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THEMA:   Die Menschenrechte gelten für alle! Kritik an israelischer Politik darf nicht tabu sein.

 52 Antwort(en).

Karl begann die Diskussion am 26.05.02 (11:47) mit folgendem Beitrag:

Zur Zeit wird in öffentlichen Kampagnen massiv versucht, Kritik an israelischer Politik durch den Vorwurf von Antisemitismus zu stigmatisieren. Ich möchte dem entschieden widersprechen. Wer Kritik an Unrecht verhindern möchte, leistet diesem Vorschub. Menschenrechte sind unteilbar und gelten für Palästinenser und Israelis gleichermassen. Ich verurteile Selbstmordattentäter, aber auch gezielte Morde an Palästinensern und ungezielte Massaker an Zivilisten, sowie die gezielte Zerstörung ziviler palästinensischer Infrastruktur - und stehe dazu.


Wolfgang antwortete am 26.05.02 (12:22):

Sicher gelten die Menschenrechte für alle, für Israelis und für Palästinenser, und von Vertretern beider Gruppierungen werden eben diese Menschenrechte oft genug in den Schmutz getreten. Ich kritisiere palästinensische Attentate auf Israelis, wie auch israelische Gewaltpolitik, vor allem die Militäraktionen gegen die Palästinenser der Sharon-Administration austobt. Trotzdem... Es gibt einen Antisemitismus im Gewand der Kritik an Israels Sicherheitspolitik.

Die Grenze ist schwer zu ziehen. Den FDP-Funktionär Möllemann zum Beispiel halte ich für einen Antisemiten. Vielleicht nicht einen aus Überzeugung, sondern eher einen aus Berechnung... In einigen Monaten wird gewählt und Möllemannn ist unter die Wahlfänger gegangen und fischt im rechtsradikalen antisemitischen Milieu.

Wann ist eine Kritik an Israels Politik versteckter Antisemitismus? - In der Freitagsausgabe der Süddeutschen Zeitung hat MOSHE ZIMMERMANN - Professor an der Hebräischen Universität Jerusalem und selbst Kritiker der Sharonschen Kriegspolitik - einen Katechismus formuliert, um Antisemiten auch im verhüllenden Gewand zu erkennen:

Eine Frage der Haltung
Der neue Antisemitenkatechismus
Von Moshe Zimmermann
https://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/artikel5479.php

(Internet-Tipp: https://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/artikel5479.php)


Karl antwortete am 26.05.02 (13:00):

Hallo Wolfgang,

ich habe den Text von Zimmermann gerade gelesen. Nachdenklich macht mich der Satz: "für die israelische Politik der letzten 25 Jahre gilt jeder Hinweis auf Antisemitismus, ob in Nahost oder Europa, als Bestätigung der im Zionismus verbreiteten Vermutung, dass der Antisemitismus allgegenwärtig und ewig ist und Israel deshalb vom Nachdenken über seine Ideologie und Politik – gegenüber Palästinensern, israelischen Arabern, linken 'Verrätern' etc. – freigestellt sei."

Dieses Nachdenken über die eigene Politik und elitäre Ideologie sollte einsetzen. Rassismus ist auch gegenüber Palästinensern praktizierbar. Wie Du selber hier bei einem anderen Thema gesagt hast Wolfgang "Der Vernichtungskrieg der israelischen Armee gegen die Palästinenser hat eine neue Dimension erreicht. Sharon ist ein Rassist. Ein Verrückter ist er nicht. Er ist Repräsentant des rechtsradikalen Zionismus."


wese antwortete am 26.05.02 (13:25):

@ Wolfgang:

Ich finde es schön, wenn Gewalt grundsätzlich verurteilt wird, egal von welcher Seite sie kommt. Auch für mich sind Menschenrechte nicht teilbar.

Was den zitierten "Moshe Zimmermann" betrifft, so halte ich seine Thesen teilweise für falsch und fragwürdig. Hier ein Beispiel:

"Ein Anschlag auf eine Synagoge ist ein antisemitischer Akt, auch wenn sich dahinter eine trotzige Reaktion auf die israelische Politik verbirgt."

für mich ist ein Anschlag auf eine Synagoge ein krimineller Akt und sonst nichts. Vor einiger Zeit haben mal spielende Kinder ein Feuer in einer Synagoge entfacht. Und wenn man deswegen acht- oder zehnjährige Kinder als Antisemiten abstempeln darf, dann ist das ausgesprochen idiotisch und durch nichts gerechtfertigt.

Ein Anschlag auf eine katholische Kirche ist übrigens auch kriminell. Aber niemand würde deswegen auf die absurde Idee kommen, daß der ganze Vatikan oder gleich der gesamte Katholizismus bedroht sei.


Wolfgang antwortete am 26.05.02 (15:33):

Es führt uns nicht weiter, Wese, wenn Du versuchst, komplizierte Sachverhalte auf schlichte Gut-Böse- oder Nichtkriminell-Kriminell-Schemata zu reduzieren.

Ein Beispiel... Ein Anschlag auf eine Synagoge in Deutschland (oder auch in Frankreich und in vielen anderen europäischen Ländern) war nie nur ein krimineller Akt, sondern darüber hinaus auch eine Manifestation des latenten, immer noch wachsenden und gedeihenden Antisemitismus in Europa. Der Antisemitismus ist nach wie vor eine der grössten Gefahren für den inneren und äusseren Frieden.

Natürlich wäre ein Anschlag auf eine katholische Kirche auch ein krimineller Akt. Aber, selbst wenn es ihn gäbe, stünde keine Ideologie vergleichbar der des Antisemitismus dahinter. Es gäbe auch keine in den Startlöchern stehenden Massenbewegungen, deren Mitglieder oder Anhänger solche Anschläge gleichgültig, viele verständnisvoll und einige sogar mit klammheimlicher Freude aufnehmen würden.

Mit all dem müssen aber europäische Juden leben. Sie leben seit Jahrzehnten damit, dass sich der Antisemitismus seit der Niederlage der Faschisten verkrochen hat. Der Antisemitismus ist nicht mehr politisch korrekt. Folglich tarnen sich Antisemiten und kommen bei passender Gelegenheit wie Pilze aus dem Boden. Eine solche Gelegenheit ist die Kriegspolitik Ariel Sharons.

Nicht dessen abscheulicher Rachefeldzug gegen die Palästinenser erzeugt Antisemiten. Diese sind immer schon in grosser Zahl da gewesen. Jetzt nehmen sie die Gelegenheit wahr und lassen ihren Antisemitismus raus. Möllemann ist solch ein Brunnenvergifter. Die FDP wird sich von ihm reinwaschen müssen, will sie nicht da stehen als Partei, die Antisemiten in ihren Reihen duldet, ja als Wahlfänger einsetzt, um auch noch ein paar Wähler aus der braunen Schmuddelecke zu ködern.


