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Übersicht Archiv "Politik und Gesellschaft"

THEMA:   Bonus für Gewerkschaftsmitglieder

 17 Antwort(en).

jo begann die Diskussion am 31.10.04 (21:44) :

„Erstmals hat eine Gewerkschaft in Nordrhein-Westfalen einen Tarifvertrag abgeschlossen, der deutlich bessere Konditionen für Gewerkschaftsmitglieder vorsieht als für nicht organisierte Arbeitnehmer. Damit soll der Mitgliederschwund gestoppt werden.“ (Süddeutsche Zeitung, URL unten, aber auch andere Medien haben berichtet).

Ich dachte ja schon immer, daß die Nichtmitglieder Trittbrettfahrer der organisierten Arbeitnehmerschaft sind. Andererseits wird auf diese Weise ein Druck – wie man ja am zweiten Satz dieser Meldung sieht – zum Beitritt ausgeübt – und die Gewerkschaften dekuvrieren sich auf diese Weise zu puren Vereinen zur Erzielung von Lohnerhöhungen – das ist ja immerhin eine stets populäre Zielsetzung, und die Mitglieder holen sich ihren Beitrag zu Lasten der Arbeitgeber wieder zurück.

Nebenbei: Erstaunlich fand ich auch immer, daß die Mitgliederbeiträge für die Gewerkschaften ausgerechnet von den Arbeitgebern zusammen mit der Lohnabrechnung wie Lohnsteuer usw. einbehalten und abgeführt werden – anders ist sich die Gewerkschaft wohl nicht sicher, von ihren Schäflein ihre Piepen zu bekommen.

Internet-Tipp: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/160/42118/


hugo1 antwortete am 31.10.04 (22:15):

,,na jo, wenn das nicht sofort Klagen wegen Ungleichbehandlung nach sich zieht.
Gedanken über die Vorreiterrolle der tarifaushandelnden Gewerkschaften mit Unternehmen oder ganzen Branchen hab ich mir schön öfter gemacht jedoch war ich der Meinung das den Unternehmen die Mitgliederschwäche einer Gewerkschaft bei solchen Verhandlungen sehr zu passe kommt.
Wieso sollten sie sich (die Unternehmen) nun neuerdings von diesem bisher erfolgreichen Gedankengängen und Gepflogenheiten (das Nichtgewerkschaftsmitglieder lohnmäßig gleichgestell werden und dadurch höheren Nettolohn ergattern) verabschieden ?


BarbaraH antwortete am 31.10.04 (23:59):

Dazu kann ich nur sagen: Na, endlich!

Wie oft habe ich von KollegInnen gehört, sie seien doch nicht blöd und zahlten jeden Monat 1% ihres Bruttoarbeitslohnes an die Gewerkschaft, da sie von deren Abschlüssen genau so profitierten wie deren Mitglieder.

Wenn ein einzelner Arbeitnehmer eine Gehaltserhöhung mit dem Chef aushandelt, profitiert ja auch nur er davon. Wenn eine Vertretung der Arbeitnehmer im Namen ihrer Mitglieder diese Verhandlungen führt, werden in Zukunft nur sie den Nutzen davon haben. für mich ist das in Ordnung.

Außerdem wird dadurch vielleicht endlich der Masse der Arbeitnehmer die Notwendigkeit von Gewerkschaften klar.

Dass der Gewerkschaftsbeitrag direkt vom Arbeitgeber abgeführt wird, ist mir neu. Bei mir wird er seit Jahrzehnten per Abbuchung eingezogen.


jo antwortete am 01.11.04 (08:41):

Ich hatte einmal in zwei Großunternehmen an der Programmierung von deren Lohnabrechnung mitgewirkt. Gewerkschaftsbeitrag war einer der Abzugsposten. Vielleicht hat sich das geändert. Ich fand es jedenfalls reichlich abwegig, daß das der Arbeitgeber machte - oder war es eine freiwllige oder abgenötigte Leistung des Unternehmens?

