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THEMA:   Religiöse Symbole im Schulunterricht verboten.

 47 Antwort(en).

Karl begann die Diskussion am 05.07.02 (08:27) mit folgendem Beitrag:

Das Bundesverwaltungsgericht in Berlin hat gestern einer moslemischen Lehrerin aus Baden-Württemberg verboten, ein Kopftuch im Unterricht zu tragen.

Begründung: Das Kopftuch sei ein religiöses Symbol. Es im bereich der staatlichen Schule zu tragen verletze die pflicht zur Neutralität.

Erwartete Auswirkungen:

Entweder der Lehrermangel wird drastisch zunehmen, da nun mit der Entlassung aller Kreuzträger zu rechnen ist

oder das Bundesverfassungsgericht kassiert dieses Urteil.

Welche der beiden einzigen Denkmöglichkeiten wird eintreten? Was meint ihr?

Ich bin überzeugt, dass dieses Urteil keinen Bestand haben wird.


e k o antwortete am 05.07.02 (09:37):

Tut mir leid, Karl, aber ich finde es in Ordnung.

Was Du leider nicht anführst, ist, dass dieses Kopftuch nicht irgend ein Stück Stoff ist, sondern der Ausdruck einer bestimmten Religion. Lehrer sind aber zu strikter Neutralität verpflichtet...und darauf baut das Urteil auf.

Oder kannst Du Dir vorstellen, dass einer Lehrkraft in einer Koranschule gestattet würde, das Christenkreuz zu tragen ? Ich nicht !


Werner Bleicher antwortete am 05.07.02 (10:10):

Einmal ein emotionales Thema sachlich – das wäre schön!
Zum einen ist Deutschland – ob es den einen gefällt oder nicht – ein christlich geprägtes Land. Auch wenn das Christentum nicht mehr sehr tief geht; aber die Sonn- und Feiertagsordnung ist ein sichtbares Zeichen dafür. Jeder der aus einer anderen Kultur zu uns kommt weiß das.
Außerdem läuft bei uns kaum jemand in zivil mit einem provozierend und auffallend großen Kruzifix in der Öffentlichkeit herum – nicht einmal ein katholischer Priester.
Nachdem in diesem Zusammenhang sicherlich sofort der Hinweis auf die bayerischen Schulkreuze kommt, sei vorab klärend gesagt: Die bayerischen Schulen verstehen sich als „Christliche Gemeinschaftsschulen“, vor jahrzehnten entstanden aus den katholischen und evangelischen Bekenntnisschulen. Nur hängt das in Bayern niemand an die große Glocke und ich bin überzeugt: selbst viele der jüngeren CSU-ler wissen das auch nicht mehr.
Nachdem selbst in der Türkei das Kopftuchtragen in öffentlichen Ämtern verboten ist, sind diese Prozesse um Kopftuch oder Schulkreuze Provokationen um die öffentliche Toleranz vorführen zu können.
Gibt es in Berlin tatsächlich rein islamische Klassen? Werden diese Kinder in deutscher Sprache unterrichtet? Dient das der Integration in einer neuen Heimat. Da erhebt sich schon die Frage nach der Toleranz der Zuwanderer ihrer neuen Heimat gegenüber!
Wahrscheinlich bin ich jetzt der intolerante Ausländerfeind!


Ursula antwortete am 05.07.02 (10:43):

Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass das Urteil auch vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand haben wird, da es nach meiner Ansicht gegen das Grundgesetz verstößt:

Wie will man begründen, dass die Religionsfreiheit der Schüler schützungswürdiger ist, als die der Lehrer an öffentlichen Schulen?

Ursula


Günter Paul antwortete am 05.07.02 (10:46):

Zur Klarstellung: Der Koran verlangt in KEINER seiner Suren, daß Frauen sich verschleiern oder – alternativ – ein Kopftuch tragen sollen. Es handelt sich dabei also nicht um ein religiöses Gebot, sondern um eine Tradition, die landschaftlich und ethnisch unterschiedlich oder auch gar nicht gehandhabt wird. Die muslimischen Tuaregs in der Sahara kehren das Ganze sogar um. Hier verschleiern sich die Männer, während die Frauen unverschleiert bleiben.

Die Tradition der Verschleierung der Frauen wurde von den Arabern schon in vorislamischer Zeit von den Babyloniern übernommen. Bei diesen genossen die freien Frauen das VORRECHT einen Schleier zu tragen. Die Sklavinnen mußten ihr Gesicht offen zeigen. .....

Gruß Günter


susanna antwortete am 05.07.02 (12:45):

@ Günter

Kompliment und Danke.

Es macht mir grosses Vergnügen deine Beiträge zu lesen, die von viel Wissen geprägt sind, wo findet frau etwas darüber und woher weisst d u das?

Das wäre ein Thema, in das ich gern ein wenig tiefer einsteigen würde, kannst du mir sagen, wo ich etwas darüber finde bzw. nachlesen kann?


