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THEMA:   Rechtsanwälte - Wisobericht vom 18.3.02

 5 Antwort(en).

Anna Albert begann die Diskussion am 24.03.02 (10:49) mit folgendem Beitrag:

Hallo,
seit ich die Äußerung einer Refrendarin hörte: "Wenn Mandanten wüßten, welchen Schaden die eigenen Anwälte ihnen häufig zufügen, ...!", läßt mich das Thema nicht mehr los.
In meinem Freundeskreis gibt es Betroffene, wie im Wisobericht geschildert.
Ich glaube, dass es sich um ein sog. "heißes Eisen" bei dem Thema handelt, aber ich frage an, ob wir gemeinsam - Betroffene und Juristen unter uns - Erfahrungen und Kenntnisse austauschen wollen und evtl. etwas "bewegen" können.
Gruss, Anna


Barbara antwortete am 24.03.02 (14:01):

Hallo Anna,

ich nehme an, dass es noch mehr außer mir gibt, die die Sendung nicht gesehen haben. Könntest Du vielleicht kurz schildern, worum es dabei ging?

Ich brauchte dreimal im Leben einen Anwalt. Zweimal davon sah ich mich gezwungen, den Anwalt zu wechseln, um zu meinem Recht zu kommen. Trotz der höheren Anwaltskosten hat es sich in beiden Fällen gelohnt.

Gruß Barbara


Maria Welser antwortete am 24.03.02 (15:57):

Ein "heißes Eisen" vermag ich da nicht zu erkennen. Es gibt in jeder Berufsgruppe schwarze Schafe. Rechtsanwälte bilden da keine Ausnahme, ebenso wenig wie Metzger, Pfarrer oder Hufschmiede. Man könnte also das gleiche Thema auf jede beliebige Gruppe anwenden.

Problematisch finde ich in diesem Zusammenhang nur, daß die Gesetzestexte so schwammig formuliert sind, daß sie ein durchschnittlich gebildeter Mensch überhaupt nicht versteht. Wäre dies anders, könnte man die Zahl der Rechtsanwälte erheblich reduzieren.


Ruth L. antwortete am 24.03.02 (18:02):

Um den von einem *Rechtsmissbrauch Betroffenen* zu helfen bzw. sich im Kampf um Recht und Gerechtigkeit zu formieren, haben sich verschiedene Vereine konstituiert.
Einer ist in Frankfurt, ein erst vor kurzen gegründeter befindet sich in Baden-Württemberg (Waldshut-Tiengen), ausserdem besteht der entsprechende *Bundesverein*. Diese "Vereine gegen Rechtsmissbrauch e.V." können eine ständig wachsende Mitgliederzahl verbuchen. Offensichtlich ist das sich-Wehren gegen ungerechte Rechtsprechung und nicht gesetzestreu agierende Anwälte ein Gebot der Stunde.


schorsch antwortete am 24.03.02 (18:41):

Warum sind denn Gesetzestexte so "schwammig"?
Weil sie von Gesetzemachern gemacht werden, die nichts mehr verdienen könnten, könnten Kreti und Pleti die Gesetzestexte selber auslegen - weil sie nur eindeutig auslegbar sind!

Schorsch


Anna Albert antwortete am 25.03.02 (13:02):

Danke für Eure Zuschriften. Eure Beiträge finde ich gut und richtig.
Im Wisobericht ging es um folgendes: Anwälte wurden befragt, wann "titulierte" Unterhaltsansprüche verjähren. Fast alle nannten die falsche Frist, nämlich 30 Jahre. Richtig ist aber 4 Jahre.
Das ist eine Wissenslücke,die schwer wiegt und nichts mit schwammiger Formulierung zu tun hat.
Berichtet wurde der Fall einer Frau, die sämtliche Unterhaltsansprüche verloren hatte aufgrund dieses Irrtums ihres Anwalts. Fatal ist, dass auch Regressansprüche gegen den Anwalt - gleichzeitig - verjährt waren.

Der Fall hat mich berührt, weil eine Freundin wahrscheinlich das gleiche Schiksal erleiden wird und sie ist ziemlich verzweifelt:
Seit 14 Jahren hat sie einen vollstreckbares Unterhaltsurteil gegen ihren früheren Mann, jetzt gegen seine Erben.
Sie hat inzwischen den dritten Anwalt.
Der erste Anwalt hat 3 Jahre gebraucht, um einen Antrag auf Vollstreckung formal richtig zu stellen. Der Antrag wurde dann durch eine Abwehrklage abgeschmettert, weil er inhaltlich falsch war.
Der zweite Anwalt hat die Sache wegen Arbeitsüberlastung 2 Jahre liegen lassen. Er nahm dann nicht einmal einen Gerichtstermin wahr, weil er sich nicht vorbereiten konnte. Die Freundin verlor dadurch endgültig zusätzliche Versorgungsausgleichsansprüche.
Der dritte Anwalt - seit Ende 1996 tätig - sagte, die vorherigen Anwälte regresspflichtig zu machen, sei aussichtslos wegen Verjährung und mangelnder Beweise.
Er selbst hat nun nach 5 Jahren die notwendige Klage eingereicht - entschuldigt es mit Arbeitsüberlastung -. Auch er ging von einer 30jährigen Verjährungsfrist der Ulnterhaltsansprüche aus und kennt seinen Irrtum nun durch den Hinweis des gegnerischen Anwalts.
Zu befürchten ist, dass die beantragte Prozesskostenhilfe wegen evtl. Verjährung erst gar nicht gewährt wird.
Meine Freundin traut sich nicht, ihren Anwalt regresspflichtig zu machen, weil sie auf ihn angewiesen ist. Es war sehr schwierig, überhaupt einen Anwalt für diese durch jahrelange Verzögerung schwierige Sache zu finden. Dazu kommt, dass die Sache auf PKH-Basis nicht genug einbringt.

In Gesprächen mit Freunden habe ich erfahren, dass Klienten nicht selten Schaden zugefügt wird durch Unkenntnis, aber vor allem durch mangelden Einsatz. In vielen Anwaltkanzleien türmen sich die Akten, und kurz vor Verhandlungsbeginn wird dann ein Blick hineingeworfen.
Das Ärgste daran ist: Die Hilfesuchenden haben meist keine Ahnung davon (sie wohnen der Verhandlung selten bei), und ggf., der Nachweis für das Fehlverhalten und den eingetretenen Schaden ist fast unmöglich: Anwälte wissen wie, und achten sorgfältig darauf, das zu vereiteln.

Gegen "Götter in Schwarz" ist noch "schwerer anzukommen" als gegen die in Weiß.
Und darin sehe ich auch den Unterschied zu den von Dir, Maria, genannten Berufsgruppen.
Als heißes Eisen sehe ich die Sache deshalb an, weil ich nicht sicher bin, was man öffentlich machen kann, ohne sich mglw.strafbar zu machen.

Und deshalb: nach dem Motto "Vereint sind selbst die Schwachen mächtig", freue ich mich auf reges Engagement.

Zum Schluß die Frage an Dich, Ruth: Hast Du Erfahrungswerte über die Arbeit der gen. Organisationen?
Anna