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THEMA:   Arbeitslosigkeit gestiegen

 10 Antwort(en).

Wolfgang begann die Diskussion am 10.07.02 (10:51) mit folgendem Beitrag:

"Arbeitslosigkeit gestiegen - Beschäftigung saisonbereinigt rückläufig" - "Weniger ältere - mehr jüngere Arbeitslose" - "Ausbildungsstellenmarkt angespannt"

Das sind die Überschriften der heutigen Presse-Information der Bundesanstalt für Arbeit.

Die höchste Juni-Arbeitslosigkeit seit Jahren... Tendenz: Steigend.

An den Lohnkosten oder gar an den Lohnstückkosten kann es nicht liegen (denn die sind die niedrigsten der Welt).

Worin liegt es also, dass Deutschland gleichzeitig Exportweltmeister und Meister (der entwickelten Industrieländer) in Sachen Arbeitslosigkeit ist?


Mechtild antwortete am 10.07.02 (13:00):

Im Grunde ist die Antwort einfach. Es liegt daran, dass keine Leute eingestellt werden. Die älteren ArbeitnehmerInnen, die noch in Arbeit sind können oder dürfen nicht gehen und junge Menschen will man nicht einstellen, da vielen Unternehmen die Fixkosten und die damit verbundenen Risiken zu hoch sind.
Alte Werte, wie Treue zu einem Betrieb und Verantwortung für ArbeitnehmerInnen haben an Bedeutung verloren. Heute zählt nur, wo ich etwas preiswert bekomme und für Selbständige, wie ich ein Produkt möglichst billig produziere um die Konkurrenz zu unterbieten. Das hat unsere Arbeitswelt verändert. Manche alte Zöpfe hat man sicher abschneiden müssen. Aber der Preis ist für mich nicht das einzige Kriterium für eine Ware und eine Leistung. Arbeit hat ich sehr verändert in den letzten Jahren und wird sich noch weiter verändern. Sicher nicht ins Positive. Viele Menschen können heute schon nicht mehr von ihrer Arbeit leben, geschweige denn ein Haus bauen oder auf andere Art und Weise Daseinsvorsorge betreiben. Andere verdienen unverhältnismäßig viel. Nur wer zu den gut Verdienenden oder zur Erbengesellschaft gehört braucht keine finanzielle Zukunftsangst zu haben.


Barbara antwortete am 10.07.02 (17:43):

Aufgrund modernster Technik ist es möglich, immer häufiger auf die Arbeitskraft von Menschen zu verzichten. Wie viele Arbeiter sind heute noch nötig, um z.B. ein Auto herzustellen? Wenn wir uns außerdem vor Augen halten, wie z.B. die EDV die Archivierung und Ablage in den Firmen, ja den ganzen Schriftverkehr und vieles mehr vereinfacht hat, finden wir viele Erklärungen, warum es immer weniger Arbeitsplätze gibt.

Dieser Umstand könnte an sich ein Segen für uns alle sein, denn unser Bruttosozialprodukt ist beachtlich. Dazu müsste jedoch das kostbare Gut "Arbeit" gerechter verteilt werden. Auf lange Sicht kommen wir daher um eine Arbeitszeitverkürzung nicht herum, denn m.M.n. haben vor allem junge Leute ein Recht auf Arbeit, um sich selbst und ihre Familie ernähren zu können.

Kritiker werden sagen, dass in wenigen Jahren Arbeitskräfte aufgrund der Überalterung unserer Bevölkerung fehlen werden. Sollte der Fall eintreten, könnte man doch wieder länger arbeiten. Wo ist das Problem?

Was kostet es unsere Gesellschaft, wenn immer mehr Menschen keine Perspektive für sich sehen und drogenabhängig und/oder kriminell werden?

In Frankreich hat man gute Erfahrungen mit einer Arbeitszeitverkürzung gemacht. Die Menschen haben mehr Zeit für einander und sind sehr zufrieden. Sogar die konservative Regierung will diese Errungenschaft beibehalten. Warum können wir nicht von unseren Nachbarn lernen?


schorsch antwortete am 10.07.02 (22:06):

Die einzig wirksame Methode, die Arbeit auf alle Hände zu verteilen, ist, die Arbeitszeiten zu verkürzen. Denn heute ist es mit einem Bruchteil derjenigen Zeit, die man vor 50 Jahren brauchte, möglich, die Güter für alle Menschen herzustellen. Aber unsere superschlauen Vertreter von Politik und Wirtschaft können/dürfen dies nicht zulassen. Denn sie benötigen ein Heer von Arbeitlosen als Reservoir, um ein Lohndruckmittel in den Händen zu haben.