Mechtild antwortete am 05.07.02 (13:30):

Ich halte die Diskussion, ob Kopftuch im Unterricht ja oder nein für sehr wichtig, denn sie beinhaltet ja nicht nur, dass die Frau die ein Kopftuch trägt sich zu der Religion bekennt, sondern es sagt auch viel über die Stellung der Frau in der islamischen Gesellschaft aus. LehrerInnen sind nicht nur Wissensvermittler, sie sind auch Vorbilder für Kinder, besonders bei den jüngeren Kindern. Sie vermitteln auch Normen und Werte einer Gesellschaft. Viele Mädchen aus islamischen Familien leiden unter dem Kopftuchzwang, der ihnen von der Familie aufgezwungen wird. Das Kopftuch ist nicht nur ein religiöses Symbol, sondern es dient auch zur Unterdrückung der Frau. Frauen die ihr Kopftuch bewusst tragen sind jedoch oft sehr selbstbewusste Frauen.
Jeder kann sich in seiner Freizeit kleiden, wie er/sie möchte. Im Beruf gibt es ungeschriebene Vorschriften, wie man sich zu kleiden hat. Gibt es Unstimmigkeiten über diese Kleidervorschriften, muss halt der oberste Chef entscheiden. Wenn dann auch alle Kreuze abgelegt werden müssen, hat das was mit dem Gleichheitsprinzip zu tun. LehrerInnen, die das Kreuz tragen müssen und es im Beruf nicht ablegen können, halte ich nicht für sehr tolerant.
Wir Frauen haben auch dafür gekämpt Hosen in der Öffentlichkeit tragen zu dürfen. Ich habe als Kind noch einen Rock über die Hose ziehen müssen. Ist noch gar nicht so lange her, noch keine 50 Jahre.


WolfgangM. antwortete am 05.07.02 (13:36):

Ob die Frau ein Kopftuch trägt oder einen Zylinder oder eine Glatze ist doch egal.

Hauptsache, sie ist eine gute Lehrerin.


Ruth antwortete am 05.07.02 (14:06):

Sehe ich nicht so, WolfgangM., denn eine Lehrerin ist - vor allem bei den kleineren Kinder - Vorbild und wird, wenn sie beliebt ist, nachgeamt.
Dabei geht es ja nicht nur um das Kopftuch, sondern um das, was es bedeutet, um die Zugehörigkeit zum Islam. Wie hier schon betont wurde, leben wir in der christlichen Zivilisation und sollten diese nicht vernachlässigen.
Das Tragen von Kreuzen ist im allgemeinen wohl eine andere Sache. Diese gelten heute ja weniger als ein "Glaubensbekenntnis", sondern sind in den meisten Fällen Schmuck. Und darüberhinaus seit Jahrhunderten üblich.


Edwin antwortete am 05.07.02 (14:20):

Diese Urteil wird m. E. sehr wohl Bestand haben, denn es ist logischerweise die Folgerung aus dem Kruzifix-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes.
Die Schüler haben einen Anspruch darauf, nicht durch die Lehrperson dem Einfluss einer Religion ausgesetzt zu sein. Das tragen eines Kopftuches durch die muslemische Lehrerin ist sehr wohl ein Zeichen ihres Glaubens.
Die Richter des Bundesverwaltungsgerichtes folgten dem Geist der Entscheidung, mit der das Bundesverfassungsgericht damals für Aufregung sorgte. Auf Verlangen der Eltern eines einzigen Kindes, so die Richter damals, musste das christliche Kreuz an der Wand des Klassenzimmers entfernt werden.
Wer dieses Urteil gutheißt, der muss bei aller Toleranz für den Islam auch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes befürworten.
Edwin


Ursula antwortete am 05.07.02 (14:50):

Ich empfinde es als einen unvereinbaren Widerspruch, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil zwar die Religionsfreiheit und den Zugang zu öffentlichen Ämtern "unabhängig vom religiösen Bekenntnis" betont, das für Beamte geltende Neutralitätsgebot in Glaubenfragen aber höher bewertet.

Wegen der Neutralitätspflicht und wegen ihrer Vorbildfunktion dürfe eine Lehrerin, so das Gericht, "den in ihrer Persönlichkeit noch nicht gefestigten Schülern keine bestimmte Glaubensüberzeugung ständig und unübersehbar vor Augen führen". Die Schüler hätten - wegen ihrer eigenen Religionsfreiheit - ein Anrecht darauf, "nicht dem Einfluß einer fremden Religion, auch in Gestalt eines Symbols, ausgesetzt zu werden".

Eine Lösung des Konfliktes zwischen der Religionsfreiheit der Lehrerin und jener der Schüler sei nach Ansicht der Richter nur dadurch zu lösen, dass die Lehrerin zumindest während des Unterrichts auf ihr Kopftuch verzichte.

"Da die Klägerin hierzu nicht bereit ist, fehlt ihr" - dies die Meinung des Gerichts und des Oberschulamtes Stuttgart - "die erforderliche Eignung, den staatlichen Erziehungsauftrag mit der gebotenen Neutralität wahrzunehmen."

Diese Auffassung ist für mich unbegreiflich, und ich hoffe, dass die Lehrerin gegen das Urteil Verfassungsbeschwerde einlegt und doch noch Recht bekommt.



susanna antwortete am 05.07.02 (16:05):

@ Ursula

Da bin ich völlig gegenteiliger Meinung. Wenn ich in einem Land lebe, das ganz bestimmte Vorstellungen von Bekleidung und Verhalten hat, dann richte ich mich danach, sogar, wenn ich nur Gast bin.

Bei den Kopftüchern empfinde ich so etwas wie: schaut mal her,- ich bin besser als ihr. Gerade habe ich das bei über 30° erlebt. Im Auto neben mir sassen 4 Mädchen zw. ca. 6 und 12 Jahren, von denen 3 ein Kopftuch trugen, der Schweiss lief ihnen über das Gesicht und sie taten mir leid.

Ich denke, es wird mehr von den Männern/Vätern/Brüdern verlangt, denn wie wir oben gelesen haben, gibt es im Koran keine Stelle, die das vorschreibt.

Andererseits sehe ich aber auch schon eine Generation von jungen Frauen, die ohne Kopftuch, in Bäckereien, Frisörbetrieben oder anderswo arbeiten und ob die weniger ihrem Glauben anhängen wage ich zu bezweifeln und es sind nicht wenige.