Barbara antwortete am 26.05.02 (16:09):

Ich kann Wolfgangs Worte voll und ganz unterschreiben. Im heutigen Presseclub der ard war man sich einig, dass es Möllemann vorrangig um die Erreichung seines Zieles "18" (Prozent) bei der Bundestagswahl geht. Er hat in den Niederlanden und Frankreich sehen können, wie leicht es ist, mit populistischen Thesen und angeblichem Bruch von "Tabuthemen" Stimmen zu fangen. Ich habe vernommen, dass in Deutschland ca. 800 000 Muslime und nur 100 000 Juden leben, um deren Stimmen es geht.

Verstehen kann ich die israelische Politik nicht. Einer der Pressevertreter riet jedoch, sich einmal vorzustellen, wie sich die Hessen (vergleichbar mit der Größe Israels) fühlen würden, wenn sämtliche Nachbarländer ihre Vernichtung zum Ziel hätten. Diese Vorstellung sollte uns nachdenklich machen. Es ist leicht zu verurteilen, wenn man in vollkommen anderen Verhältnissen lebt.

Mich haben die Stimmen namhafter Pressevertreter auf jeden Fall sehr nachdenklich gemacht. Die Gefahr des zündelnden Möllemanns ist groß, einen Flächenbrand auszulösen.

Barbara

(Internet-Tipp: https://www.wdr.de/tv/presseclub/20020526/thema.phtml)


wese antwortete am 26.05.02 (16:24):

@ Wolfgang:

Das mag ja alles richtig sein, was Du sagst. Aber genau jene dogmatische Vereinfachung gestatte ich den Juden in aller Welt nicht.

Juden, besonders die exponierten Vertreter, besitzen die unsympathische Eigenschaft, daß sie ALLES als Antisemitismus bezeichnen, was sie als Kritik empfinden. Das bedeutet im Endeffekt, daß sie einen Freibrief für ihr Tun und Handeln beanspruchen.

Besonders deutlich wird das, wenn Du Dir in Erinnerung rufst, daß es den Regierungen Israels stets gleichgültig gewesen ist, was die Weltöffentlichkeit denkt. Alle UN-Resolutionen wurden beharrlich missachtet. Die Kette jüdischer Selbstherrlichkeiten kann man beliebig fortsetzen. Sie halten sich für ein von Gott auserwähltes Volk, das ganz alleine darüber entscheiden darf, was die Welt zu denken zu glauben hat. Also ehrlich, solchen fanatisch gefärbten Spielregeln unterwerfe ich mich nicht. Es würde nämlich bedeuten, daß ich mich selbst zum Opfer des jüdischen Dogmas mache.


Wolfgang antwortete am 26.05.02 (16:49):

Wirklich, Wese, wenn ich Deinen Beitrag lese, geht mir das Messer im Sack auf...

"Juden ... besitzen die unsympathische Eigenschaft...". - Was Du da schreibst ist Rassismus pur, in der besonderen Spielart des Antisemitismus.

Schlimm ist auch, dass so etwas im ST ohne Widerspruch hingenommen wird.


Barbara antwortete am 26.05.02 (17:02):

Wem an Hintergrundwissen gelegen ist, empfehle ich den Zeit-Artikel: Ich klage an

Ein Ausschnitt:

>>Im Meer der Diktaturen

Israel ist eine Demokratie nach westlichem Muster in einem Meer von arabisch-islamischen Diktaturen. Trotzdem beruht das besondere Band zwischen dem Westen und Israel nur zum Teil auf gemeinsamen Merkmalen. Europäische Länder sind nicht wählerisch und unterhalten manchmal auch gute Beziehungen zu Diktaturen, wenn es etwas zu verdienen gibt; und es ist klar, dass auf Dauer die arabische Welt wichtiger für Europa ist als Israel: Öl, Erdgas und unerbittliche geopolitische und demografische Entwicklungen werden Israels Rolle in der Zukunft des Nahen Ostens zu einem unbedeutenden Phänomen reduzieren. Die besonderen europäischen Beziehungen zu Israel werden ja auch nicht von ideellen oder wirtschaftlichen Interessen getragen, sondern von der Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg.

Die jüdischen Pioniere, die ihre Siedlungen buchstäblich der Wüste und den Sümpfen abgerungen hatten, machten sich keine Illusionen über das alte Europa, das sie verlassen hatten. Sie waren davon überzeugt, dass der jahrhundertealten Geschichte der europäischen Judenverfolgung auch im kommenden 20. Jahrhundert neue Kapitel hinzugefügt werden würden, und ihr Misstrauen bewahrheitete sich nicht viel später. Doch zugleich blieben die Gründer Israels Europäer; mit europäischen Gewohnheiten, Moden, ideologischen Besessenheiten, Paradoxien. Sie wollten eine moderne Demokratie gründen, aber in ihr auch ihren religiös-ethnischen Hintergrund verankern, für den ihre Vorfahren ermordet worden waren und den sie trotz ihrer atheistischen Lebensführung schätzten.

Ihre Ankunft führte sofort zu gewalttätigen Zusammenstößen. Es war klar, dass die Flucht der europäischen Juden in das britische Mandatsgebiet Palästina auf ernsthaften Widerstand der eingesessenen Bevölkerung stieß. Es war aber auch klar - und die Folgen des Zweiten Weltkriegs nahmen daran jeden Zweifel -, dass die Juden in Europa keine Zukunft hatten. Bis zum heutigen Tag ist ihr Misstrauen gegenüber Europa groß; genau genommen gegenüber der gesamten nichtjüdischen Welt. Nach der Schoah und vier Kriegen mit seinen diktatorischen arabischen Nachbarn vertrauen die Israelis nur mehr dem eigenen Instinkt und der eigenen Kraft. Sie begreifen, dass sie, dem Zufall sei Dank, durch die feinen Maschen des Netzes der Geschichte geschlüpft sind, und dieses Wunder des Zufalls hat eine spezifische Mentalität hervorgebracht, die für Illusionen über den Rest der Welt keinen Raum lässt: Die Bedrohung ist konstant, der Untergang lauert hinter jeder Ecke.

