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THEMA:   Wieder einmal zu Renten und Pensionen

 7 Antwort(en).

Günter Paul begann die Diskussion am 21.03.02 (18:12) mit folgendem Beitrag:

Liebe Freunde,
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, daß Renten und Pensionen steuerlich gleich zu behandeln sind. In den nächsten Jahren ind dazu die notwendigen gesetzlichen Regelungen zu treffen – Grund genug, dazu einen eigenen Standpunkt zu bilden und in die bevorstehenden Diskussionen einzubringen

Aus der Leipziger Volkszeitung vom 07.03.2002, S. 2, entnehme ich folgende Übersicht (sie wurde übrigens am 20.03.2002 auf der Ratgeberseite nochmals abgedruckt):

Renten (Durchschnitt, monatlich) West Ost

Männer 969 Euro 782 Euro
Frauen 446 Euro 619 Euro
Erwerbsunfähige 736 Euro 670 Euro

Pensionen (Durchschnitt, monatlich)

Bund: 2360 Euro Bahn: 1680 Euro
Länder: 2600 Euro Post: 1630 Euro
Gemeinden: 2470 Euro

Wenn das so ist, dann ergibt sich für mich die Frage, wieviel Gerechtigkeit die steuerliche Gleichbehandlung von Renten und Pensionen wirklich bringen kann. Besteuerung und evtl. höhere Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung dürften die durchschnittlichen Pensionen kaum unter die Durchschnittsrenten absenken.

Und noch etwas: Erste Überlegungen, wie denn nun die Besteuerung des Alterseinkommens neu geregelt werden könne, gehen lt. Presseinformationen dahin, daß bei Alleinstehenden 1500 Euro, bei Verheirateten 2500 Euro steuerfrei bleiben könnten. ... Sind denn die Ehepartner der Rentnerin/des Rentners nur mitversichert? - Haben sie nicht auch ein Leben lang eigene Beiträge bezahlt (sofern sie erwerbstätig waren)? - Brauchen Rentnerehepaare weniger Geld als zwei Singles, um angemessen leben zu können? - Geben derartige Regelungen jungen Leuten einen Anreiz zur Familiengründung? - Hier wiederholt sich derselbe Unsinn, wie bei der Zuzahlung zu den Arzneikosten. Zum Glück ist noch genügend Zeit zu widersprechen.

Ich frage mich, ob die Politiker (und Juristen) tatsächlich glauben, es könne einen wirtschaftlichen Aufschwung geben, wenn die Einkommen und damit die Kaufkraft der ständig größer werdenden Personengruppe der SeniorInnen im Vergleich zum Preisauftrieb immer langsamer wachsen.

Ich würde gern Eure Meinung dazu erfahren.
Gruß Günter Paul


e k o antwortete am 21.03.02 (19:17):

Lieber Günter Paul,

verteilt kann immer nur das werden, was erwirtschaftet wurde. Und wo nichts ist, hat auch der Kaiser das Recht verloren ( Ein alter Spruch, aber er gilt immer noch.)

Tatsache ist, dass immer weniger Erwerbstätige da sind, die für immer mehr Rentner aufkommen müssen. Diese Schere wird in den kommenden Jahrzehnten immer weiter auseinanderklaffen.

Das alte Bismarcksche Rentensystem, über Generationen hinweg gut gelaufen, verliert mehr und mehr an Gültigkeit, weil die Alterspyramide, die diesem System zugrunde liegt, sich völlig verschoben hat.

Was die Leipziger Volkszeitung da veröffentlicht hat, kann m.E. nicht zugrunde gelegt werden. Wahrscheinlich hat man da Äpfel mit Birnen bezw. einfache Renten mit Pensionen leitender Beamten verglichen. Das kann nicht gut gehen.

Man muss da schon auf dem Teppich bleiben. Da ich mit einer Lehrerin verheiratet bin, weiß ich in etwa, was uns erwartet. Da sind die von der Leipziger Volkszeitung genannten Summen doch ziemlich aus der Luft gegriffen.

