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THEMA:   Der amerikanische (Alp-)Traum

 9 Antwort(en).

Karl begann die Diskussion am 21.09.02 (10:34) mit folgendem Beitrag:

Der amerikanische (Alp-)Traum ist die Weltherrschaft. Bush hat klare Worte gefunden (Bad. Zeitung, Seite 5 vom 21. September 2002):
"Die US-Regierung hat die bisherigen Sicherheitsstrategien der Eindämmung und Abschreckung offiziell für tot erklärt. Sie setzt auf Präventivschläge". Eine neue Sicherheitsdoktrin sei dem Kongress vorgelegt worden. Darin heißt es: "Der Präsident habe nicht die Absicht 'irgendeiner ausländischen Macht zu gestatten, den riesigen (militärischen) Vorsprung aufzuholen, den die USA seit dem Fall der Sowjetunion aufgebaut' hätten".

Damit ist klar, dass die gegenwärtige amerikanische Präsidentschaft nicht mehr auf demokratische Legitimation, z.B. auf die UNO setzt, sondern allein auf militärische Stärke. Damit sind m.E. die Amerikaner dabei, zur eigentlichen Bedrohung der freien Welt zu werden. Denn wann immer sich eine Macht übermächtig gefühlt hat, hat sie in der Geschichte den Boden des Rechts verlassen. Deshalb werden nach innen wie nach außen zunehmend repressive Methoden eingesetzt. Deshalb sitzen Tausende von Moslems in den USA ohne Rechtsbeistand und Gerichtsbeschluss hinter Gittern, allein deshalb, weil sie Moslems sind und (durch Nachbarn?) in Verdacht gerieten. Deshalb wird auf speziellen Territorien (z.B. Guantanamo) unter Umgehung der geltenden amerikanischen Gesetze die Folter wieder eingeführt. Deshalb werden rücksichtslos andere Staaten überfallen, wenn es der eigenen Machtmehrung dient. Der Irakangriff, in dem Artikel auf Februar 2003 datiert, wird nicht der letzte sein.

Ich mache mir wirklich Sorgen um die Zukunft,

Karl


Johannes Michalowsky antwortete am 21.09.02 (11:19):

Da hat man über die Auflösung des Sowjetimperiums sicher zu früh gejubelt - die haben die einzige Sprache gesprochen, die man in den USA verstanden hat.


Mechtild antwortete am 21.09.02 (11:40):

Lieber Karl, ich kann Deine Sorgen um die Zukunft verstehen, hoffe aber, dass der Amerikanische Präsident für seine kriegerischen Aktivitäten Verbündete suchen wird und die nicht findet. Ein starkes Europa, dass nicht unkritisch solidarisch alles unterstützt, was die USA planen, ist in Zukunft ganz wichtig. Das was in den USA innenpolitisch geschieht, müssen die Amerikaner selbst regeln, so wie anderen Staaten auch. Ich bin eigentlich ganz zuversichtlich und hoffe auf die Vernunft der europäischen Wähler und Regierungen. Die USA sind zwar eine wichtige Macht auf der Welt, aber sie haben zum Glück noch nicht die Weltherrschaft. Unsere Kinder und Enkel werden nicht mehr unkritisch einem Krieg zustimmen, so wie es noch unsere Eltern und Großeltern getan haben.


Wolfgang antwortete am 21.09.02 (11:46):

Ich trauere dem Crash der einen Supermacht nicht nach... Hat sie doch Not und Leid über viele Menschen gebracht... Der ideologischer Hintergrund der Mächtigen der Sowjetunion ist jedoch ein völlig anderer gewesen, als derjenige der derzeitigen Machthaber der USA. Deren Ideologie ist eine Ideologie der Weltherrschaft (von der sich die Führer der Sowjetunion recht schnell verabschiedeten und nur noch auf Sicherung des status quo aus waren).