Mit einer Hassliebe zu dem Kontinent, den sie verlassen hatten, kamen die Juden nach Palästina, und die eingesessenen Araber sahen mit scheelen Blicken zu, wie sie Land kauften, nach ihren eigenen Normen und Werten lebten, ohne lokale Traditionen zu respektieren, Materialismus und andere europäische Besonderheiten einführten und die Araber als zweitrangig behandelten. Ihre Anwesenheit war umso schwerer erträglich, als die islamische Tradition die Juden ihrerseits als zweitrangige Menschen betrachtet, als feige Verräter Mohammeds.

Das europäische Schuldgefühl gegenüber den Juden artikulierte sich, als sich die internationale Gemeinschaft am 29. November 1947 über die Resolution 181 beugte, und wegen dieses Schuldgefühls ist der Umgang zwischen Israel und den westeuropäischen Ländern verkrampft geblieben. Die Israelis waren selten zurückhaltend im Ausspielen der A(ntisemitischen)-Karte, und das führte vor Jahren schon zu dem Vorwurf, dass sie ein bisschen zu heftig auf das europäische moralische Gewissen drückten, wenn Israel um wirtschaftliche oder militärische Unterstützung nachsuchte.

Doch seit dem Libanonkrieg von 1982 hat sich das europäische Schuldgefühl abgenutzt.<<

(Internet-Tipp: https://www.zeit.de/2002/22/Kultur/200222_israelessay.html)


wese antwortete am 26.05.02 (17:16):

Tut mir leid Wolfgang, aber Du lügst! Und Du zitierst meinen Beitrag vorsätzlich falsch und unvollständig, was ich Dir persönlich als Gemeinheit ankreide:

Wörtlich habe ich folgendes geschrieben:

"Juden, besonders die exponierten Vertreter, besitzen die unsympathische Eigenschaft, daß sie ALLES als Antisemitismus bezeichnen, was sie als Kritik empfinden."

Worin Du in diesen Worten Rassismus entdeckst, das darf Dein Geheimnis bleiben. Ich habe jedenfalls keine jüdischen Rassemerkmale angesprochen, sondern die Unfähigkeit im Umgang mit Kritik.

Versuche also keine schmutzigen Tricks. Ich verfälsche Deine Beiträge auch nicht, obwohl sie mir oft genug nicht gefallen.


Karl antwortete am 26.05.02 (17:50):

@ Wolfgang
Wieso bleibt im ST unwidersprochen, was gerade mal ein paar Minuten online ist? Spazierengehen noch gestattet? Gilt dein Widerspruch nichts? Muss immer alles ich machen? Das ist auch eine im höchsten Maße unfaire Diktion.

@ Wese
Wenn Du Deine Bemerkung auf einige namentlich benennbare Personen beziehen würdest, könnte ich Deine Aussage sogar nachvollziehen, Deine pauschalisierende Aussage "Juden, besonders die exponierten Vertreter ..." schliesst jedoch alle ein und das ist nicht o.k. Der gefährliche Grad auf dem wir uns - übrigens nicht nur bei der Diskussion über Israeli, sondern auch bei der Diskussion über "Ausländer", "Katholiken", "Moslems, "Araber" etc. bewegen - besteht darin, dass wir leicht unzulässige Verallgemeinerungen treffen. Das zu vermeiden ist schwer, weil Verallgemeinerungen (Generalisierungen) zu treffen andererseits ein Instinkt unseres Denkens ist. Es bedarf deshalb einer gezielten Anstrengung, solche Verallgemeinerungen zu unterlassen.


Ruzenka antwortete am 26.05.02 (18:09):

Ich bin mir nicht so ganz sicher,ob man Möllemann als Antisemiten bezeichnen sollte. Er ist ein machthungriger Möchtegern, dem alle Mittel recht sind um seine auf die
Schuhsohlen gepinselten 18% bei den kommenden Wahlen durchzusetzen. Dass dann auf seinen Zug wirkliche Antisemiten aufspringen, nimmt er in seiner Machtbesessenheit in Kauf.

Sharon ist ein Rassist und zwar einer der übelsten Sorte.
Was er tut ist Hass säen und so erntet er auch welchen.All das, was dem jüdischen Volk in der Vergangenheit geschehen ist, darf uns nicht daran hindern, Unrecht als Unrecht zu erkennen, auch wenn es Juden sind, die Unrecht tun.


wese antwortete am 26.05.02 (18:50):

@ Karl:

Tut mir leid Karl, ich ziehe mir diesen Schuh nicht an. Ich habe weder Juden ermordet, noch geschlagen, noch ausgegrenzt, noch habe ich die jüdische Rasse diskriminiert..... ich habe weder den Holocaust geleugnet, noch habe ich das Judentum beleidigt.

Alles was ich getan habe ist, ich habe die Kritikfähigkeit in Frage gestellt. Und ich bestreite, daß Juden ein auserwähltes Volk sind. Dazu stehe ich nach wie vor.

In dem von Wolfgang zitierten Artikel von Moshe Zimmermann wird die gleiche Frage zum Thema gestellt. Ich zitiere die Kernaussage:

**********

Was ist eigentlich Antisemitismus?

Ein Begriff, der im Jahr 1879 von einem Deutschen erfunden wurde, um den nicht mehr salonfähigen Begriff „Judenfeindschaft“ oder „Judenfresser“ zu ersetzen. Antisemit ist einer, der aufgrund eines Vorurteils „die“ Juden – als vermeintliche Rasse, Nation, Religionsgemeinschaft oder soziale Gruppe – pauschal negativ bewertet und daraus im relevanten Fall auch soziale oder politische Konsequenzen zieht.

**********

Es ist nicht mein erster Beitrag, den ich zu diesem Thema verfasst habe. Ich muss meine grundsätzliche Einstellung nicht revidieren.

In die von Moshe Zimmermann beschriebene Schablone lasse ich mich nicht zwängen. Auch nicht von einem gewissen Wolfgang.

Karl, wenn auch Du schon Kritik als Antisemitismus empfindest, dann sind alle Deine bisherigen Beiträge zu solchen Themen hinfällig. Bis jetzt hast Du nämlich immer das genaue Gegenteil behauptet.


Karl antwortete am 26.05.02 (19:09):

Lieber Wese,

ich nehme Dir ab, dass Du kein Antisemit bist. Ein solcher Vorwurf wäre ungeheuerlich. Allerdings bin ich der Meinung, dass wir auf einem Grad wandern, von dem ein Absturz leicht möglich ist (s. meine Ausführungen weiter oben zum Thema "Verallgemeinerungen").
Kritik an Israel oder den Vertretern des Zentralrates der Juden in Deutschland automatisch mit Antisemitismus gleichzusetzen, ist infam und dazu stehe ich weiterhin. Ich persönlich kann Möllemann in seinem Vorwurf an Friedmann, dieser würde dem Antisemitismus Vorschub leisten, deshalb sogar verstehen. Niemand darf mit Hinweis auf den Holocaust Unrechtstaten und Unrechtsstaaten entschuldigen dürfen. Gerade die Erfahrung des Holocausts sollte sensibel machen in Bezug auf das rassistische Verhalten von Regierungen.


wese antwortete am 26.05.02 (19:21):

@ Karl:

Herzlichen Dank für die Klarstellung !