WolfgangM. antwortete am 11.07.02 (14:57):

Da gibt es einen kleinen Ort in Hessen mit eienm Elektrolux-Werk. Das Werk macht einen jährlichen Gewinn von immerhin rund 20 Millionen EURO.

Nun wird das Werk am Jahresende geschlossen, ein paar hundert Menschen werden arbeitslos.

Grund für die Werksschließung? Man verlegt die Produktion an einen anderen Standort, um noch ein paar hundertausend EURO mehr zu verdienen.

Und dies ist kein Einzelbeispiel. Hat der Kanzler Schuld an der Geldgier der Unternehmen oder etwa die Globalisiereng? Oder wer?

Mit dem Begriff "Arbeitslosenzahlen" zu argumentieren, um ein Versagen der gegenwärtigen Regierung zu dokumentieren, ist unredlich.

Und die Wählerinnen und Wähler merken das auch ganz genau.


Wolfgang antwortete am 11.07.02 (15:19):

"... Ich will in diesem Zusammenhang meine Gegner daran erinnern, dass ich noch genau im Ohr habe, wie hämisch sie noch vor anderthalb Jahren waren, als ich gesagt habe: Diese Regierung wird sich am Rückgang der Arbeitslosigkeit messen lassen. - Das gilt immer noch. Das werden wir dann im Jahr 2002 auch tun."

Rede von Bundeskanzler Gerhard Schröder auf dem 14. Gewerkschaftstag der ÖTV am 5. November 2000 in Leipzig... Veröffentlicht im Bulletin der Bundesregierung - Nr. 73-1 vom 06.11.2000.


WolfgangM. antwortete am 11.07.02 (16:23):

Also, Wolfgang, ich verstehe Dich wirklich nicht. Bei allem Verständnis dafür, daß Du gegen Schröder bist:

Schröder konnte die weltwirtschaftliche Entwicklung 1998 nicht in diesem Maß voraus sehen. Nach den damaligen Fakten war seine Aussage zwar akzeptabel, aber auch gewagt.

Er befindet sich damit aber in guter Gesellschaft:
Wie sagte doch Kanzler Kohl bezüglich der Entwicklung in den neuen Bundesländern damals - ebenso bestimmt und gewagt:

"Niemand wird es schlechter gehen, aber vielen besser."

Und was daraus wurde ist bekannt, längst Geschichte

Und was sagte Herr Kohl später:" Ich habe mich geirrt."

Und Schröder willst Du keinen Irrtum einräumen? Ist das tatsächlich fair?


Politmaus antwortete am 11.07.02 (16:30):

......und war es nicht Herr Minister Blüm der sagte:
die Renten sind sicher!!!!
??????


Demokrat antwortete am 11.07.02 (18:34):

..... und war es nicht Helmut Kohl der sagte: Die Wiedervereinigung kostet uns keinen Pfennig? Ein paar Wochen später gab es eine knallharte Steuererhöhung!


Heinz-Dieter antwortete am 12.07.02 (06:46):

Und jetzt das alte Thema: brauchen wir denn überhaupt noch Zuwanderer, um Arbeitsplätze zu besetzen ???
Ich höre eueren den Aufschrei.
Ja wir brauchen welche, denn können wir unseren arbeitslosen deutschen Landsleuten z. B. im Sommer im Gemüsebau Erntearbeiten zu muten ??
Man sollte dieses Problem auch mal von dieser Seite betrachten.
Es wird Sozialhilfe an Arbeitslose gezahlt, ohne das der Staat dafür eine Leistung in Form einer Arbeit erhält. Zutun hat der Staat bestimmt in Form von einfachen Arbeiten in Wald und Flur.
Und jetzt kommt unsere Gewerkschaft und spricht von Zumutbarkeit. Und das ist das Problem, das einer schnellen Lösung bedarf.


schorsch antwortete am 12.07.02 (09:44):

@ "...Und jetzt kommt unsere Gewerkschaft und spricht von Zumutbarkeit. Und das ist das Problem, das einer schnellen Lösung bedarf..."

Das Problem ist doch, dass die Arbeit meist nicht dort anfällt wo der Arbeitslose ist. Oder ist es vielleicht "zumutbar", dass ein Arbeiter, der sich mit Überstunden an seinem Arbeitsplatz und mit Eigenleistungen am Bau endlich ein Häuschen leisten konnte für seine Familie, nun mit dieser in eine ferne Gegend ziehen soll um die dort anfallende Arbeit anzutreten? Sollen die Kinder entwurzelt werden und laufend in neuen Gegenden Fuss zu fassen versuchen?
Die "Zumutbarkeit" wurde doch von jenen erfunden, die liebend gern zu einem Spottpreis das Häuschen des Arbeiters sich unter den Nagel reissen und mit Gewinn wieder dem nächsten verkaufen möchten!