Ich würde nicht wollen, dass meine Kinder von einer Lehrerin unterrichtet werden, die im Kopftuch erscheint, auch nicht, wenn sie gut ist oder gerade dann nicht.

Die Vorstellung, dass meine Tochter eines Tages nach Hause käme und auch nach einem Kopftuch verlangte, wäre für mich ein Alptraum. Es ist aber nicht von der Hand zu weisen, dass Erziehung auch Vorleben bedeutet und eine unterschwellige Indoktrination sehe ich da schon.


Werner Bleicher antwortete am 05.07.02 (17:03):

Was mich immer wieder wundert:
es ist ja richtig, dass das Kopftuchtragen selbst in moslemischen Familien umstritten ist, es ist aber zweifellos auch richtigt, dass häufig nicht nur das Tragen von Kopftüchern von den männlichen Familienmitgliedern den Frauen und Mädchen aufgezwungen wird, sondern auch z. B. der Turnunterricht, Schwimmen oder der Deutschkurs be- und verhindert wird. In der Sendung "Mittagsgespräch" auf BR/Alpha erzählte eine integrierte Muslima (Sozialpädagogin) von diesen Dingen und berichtete, von einer langjährigen Freundschaft ihres Mannes (Deutsch) mit einem ihrer moslemischen Bekannten, der aber seit zigjahren seine Frau bei Besuchen versteckt. Ihr Mann habe diese Frau noch nie zu Gesicht bekommen. Und da wundere ich mich, dass unsere "Grünen" Menschenrechtskämpfer zwar für alle möglichen Randgruppen eintreten - aber für die Gleichberechtigung moslemischer Frauen - zumindest in unserem Lande - rühren sie keinen Finger


Fred Reinhardt antwortete am 05.07.02 (17:31):

Kopftuch hin Kopftuch her und ob die Entscheidung gegen ein Kopftuch richtig oder falsch war / ist kann ich nicht beurteilen.
Meine Grossmutter und ihre Altersgenossinen auf dem Land haben immer und überall Kopftücher getragen. Sie war evangelische Christin.
1945 als ich nach Deutschland zurück kam, hatte meine Lehrerin ein Kopftuch auf. Eine katholische Frau aus Siebenbürgen.
Meine Frau hatte unter anderen eine Nonnen als Lehrerin, auch da gab es keine Aufregung.
Sicher mögen viele hier denken " es war einmal ", aber solange wir uns mit solchen Nebensächlichkeiten beschäftigen, geht es uns gut.
Einen schönen Abend, wünscht Fred


Nuxel antwortete am 05.07.02 (17:33):

Meiner persönlichen Meinung nach wird das Kopftuchproblem völlig zu Unrecht aufgebauscht!
Die Kinder christlichen Glaubens sollen in der Schule nicht von einer Lehrkraft unterrichtet werden,die ein sichtbares Zeichen ihrer Religions-bzw.Kulturzugehörigkeit trägt ?

Diese Lehrerin will ja die Schüler nicht durch tragen eines Kopftuchs zum Islam bekehrend unterrichten!
Vergleichbar wäre etwa das Tragen von Schmuck in Kreuzform
Von den Kruzifixen in Schulen wurde ja schon gesprochen.
Damit werden ja Andersgläubige auch konfrontiert.

Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich

Ist das mit den Religionen anders?


Herbert Clostermann antwortete am 05.07.02 (18:28):

Ich möchte der Meinung von SUSANNE zustimmen, dass man sich den Gepflogenheiten eines „Gastlandes“ anpassen und noch ergänzend hinzufügen, dass man aus dieser ganzen Angelegenheit nur keinen „Kulturkampf“ machen sollte. Meine Frau kommt soeben von einer mehrwöchigen Studienreise mit einem archäologischen Arbeitskreis aus dem Iran zurück und empfand es zwar sehr beschwerlich, aber dennoch als selbstverständlich, dass sie sich der dort herrschenden Kleiderordnung anpassen mußte.
Ich persönlich nehme keinen Anstoß daran, in unserem Straßenbild islamische Frauen mit Kopftüchern wahrzunehmen, aber in Wahrnehmung eines öffentlichen Auftrages sollte man da etwas mehr Zurückhaltung an den Tag legen und alles vermeiden, was als „übertriebenes Bekenntnis“ ausgelegt werden könnte. Auch katholische Ordensgeistliche gehen immer mehr dazu über, das auffallende Ordenskleid in der Öffentlichkeit mit einer mehr zivilen Kleidung auszutauschen.
Herbert


Fred Reinhardt antwortete am 05.07.02 (19:30):

@Herbert mag bei euch so sein, bei uns nicht.
Warum sollten Nonnen, Pfarrer und Mönche nicht mehr im Ordensgewand durch die Strassen gehen ? Mir würde etwas fehlen in unserer Stadt, die auch auf 7 Hügeln gebaut ist.
Marktweiber ( bei uns Humsara genannt ) mit dem so typisch gebundenen Kopftuch. Islamische Frauen in ihren etwas anders geschnittenen Gewänder, gehören heute genau so dazu. Diese Vielfalt sollte wirklich erhalten bleiben.
Dies wollte ich noch anbringen. Fred


Karl antwortete am 05.07.02 (20:59):

In Deutschland würde es kein Richter wagen, einem orthodoxen jüdischen Englischlehrer die typische Kopfbedeckung zu verbieten. Ich finde, dass das Gericht zu weit gegangen und das Kopftuch-Urteil nicht haltbar ist. Die Religionsausübung ist frei in diesem Land und alle anerkannten Religionen sind vor dem Gesetz in der BRD auf dem Papier gleichgestellt - oder irre ich mich?


