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THEMA:   Fussball ...die wichtigste Nebensache der Welt!

 19 Antwort(en).

Felix Schweizer begann die Diskussion am 01.06.02 (00:30) mit folgendem Beitrag:

Schon die leidige Geschichte um FIFA-Präsident Sepp Blatter .. hat tagelang alle Medien beschäftigt. Länge der Beiträge ca. 40 mal länger als der weltpolitisch wichtigere Konflikt zwischen Indien und Pakistan. Ich schäme mich für diesen korrupten, hässlichen Landsmann, ein Betonkopf aus dem Wallis!
Haben wir alle Relationen verloren. Da werden vergoldete Gladiotoren zur Schaulust des Volkes auf einander gelassen ... und da hört man schon Hochrechnungen ... von zig Millionen von Arbeitsstunden, die zum Zugaffen in Europa in die Binsen gehen. Nichts gegen den Fussball als spannendes sportliches Mannschaftsspiel ... Ich war selber begeisterter Aktiver in jüngeren Jahren.... Nein ... ich spreche von den teuer gekauften Gladiatoren ... aus allen Herren Länder ... die zum Gaudi des Volkes .. auf dem heiligen Rasen für die Ehre irgend einer Nation .. oder eines Vereines ... auf einander angesetzt werden. Unglaublich weltbewegend .. wer gerade verletzt oder unpässlich ist .. und als Spieler nicht voll einsetzbar ist. Besser wäre es .... auf den momentanen Seelenzustand seiner eigenen Familiemitglieder zu achten!
Kann mir jemand erklären, was z.B. an einer sochen Weltmeisterschaft so unglaublich wichtig ist? Und kommt mir nicht mit Sportereignis ... oder Freude am Spiel? Ich glaube eher ... es hat etwas mit Stellvertreterfunktion .. mit Kompensation .. mit Nationalgefühl oder sowas zu tun! Weshalb sind die Interessen doch eher geschlechtsspezifisch verteilt? Oder täusche ich mich?


WANDA antwortete am 01.06.02 (08:44):

Oh, Felix, den Betonkopf muss ich erst einmal schlucken, mit dem Gaudi für's Volk hast Du ja recht, aber das geschlechtsspezifische kommt nicht so ganz hin. Zumindest kenne ich viele Frauen, die bei der Weltmeisterschaft auch dabei sind, am Schirm, aber mit dem Herzen. Hoffentlich gibt es Zuschriften, die der Deinen zustimmen.


Karl antwortete am 01.06.02 (08:44):

Lieber Felix,

ich bin der Meinung, dass die schönen Dinge des Lebens wegen der hässlichen nicht ausfallen dürfen. Internationale Sportereignisse haben das Potential die Auseinandersetzungen zwischen Staaten, Nationen etc. auf einem anderen Niveau stattfinden zu lassen als auf dem kriegerischen. Ich persönlich habe auch das Gefühl, dass bei solchen Grossereignissen das "One World" feeling eher ansteigt als absinkt.
Natürlich sollten sportliche Ereignisse die Aufmerksamkeit von solchen Dramas wie im Kaschmir nicht völlig abziehen. Wenn irgendwo, dann ist jetzt dort Krisenmanagement angesagt.
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Warum Fussball vielen so wichtig ist? Du wirst es nicht glauben, ich habe mich früher selber begeistert als Hobbykicker betätigt und kann mich an das intensive und bewusste Erlebnis der Freude "Dafür lohnt sich das Leben" erinnern, als ich nach längerer Verletzungspause wieder mitspielen konnte. Als Biologe wirst Du meine evolutionsbiologische Erklärung vielleicht nicht völlig absurd finden, dem "Ball" hinterher zu jagen, hat was Instinktives ;-)))

Mit freundlichen Grüßen

Karl

P.S.: Statt Fussball zu schauen, werde ich heute (gerne) Gast bei einer Hochzeitsfeier sein, lasse mir das Spiel aber von meinem Sohn aufzeichnen.


Felix antwortete am 01.06.02 (11:45):

Lieber Karl

natürlich habe ich keine Schwierigkeiten mit deiner evolutionsbiologischen Erklärung des "Objektverfolgens". Diesen Instinkt habe ich selber ausgelebt.... und dies gilt auch für alle, die aktiv mitspielen.
Aber an diesem Punkt fängt meine Problemstellung an:

Als Feinschmecker und Geniesser vielfältiger Tafelfreuden ... würde mir doch nicht in den Sinn kommen ... zu Bezahlen oder Zeit aufzuwenden ... um einigen Auserlesenen beim Festschmaus zuzusehen. Dass die Voresser auch noch hoch bezahlt sind ... macht die Sache nicht begreiflicher.