Josef E. antwortete am 26.05.02 (21:36):

Hilfreicher für den Weltfrieden wäre es, sich nicht mit einem fragwürdigen Antisemitismus zu beschäftigen, sondern sich an Recht und Gerechtigkeit zu orientieren. Einen Privilegierten-Status darf es für niemanden geben. Wer sich religiös für "auserwählt" hält, sollte dies nicht auf den politischen Umgang mit anderen Völkern übertragen. Dem Antisemitismus sind schon zahlreiche Untersuchungen gewidmet worden. Woher er sich speist, bleibt vielen Menschen gleichwohl rätselhaft. In Ariel Scharon könnten sie nun eine Antwort finden. Wer es gut mit Israel und dem Judentum meint, wird diesen Weg nicht unterstützen. Schon gar nicht als Deutscher.


Wolfgang antwortete am 27.05.02 (09:58):

Wer Mitgliedern einer Ethnie oder einer Religionsgemeinschaft pauschal bestimmte Merkmale oder (Rassen-)Eigenschaften oder Verhaltensweisen zu- bzw. abspricht, ist ein Rassist.

Der Rassismus lebt... Rassismus, besonders Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus sollen auch in Deutschland nicht mehr nur privat hinter verschlossenen Türen geraunt werden - sie sollen, wenn es nach Möllemann (und Westerwelle??) gehen sollte, in der FDP eine öffentliche Heimstatt finden. Die Angst vor dem Fremden soll massgebliches Programm der FDP werden.

Die Wahlerfolge der Fremdenfeinde in Frankreich, Holland und Österreich haben der Fraktion Möllemann den Mund wässrig gemacht. Teile der FDP-Führung wollen Republikaner und NPD rechts überholen. Wie macht man das (nicht nur in Deutschland allemal wählerwirksam) ? - Mit Hilfe des Antisemitismus.


Wolfgang antwortete am 27.05.02 (10:42):

Noch ein Lesetipp in der Süddeutschen Zeitung...

Möllemann, Friedman – und die Brandstifter
Ein Gespräch mit Salomon Korn über die FDP, Antisemitismus und die Bedingungen der Politik in der medialen Spaßgesellschaft

https://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/artikel6104.php

(Internet-Tipp: https://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/artikel6104.php)


karl antwortete am 27.05.02 (11:14):

Die Menschen in Rassisten und Nicht-Rassisten einteilen, ist sehr vereinfachend und deshalb vielfach höchst ungerecht. Meinungen können rassistisch sein und manche Menschen mögen in ihrem Handeln und Tun von rassistischen Meinungen hauptsächlich geleitet sein. In solchen Fällen ist die Bezeichnung Rassist angebracht.

Ansonsten ist die generelle Einteilung der Menschen in Rassisten und Nichtrassisten aber selbst eine Einteilung von der Art, die Rassisten zu recht vorgeworfen wird: grob verallgemeinernd, nicht differenzierend, dem Eingeteilten keine Chance gebend, sich anders als Mensch darzustellen.

Wie ich oben dargestellt habe ist der Hang zur Verallgemeinerung ein Instinkt (ein fest programmiertes Charakteristikum) unseres Denkens. Deshalb erfordert es Anstrengung, nicht rassistisch, nicht grob einteilend zu sein. Wir müssen ständig daran arbeiten, mit unseren Urteilen nicht zu pauschalierend und zu endgültig zu sein.

Warum ich das sage? Weil wir mit der zu Recht geforderten Toleranz gegenüber den anderen, dem uns Fremdem, konkret, hier in unserem Umfeld beginnen müssen. Wir müssen uns anstrengen fair zu sein. Das bedeutet nicht, nicht klar Stellung zu beziehen, aber es bedeutet, den Gegner in der Diskussion zu respektieren, zu versuchen, ihn zum Besten zu interpretieren und nicht immer gleich das Schlimmste anzunehmen und die Keule zu schwingen.

Mit den besten Grüßen

Karl


schorsch antwortete am 27.05.02 (11:51):

Ist es nicht das fatale Eingeständnis der totalen Unfähigkeit, was Bush gegenwärtig sagt: Arrafat muss weg! Das ist doch genau das gleiche Prinzip, wie wenn er sagen würde: "In Amerika wird es in ein paar Jahren keine Armen mehr geben - wir rotten sie einfach aus!"

Schorsch


Wolfgang antwortete am 27.05.02 (12:16):

Ich möchte noch anmerken, Karl, dass es sich bei den Begriffen "Rassismus" und "Antisemitismus" nicht etwa um Schimpfwörter handelt. Beides sind gesellschaftliche und historische Erscheinungen, die wissenschaftlich belegt und ausführlich beschrieben sind.

Niemand kann ihre Existenz leugnen und niemand wird auch angesichts der aktuellen "Wählerwanderungen" in Europa ihre Wirksamkeit bestreiten wollen.

Rassismus und Antisemitismus werden getragen von Menschen... eben von Rassisten und Antisemiten. Gegenüber diesen - den Feinden der Toleranz - ist jegliche Toleranz fehl am Platze.


Horst Krause antwortete am 27.05.02 (12:58):

wese antwortete am 26.05.02 (16:24):

Juden, besonders die exponierten Vertreter, besitzen die unsympathische Eigenschaft, daß sie ALLES als Antisemitismus bezeichnen, was sie als Kritik empfinden. Das bedeutet im Endeffekt, daß sie einen Freibrief für ihr Tun und Handeln beanspruchen.

Dem kann und muss ich leider zustimmen. Mir ist es so ergangen, als ich mir erlaubt habe, Spiegel wegen seines Verhaltens in der Diskussion um die "deutsche Leitkultur"
zu kritisieren. Dafür hat er mich des Antisemitismus bezichtigt. Jetzt die perfide Rhetorik Friedmanns, Spiegel nennt sie akzentuiert, so einfach ist das. für mich sind diese Funktionäre, wie Spiegel, Friedmann und Knobloch nicht minder gefährlich wie Möllemann.