Fred Reinhardt antwortete am 05.07.02 (21:36):

@ Hallo Karl, da gehen wir voll einig, denn sonst müsste der Richter, unseren Erzbischof und Weihbischof, ihre Kopfbedeckungen auch verbieten. Sogar der Stellvertreter Gottes auf Erden, wäre da nicht ausgenommen.
Fred


Peter Glotz antwortete am 05.07.02 (22:31):

Also ehrlich, es wäre ja vielleicht hilfreich, wenn man wenigstens bei den richtigen Personen bleiben würde. Weder der Papst, noch ein Weihbischof oder Erzbischof sind hier angesprochen. Ich erinnere mich nicht, daß sich diese Personen um ein Lehramt bemüht haben.

Es geht einzig und allein darum, wer wie an einer deutschen Grundschule unterrichten darf. Auf gut deutsch, es geht eigentlich nur um eine gewisse "Kleiderordnung" und sonst um nichts. Wenigstens nicht im Prinzip.

Hakenkreuze sind auch verboten. Hinter solchen Symbolen steht eben nicht nur eine individuelle Glaubensfreiheit, sondern eine ganze Weltanschauung. Mit Kopftüchern ist das nicht anders, wenn ausdrücklich betont wird, daß damit etwas "typisches" symbolisiert werden soll.

Ich bin übrigens fest überzeugt, daß die junge Frau überhaupt kein Interesse an einem Lehramt hat. Ihr geht es um den Islam und um die Islamisierung der Gesellschaft. Das kann sie ja auch herzlich gerne machen..... in Afghanistan. In Deutschland gelten deutsche Gesetze. So soll es bleiben.


Karl antwortete am 05.07.02 (23:05):

Nur - diese deutschen Gesetze scheinen vielen Deutschen unbekannt zu sein. Ich zitiere aus dem Grundgesetzt:


Art. 3

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

---

Weiter oben wurde von deutschen Staatsbürgern anderer Religion als von "Gästen" gesprochen. Dies ist gegen das Grundgesetzt.

Mit freundlichen Grüßen

Karl


Peter Glotz antwortete am 05.07.02 (23:27):

@ Karl:

Es ist ein sehr weites Feld, das es da zu beackern gilt. Nicht alles wird vom Grundgesetz allein geregelt.

Die Frau würde ja sofort ein Lehramt bekommen, wenn sie sich an die Schulordnung halten würde. Somit ist sie also vom Grundgesetz her in keiner Weise benachteiligt.

Nimm doch mal ein anderes Beispiel. In einer Wurstfabrik habe ich eine Kleiderordnung. Hygienische Vorschriften gilt es zu beachten. So ist man zum Beispiel gezwungen, daß man eine Kopfbedeckung trägt. Das gleiche gilt im Gastronomiegewerbe usw.

Niemand kann sich dort auf das Grundgesetz berufen und gegen die verlangte Kopfbedeckung klagen. Das ist genau das gleiche Prinzip, nur eben umgekehrt.


Karl antwortete am 05.07.02 (23:49):

@ Peter

in der Begründung des Gerichts steht nichts von einer Kleiderordnung, sondern etwas von einem religiösen Symbol. Wenn dieses Urteil bestand hat, wird es bedeuten, dass bald niemand mehr in der Schule sichtbar ein Kreuz tragen kann. Ich habe nichts gegen die Säkularisierung der Schule, mir wäre ein religiöser Ayatollahstaat etwas fürchterliches, aber ich glaube, hier fällt man ein Urteil aus Abwehrhaltung gegen den Islam und vergisst, dass man sich den Ast absägt, auf dem man selber sitzt.

Schavan war ursprünglich dafür, dass Frau X Lehrerin mit Kopftuch werden durfte und hat sich unter dem Druck der Partei vom Gegenteil überzeugen lassen. Diese konservativen Kreise haben die Konsequenzen des Urteils nicht bedacht, weil sie das Grundgesetz nicht verinnerlicht haben.


kleinella antwortete am 05.07.02 (23:54):

Ich bin der Meinung, wenn ich unbedingt in einem fremden Land leben und arbeiten will, dann habe ich mich der dort geltenden Ordnung zu fügen. Das ist nicht nur wegen dem Kopftuch so. Eigentlich sind sie doch hier zugast, oder? Und als Gast muß man sich entsprechend benehmen, finde ich. Meiner Meinung ist Deutschland sowieso in dieser Beziehung viel zu großzügig, bekommt aber dafür auch oft genug die Quittung, indem ihm diese "Gäste" auf der Nase herumtanzen. Soll diese Frau doch in ihr Heimatland zurückkehren und dort mit Kopftuch unterrichten. Ich hoffe nicht, daß mein Standpunkt irgendwie rassistisch ausgelegt wird, aber ich habe nun einmal etwas gegen diese "Völkerwanderung". Wo kommen wir denn da hin, frage ich mich oft??


Karl antwortete am 05.07.02 (23:55):

Ich trage noch Artikel 4 des Grundgesetzes nach, in dem nochmals in zwei Absätzen auf die Religion eingegangen wird:

Art. 4

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.


Wolfgang antwortete am 05.07.02 (23:57):

Das Urteil hat scho so a Gschmäckle... Es wurde eben nicht über irgendeine Kopfbedeckung geurteilt und Hygienevorschriften oder Berufskleidungen waren auch nicht das Thema. Es ging um ein Kopftuch, das eine Muslimin tragen wollte, auch dort, wo sie viele Stunden ihrer Zeit verbringt, am Arbeitsplatz in einer staatlichen Schule. Damit will sie auch demonstrieren, dass sie praktizierende Muslimin ist.

