlich - und dann noch die Reaktionen im Lande Oesterreich. Kein Wunder machen wir Schweizer so viele Witze über die Oesterreicher (es sind in Wirklichkeit keine Witze, es ist alles wahr :-))) Ich frage mich, wie denn die US-Soldaten den Saddam finden wollen. Hahaha.
Eine Leseempfehlung: www.zeit-fragen.ch Artikel 13, Was werde ich meinen Kindern sagen.
Internet-Tipp: https://www.zeit-fragen.ch
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klaus d.
antwortete am 08.10.02 (19:45):
Nienenüteli antwortete am 08.10.02 (18:25):
<Es waren übrigens alles zusammen mehrere hunderttausend Menschen, die inzwischen gegen den Krieg auf die Strasse gegangen sind (London 250'000, Rom 40'000, New York 30'000, San Francisco ?, Genf 2000, Aufruf 4000 Promis USA, 120 deutsche Promis, 40 Schweizer Organisationen, und viele weitere aus anderen Ländern)>
Was sind denn 30.000 Demonstranten in einer Millionenstadt wie New York - das ist ein Klacks. Und die meisten von ihnen waren wahrscheinlich arabischstämmig
<Die Führungsspitze in der ganzen Welt, sei es aus Politik oder Wirtschaft, arbeitet hart an der Ausbeutung und Zerstörung unseres Planeten.>
Das sagt uns ausgerechnet ein Schweizer. Ein Bürger jenes Landes, dass gerne die Milliarden dieser Ausbeuter auf ihre Nummernkonten nimmt - und auch gerne noch ein paar Hundertmillionen von Rauschgiftkartellen und Steuernhinterziehern dazu.
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Nienenüteli
antwortete am 08.10.02 (20:09):
@ klaus d
Sind arabischstämmige Demonstranten etwa keine Menschen? Die US Medien berichten mit keinem Wort über Demos. Und es braucht Mut, im eigenen Land zu demonstrieren.
Das mit den Nummernkonten gehört, und darauf kannst Du dich verlassen, bald der Vergangenheit an. Es gehört zum Ausverkauf der Schweiz, dass das Bankgeheimnis bald der Vergangenheit angehört.
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Wolfgang
antwortete am 11.10.02 (10:52):
"Die paar tausend Demonstranten gegen einen Irakkrieg [...] fallen doch wohl nicht ins Gewicht [...]" - schrieb Johannes zur Eröffnung des Themas. Ist das wirklich so?
Schaut man sich in der jüngeren (Kriegs-)Geschichte um, ist diese Einschätzung nicht haltbar. 1914 war es - genauer, am 2. Dezember 1914 -, als der deutsche Sozialdemokrat und Reichtstagsabgeordnete KARL LIEBKNECHT seine Zustimmung zur Bewilligung neuer Kredite für den Krieg verweigerte. Seine Begründung: " [...] Dieser Krieg, den keines der beteiligten Völker selbst gewollt hat, ist nicht für die Wohlfahrt des deutschen oder eines anderen Volkes entbrannt. Es handelt sich um einen imperialistischen Krieg, einen Krieg um die kapitalistische Beherrschung des Weltmarktes, um die politische Beherrschung wichtiger Siedelungsgebiete für das Industrie- und Bankkapital. [...]"
KARL LIEBKNECHT war damals der einzige Abgeordnete, der nicht mitmachte. Während Eliten und Nicht-Eliten besoffen im Kriegsrausch sich in den Armen lagen und den erwarteten Sieg schon vorab feierten, stand ein einziger Mensch auf und sagte: Nein... Mit mir nicht. Ausserhalb des Parlaments gab es nur wenige sozialdemokatische KriegsgegnerInnen, darunter ROSA LUXEMBURG
Ein paar Jahre später waren Millionen Menschen tot und weitere Millionen Menschen schwer verletzt. Die Wirtschaft kollabierte. Die politischen Institutionen - nicht nur die Dynastien - wurden innerhalb weniger Wochen weggefegt. Revolutionen erschütterten Europa. Die Ordnung, die doch so fest gefügt schien, zerbrach.
Die Wirklichkeit bestätigte die frühen Warnungen der KriegsgegnerInnen. Um sie herum scharte sich jetzt das revolutionäre Deutschland.
Nein, der 'Mehrheitswille' muss nicht hingenommen werden. Weder im Namen der Krone noch im Namen der Demokratie ist es erlaubt, Angriffskriege zu führen. Ein Parlament, das Unrecht beschliesst, hat seine Legitimation verloren. Widerstand gegen die, die den Krieg unterstützen oder führen, ist Pflicht. Ihr Verweis auf den 'Mehrheitswillen' ist ein Schlag ins Gesicht aller DemokratInnen. Sie handeln nicht in unserem Namen. Man wird gegen sie für das Recht und für die Demokratie kämpfen müssen.
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mechtild
antwortete am 11.10.02 (19:39):
Wolfgang ich bin mit Dir der Meinung, es waren nie viele, die anderer Meinung waren, aber die Demonstrationen waren immer wichtig und sind auch heute wichtig. Dazu kommt, dass die Presse weder in der USA noch in Großbritannien viel über die Demonstrationen gegen den geplanten Irakkrieg berichtet. Meine Solidarität haben alle, die sich gegen einen Krieg aussprechen wo und wann auch immer. Gemeinsam sind wir stark.
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schorsch
antwortete am 13.10.02 (13:10):
Auch in England und Frankreich beginnt man anders zu denken......
Aber das alles wird nichts nützen, denn der Krieg gegen (offiziell!) Saddam Hussein (und inoffiziell für das Erdölvorkommen) ist beschlossenen Sache. Nur der Termin muss noch in die Agenden definitif eingesetzt werden. Ich denke, das wird in etwa zwischen den Geburtstagen von Bushs Frau und dem seiner Mutter liegen!
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