Marianne antwortete am 27.05.02 (14:32):

Ich habe in den letzten Tagen mehrere Fernseh- und Hörfunksendungen zu diesem Thema verfolgt. Ich vermisse, um mir ein abschließendes Bild machen zu können, einen Beitrag, in dem Möllemann seinen Standpunkt vertreten (revidieren?) kann. Das heißt, ich beklage eine einseitige Berichterstattung.
Marianne


Karl antwortete am 27.05.02 (17:29):

Sehr lesenwert zum Thema folgender Spiegelartikel von Matthias Matussek über "Das Recht auf Zorn".

https://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,198005,00.html

Ich finde die Formulierungen sehr gut. Sie geben weitestgehend meinen Standpunkt wieder.


Mit freundlichen Grüßen

Karl

(Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,198005,00.html)


Ullika antwortete am 27.05.02 (18:35):

Danke, Karl, für den wirklich lesenswerten Tipp.


Wolfgang antwortete am 28.05.02 (02:15):

Sehr lesenwert zum Thema folgender Spiegelartikel von Henryk M. Broder über "Ein moderner Antisemit".

https://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,197832,00.html

Ich finde die Formulierungen sehr gut. Sie geben weitestgehend meinen Standpunkt wieder.

Ein Zitat daraus: "Antisemitismus ist, wenn man die Juden noch weniger leiden kann, als es an sich natürlich ist." ;-)

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang

(Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,197832,00.html)


Aaron antwortete am 28.05.02 (04:31):

In Anlehnung an Horst Krause,
die Rhetorik von Herrn Friedmann ist nicht nur perfide, sondern in jeder Hinsicht provozierend und bedrängend.
Dem Zentralrat der Juden wäre gut daran geraten, wenn er Herrn Friedmann schnellstmöglich aus dem TV-Verkehr ziehen würde, wie gesagt: Würde.
Denn die Würde der deutschen Mitbürger jüdischen Glaubens wird sicherlich nicht durch die anschleimende und bedrängende, dabei effekthaschende Art dieses Herrn Friedmann gewahrt!


WolfgangM. antwortete am 28.05.02 (11:57):

Der Hinweis von Karl auf den Artikel eines Herrn Matussek finde ich gut, wenn Karl auch die beiden Schlußsätze dieses Artikels meint.

Eine eigene Meinung zu haben ist daher auch hier wieder im ST möglich, ohne daß man gleich wieder mit Verbalinjurien belegt wird?

Ich versuche es mal:
Michel Friedmann ist einer der ganz wenigen, der brilliant, mir Schärfe, akzentuiert und auf Basis seines sehr hohen Intellekts argumentiert und bei seinen Fragen immer den Gesprächspartner zwingt auf seine Fragen zu antworten und kein vom Thema abweichendes
Blah-Blah akzeptiert, womit sich einige Politiker recht schwer tun.

Nun wird seine Sprache, die präzise und genau die Dinge auf den Punkt bringt, oft als
„frech“, „arrogant“ etc. bezeichnet – könnte es sein, daß diese Schreiberlinge der Presse
oder auch Politiker, eventuell Probleme mit dem Umgang der deutschen Sprache haben?

Die „Pisa“-Studie hat sicherlich berücksichtigt, daß man schon recht lange mit einer "5" in
Deutsche Abitur machen kannööö

Ich mag den Mann – meine Frau und ich hören ihm immer gern zu.

Er sagte dieser Tage im „Grünen Salon“ etwas absolut Richtiges:
Schlimmer, als ein Antisemit ist derjenige, der – ohne es zu wollen (?) – antisemitische
Stimmungen erzeugt, um im Trüben zu fischen. (nicht wortgetreu zitiert).

Und Michel Friedmann als einen Menschen zu bezeichnen, der Antisemitismus fördert,
na ja, das ist eine Meinung, wäre hier als Kommentar „absurd“ eine Verbalinjurie?

Ich denke, alle Parteien könnten sich glücklich schätzen, einen solchen ehrlichen Streiter
in ihrer Partei zu haben (bis auf die PDS, die haben einen – Gregor Gysi).


Karl antwortete am 28.05.02 (12:50):

Hallo WolfgangM,

ich meinte den gesamten Artikel von Matussek. Ich empfand ihn wohltuend natürlich und nicht so pflichtbewußt hyperaufgeregt wie den von Broder.

Mit freundlichen Grüßen

Karl


Barbara antwortete am 28.05.02 (13:30):

Lieber WolfgangM.,

ich kann Dir nur beipflichten. Jeder, der Michel Friedman im Talk in Berlin mit Erich Böhme gesehen hat, muss ihm Hochachtung entgegenbringen. Einem Möllemann ist er geistig weit überlegen und wirkt daher auf andere leicht arrogant. Sehr ruhig und sachlich hat er auf die Gefahren des aufkeimenden Antisemitismus hingewiesen. Übrigens hat er sich schon immer gegen die Verfolgung jeglicher Minderheiten zur Wehr gesetzt. So hat er vor Jahren als Vorstandsmitglied der CDU auch die Unterschriftenaktion des Herrn Koch in Hessen verurteilt, die Herrn Koch zum Sieg verhalf. Er war dreimal kurz davor, aus der CDU auszutreten.

Michel Friedman ist sehr mutig und verdient unser aller Hochachtung.


Ruth L. antwortete am 28.05.02 (14:51):

Und wie Michel Friedman in seinem Böhme-Interview so treffend sagte:
"Wer meinen Charakter analysieren möchte, sollte als Psychotherapeut tätig sein - nicht als Politiker."
Selbstverständlich wird Friedman angegriffen von all den Leuten, die generell dazu neigen, ihre Meinung einer Mehrheit anzugleichen - und die auch seiner geistreichen, mutigen Rhetorik nichts entgegenzusetzen haben. Wer heute noch hinter Möllemann (und Haider) steht, hat offenbar sehr vieles überhaupt nicht begriffen.
Und wieder einmal zu beobachten: Diejenigen, die am lautesten "kläffen" - verkriechen sich wie gewohnt in der Anonymität.


Gila antwortete am 28.05.02 (16:50):

Ich glaube zwar nicht, dass Möllemann ein Antisemit aus Überzeugung ist, aber er benutzt ganz bewusst entsprechendes Vokabular aus taktischem Kalkül heraus. Er will die Wählerstimmen aus dem braunen Lager.

für mich ist Herr M. ein Chauvinist übelster Sorte. Leider erweist er seiner Partei einen schlechten Dienst. Ich war geneigt, der FDP meine Stimme zu geben. Jetzt bekommt sie sie nicht mehr!

