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Übersicht Archiv "Politik und Gesellschaft"

THEMA:   Joachim C. Fest: "Hitler" - im 3sat!!!

 78 Antwort(en).

lola begann die Diskussion am 21.09.04 (11:14) :

Das war m.E. gestern wieder einmal eine überzeugende Sendung im 3sat!
Richardo, weißt Du noch, wie wir beiden vor vielen Jahren mal über das Buch "Hitler" von Joachim Fest diskutiert haben! Damals erstauntest Du mich, daß Du den Fest so total ablehntest, im Gegensatz zu Sebatian Haffner und mir u.a.
Bist Du heute immer noch der Meinung, daß man den nicht so ernst nehmen könnte?
Auch im Film: "Der Untergang" mit Bruno Ganz hat der Fest ja sehr mitgearbeitet!
Ich halte ihn nach wie vor für sehr aufschlussreich und interessant!


Zacharias antwortete am 21.09.04 (12:32):

Dieser Film hat sich viele Kritiken eingehandelt -, vorwiegend bezogen auf falsche Geschehens-Deutungen und die dann resultierenden irreführenden Darstellungen.




Kann leider keine Quelle mehr angeben; vielleicht vor ein paar Tagen in "spiegel-online" gelesen.


ricardo antwortete am 21.09.04 (13:57):

Ich habe einige der Biografien über Hitler gelesen und kann nicht sagen, daß mir dabei das Phänomen dieses Mannes klarer geworden ist.
Die Gefaht besteht: Solange man ihn in den Mittelpunkt stellt, verblaßt die Bedeutung alles anderen in dieser Zeit.
Will heißen, wir armen Menschen sind verführt worden und böse war allein er.
Da es zur Zeit sowieso große Mode ist, das deutsche Volk als Opfer des Krieges zu sehen, so schwindet die Bereitschaft, die Verantwortung von uns allen zu erkennen.
So ein Würstchen wie Adolf dient uns als Alibi!
Der Film hat eine ähnliche Funktion, allerdings wohl nur ungewollt.


lola antwortete am 21.09.04 (18:26):

Ich gehe zunächst von dem Buch " Hitler" von Joachim Fest aus, und habe nach langer Zeit mich dem wieder mal zugewandt, ich denke dann den Darstellungen von Bruno Ganz im Film mehr Verständnis entgegenbringen zu können!
Richardo, Du schreibst von "vielen Biographien"
- irgendwelcher Leute!!!! - Da wird es recht deutlich, daß Dir Joachim Fest bisher wohl unbekannt geblieben ist! Sebastian Haffner wird sicherlich eine derart simple Auffassung, die Du so darlegst, nicht derartig hoch einstufen!? Auch Deine Darstellung von dem was "in allen Büchern und Filmen" immer dargestellt wird, auch das zeigt, daß Dir die Person "Hitler" und seine Wirkungsergebnisse und sein Verhalten sowie die diese Ergebnisse ermöglichenden Situationen bisher leider wohl noch recht unbekannt sind!?
Die geschichtlichen Begebenheiten haben doch wohl alle auch ihre Wirkungen gezeigt! Oder????
Ich kann nur sagen:

Es ist wahnsinnig spannend!


lola antwortete am 21.09.04 (18:52):

Hallo,

Richardo

Ich hatte ganz vergessen deutlich zu machen, daß es wirklich nicht und nie nur eine einzige Möglichkeit gibt, etwas zu verstehen, dennoch hat wohl jede Art seine Bedeutung!
So sah ich in letzter Zeit von dem jetzt 90jährigen ungarischen Juden George Tabori seine Darstellung von Hitler in seinem "Mein Kampf"!
Auch diese Darstellung ist hervorragend! Aber natürlich haben total andere Absichten Tabori dazu bewegt, sich mit dem "Problem Hitler" zu beschäftigen!
Du, Richardo, im Gegensatz zu Dir, finde ich, daß man "die einzige Möglichkeit" einer Interpretation nie finden können wird! Aber jede führt mich bei meinen eigenen Erkenntnissen weiter!
Und das sehe ich als wichtig und höchst interessant an!


Illona antwortete am 21.09.04 (20:05):

In Frankreich gibt es seit kurzem Bestrebungen, endlich mehr Aufklärungsarbeit zu leisten. An allen Gymnasien soll die Präsentation des erschütternden Holocaust- Filmes „ Shoah“ fix in das Lehrprogramm integriert werden.
In Deutschland wird nun erwogen, den neuen Hitler- Film als Pflichtteil in den Geschichtsunterricht einzubauen.
Ein löbliches Unterfangen.
Dennoch bleibt es zwiespältig. Weil das Umfeld nicht stimmt. Solange das Geschichtswissen zahlloser Schulabgänger mit dem Zwischenstand des „ Siebenjährigen Krieges „ endet, sind solche Filmstunden ein bequemes ( Un -) Ruhekissen für vorgestrige Pädagogen, die hartnäckig die jüngere Vergangenheit verschlafen. Sie werden weiterdösen, vielleicht sogar während des Films. Guten Morgen , Alibi-Aktion.