Ich bin kein Fussballmuffel ... sondern kann dem Schausport nicht dieses Interesse abgewinnen ... welches bewirkt, dass alles Andere an die Wand gespielt wird.

Kürzlich war Basel im Freudentaumel, weil der FCB nicht nur Schweizermeister sondern auch Cubsieger geworden war. Auch ich war in der brodelnden Menge und liess mich vom Tanzen und tosenden Sprechchören berauschen ... gespenstisch erhellt von Bengalischen Fackeln und berieselt von Konfettischauer .. ein Siegeszug .. wie im alten Rom ... BROT UND SPIELE ... weshalb nicht? Der Anlass hätte auch ein hinduistisches Fest am heiligen Ganges gewesen sein können.


Johannes Michalowsky antwortete am 01.06.02 (16:56):

Lieber Karl,

. . .Auseinandersetzungen zwischen Staaten, Nationen etc. auf einem anderen Niveau stattfinden zu lassen . . .

Meintest Du das angesichts einer solchen Meldung von immerhin der Süddeutschen Zeitung:

Yokohama/Japan (dpa) - Sieg oder Schelte, Trauer oder Triumph: Der Überlebenskampf in der «Todesgruppe» F verheißt höchsten Unterhaltungswert. Mit den Spielen England gegen Schweden und Argentinien gegen Nigeria steuert die Weltmeisterschaft ihren ersten Höhepunkten entgegen.

Welche der genannten Nationen wird überleben? Ich denke, wegen eines Fußballspieles wird keine zugrunde gehen. -


Johannes Michalowsky antwortete am 01.06.02 (17:08):

Nach der Wiederwahl von Sepp Blatter tritt der Generalsekretär zurück oder, die Nachrichtenlage ist nicht klar, was wahrscheinlicher ist: wird gefeuert. Seine Arbeit bei der Fußball WM darf er noch verrichten, dann wird er am 4. Juli abgehen.

Das Zentralkomitee wurde mit Blatter-freundlichen Personen besetzt und wird die Klage gegen Blatter zurückziehen. Ein Schaustück an Korruption, Schiebung und Betrug, wie man es sich nur wünschen kann. Wo bleibt der Aufschrei?


Edwin antwortete am 01.06.02 (21:41):

Hallo Felix,

M.E. ist Fußball nicht die wichtigste, sondern die schönste
Nebensache der Welt.

Oder sehe ich das falsch?? ;-))
Edwin


fx antwortete am 01.06.02 (21:45):

Na, das wäre aber traurig, wenn es nichts Schöneres gäbe - arme Menschen!


der Ball ist rund.. antwortete am 01.06.02 (22:03):

Jedem das Seine....und auch an einem Herrn Blatter wird die Fussballwelt nicht untergehen.

Korruption soll es übrigens schon im alten Rom gegeben haben.

Macht Euch nix draus !

Schöne Weltmeisterschaftsspiele für alle Fussballbegeisterten !


WANDA antwortete am 02.06.02 (08:52):

8 zu Null für Deutschland - ich kann nicht so tun, als ob ich es nicht wüsste, und ich kann auch nicht so tun, als ob ich mich nicht darüber freuen würde - auch wenn Fussball nicht gerade meine Domäne ist.


Karl antwortete am 02.06.02 (09:27):

@ Jo
Vielleicht gerade weil die Sprache kriegerisch ist, ist der Fussball eine relativ harmlose Ersatzdroge, die doch tausendmal besser ist als Krieg. Auch im Schachspiel haben wir kriegerische Motive kulturell verarbeitet. Der Speerwurf im Sport ist besser als die Granate in der Schlacht. Wissend, dass Du dem zustimmst mit besten Grüßen, Karl


Felix Schweizer antwortete am 03.06.02 (01:07):

Lieber Karl ...
natürlich hast du recht mit deinen angeführten Beispielen ... schön wäre es, wenn nationale Spannungen durch sportliche Kommentkämpfe ... wie man Kämpfe mit festen Regeln in der Verhaltensforschung nennt ...abgebaut würden. Es gibt aber durchaus Gegenbeispiele. Die aufgeheizten Fan-Gruppen können sich im Umfeld eines Spieles regelrechte Kriege liefern. Diese Kämpfe weisen alle hässlichen Anzeichen nationalistischer Gesinnung auf ... mit Kriegsbemalung ... Feldzeichen ... beschwörenden Gestiken .. Kampfgesängen .. bis zu Tätlichkeiten gegen den "Feind". In Südamerika kam es sogar zu Truppenaufmärschen im Zusammenhang mit einem Fussballspiel.
So harmlos und kompensatorisch sehe ich das Phänomen Fussball also doch nicht ... oder wurden Kriege dadurch verhindert?