Gila


Edwin antwortete am 28.05.02 (20:36):

Ich habe vor einigen Tagen einen Bericht im TV gesehen, der mir doch etwas zu denken gab.
Da wurden von einem Reporter in Israel Leute von der Straße interviewt.
Das Interview lief wie folgt ab:
Kennen Sie den deutschen Politiker Möllemann? Nicht ein einziger kannte ihn.
Kennen Sie den deutschen Politiker Westerwelle (war gerade in Israel)? Nicht ein einziger kannte ihn.
Haben Sie etwas von antisemitischen Äußerungen in Deutschland gehört? Niemand hatte etwas davon gehört.

Hier muss ich mich doch fragen, werden diese Äußerungen Möllemann`s – denen ich persönlich, weder so noch so, keinerlei Bedeutung zumesse - von den Herren Friedmann und Spiegel nicht künstlich hochgespielt???

Wenn man bedenkt, dass Friedmann CDU Mitglied ist und Spiegel zumindest der SPD sehr nahe steht, könnte man annehmen, dass es bei der ganzen Angelegenheit nur um Wahlpropaganda und Wählerstimmen geht.

PS
Ich bin kein FDP Mitglied.


schorsch antwortete am 29.05.02 (14:08):

Ich denke, es ist nicht der Wille oder die Absicht obgenannter Herren, in Israel bekannt zu werden, sondern in Deutschland. Und dabei ist gewissen Politikern (sehr vielen!) jedes Mittel recht.

Schorsch


Josef E. antwortete am 29.05.02 (19:31):

Ich habe auch am letzten Sonntag von "Christiansen"(ARD) mal rüber zu "Böhme"(NTV) gezappt, wo Michel Friedmann sich als Alleinunterhalter präsentierte. Schon nach knapp zehn Minuten war ich aber wieder bei der Diskussionsrunde von "Christiansen" zurück, den die eitle und arrogante Selbstdarstellung Friedmanns war für den unbefangenen Betrachter mal wieder unerträglich. Dazu im Publikum große Teile der Jüdischen Gemeinde Berlins, die jeden beendeten Satz Friedmanns frenetisch beklatschten.
Merklich unwohl fühlte sich Talkmaster Erich Böhme, der eigentlich nur den Stichwortgeber für Friedmanns endlos lange Worthülsen abgab.
Ich habe von Friedmann noch nie etwas anderes in bezug auf das Judentum gehört wie Antisemitismus, Holocaust und Rechtsextremismus. Der Verdacht, daß dieser "Showman des Antisemitismus" (Zitat des jüd.Politikers Peter Sichrovsky) vom eigentlichen Judentum nur wenig weiß, ist nicht unbegründet.
Aber wie postet "Barbara" in diesem Thread?: "Jeder, der Michel Friedman im Talk in Berlin gesehen hat, muß ihm Hochachtung entgegenbringen." So fordernd und unbescheiden sind sie eben, die Friedman-VerehrerInnen. Halt so, wie ihr Idol selber.


Barbara antwortete am 29.05.02 (21:02):

Nun, Josef E., da muss ich Dich leider enttäuschen: weder ist Michel Friedman mein Idol noch gehöre ich zu seinen Verehrerinnen.

Wenn man jedoch einem anspruchsvollen Gespräch durch hin- und herzappen zwischen den Sendern folgen möchte, sich nach zehn Minuten für die Konkurrenz entscheidet, kann man sich kaum ein Urteil über die gesamte Diskussion erlauben.


Wolfgang antwortete am 30.05.02 (08:50):

Es geht nicht um Eitle oder Arrogante... Es geht auch nicht um Sympathie oder Unsympathie... Es geht auch nicht um das angebliche Tabu der Kritik an Israel... Um die Tatsachen noch einmal in Erinnerung zu rufen... Das Problem, um das es hier geht, hat einen Namen: Jürgen W. Möllemann.

Dieser hat Juden diffamiert und ihnen vorgeworfen, sie wären selber am wachsenden Antisemitismus schuld. Er war es, der den in der deutschen Gesellschaft latenten Antisemitismus als Wahlkampfmunition entdeckte und einsetzte.

Möllemann war noch nie ein Feiner... Er stand unter anderem für Rüstungsexporte der deutschen Wirtschaft, vor allem in die ararabischen Länder. Als Präsident der Deutsch-Arabischen Gesellschaft förderte er Geschäftsbeziehungen mit der Region. Wohlgemerkt, keine wünschenswerten Geschäftsbeziehungen, sondern Beziehungen im Waffengeschäft.

Als "Wehrexperte" machte er sich zum Beispiel für deutsche Leopard-Panzer-Lieferungen nach Saudi-Arabien und Flugzeug-Lieferungen in den Iran stark. Zwischen 1981 und 1990 waren Waffen in Milliardenhöhe in den Irak exportiert worden. Möllemann stellte sich 1991 als Wirtschaftsminister schützend vor die deutschen Rüstungsunternehmen, die das schon damals geltende Embargo gebrochen hatten. Von Lieferungen deutscher Unternehmen an das irakische Atomwaffenprogramm wollte Möllemann bis 1992 nichts gewusst haben. - Und wenn schon: Waffenlieferungen definierte er stets als "friedensfördernd".

Nein, einem solchen Mann - einem Waffenlobbyisten und Antisemiten - würde ich nicht einmal die Hand geben. Aber in Deutschland kann so einer Karriere machen und in wichtige Instanzen gelangen. Wohl gerade deswegen.


Marianne antwortete am 30.05.02 (10:04):

Noch 3 1/2 Monate bis zur Bundestagswahl. Bei einem Wahlsieg koaliert die CDU/CSU mit der FDP und Friedmann gratuliert den Siegern. für mich ist dies alles Heuchelei und die jetzige Diskussion in den Medien Wahlgetöse.
Marianne


Ruth antwortete am 30.05.02 (11:17):

@ Wolfgang,
ich danke Dir, dass Du es mit Möllemann auf den Punkt gebracht hast - obwohl das viele sehr wahrscheinlich gar nicht wissen wollen.
Um noch einmal auf das Gespräch Friedman/Böhme zurückzukommen, über das Josef E. urteilt, ohne es überhaupt gehört zu haben:
Friedman äusserte sich ebenso rückhaltlos und auch im wahrsten Sinne des Worte "schonungslos" über seine eigene Person und befürwortete eine Kritik an Scharon bzw. dessen Politik. Er tat dies in seiner überlegenen (nur für absolute Gegner von Gerechtigkeit "unerträglichen") Art, die von messerscharfer Logik, Mut und Geschichtskenntnis geprägt ist.
Wenn Gesprächsleiter Böhme hierbei deutlich ins Hintertreffen geriet, so ist das nicht das erstemal, wenn er sich an Themen und Diskussionspartner wagt, die weit über ein Niveau hinausgehen, das von der Allgemeinheit verstanden, gewünscht oder akzeptiert wird. Mit Schlagersternchen oder von allgemeiner Sympathie umwehten Personen tut er sich dabei leichter als mit Vertretern einer Minderheit, die - wie die jüdische Kultur und Bevölkerung - stets mit Skepsis, Nicht-verstehen-wollen und vorgefassten Meinungen konfrontiert wird. Und das wird wohl so bleiben - und nicht nur hier.


