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THEMA:   Deutsche Touristen=Terrorziele?

 7 Antwort(en).

Manfred Franz begann die Diskussion am 08.05.02 (06:37) mit folgendem Beitrag:

Eben höre ich in den Medieen von einem neuem Anschlag auf deutsche Touristen. Diesmal in Karatchi.
Jetzt suchen sich die internationalen Terrorbanden in zunehmendem Maße deutsche Opfer. Das ist offenbar der "Dank" für das von Teilen der deutschen Öffentlichkleit dargebrachte "Verständnis" für die Taten der Mörder.
Oder sehe ich das falsch? Sind diese Vorfälle reiner Zufall oder gar nur die Späne, die beim Hobeln nun einmal abfallen. Sozusagen "Lateralschäden"?


Wolfgang antwortete am 08.05.02 (12:53):

Meines Wissens nach, Manfred, gab es in der deutschen veröffentlichten Meinung nie irgendein Verständnis für Mörder und deren Morde. Im Gegenteil: Einhellig wurde die terroristische Gewalt ALLER Seiten und Parteien verurteilt. Darüber hinaus wurde von vielen BürgerInnen und - das soll einmal lobend erwähnt werden - von allen unseren renommierten und seriösen Zeitungen nach den Ursachen des Terrorismus gefragt und versucht, gewaltfreie Antworten zu finden.

Es ist gut, dass wir Zeitungen haben, wie z. B. ZEIT, WELT, SPIEGEL, taz und faz... um nur die wichtigsten zu nennen, die ganz hervorragend berichten über den Terrorismus und seine Ursachen und Hintergründe und es sich nicht so leicht machen mit primitiven Schuldzuweisungen an eine Kriegspartei.

Pakistan und seine Hauptstadt sind ein gefährliches Pflaster für westliche Ausländer. Wer dort seinen Urlaub verbringen will, muss nicht ganz klar im Kopf sein.

Nach den mir bekannten Informationen wurden auch keine deutschen Touristen ermordet, sondern Franzosen, die dort an Booten der pakistanischen U-Boot-Flottille arbeiteten.


schorsch antwortete am 08.05.02 (16:14):

Ob die Terroristen wohl zuerst die Touristen fragen, ob sie Deutsche seien?

Schorsch


Manfred Franz antwortete am 09.05.02 (06:44):

Entschuldigung!
Ich war zu schnell mit meinem Beitrag. Es sind ja "nur" französische Arbeiter gewesen, die da ermordet wurden. Die Erstmeldung wurde berichtigt.
Aber: Ob die deutschen Touristen in ihrer Reiselust immer nur absolut sichere Ziele (gibt es die überhaupt?) wählen? Zutrauen würde ich denen ALLE Ziele, wenn sie nur absonderlich genug sind, damit man dann zu Hause mit seinen Erlebnissen und seinem Mut prahlen kann...
Und außerdem: Sind nicht gerade erst deutsche Touristen in Tunesien ermordet worden? Wusste der Attentäter wirklich nicht, wer sich in der Synagoge befand? Und wenn es andere wären, ist dann die Tat weniger verwerflich?


rolf antwortete am 09.05.02 (10:17):

Das mußt Du Dich schon selbst fragen, da Du mit Deiner Überschrift ja die Deutschen als besonderes Ziel hervorgehoben hast.


Wolfgang antwortete am 09.05.02 (11:37):

Touristen waren es nicht, die dort ermordet wurden. Es waren auch keine "normalen" französischen Arbeiter. Es waren Spezialisten, die im Auftrag einer französischen Rüstungsfirma und der französischen Regierung im Rahmen eines französisch-pakistanischen militärischen U-Boot-Projekts unterwegs und tätig waren. Diese Tätigkeit ist wahrscheinlich der Schlüssel für weitere Erkenntnisse.

Was den Tourismus anbelangt... Ich war vor mehr als 30 Jahren als "Rucksacktourist" für längere Zeit auf "Wüstentour" in Marokko, Algerien und Libyen, bis runter nach Niger in das Air und die Ténéré... Land und Leute haben mich fasziniert, ja in ihren Bann geschlagen.

Mir wurde damals klar, dass diese Menschen sich nicht so ohne weiteres und ohne Gegenwehr vom Westen werden vereinnahmen lassen. Was für den interessierten Touristen vor Ort ganz klar zu erkennen war, merken heute auch die, die ihre Weltanschauung nur aus der Zeitung oder via Fernsehen beziehen: Die arabischen Menschen sind mehrheitlich nicht mehr bereit, die Zumutungen des Westens zu ertragen.

Wer ein wenig reingeschnuppert hat in deren Kultur, wer ihre alten Städte gesehen hat, wer mit ihnen gesprochen hat und für eine Zeit mit ihnen im täglichen Leben zusammen war, der versteht, woher der Hass gegen den Westen und die westlichen Menschen herrührt. Der weiss auch, dass der Westen mit all seiner wirtschaftlichen und militärischen Potenz dort wird nichts ausrichten können.

Heute könnte ich die Tour nicht mehr so unbedarft machen, wie damals... Ich bin aber trotzdem froh darüber, dass es diese Menschen mit ihrer eigenen, zum Westen nicht kompatibelen Kultur gibt (die in aller Regel, so, wie bei uns auch, keine Terroristen sind).


schorsch antwortete am 10.05.02 (10:28):

Das grösste handycap von uns "zivilisierten" Völkern besteht wohl darin, dass wir unsere Lebensweise als die einzig wahre und gültige betrachten. Nur so ist es zu verstehen, dass seit Jahrhunderten "Zivilisierte" versuchen, den "Primitiven Lebensart beizubringen". Resultat: Der Zivilisationsschock, der in Jahrtausenden gewachsene Kulturen zum Einsturz bringt. Ist es dann nicht absolut verständlich, dass sich die "Primitiven" anfangen, mit denjenigen Mitteln gegen unsere "Zivilisation" zu wehren, die wir selber ihnen in die Hand gedrückt haben: den Waffen?

Schorsch


utelo antwortete am 12.05.02 (11:09):

Hier kann ich Schorsch wieder mal Recht geben. Der Westen ist teilweise von einer so unterträglichen Arroganz gegenüber den "nicht zivilisierten" Menschen, daß diese sich seit etlicher Zeit wehren gegen diese Bevormundung und letzten Endes auch Übervorteilung. Denn da wo der Westen bekehren oder verbessern oder was auch immer will, sucht er in Wirklichkeit nur seinen Profit.
Als ich ca. 11 Jahren in Istanbul war, explodierte kurz nach meinem Vorübergehen an einer Uni eine Bombe. War die für mich. Wußte irgendjemand, daß ich die Deutsche zu diesem Zeitpunkt dort vorbei gehen würde?
Vor vielen Jahren mehr war der Bombenanschlag auf den Bahnhof von Bologna in Italien. Einen Tag vorher fuhren wir auch mit dem Zug dort durch. War der Anschlag für uns Deutsche gedacht?
Bei all den Unruhen, die zur Zeit wieder in der ganzen Welt herschen, täte man vielleicht gut daran nicht in die Gebiete zu fahren, wo es knallen könnte. Es gibt soviele Stellen, die n o c h ungefährlich sind. Aber wie gesagt, es prickelt, wenn man sich in Gefahr begibt und man kann dann wenigsten etwas erzählen -wenn man dann noch kann.
Laßt die Menschen in Ruhe ihre Kultur in ihrem Land leben, so wie wir in unserem Land in unserer Kultur leben wollen, ohne daß sich dauernd andere einmischen