Karl hat schon auf Art. 3 GG hingewiesen... Wichtig ist auch Art. 4 GG, der Artikel, der die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit schützt.

Diese Rechte sind Menschenrechte, können also in unserem Land von jedem in Anspruch genommen werden (auch von "Gästen") und sind zwingend von allen, auch vom Staat, zu respektieren.

Das Urteil wird keinem dieser Artikel gerecht. Und da es sich einseitig gegen die Trägerin einer ganz bestimmten Religion richtet (und nicht etwa grundsätzlich gegen alle TrägerInnen von Religionen), dürfte es letztlich vorm Bundesverfassungsgericht keinen Bestand haben. Wenn doch, dann haben wir ein Problem mehr in unserer Gesellschaft.


Karl antwortete am 05.07.02 (23:58):

@ kleinella

es geht hier nicht um einen Gast, sondern um eine deutsche Staatsbürgerin. Hast Du weiter oben Artikel 3 aus dem grundgesetz gelesen?


Wolfgang antwortete am 06.07.02 (00:19):

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland bedauert das Urteil und bezeichnet dieses Urteil als "Faktisches Berufsverbot für Muslimas mit Kopftuch".

Leider hat der Zentralrat mit dieser Einschätzung recht. Das Gericht hat eine grosse Chance vertan und der Integration eine Absage erteilt. :-(

(Internet-Tipp: https://www.islam.de/?site=articles&archive=newsnational&article_number=1078)


Virenverweigerer antwortete am 06.07.02 (01:04):

@ kleinella

dein Beitrag muss nicht ausgelegt werden, er ist rassistisch!

Im übrigen ist eine deutsche Staatsbürgerin ausländischer Herkunft kein Gast hier sondern eine Bürgerin mit allen Rechten und Pflichten.


Charlie antwortete am 06.07.02 (01:16):

Wieso benötigt die Dame für ihren Glauben ein Kopftuch? Wo, wann und wie sie ihre Religion ausübt - mit oder ohne Kopftuch - bleibt ihr unbenommen.

Das Tragen eines Kopftuches bedeutet für mich eine Demonstration des "Andersseins", denn wie wir anfangs gelesen haben, gibt es keine Stelle in Koran, die dieses vorschreibt.


Peter Glotz antwortete am 06.07.02 (02:20):

Ich bin ebenfalls deutscher Staatsbürger. Ich achte und respektiere die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland. Nicht mehr und nicht weniger erwarte ich auch von einer islamischen Frau, die hier eingebürgert worden ist.

Das Tragen eines Kopftuches, während des Unterrichts an einer deutschen Schule, ist vom Bundesverwaltungsgericht in Berlin untersagt worden. Das sind die Fakten. Und somit handelt es sich um geltendes Recht in Deutschland.

Die Richter am Bundesverwaltungsgericht haben sich diese Entscheidung sicher nicht leicht gemacht. Auch die Vorinstanzen haben ja in gleicher Weise entschieden. Bei allem Respekt für unterschiedliche Meinungen, keiner von uns wird über mehr Sachverstand verfügen, als die Juristen, die sich mit diesem Fall beschäftigt haben.

Sollte, was ich nicht glaube, das Bundesverfassungsgericht zu einer anderen Betrachtungsweise kommen, dann werde ich das respektieren. Das ist für mich selbstverständlich. Meine persönliche Meinung darf dabei keine Rolle spielen.


seewolf antwortete am 06.07.02 (03:14):

aber aber - Peter ....

in der BRD muß jeder jederzeit allerorts alles zeigen/sagen/schreiben dürfen - sonst könnte ja eine betroffene Seele verletzt werden ...

...unser Grundgesetz ist ja dafür geschaffen worden, die unverletzlichen Rechte der "Menschheit" zu schützen, weniger die der Bevölkerung dieses Landes...

...deutsche Bundesgerichte werden sich noch mit ganz anderen höchstwichtigen Belangen Angehöriger anderer Kultur- oder Religionskreise zu befassen haben...

...infolgedessen können sich die Senate der höchsten deutschen Gerichte nicht um die schon lange als verfassungswidrig erkannten Zustände der Steuer- und Finanzverwaltung, der unhaltbaren Sozialgesetzgebung, der lächerlichen Verkehrsbestimmungen, und anderer Rechtsgebiete kümmern - Zeitmangel wegen Kopftüchern, Kruzifixen, Käppis, Glatzen, usw...

Aber wehe, ein Bürger dieses Landes hat ein Anliegen - zB ein siecher alter Mensch, der in einem sog. Altenheim vergammelt... für den tritt doch nichtmal sein Erbe ein !

Kopftuch lebe hoch ...


Peter Glotz antwortete am 06.07.02 (06:28):

@ seewolf:

Das mag ja alles richtig sein, was Du sagst. Es ändert aber nichts an der Tatsache, daß allein die geltenden Gesetze Rechtsgültigkeit haben.

Solange keine modifizierten Gesetze in Kraft sind, solange kann kein Richter anders entscheiden. Wäre es nicht so, dann bräuchten wir die ganze Gesetzgebung ja nicht.

Eine völlig andere Sache ist, wie die einzelnen Gesetze vollzogen werden. Oftmals fehlt es einfach an der praktischen Anwendung.


Wolfgang antwortete am 06.07.02 (07:52):

Aus einem Kommentar in der Süddeutschen Zeitung:

"Eine Gesellschaft, die es für unzumutbar hält, ihre Kinder mit dem Anblick gelebten Glaubens zu konfrontieren, kann nicht wahrhaft aufgeklärt sein. An deutschen Schulen grassiert folglich die Angst vor der Freiheit. Gerade auch der, seinen eigenen Gott zu wählen. Oder eben nicht."