Wolfgang antwortete am 02.06.02 (11:06):

Die Menschenrechte gelten für alle! Kritik an israelischer Politik darf nicht tabu sein... So heisst das Thema. Ich möchte die Gelegenheit nutzen und - wenn ich auch vom Thema in einem Punkt abschweife - auf das Schicksal der Gefangenen auf dem US-Marinestützpunkt in Guantánamo auf Kuba aufmerksam machen.

384 Männer werden seit Monaten unrechtmässig gefangen gehalten.Die Bush-Administration verweigert ihnen den Status von Kriegsgefangenen und behauptet, die Männer seien Terroristen. Bis jetzt aber wurde weder ein Haftbefehl gegen sie erlassen, noch wurden sie irgendeines Verbrechens angeklagt.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat das Verhalten der US-Regierung kritisiert. Die Regierung könne Menschen nicht unbegrenzt ohne Anklageerhebung festhalten oder sie an Länder ausliefern, in denen ihnen die Folter drohe.

Die Menschenrechte gelten für alle! Auch für mutmassliche al-Quaida-Terroristen! Kritik an amerikanischer Politik darf nicht tabu sein!


schorsch antwortete am 02.06.02 (18:16):

Merke: Die Gefangenen auf Guantánamo müssen zuerst präpariert werden, bevor man sie anklagt.......

Schorsch

Anmerkung: Präparieren = Gehirnwäsche


Nazareth antwortete am 06.06.02 (14:15):

Ich verfolge die Meinungen - ob sachlich/mit Fakten oder emotional mit Schlagwörtern.
Aber meine lieben Mitmenschen und Mitchatter geht mal in die Betriebe, die Gruben, die Stahlwerke und überall wo einfache Leute in Wechselschicht ihr Brot verdienen und hört Euch die dortigen Meinungen über Antisemitismus an.
Von Vereinen und Dorfgaststätten ganz zu schweigen.

Euch würden die Haare zu Berge stehen........



Wolfgang antwortete am 07.06.02 (02:15):

Ja, Nazareth, Du sagst es, mir stehen oft die Haare zu Berge... Aber nicht nur bei den Leuten in der "Wechselschicht" oder in "Vereinen und Dorfgaststätten" scheint der Antisemitismus in Mode zu kommen. Sogar führende Mitglieder der FDP und deutsche Literaten setzen mittlerweile wieder auf diese Karte. Und in den Foren des ST kannst Du auch antisemitische Äusserungen lesen.

Die Fragen solltest Du Dir stellen: Wie stehst Du selbst dazu? Beugst Du Dich dem Mainstream oder setzt Du etwas dagegen? Tust Du etwas gegen den wachsenden Antisemitismus?


Roland antwortete am 07.06.02 (07:48):

Wolfgang, ich stelle mir die Frage, was Dein Beitrag zum Antisemitismus ist. Du hast das Buch von Martin Walser, wie wir alle, noch nicht gelesen. Aber Du nimmst Dir das Recht heraus, zu behaupten, daß dieses Buch antisemitisch ist.

Das macht Dich nicht gerade glaubwürdig? Oder machst Du Dich nur wichtig? Würde mich schon interessieren, woher Du Dein Wissen über dieses Buch hast.


schorsch antwortete am 07.06.02 (09:40):

Zwischen kritischen Äusserungen an Sharons Politik und Antisemitismus bestehem meiner Meinung nach grosse Unterschiede. Schliesslich würde es niemandem einfallen, einen Menschen antideusch zu schimpfen, der sich getraut an der deutschen Regierung Kritik zu üben.

Schorsch


Karl antwortete am 07.06.02 (13:18):

Genau das ist ein wichtiger Punkt, Schorsch. Leider wird aber eben doch harten Kritikern der israelischen Politik sofort Antisemistismus vorgeworfen, wenn sie z.B. von Nazimethoden reden. Dieser Vorwurf beim Vorgehen der Serben im Kosovo wurde keineswegs geächtet. Niemand wurde deshalb als Antiserbe beschimpft. Hier wird mit zweierlei Mass gemessen und ich bleibe dabei, der Antisemitismus-Vorwurf wird instrumentalisiert, um Kritik an Israel bereits im Vorfeld abzuwürgen. Diese Strategie funktioniert auch, denn kaum noch jemand traut sich gegen das demütigende Vorgehen der Israelis gegen die Palästinenser die Stimme zu erheben.
Einige derjenigen, die z.B. hier im Forum Israel hart kritisierten (und dem Staat Israel z.B. Rassismus vorwarfen) sind inzwischen verstummt. Niemand möchte Antisemit sein, ich auch nicht. Die Kritik an Wörtern und Begriffen hat diejenige an Realpolitik abgelöst.


Fred Reinhardt antwortete am 07.06.02 (17:10):

Karl du fährst auf der gleichen Schiene wie viele Menschen hier im Forum und in Deutschland. Du kritisierst nur Israel schreibst aber dies darf man nicht, sonst würde man dich zum Antisemiten stempeln.
Frage: In welchen Beitrag hat man dich je einmal Antisemiten genannt ?

Auch wenn du Herr über SEIN oder NICHTSEIN hier im Forum bist, erlaube ich mir diese Kritik.

Gruss Fred


DorisW antwortete am 07.06.02 (19:00):

Genau das würde mich auch im Möllemann-Streit interessieren.

Ist er aufgrund seiner einseitigen Parteinahme für die Palästinenser tatsächlich von Juden in die antisemitische Ecke gestellt worden, oder hat er sich nicht vielmehr selber dort aufgebaut, um dann darüber zetern zu können?

Leider sind mir nicht alle Wortlaute des Schlagabtausches Möllemann / Friedman/Spiegel bekannt. Aber nach dem, was ich gelesen habe, hat Friedman sich nur auserbeten, palästinensische Selbstmordattentate ebenso zu verurteilen wie israelische Gewaltpolitik. Mir ist nicht bekannt, ob oder daß Möllemann von jüdischer Seite Antisemitismus vorgeworfen wurde. Wenn er diese Lunte selbst gelegt hat, ist das ein besonders infamer Mißbrauch des Antisemitismus-Themas.