Wolfgang antwortete am 21.09.04 (20:20):

Ich bin skeptisch... Hinter diesen Unterfangen steht die Annahme, dass aus Vergangenem gelernt werden koenne und auch gelernt werde.

Mir scheint aber, dass jede Generation sich die Freiheit nimmt, das Rad neu zu erfinden.

Geschichtskenntnisse (wenn sie ueberhaupt da sind) stoeren da nur.

Ich denke, Geschichte ist etwas fuer HistorikerInnen und fuer an Geschichte Interessierte. In der praktischen Politik spielen die aber keine grosse Rolle (was vielleicht gar nicht so schlecht ist).


jo antwortete am 21.09.04 (20:45):

für mich ist eines der Anliegen der Beschäftigung mit Geschichte das Ziel, für die Zukunft zu lernen. Das hat sich - um ein Beispiel anzuführen - sehr deutlich im Entstehen der Bundesrepublik Deutschland nach 1945 niedergeschlagen, bei der die Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Schicksal der Weimarer Republik durchaus ein wichtiger, wenn nicht gar entscheidender Parameter waren, nicht zuletzt dadurch, daß es zum Teil dieselben Leute waren, die damals und jetzt - 1945 ff - eine tragende Rolle spielten. Damals - nach 1945 - haben Geschichtskenntnisse und -erfahrung eine immense Rolle für eine neue Weichenstellung gespielt.

Die andere Funktion der Geschichtsbetrachtung ist, die Situation von Gegenwart aus dem Ablauf der Vergangenheit heraus zu verstehen - man denke nur an das zeitlich naheliegende Ereignis der deutschen Vereinigung, darüber hinaus aber an den gesamten Ablauf der europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts und der Weltgeschichte überhaupt.

Die Beschäftigung mit Geschichte insgesamt sehe ich daher nicht als akademisches Vergnügen, sondern als unerlässlichen Bestandteil der Beschäftigung mit der Gegenwart.


Wolfgang antwortete am 21.09.04 (21:01):

Wie gesagt, ich bin skeptisch... So soll es wohl sein, wie Du das beschreibst, Jo. - Aber, ist es auch wirklich so ? Oder, ist es nicht vielmehr so, dass spaetestens die naechste Generation sich abwendet von dem, was ihre Altvorderen ihnen als 'Geschichte' praesentieren und ihren eigenen Weg gehen und eine neue Geschichte machen ?


Karl antwortete am 21.09.04 (21:14):

Ich bin da etwas optimistischer und teile die Auffassung von Jo. Es kann gelernt werden und das Grundgesetz der Bundesrepublik ist Ausdruck der Tatsache, dass gelernt wurde (wenn auch unter schlimmsten Schmerzen). Einige der Regeln im Grundgesetzt, z. B. die 5% Hürde für den Einzug von Parteien in die Parlamente, ist direkt auf die Erfahrungen mit der Weimarer Republik bezogen - um nur ein Beispiel zu nennen.

Trotzdem - nicht jeder ist lernwillig und man kann sich bei den Wahlerfolgen der NPD schon an den Kopf fassen.


jo antwortete am 21.09.04 (21:35):

Das ist natürlich noch viel mehr als nur die 5%-Hürde - es gehört z.B. die politisch geschwächte Stellung des Bundespräsidenten, seine Direktwahl und das konstruktive Mißtrauensvotum dazu, das zu stabilen politischen Verhältnissen aus der Erfahrung der Weimarer Republik beigetragen hat.

Lernwilligkeit muß in der Tat vorhanden sein, die fehlt aber vielerorts - nicht nur in Kreisen von NPD-Wählern.


Wolfgang antwortete am 21.09.04 (21:53):

Die 5-Prozent-Huerde - haette es sie schon zu Zeiten der Weimarer Republik gegeben - haette die Nazis nicht aufhalten koennen.

Bei der letzten freien Reichstagswahl zum 7. Reichstag am 06.11.1932 (bei uebrigens enorm hoher Wahlbeteiligung) erzielte Hitler's NSDAP 33,09 Prozent (gegenueber 37,36 Prozent bei der Wahl zum 6. Reichstag vom 31.07.1932) der abgegebenen Stimmen und stellte damit erneut die staerkste Reichstagsfraktion .

Die geschichtliche Lehre lautete also: 5-Prozent-Huerden sind voellig untaugliche Instrumente im Kampf gegen Faschisten.

Quelle der Zahlen: https://www.gonschior.de/weimar/index.htm


Wolfgang antwortete am 21.09.04 (22:00):

Und was die relativ stabilen politischen Verhaeltnisse der letzten Jahrzehnte betrifft: Das ist sicher kein Verdienst irgendwelcher politischer Institutionen und PolitikerInnen, sondern ist ein Verdienst einer stetig und stark wachsender Wirtschaftsleistung mit viel Verteilungsspielraum.