Der Kopfputz (von Bernd Graff)
https://www.sueddeutsche.de/index.php?url=/kultur/themen/47796&datei=index.php

(Internet-Tipp: https://www.sueddeutsche.de/index.php?url=/kultur/themen/47796&datei=index.php)


Fred Reinhardt antwortete am 06.07.02 (09:31):

@Guten Morgen Peter Glotz.
Sicher hast du recht, Bischof und Weihbischof führen kein direktes Lehramt aus, aber indirekt auf jeden Fall.
Wie sieht es aber, wie ich es bereits geschrieben habe, mit Nonnen und Schwestern aus, die das Lehramt im Ordenskleid und Kopfbedekung ausführen.
Bei uns in Bayern, unterrichten Nonnen und Schwestern in vielen Schulen alle Fächer, nicht nur Religion.

Ich möchte diese sehr guten Lehrkräfte für unsere Kinder nicht missen, aber diese Frage sei mir erlaubt.

Dann dürfte womöglich eine Lehrerin, nach einer überstandenen Chemotherapie, wenn sie ein Kopftuch auf hätte, auch nicht mehr unterrichten ?


Peter Glotz antwortete am 06.07.02 (11:16):

@ Fred Reinhardt:

Also da kann ich Dir bedenkenlos zustimmen. Gute Lehrkräfte, mit und ohne Kopfbedeckung, sollte sich der Staat erhalten. Auch in einer Ordenstracht kann ich kein Hindernis erkennen.

Mich stört eigentlich auch kein Kopftuch, wenn es zur Bedeckung des Kopfes, oder der Haare, dient. Was mich stört ist die Tatsache, daß es zum Glaubenssymbol erhoben wird. Und zwar nicht zum Symbol für den islamischen Glauben schlechthin, sondern zu einer fanatisch, fundamentalistisch orientierten Glaubensrichtung. Genau das ist aber auch mit dem wahren Islam nicht vereinbar. Es wurde ja mehrmals erwähnt, daß es im Koran nicht gefordert wird. Also kann es auch nicht von dort abgeleitet werden.

Hätte die Frau gesagt, sie wolle ein Kopftuch tragen, weil sie es schön findet, oder weil es sie sonst friert, oder weil sie schon immer ein Kopftuch trug, dann hätte es ihr kein Mensch verboten. Sie hat aber genau das Gegenteil gemacht und hat sich beharrlich auf die Ausübung ihrer Religionsfreiheit berufen.

Chemotherapie und Kopftuch.... Na, jetzt muss ich aber wirklich schmunzeln. Ich kann Dir auch gar nicht sagen, ob es eine islamische Chemotherapie überhaupt gibt. Wenn nicht, dann sollte man sie unbedingt zulassen. Hauptsache sie hilft!


Wolfgang antwortete am 06.07.02 (11:49):

Was der Koran fordert, ist Auslegungssache... Viele Muslime, nicht alle, berufen sich, was die Verhüllung allgemein oder die Kopfbedeckung speziell betrifft, auf diese Sure:

"Und sprich zu den gläubigen Frauen, dass sie ihre Blicke niederschlagen und ihre Scham hüten und dass sie nicht ihre Reize zur Schau tragen, es sei denn, was aussen ist, und dass sie ihren Schleier über ihren Busen schlagen und ihre Reize nur ihren Ehegatten zeigen [...]."

Koran, Sure 24, Vers 31; zit. nach der Übertragung von Max Henning, Stuttgart (Philipp Reclam jun.), 1989, S. 332

Es stand dem Gericht nicht zu, darüber zu urteilen, was genau im Koran gefordert und wie Texte ausgelegt werden... Das hat das Gericht auch nicht getan... Alleiniger Maßstab ist, dass das Grundgesetz in Artikel 4 die Glaubensfreiheit garantiert. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes beinhaltet diese nicht nur die innere Freiheit jedes Menschen zu glauben, sondern auch die äußere Freiheit, diesen Glauben zu manifestieren, zu bekennen und zu verbreiten, so wie dieser Mensch seinen persönlichen Glauben versteht.

Von dieser höchsten Rechtsprechung ist das Bundesverwaltungsgericht dieses Mal deutlich abgewichen. Ich bin zuversichtlich, dass das Urteil vorm Bundesverfassungsgericht keinen Bestand haben wird.


Nachtarbeiter antwortete am 06.07.02 (11:54):

Wo schreibt denn die Bibel das Kreuz vor? Und trotzdem ist es unbestritten ein religiöses Symbol.


Karl antwortete am 06.07.02 (12:04):

@ Peter Glotz

die Einschätzung von Frau X ist falsch. Sie wird durchweg als aufgeschlossene, moderne Frau beschrieben, die sich nur ihr Recht nicht nehmen lassen will. Ich halte es für unangebracht jemandem vorschreiben zu wollen, was er als religiöses Symbol betrachten darf und was nicht. Ich würde den koran auch nicht stellvertretend auslegen wollen.


Felix Schweizer antwortete am 06.07.02 (12:29):

p.s. habe gestern spät noch einige Gedanken zu diesem Thema zusammengetragen ... bin nicht mehr sicher .. ob ich sie absenden soll ... könnte falsch verstanden werden .. ich wag's!