Edwin antwortete am 03.06.02 (09:38):

Hallo fx,

ich habe Deinen Anfangsbeitrag ironisch aufgefasst und war der Meinung, dass es dir nicht soooo ernst ist. Ich bin aber immer noch der Meinung, dass Fußball die schönste Nebensache der Welt ist (so gehen die Ansichten auseinander).
Da ich nicht reich bin, bin ich – wie Du richtig schreibst – ein armer Mensch, der sich gern mal hin und wieder ein schönes Fußballspiel ansieht.
Dabei ist es völlig gleichgültig wer gewinnt. Da ich früher selbst einmal Fußball gespielt habe, kann ich zwischen einem guten und einem schlechten Spiel sehr gut unterscheiden.

Wenn in China ein Sack Reis umfällt, so interessiert mich dies genau soviel, wie das, was ein Sepp Blatter sagt, schreibt oder tut. ;-)))

MfG
Edwin


Felix Schweizer antwortete am 03.06.02 (17:04):

Hallo Edwin

Wir sind in unsern Auffassungen nicht weit auseinander .... mich interessieren allerdings die Hintergründe, die zu diesem "Fussball-Fieber" führen.
Der umgefallene Reissack ist auch nur dann von Bedeutung, wenn er ein Anzeichen eines bevorstehenden Erdbebens darstellt!


schorsch antwortete am 03.06.02 (17:16):

Schon zur Zeit der Cäsaren wusste man, wie man das Volk mit Sport verhetzen kann.

So lange die Völker der Meinung sind, dass ein Sport-Sieg über ein anderes Land bedeute, man sei ihm überlegen, und so lange ein ganzes Volk trauert, wenn seine Mannschaft verloren hat, dient der Sport gewiss nicht der Völkerverständigung!

Schorsch


Karl antwortete am 04.06.02 (09:32):

Lieber Schorsch,

ich erlaube mir, Dir zu widersprechen. Wenn ich in mich hineinhorche, muss ich gestehen, mich instinktiv zu freuen, wenn Deutschland oder eine deutsche Vereinsmannschaft im Fussball gut spielt, aber gleichzeitig habe ich bei Sportereignissen sehr wohl das Gefühl, dass diese der Verständigung und dem gegenseitigen Kennenlernen der Völker dienlich sind. Es muss für weiße Rassisten z.B. doch ein harter Schlag sein, wenn ihr Idol seinen afrikanischen Mitspieler umarmt etc. Ich glaube, dass gerade der Sport sehr viel zur Völkerverständigung beigetragen hat und weiterhin beiträgt.

Mit freundlichen Grüßen

Karl


Johannes Michalowsky antwortete am 04.06.02 (11:58):

Wie ich gehört hatte, besteht die Nationalmannschaft von Senegal, die Frankreich geschlagen hat, ausschließlich aus Spielern, die in der französischen Nationalliga spielen, dort also von Vereinsanhängern als Franzosen bejubelt werden, z.B. wenn sie in europäischen Wettbewerben Tore für ihren Verein und mithin nach allgemeinem Verständnis dieser Wettbewerbe für Frankreich schießen. Das Spiel Senegal - Frankreich wurde de facto als ein Spiel Frankreich A gegen Frankreich B kommentiert.

Wenn überhaupt, dann hat die Völkerverständigung also schon in Frankreich stattgefunden, die Herren brauchten dazu nicht um den halben Erdball zu reisen. :-)


schorsch antwortete am 05.06.02 (10:54):

Auch die Hooligans sind Anhänger des Sportes......

Schorsch


Dingo antwortete am 05.06.02 (13:01):

wenn ich jünger wäre, werde ich den was zeigen.
come on australia




Ja, Ja, ich weiss. : - ((((


Felix Schweizer antwortete am 10.06.02 (15:29):

Von Völkerverständigung kann ich im Zusammenhang mit Schausport weit und breit nichts feststellen ... im Gegenteil! Man höre doch einmal auf den Wortlaut der Sprechchöre .. auf die nationalistische Gesinnung der Fangemeinde .. auf die kernigen Worte der Reporter bei der Beurteilung von Fehlentscheiden oder Fouls ... von der Kriegsbemalung und dem Herumtragen von "Feldzeichen" ... bis zu Prügeleien und Vandalismus der Horden .. ganz zu schweigen. Wo hat da eine Verständigung platz. Diese trifft man eher in unspektakulären internationalen Meetings... wo gemeinsam an einem grossen Projekt gearbeitet wird.