Gruß von e k o


Johannes Michalowsky antwortete am 22.03.02 (11:31):

Wenn ich das richtig verstehe, geht es um die Gerechtigkeit der Verteilung und nicht um die Größe des zu verteilenden Kuchens. Eine solche Gerechtigkeit wird kaum erzielbar sein, weil die zu berücksichtigenden Parameter und ihre Auswirkungen nicht überblickt und in ein Gerechtigkeitspaket eingebracht werden können.

Ich erinnere z.B. daran, daß Beamte keinen Beitrag zur Rentenversicherung bezahlen, daß Beiträge zur Rentenversicherung während des Arbeitslebens unterschiedliche individuelle Auswirkungen haben, an die Auswirkung von Ausbildungs-, Wehrdienst- und Arbeitslosenzeiten, die meiner Meinung nach nie im Sinne einer allseits gerechten Lösung unter einen Hut gebracht werden können - mit anderen Worten: Unzufriedenheit wird es immer geben, und weitere Verfassungsklagen wären keine Überraschung, was auch immer jetzt herauskommen mag.

(Internet-Tipp: /seniorentreff/de/my/)


schorsch antwortete am 22.03.02 (11:50):

@ eko: "...Tatsache ist, dass immer weniger Erwerbstätige da sind, die für immer mehr Rentner aufkommen müssen. Diese Schere wird in den kommenden Jahrzehnten immer weiter auseinanderklaffen...."
Hast recht, eko. Das heisst also, dass andere Formen der Finanzierung gesucht werden müssen. Eine Möglichkeit, die in der Schweiz bereits gute Früchte trägt: Zusätzlich zu den Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträgen über die Mehrwertsteuer finanzieren. Denn konsumieren tun alle, ob Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Rentner oder Freischaffende Künstler. Das heisst: Je mehr konsumiert wird, desto mehr kommt in die Rentenkasse.

Schorsch


Günter Paul antwortete am 22.03.02 (11:59):

Danke für Deine Antwort e ko.

Eigentlich ging es mir nicht um das derzeitige System der Altersversorgung insgesamt, sondern nur um Überlegungen zur Neuregelung der Besteuerung des Alterseinkommens, die ja nun kommen wird. Ich hege nicht die Illusion, daß Meinungsäußerungen im Seniorentreff sich in politischen Entscheidungen niederschlagen werden. Ich möchte hier – wie ich schon in meinem Beitrag zum Thema „Streiten“ gesagt habe – im wesentlichen meinen Standpunkt überprüfen, um ihn anderenorts in die Diskussion einzubringen. Das ist in jedem Fall erreichbar und ich hoffe, daß möglichst viele SeniorInnen ähnlich handeln. Wir verfügen über erhebliches Wissen und reiche Lebenserfahrungen, die wir in die weitere Gestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse einbringen sollten.

Was die in der Leipziger Volkszeitung genannten Zahlen betrifft, handelt es sich um Durchschnittswerte und wir dürfen sie nur als solche behandeln. Selbstverständlich liegen viele Pensionen aber auch Renten weit darunter, andere aber darüber. Das hat Statistik nun mal so an sich. Wichtig erscheint mir, daß die Besteuerung nicht davon ausgehen darf, wie hoch das Jahreseinkommen ist, ab dem die Besteuerung erfolgt, sondern davon, wie hoch das Alterseinkommen im einzelnen tatsächlich ist. Darum geht es nach meinem Dafürhalten auch in der LVZ.
Du weist darauf hin, daß nur verteilt werden kann, was erwirtschaftet wird. ... Dem widerspreche ich nicht. Wird aber nicht immer mehr mit immer weniger Arbeitskräften erwirtschaftet? Die Arbeitsproduktivität steigt doch in der BRD seit Jahren wesentlich schneller als die Arbeitseinkommen – und weil dadurch die Kaufkraft fehlt – auch schneller als die Produktion. Hier liegen doch die wahren Ursachen der rückläufigen Beschäftigtenzahlen und damit verbunden der Finanzprobleme. Wenn dem Wirtschaftskreislauf in ständig zunehmendem Maße in Form von nicht wieder angelegten (und anlegbaren) Profiten Geld entzogen wird, muß es zu Absatzschwierigkeiten und als Folge davon Produktionszurückhaltung, Ausfällen von Steuern und Sozialbeiträgen u.s.f. Kommen. Nach meiner Überzeugung wird die Veränderung der Alterspyramiden nur vorgeschoben, um diesen komplizierten und unangenehmen Fragen auszuweichen. Bringt aber nichts, sondern erzeugt nur immer neue wirtschafliche Schwierigkeiten und soziale Spannungen. Ich meine, wir sollten deshalb diese Probleme immer wieder in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rücken.