Karl antwortete am 07.06.02 (19:51):

Lieber Fred, liebe Doris,

da auch ich angesprochen bin: Ich habe bereits wiederholt die Selbstmordattentate der Palästinenser ohne "Wenn und Aber" verurteilt. Ich bestätige das hier gern noch einmal. Es ist einfach unfair zu sagen, ich kritisiere nur Israel. Ich habe allerdings betont, dass der Stärkere am ehesten in der Lage sein sollte, die Spirale der Gewalt zu durchbrechen. Israel scheint aber nach meiner Beobachtung - und ich habe keinen Grund hier nicht neutral und objektiv zu sein - gar nicht daran interessiert zu sein, die Palästinenserbehörde in die Lage zu versetzen, ihren Machtbereich in den Griff zu kriegen. Wie anders soll ich mir erklären, dass die Polizeibehörden der Palästinenser zerstört werden, die Autorität Arafats ständig untergraben werden soll. Wie absurd ist es, nach der Bombardierung des Schlafzimmers von Arafat von diesem zu verlangen, er solle gefälligst die Selbstmordattentate stoppen. Dieser Mann hat doch gar nicht mehr die Mittel dafür zu sorgen. Stattdessen gründet Israel ständig neue Siedlungen. Mein Fazit - und ich bin hier neutraler Beobachter - ist, dass Scharon keinen Frieden will, sondern Grossisrael. Das habe ich schon vor Monaten geschrieben und ich sehe überhaupt keinen Grund jetzt nach all diesen Entwicklungen davon abzurücken.
Seht Euch einmal die Landkarte der Siedlungen Israels im Westjordanland an. Den Palästinensern wird die Luft zum Atmen genommen und natürlich immer das beste Stück Land. Als neutraler Beobachter, der weder Verwandte hier noch dort hat, keine belastete Familiengeschichte und selbst die "Gnade der späten Geburt", kann ich einfach nicht anders als Ungerechtigkeit als solche zu bezeichnen. Ich fühle mich hierzu gerade wegen unserer Deutschen Geschichte verpflichtet und wiederhole, dass niemand (!) das Recht erworben hat, andere Völker nach Gutdünken zu dominieren und zu demütigen.


Fred Reinhardt antwortete am 07.06.02 (20:15):

Hallo Karl, statt dem " nur " ein " meist " wäre vielleicht besser gewesen.

Ich kenne nicht nur die Landkarte sondern auch das Land. Das Eine wie das Andere und darüber habe ich bereits geschrieben.

Sharon und Arafat in die Wüste schicken wäre die beste Lösung, um etwas Ruhe in das Gebiet zu bringen. Beide sind machtgierige, machtbesessenne Menschen. Arafat hat es bereits bewiesen und Sharon beweist es jetzt und darunter leiden Israelis und Palästinenser.

Fred


DorisW antwortete am 07.06.02 (20:36):

Aus der eigentlichen Israel-Palästina-Scharon-Arafat-Diskussion möchte ich mich raushalten - dazu weiß ich viel zu wenig über die Hintergründe - und habe dich und deine Beiträge nicht damit gemeint, Karl.

Ich habe nur den Gedankengang von Fred aufgreifen wollen bezüglich des Totschlagarguments und Gesprächskillers "Antisemitismusvorwurf". Es ist doch grotesk, wenn die israelische Seite sich nicht mehr gegen Vorwürfe wehren kann, ohne daß ihr unterstellt wird, sie dränge ihre Kritiker in die antisemitische Ecke.

Ich wiederhole meine Frage ohne Polemik, weil mich die Antwort ehrlich interessiert: hat der Zentralrat der Juden / Spiegel / Friedman Möllemanns Äußerungen einfach nur verurteilt - was sein gutes Recht ist - oder hat er ihn daraufhin zum Antisemiten gestempelt?


WolfgangM. antwortete am 07.06.02 (21:44):

Friedman hat Möllemann vorgeworfen, daß Möllemann antisemitische Resentiments in der deutschen Bevölkerung weckt oder in Kauf nimmt, daß diese geweckt werden. Und er hat Möllemann´s Behauptung zurückgewiesen, daß er, Friedman, Mitschuld trägt daran, daß wieder Antisemitismus in Deutschland entsteht/geweckt wird, frei nach dem Motto:" Die Juden sind selbst Schuld, daß man sie verfolgt."

Friedman hat Möllemann mit keinem Wort als Antisemiten bezeichnet. Ich habe praktisch alle Stellungnahmen im Fernsehen in den unterschiedlichen Programm jeweils mehrfach sehen und hören können.

Möllemann hat in einem Interview - es war auf einem Gang in einem Gebäude, wahrscheinlich der Landtag - eine Bemerkung gemacht, die später nicht wiederholt wurde und irgendwie in späteren Kommentaren etc. "untergegangen" ist.
Möllemann sagte, daß er seine Wortwahl bedauere, aber in der Sache Recht habe!

Was er hiermit gemeint hat, bedarf wohl keines Kommentars.

Wir haben uns hier im ST bereits seit Wochen "die Köpfe heiß diskutiert" - mit wechselseitiger Kritik an Israel und/oder an den Palästinensern. Einen "Tabubruch", wie Möllemann behauptete, gab es nicht. Auch die Presse und die TV-Medien hatten schon seit vielen Wochen teils heftig Israel kritisiert. Und das darf man, ebenso darf man die Palästinenser kritisieren und die USA und besonders unsere eigenen Leute. Nur - Kritik an der Situation in Nahost zu gegenwärtigen Zeitpunkt, da halte ich mich zurück. Ich verstehe langsam beide Seiten nicht mehr.

Und die Juden selbst kritisieren die Politik der Regierung Scharon, deswegen darf aber ihr Herz für Israel schlagen. Tut ja meines auch........


Karl antwortete am 07.06.02 (21:55):

@Doris:
Ich habe nur beschränkten Fernsehkonsum. Es gibt sicher einige, die mehr Interviews mit Spiegel und insbesondere Friedmann gesehen haben. Spiegel hat in einem Interview, das ich gesehen habe, Möllemann antisemitische Äußerungen vorgeworfen. Diese bezogen sich auf die Äußerungen Möllemanns gegen Friedmann. Bei Karsli wurde der Nazivergleich mit Israel als antisemitisch bezeichnet. In Bezug auf Möllemann differenzierte Spiegel, die Äußerung sei antisemitisch, Möllemann selbst wollte er aber deshalb nicht als Antisemiten bezeichnen. Friedmann macht diesen Unterschied wohl weniger.