Eine Kernaussage der "Bush-Doktrin": "[...] We will actively work to bring the hope of democracy, development, free markets, and free trade to every [sic!] corner of the world. [...]" (The National Security Strategy of the United States of America, Washington, September 2002, p. 4)

Das ist eine deutliche Drohung an die Völkergemeinschaft und eine Bedrohung der gesamten Welt... Denn was die Bush-Krieger unter "active work" verstehen, dürfte mittlerweile auch den "Pro-Amerikanern" (die ja nie wirklich pro-amerikanisch waren, sondern immer nur die Bush-Administration bejubelten und mit Amerika gleich setzten) klar geworden sein: Krieg ist das Programm der Bush-Administration... Krieg, um weltweit die Interessen der amerikanischen Konzerne, insbesondere die der amerikanischen Erdölkonzerne, durchzusetzen.

Die "Bush-Doktrin" wurde heute veröffentlicht und kann auf der Seite der "Washington Post" geladen werden (PDF-Datei, Acrobat Reader erforderlich):

The National Security Strategy of the United States of America
https://www.washingtonpost.com/wp-srv/nation/articles/nssreport_Sep20.pdf

Internet-Tipp: https://www.washingtonpost.com/wp-srv/nation/articles/nssreport_Sep20.pdf


juergen_schmidbauer antwortete am 21.09.02 (12:51):

Lässt man diese und ähnliche Debatten hier im Forum Revue passieren, so festigt sich die grosse Besorgnis über das typische Verhalten einer Weltmacht, die ja in der Geschichte Beispiele hat.
Umsomehr finde ich den Satz von Mechthild wichtig:

Ein starkes Europa, das nicht unkritisch solidarisch alles unterstützt, was die USA planen, ist in Zukunft ganz wichtig.

Denn auch ich glaube an die Zukunft der einzigen vernunftsorientierten Grossmacht der Welt, Europa, gerade im Enstehen, die wegen ihrer Vielfalt immer besonnen bleiben wird.

Ich hoffe, dass Europa diese ausgleichende Macht wird, hoffentlich schon bald.

USA hat keine Zukunft mehr.


schorsch antwortete am 21.09.02 (17:55):

......ein starkes Europa - unter Einbezug Russlands! Denn nur wenn der Rest der Welt sich einig ist im Umgang mit den USA, haben wir eine Chance.....


Wolfgang antwortete am 21.09.02 (19:22):

Die 'New York Times' meldet heute, dass das Pentagon Anfang September dem US-Präsidenten ein detailliertes Set von Angriffsszenarien vorgelegt habe (Bush Has Received Pentagon Options on Attacking Iraq, By ERIC SCHMITT and DAVID E. SANGER, NYT - September 21, 2002).

'Regierungsquellen' sagten der NYT, dass die Angriffe beginnen würden mit der lang anhaltenden Bombardierung des Irak mit Hilfe von B2-('Tarnkappen'-)Bombern, "[...] armed with 2,000-pound satellite-guided bombs to knock out Iraqi command and control headquarters and air defenses."

Zur gleichen Zeit würden sich zehntausende Soldaten von Kuwait aus oder auch von anderen benachbarten Ländern aus auf den Weg machen, um den Irak zu besetzen.

Der detaillierte Kriegsplan liegt auf dem Schreibtisch des Präsidenten. Der wird demnächst den Angriffsbefehl geben und damit das (Völker-)Recht missachten und es verhöhnen... Präsident Bush ist nicht der erste... Jeder Imperator hat so gehandelt... Auch Adolf Hitler...

Internet-Tipp: https://www.nytimes.com/


Titus (WolfgangM.) antwortete am 21.09.02 (23:14):

Die Drohungen der Bush-Administration gegen uns sind unüberhörbar.
Sind wir nun auch ein Schurkenstaat, nur weil wir die Komplizenschaft verweigern?

Hat dieser US-Präsident eventuell die Geschichte von David und Goliath vergessen oder nie gehört?

Sollten wir anfangen angstvoll zu buckeln, oder sollten wir selbstbewußt auftreten?

Dann aber sofort und ganz schnell raus aus der NATO und der Bush-Administration unmißverständlich mitteilen, daß wir ihre Drohungen verstanden haben und uns entsprechend vorbereiten werden. Also, alle deutschen Truppen zurückrufen, Ramstein und andere Stützpunkte, auch die der britischen Komplizen des Herrn Bush schließen und die Truppen entwaffnen und rausschmeißen.