Herzliche Grüße
von Günter Paul


e k o antwortete am 23.03.02 (16:29):

@ Schorsch,

also ich weiß nicht so recht, ob das der richtige Weg über die Mehrwertsteuer ist. Wenn ich das recht verstehe, müssten ja dann alle Verbraucher, und somit auch wiederum das große Heer der Rentner dafür aufkommen und das würde bedeuten, dass sich die Rentner ihre Rente wieder selbst finanzieren müssten. Beißt sich da die Katze nicht in den Schwanz ? Oder verstehe ich da etwas falsch ?

Ich denke, der bessere Weg geht über die private Altersvorsorge, hierzulande auch als "Riester-Rente" bekannt.

Man wird in Zukunft nicht immer nur vom Staat etwas verlangen können, sondern auch selbst etwas dazu tun müssen.

Zum Thema der Ungleichheit: Es ist richtig, was Jo dazu sagt. Beamte müssen keine Sozialversicherung bezahlen. Aber das allein ist es nicht. Beamte müssen einen Treueeid ablegen, sie dürfen nicht streiken ( da lachen jetzt einige, ich weiß) müssen im Krankheitsfall die Kosten vorfinanzieren und da geht es bei einem Krankenhausaufenthalt leicht in die Zehntausende ( selbst erlebt!), können jederzeit woandershin versetzt werden oder können sich ihren Arbeitsplatz nicht frei wählen.

Also, so ganz einfach ist das nicht, da gibt es z.T. gravierende Unterschiede und das "süße Leben" der Beamten gehört längst der Vergangenheit an. Im Schulsektor gilt schon seit einiger Zeit das Leistungsprinzip und da kann ein Rektor einem ihm missliebigen Lehrer leicht die Karriere verbauen. Da helfen dann auch 6 Wochen Sommerferien nichts mehr, die er sowieso zur Fortbildung zu benützen hat.

Alles nicht so einfach.

Gruß vom e k o


baerliner antwortete am 23.03.02 (17:59):

Ich verstehe die Diskussion nicht: Das Urteil sorgt für
eine gleiche Besteuerung von Renten und Pensionen zum Zeitpunkt,
da diese als Einkommen zur Verfügung stehen.
Da ist doch nichts gegen zu sagen. Die bisher aus teilweise versteuertem
Einkommen stammenden Rentenbeiträge bleiben
steuerfrei. Wer anständig vorsorgt, zahlt zunächst mal weniger Steuern. Ist doch o.k., oder?

Das hat auch nichts mit der steuergerechten Mehrwertsteuer
zu tun, obwohl ich dafür bin, den Konsum und nicht das Einkommen zu besteuern.
Und da sollten Luxusgüter auch höher
besteuert werden als Grundnahrungsmittel, wie es uns andere
europäische Länder vormachen.

Eko, die Katze beißt sich auch nicht in den Schwanz, wenn
ein Rentner oder Pensionär viel konsumiert und damit über die Mehrwertsteuer auch die Rentenkassen füllt. Er hat doch das Geld für den Konsum und kann auch was für die Allgemeinheit tun. Dann braucht man auch keine Vermögenssteuer, die nicht zu unrecht als Neidsteuer verschrien ist und deshalb abgeschafft wurde.


schorsch antwortete am 23.03.02 (19:18):

Wichtig ist, dass das Geld im Umlauf bleibt - nicht zu langsam, nicht zu schnell. Läuft es nämlich zu langsam, führt das zu einer Deflation. Läuft es zu schnell, gibts eine Inflation. Beides ist für den Staat (wir sind der Staat) schlecht. Es darf aber auch nicht zuviel Geld im Umlauf sein. Was dann nämlich resultiert, das wissen diejenigen, die zusehen mussten, wie Hitler die Gelddruckmaschinen auf Hochdruck arbeiten liess, am besten.

Schorsch