Ich sehe die ganze Problematik in einem grösseren Kontext:
Seit jeher hat der Mensch das Bedürfnis, sein Erscheinungsbild so zu gestalten, dass die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gemeinschaft oder Gruppe ersichtlich wird.
Als Mittel dienen z.B. die Haartracht, Ausstattungen mit bestimmten Kopfbedeckungen, Kleider, Kostüme, Uniformen, symbolische Gegenstände wie Ringe, Abzeichen, Gürtel, Waffen etc. aber auch Tätowierungen, Bemalungen, Narbenbildungen, Deformierung bestimmter Körperpartien etc.etc.
In der Regel werden die eigenen symbolischen Ausstattungen kaum hinterfragt ... sie sind das, was man in der Psychologie ein "Hintergrundphänomen" nennt. Bei abweichenden Formen ... wie im Fall des Kopftuches bei muslimischen Frauen... werden solche Symbole augenfällig. Man nennt diese einseitige Sicht auch "ethnozentrisch".

Um die eigene Symbolik bewusst zu machen, gibt es z.B. die Möglichkeit der Verfremdung.

Beispiel: Das christliche Symbol des Kreuzes .. ursprünglich ein römisches Gerät zum Ausführen einer grausamen Todesstrafe.
Wenn wir annehmen würden, dass der Religionsstifter der Christen beispielsweise an einem Galgen gestorben wäre .... Habt ihr genügend Fantasie euch vorzustellen ... wie verändert unsere christliche Welt aussehen würde .. Galgen überall ... auf den Gotteshäusern, an den Wänden, an Ketten am Hals .. mit und ohne Christus. Man würde bei der Messe einen Galgen schlagen, es gäbe Galgenritter, Galgenzüge ins heilige Land etc.
Meinen potenziellen Kritikern muss ich noch klar machen , dass ich in keiner weise mich hiermit über christlliche Symbole lächerlich machen will. Es geht ums Bewusst machen.

Das Tragen eines Kopftuches ist also eine von vielen Formen. Der Umstand, dass viele sich daran stossen, hängt mit der derzeitigen Angst vor moslemischer Einflussnahme zusammen. Diese Angst verstehe ich durchaus.
Den Erzwingern des Rechts ... die Religionszugehörigkeit auch dann sichtbar zur Schau zu stellen, wenn es bei der einheimischen Bevölkerung zu Verstimmungen kommt, sei gesagt:
Es wäre klüger auf provokative Ausstattungen zu verzichten, wenn man ein friedliches Zusammenleben überhaupt anstrebt!


Ursula antwortete am 06.07.02 (12:43):


Es steht hier doch gar nicht zur Debatte, was der Koran vorschreibt und was nicht.

Maßgeblich ist, dass das Bundesverwaltungsgericht das Kopftuch der Lehrerin als religiöses Symbol versteht.

In der Urteilsbegründung heißt es: Die Schüler hätten - wegen ihrer eigenen Religionsfreiheit - einen Anspruch darauf, "nicht dem Einfluß einer fremden Religion, a u c h i n G e s t a l t e i n e s S y m b o l s, ausgesetzt zu werden". Ein solches Symbol sei aber das Kopftuch, "selbst wenn seine Trägerin keinerlei missionarische Absicht damit verfolgt und das Kopftuch nur aus eigener Glaubensüberzeugung trägt".

Das Gericht unterstellt der Lehrerin somit keine "missionarischen Absichten", untersagt ihr aber trotzdem, dass sie das Kopftuch "nur aus eigener Glaubensüberzeugung trägt".

Diese Rechtsauffassung ist nach meiner Ansicht willkürlich, da sie gegen die im Grundgesetz garantierte Religionsfreiheit verstößt. Das Urteil dürfte daher vor dem Bundesverfassungsgericht keinen Bestand haben.

Ursula


schorsch antwortete am 06.07.02 (16:39):

Wer sich mit Äusserlichkeiten als AnhängerIn einer ganz bestimmten Religion outet, wird auch in seinen/ihren Lehrmethoden für diese Religion werben. Keine "normale" Lehrkraft wird in unseren abendländischen Ländern versuchen, Kinder, die einer anderen Religion angehören, zum Christentum bekehren zu wollen, noch wird er/sie andersgläubige Kinder wegen ihrem "Anderssein" hänseln oder sonstwie diskriminieren. Leider halten in islamischen Ländern die Lehrkräfte nicht Gegenrecht - weil sie von den fundamentalen Machthabern daran gehindert werden.


rolf antwortete am 06.07.02 (19:54):

Heute ist im Videotext von Kabel1 eine TED-Umfrage zu dem Kopftuchurteil: 10,9 % halten es für sinnvoll, 89,1 % für nicht sinnvoll.


henner antwortete am 07.07.02 (20:14):

WolfgangM.schreibt:
"Ob die Frau ein Kopftuch trägt oder einen Zylinder oder eine Glatze ist doch egal.
Hauptsache, sie ist eine gute Lehrerin."

Wenn in einer größeren Stadt mehrere Schulen zur Auswahl stünden,in denen jeweils o.g Kopfbedeckungsträger unterrichteten und weiter Schulen (auch mit herkömmlichen Lehrern)zur Auswahl stünden,in welche würde ich meine Kinder wohl schicken?
Erst wenn sich in mir die Frauenglatze nach mehrjähriger Erfahrung und Gewöhnung als "die bessere Lösung"herauskristallisiert hätte,würde ich sie meinen Kindern und Enkeln empfehlen--obwohl ich mir nicht sicher bin,dabei den Zeitgeschmack meiner Enkel getroffen zu haben.


elfriede antwortete am 07.07.02 (22:12):

Das Kopftuch ist - von selbstbewußten und gebildeten muslimischen Frauen getragen - eben auch ein WELTANSCHAULICHES und POLITISCHES Symbol. Wenn sie in einer westlichen Gesellschaft meinen, diese Weltanschauung zeigen zu müssen, sollen sie es ruhig tun, aber außerhalb von eventuellen Tätigkeiten in einem hiesigen Öffentlichen Dienst.