Geht nicht? Natürlich nicht - aber der Gedanke ist doch reizvoll, oder?

Wir sollten alle ganz klar in unseren Kommentaren unterscheiden, zwischen der Bush-Administration und den USA.

Und wir sollten auch ganz klar unsere Solidarität mit den US-Bürgerinnen und US-Bürgern bekunden, die für eine friedliche Lösung - und damit gegen einen Krieg, oder mehrere, wie Bush ankündigte - eintreten.

Ich fürchte nur, wir werden uns feige und demütig den Kriegshorden des Herrn Bush beugen.

Warum hat Friedrich der Große bloß den Baron Friedrich von Steuben damals nach Amerika reisen lassen? Die Folgen baden wir heute aus.........

Das meint Titus, der eine Stinkwut auf diesen gewissenlosen
Bush-Erdöl-Clan hat.


Wolfgang antwortete am 21.09.02 (23:57):

Lassen wir uns nicht irre machen... In den USA wächst der Widerstand gegen die grössenwahnsinnigen Bush-Krieger und ihren furchtbaren Präsidenten. Die dümmliche Propaganda vom "Antiamerikanismus" zieht nicht mehr.

Tausende von Amerikanern - unter anderem auch der bekannte Schriftsteller GORE VIDAL - haben eine Unterschriftenaktion gestartet: "Not In Our Name". In der "New York Times" vom 19. September erschien ihre Anzeige:

" [...] - zuerst müssen wir uns der Ungerechtigkeit widersetzen, die in unserem Namen begangen wird. In diesem Sinne appellieren wir an alle Amerikaner, dem Krieg und der Unterdrückung WIDERSTAND zu leisten, die die Bush-Administration über die Welt gebracht hat. Das alles ist ungerecht, unmoralisch und illegitim. Wir haben uns entschlossen, uns an die Seite der Menschen in aller Welt zu stellen."

Das bessere Amerika steht auf am Vorabend eines grossen Krieges... Noch ist es nicht zu spät, Widerstand zu leisten...

Not In Our Name
A STATEMENT OF CONSCIENCE AGAINST WAR AND REPRESSION
https://www.nion.us/

"Nicht in unserem Namen"
Von Carsten Volkery, New York
Berühmte Amerikaner, darunter Susan Sarandon, Oliver Stone, Martin Luther King III. und Gore Vidal, rufen ihre Landsleute zum Widerstand gegen die Bush-Regierung auf. In einer ganzseitigen Anzeige in der "New York Times" prangern sie die "neue imperiale Politik" und den "Schleier der Repression" an.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,214901,00.html

Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,214901,00.html


Ilex antwortete am 22.09.02 (00:30):

Himmel, bin ich erleichtert, dass wenigstens hier diese Bush-Demaskierung ein Echo findet, nachdem ich vergebens in den Medien nach Stellungnahmen geforscht habe.Ich las im Weser-Kurier heut früh mit Entsetzen zu diesem Thema: >>Die Bush-Administration strebt im Gegenteil an, die militärische, politische und wirtschaftliche Hegemonie zu behaupten. Die USA würden es niemals zulassen, "dass ein anderer Staat den riesigen Vorsprung aufholen kann, den sich die USA seit dem Fall der Sowjetunion erarbeitet" habe.<<
Wird die Welt nun aufgeteilt in USA-Feinde und USA-Vasallen? Und geraten wir automatisch auf die Abschussliste, wenn wir Vasallentum verweigern? Die Bush-Doktrin passt hervorragend zu dem Demokratie-Verständnis des ehemaligen US-Außenministers Henry Kissinger, der - auf die Beteiligung der USA am Putsch gegen den demokratisch gewählten Allende 1973 in Chile angesprochen - meinte:" Ich wüsste nicht, warum wir tatenlos zusehen sollten, wie ein Land marxistisch wird, bloß weil seine Bevölkerung unverantwortlich ist."
So wird Hass gesät.