Ich würde das allerdings eher unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung sehen - gleicher Lohn für gleiche Leistung, ist doch sonst eine wohlfeile Parole?


schorsch antwortete am 01.11.04 (10:00):

Bei uns in der Schweiz kenne ich keine Gewerkschaftsbeiträge, die vom Arbeitgeber abgezogen werden. Jede(r) bezahlt entweder mittels Einzahlungsschein oder bei einem Kollegen die Monatsbeiträge. Allerdings würde ich es begrüssen, wenn der Direktabzug vom Arbeitgeber vorgenommen würde. Ich war 8 Jahre Präsident einer Arbeitnehmerkommission und weiss, wie zähe Lohnverhandlungen sein können. Umso mehr ärgerte ich mich über Kollegen, die schnippisch/zynisch sagten: "Was soll ich denn Mitgliederbeiträge zahlen, wenn ich die Lohnerhöhung ja doch bekomme wie ihr? Mit dem eingesparten Geld kann ich mir ja Zigaretten für ein Jahr kaufen, oder jeden Abend ein Bier mehr trinken!"


BarbaraH antwortete am 01.11.04 (10:38):

"Gleicher Lohn für gleiche Arbeit"

Wo gibt es das? Wer erhält schon lediglich den Tariflohn?

Zur Zahlung des Gewerkschaftsbeitrages:
Meiner Meinung nach hat den Arbeitgeber nicht zu interessieren, wer gewerkschaftlich organisiert ist und wer nicht. Ich könnte mir vorstellen, dass sich die Kenntnis der Mitgliedschaft in Gesprächen über Gehaltsforderungen negativ für den Arbeitnehmer ausgewirken könnte.


jo antwortete am 01.11.04 (11:14):

Na ja, nach der Religionszugehörigkeit wird man ja auch gefragt, und sei es nur, um da die richtige Steuer - oder gar keine - einzubehalten. Normalerweise sollte das den Arbeitgeber auch nicht interessieren.

Und was so ein richtiger gestandener Gewerkschaftler ist - der wird sich doch nicht verstecken?


Medea. antwortete am 02.11.04 (07:12):

Die Frechheit, mit der Nichtgewerkschaftsmitglieder von deren Kampf um Lohnerhöhungen mit schiefem Grinsen profitierten, hat mich schon immer einigermaßen sprachlos gemacht.

Einstreichen ja, eine Gegenleistung erbringen, nein.

Es ist ja ähnlich mit der Kirchensteuer, um die wird sich auch mit den fadenscheinigsten Begründungen gedrückt, sehr wohl aber gerne die Hilfe der Kirche/Pastoren/Gemeindeschwestern annehmen, wenn es denn mal eng wird.....

Stimme Barbara und Schorsch zu -
seit meinem 20sten Lebensjahr bin ich Mitglied der Gewerkschaft, habe mir dennoch meine Kritikfähigkeit bewahrt.


jo antwortete am 02.11.04 (08:31):

Ist daraus zu schließen - wie ich es schon angedeutet habe - daß die Gewerkschaften reine Gruppierungen zum "Erkämpfen" von Einkommensverbesserungen sind? Und daß diese Einkommensverbesserungen dazu dienen sollen, den Gewerkschaftsbeitrag zu finanzieren - natürlich zu Lasten der Arbeitgeber?

Ich habe nie einem solchen Verein angehört, war aber die "letzten" 30 Jahre meines Berufslebens freiberuflich tätig, habe also meine Einkommensverbesserungen stets selbst "erkämpft".

In England gab es doch einmal das sogenannte closed-shop-System. Man konnte in einem - seinem - Beruf nur tätig werden, wenn man der zuständigen Gewerkschaft beitrat. Es war also eine Zwangsmitgliedschaft. Die Regierung Thatcher hat da ja wohl kräftig aufgeräumt mit dem Ergebnis, daß Großbritannien heute wirtschaftlich auf viel besseren Füßen steht als wir - und das kommt dort Vielen zugute.

Ich hörte im Radio einen Fachmann sagen, daß die Bevorzugung von Gewerkschaftsmitgliedern den Gewerkschaftsbeitrag nicht übersteigen sollte - also ein Nullsummenspiel, de facto finanziert damit der Arbeitgeber seine Gegenpartei - wo gibt es so etwas?


schorsch antwortete am 02.11.04 (18:05):

Lieber Jo, ich glaube kaum, dass Leute, die, wie du, an einem bevorzugten Posten stehen (standen), es nötig haben, jemand anders für sich Lohn zu erstreiten. Aber bedenke: Unter den Arbeitern gibt es Hunderttausende, die nicht das Glück (und vermutlich auch nicht den Kopf dazu!) haben, für sich selber streiten zu können.


jo antwortete am 02.11.04 (19:22):

Nein, Schorsch, der Posten war keineswegs bevorzugt, wenn Du bei Freiberuflern an einen Arzt, Rechtsanwalt oder Steuerberater denkst.