In diesem Zusammenhang gehe ich sogar noch weiter, und fordere ebenfalls für die Schülerinnen einer öffentlichen Schule Kopftuch- bzw. Tschadorfreiheit, ebenso wie die selbstverständliche Teilnahme an Sportunterricht, Klassenausflügen und -Reisen. Wer jemals das Elend und die Konflikte von kleinen Mädchen miterlebt hat, die sich einerseits den westlichen Gepflogenheiten in der Schule anpassen sollen, aber das von ihrem traditionalistischen Elternhaus aus nicht dürfen, wird mir zustimmen. Diese Maßnahme soll ihrem Schutz und ihrer Entwicklungsmöglichkeit dienen.
Die Entscheidung hier zu leben, kann für muslimische Familien nicht so weit gehen, daß ohne Bedenken die Gewohnheiten eines anderen Kulturkreises importiert werden.
Ebenso wenig darf unsere Bereitschaft zu Toleranz und Integration so weit gehen, daß wir kritiklos solches hinnehmen.
Von daher halte ich die Entscheidung des OVerw.gerichtes für eine notwendige Zeichensetzung.


Ursula Trautmann antwortete am 08.07.02 (00:44):

<zunächst muß es ja mal jemanden gegeben haben, der sich an dem Kopftuch gestört hat!!! Diese junge Frau ist eine "Deutsche" wieso darf sie kein Kopftuch tragen???? Unsere Lehrer sind an Aschermittwoch sogar mit dem Aschenkreuz rumgelaufen!!! Unser Pfarrer ist immer mit diesem Kragen und im Gehrock erschienen! Aber das ist ja weiter oben schon erwähnt!!! Die Schüler erfahren nicht durch das Kopftuch etwas über den Islam, sondern durch die Persönlichkeit der Lehrerin! Ich halte das für durchaus wünschenswert, wenn die Schüler in der Schule auch etwas über andere Religionen erfahren! Es sind doch die Kirchen, die sich als Moralapostel aufführen und Widerstand gegen alle anderen Philosophien mobilisieren! Nach diesem Urteil müssen auch die Religionsstd. außerhalb der Schule abgehalten werden!!! denn ein nichtreligiöser Schüler muß sich als Außenseiter fühlen, wenn er mit 2 oder drei anderen Schülern eine Freistd. hat weil er nicht am Religionsunterricht teilnimmt.


WolfgangM. antwortete am 12.07.02 (11:52):


WolfgangM. [wolfgangmuecke@t-online.de]
Das ist das Problem "Religion" und "Trennung von Staat und Kirche" angesprochen. Ein schwieriges Thema, weil man ein paar Warheiten bemerken muß, die zum Widerspruch reizen könnten:

Wenn wir es mit der Trennung von Staat und Kirche ernst nehmen würden, dürfte auch kein kirchlicher Religionsunterricht an öffentlichen Schulen stattfinden.

Es dürften auch keine Priester oder Nonnen in ihrer religösen Kleidung an Schulen unterrichten.

Es dürften auch keine kirchlichen Symbole in Schulen gezeigt werden.

Die Schule ist dann religiös frei und die Schülerinnen und Schüler könnten ohne in eine bestimmt Richtung gedrängt zu werden frei und offen lernen.

Wer seine Kinder religiös von der Kirche zusätzlich unterrichtet haben möchte, muß dann seine Kinder in eine kirchliche Einrichtung schicken, außerhalb des regulären Unterrichtes.

Anstelle von kirchlichem Religionsunterricht kann ein Fach
"Religionskunde" eingerichtet werden. Und hier können die Kinder dann unbefangen und unbeeinflußt mit allen Religionen vertraut gemacht werden. Vielleicht baut das dann auch Differenzen unter den Kindern ab, wenn man lernt, wie der andere, aus einer anderen Religion, denkt.

Utopie? Natürlich, die Kirchen, gestärkt durch Milliardenzuwendungen unseres Staates werden nicht ihre
Machtstellung aufgeben.


Felix Schweizer antwortete am 12.07.02 (13:01):

Wir haben in einigen Kantonen eine mehr oder weniger scharfe Trennung von Kirche und Staat. Der Religionsunterricht ist freiwillig und wird von Personen unterrichtet, die von den Landeskirchen gestellt werden. In der Regel werden Räumlichkeiten und Platz im Pensum von der Schule angeboten. Es gibt auch für alle einen obligatorischen Unterricht, der früher "Biblischer Unterricht" hiess. Heute heisst er in gewissen Lehrplänen auch "Lebenskunde". Es geht in diesen Stunden vorallem um die Verhaltensethik, die Gewissensbildung und die Beziehungen zwischen den Menschen. Dem Klassenlehrer, der diesen Unterricht unabhängig von seiner Konfession geben muss, ist weitgehend frei, wie er dieses Thema angehen will. Es liegt auch drin, dass man von Bibeltexten ausgeht (Gleichnisse, Bergpredigt etc.). Ich selber ging meist von bestehenden Konfliktsituationen unter den Schülern/innen aus ... also ganz konkret. Es waren meistens Sozialisierungsgespräche. Ich vermied bewusst auf irgend eine bestimmte Religion bezug zu nehmen ... oder wenn schon vergleichend. Meine Schülerinnen in der Integrationsklasse kamen aus den verschiedensten Religionen.
Ich bin klar dagegen, dass Ordensleute in einer öffentlichen Schule unterrichten dürfen!