Ich habe beruflich genau dasselbe gemacht wie tausende anderer Computerprogrammierer, nur nicht mit einem Anstellungsvertrag, sondern einem Dienstleistungs- oder Werkvertrag in der Tasche, in dem kein Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle, und kein Kündigungsschutz und keine der Segnungen sozialer Absicherung vorkam, und bei dem auch nicht das Geld pünktlich zum Ultimo eintrudelte, sondern manchmal erst Wochen oder gar Monate nach Leistungserbringung - das insbesondere von einigen öffentlichen Auftraggebern.

Nicht, daß ich mich etwa beklage, ganz und gar nicht, aber es prägt meine Einschätzung von Leuten, die sich hinter Interessenvertretern, die es für einen kleinen Obolus schon richten, verschanzen. Ich war sogar mehr als einmal streik-betroffen in dem Sinne, daß ich die Warnstreik-Komödie - Party-Stimmung - beobachten konnte und in meiner Arbeit behindert war. Ich habe sogar eigene Digitalfotos davon, wenn es interessiert.


Tobias antwortete am 02.11.04 (22:02):

Aber Jo, du hattest doch auch deine Intressenvertreter, entweder Handwerkskammer oder Industrie u. Handelskammer.
Beide Kammern und noch viele mehr sind halbstaatliche Einrichtungen. Wir kennen uns da doch aus, oder ? Da steht doch die Frage an, warum haben Lohnabhängige nicht gleiche Rechte sich zusammen zu schliessen? Ich wäre sogar für eine halbstaatliche Arbeiter und Angestelltenkammer. Dort müssten alle Arbeiter und Angestellte Mitglied sein.
Gewerkschaften könnte es dann noch zusätzlich geben wäre vergleichlich Innung oder Bund der Kaufleute. ( Nur als Beispiel.)

Grundsätzlich aber, wer nichts zum Geschehen beiträgt hat auch kein Recht am Geschehen zu partizipieren.


jo antwortete am 02.11.04 (22:46):

Du irrst, ich hatte keinen Interessenvertreter außer mir selbst - Leute, die freiberuflich Computer programmierten hatten so etwas nicht - und brauchten es auch nicht.

Anscheinend kennst Du Dich da doch nicht so richtig aus.


schorsch antwortete am 03.11.04 (09:42):

Jo, du vergisst, dass zu deiner Aktivzeit die Programmierer, Systembetreuer und Softwareerfinder eine besonders hoch angesehene Spezies waren. Die Unternehmer rissen sich um sie. So hat also der Markt die Löhne bestimmt - keine kleinen!
Auch heute noch scheint Mangel an guten Spezialisten zu herrschen. Sonst würden ja die Unternehmer nicht in Asiatischen Ländern nach ihnen suchen.


Tobias antwortete am 03.11.04 (10:12):

Wenn du keine Firma oder Gewerbe angemeldet hattest wird es wohl so gewesen sein, jo.

Bei uns wird nach jeder Gewerbe- oder Firmenanmeldung sofort die IHK und die Handwerkskammer informiert. Auch wenn ich nicht will, werde ich verpflichtet die gültigen Beitragssätze zu bezahlen.


jo antwortete am 03.11.04 (10:55):

Ich hatte weder eine Firma noch habe ich - steuerlich - ein Gewerbe betrieben - das allerdings musste erst durch eine Klage beim Finanzgericht erstritten werden.

Im übrigen war ich natürlich nicht der Einzige dieser Spezies - man kannte ja einige Kollegen, mit denen man unter gleichen Bedingungen Seite an Seite gearbeitet hat.

Interessanter Nebenaspekt (gehört eigentlich nicht hierher):

In öffentlichen Haushalten zählten unsere Dienstleistungen nicht zu den Personalkosten. Auf diese Weise hatten wir gute Beschäftigungschancen, wenn mal wieder die Reduzierung von Personalkosten angesagt war!


uul antwortete am 03.11.04 (13:51):

@ Tobias

Dieses Monstrum "Arbeiterkammer" und "Angestelltenkammer" gibt es schon - im kleinsten Bundesland (Stadtstaat) Bremen. Reiner Selbstzweck zum Beitragskassieren und "Sich-selbst-Erhalten" - sonst gar nichts! Weder Angestellte noch Arbeiter haben irgend einen Nutzen davon, sie sind nur verpflichtet, Beiträge zu entrichten!


Tobias antwortete am 03.11.04 (14:20):

@ uul

Mir neu, ich dachte dies gibt es nur in Österreich.
Bei uns in Bayern jedenfalls nicht.