Das hat sich geaendert: Die Wirtschaft waechst kaum noch, der Verteilungsspielraum wird eng und enger, die Verteilungskaempfe werden haerter.

Auf der politischen Seite korrespondiert solch eine Situation (wie in der Weimarer Republik auch) mit einem deutlichen Rechtstrend.

Wo und vom wem also wurde gelernt ?


jo antwortete am 21.09.04 (22:16):

Das ist sogar der beste Beweis für Lernfähigkeit bzw. erfolgreiches Lernen - hätten wir noch Weimarer Verhältnisse, dann hätten diese Leute echte Chancen. Die Gefahr ist jetzt geringer, unser heutiger Staat ist dank der Erfahrungen aus der Vergangenheit, und weil die politische Kaste dazugelernt hat, besser gewappnet gegen Extreme von rechts und hoffentlich auch von links.


hl antwortete am 21.09.04 (22:29):

"unser heutiger Staat" könnte nach der nächsten Bundestagswahl ein "NPD-Staat" sein. Was dann?


Wolfgang antwortete am 21.09.04 (22:37):

Alleine schon die Bezeichnung 'gegen Extreme von rechts und hoffentlich auch von links' zeigt mir, Jo, dass Du praktisch nichts gelernt hast aus dem Scheitern der Weimarer Republik.

Die scheiterte naemlich, weil Rechte, Konservative der dadurch schnell wachsenden Nazi-Bande wirtschaftlich und politisch eine Steilvorlage nach der anderen gaben. Zum Schluss hofierten sie sie gar und uebergaben ihnen ohne Not und freiwillig die letzten verbliebenen politischen Machtpositionen.

Die Weimarer Republik haben also Rechte und Rechtsextreme auf dem Gewissen.

Ezaehl' nur noch mehr vom angeblichen 'Lernen'... Wenn so 'gelernt' wird, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis auch die Berliner Republik kaputtgemacht ist.


ricardo antwortete am 21.09.04 (23:19):

Lola
Von den Biografien hat mich am meisten die von Brigitte Hamann beeindruckt, die in "Hitlers Wien" die Zeit des jungen Mannes in Wien aufgezeichnet hat, als er noch keine bekannte Person war, aber im Schwadronieren stundenlanger Monologe schon andere an die Wand redete.
Nach meinen Erinnerungen aus der Zeit wird heute viel zu wenig auf das Bezug genommen, was draußen im Lande geschah, der Film streift das auch nur am Rande.

für uns, ich meine damit meine Familie, war nur ein Ereignis mit Hitler von Bedeutung, der 20.Juli.
Und bis heute ein Rätsel, wie er ein ganzes Volk hypnotisierte und noch heute in seinen Bann schlägt.
Die Memoieren von Viktor Klemperer, einem Juden aus meiner damaligen Heimat Dresden ist mir tausendmal wichtiger als das ganze Hitlergedöns!


lola antwortete am 22.09.04 (03:19):

Sebastian Haffner sagt zu dem "Hitler" Buch von Joachim C.Fest:


"Die biographische Charakterstudie ist die beste, die

wir von Hitler haben und vielleicht je haben werden."


Ich denke, er würde so etwas nicht zu irgendeinem Buch schreiben!?


julchen antwortete am 22.09.04 (04:50):

....Ich denke, Geschichte ist etwas fuer HistorikerInnen und fuer an Geschichte Interessierte. In der praktischen Politik spielen die aber keine grosse Rolle (was vielleicht gar nicht so schlecht ist).

Ich finde das ist eine sehr resignierende und eventuell
gefaehrliche Einstellung.

Ich meine Geschichtsunterricht IST sehr wichtig und
dass folgende Generationen auch effektiv davon lernen.

Dies koennen sie aber nicht, wenn ihnen eine
Geschichte vorbehalten wird, in welcher
Familienmitglieder, die sie als Kinder sogar noch
kannten, aktive erlebt haben!
Und Schon gar nicht, wenn die vorenthaltene information diesen Flair der Schuld um sich hat!
Es wird zum mysterium.
Zum unge- und unerklaerten Phaenomen.

...das alleine kann Jugendliche schon mal in die
Arme des Phenomens treiben, denn wenn es die
aeltere Generations nichts lieber als unter den
Teppich schieben moechte, na dann muss "dat ja
wat dolles" gewesen sein.

Geschichtsunterricht, ehrlich und aufdeckend,
KANN nur von Nutzem sein. Dieser muss aber
ohne jede "Schuldzuweisung" stattfinden.
Die Suenden der Vaeter sollten endlich mal im
Brunnen versenkt werden, damit die Soehne/Toechter
davon lernen und es besser machen koennen.


Zacharias antwortete am 22.09.04 (07:39):

Neuigkeit?
Liest man das Buch "Hitlers Krankheit" von Hans-Dietrich Röhrs, weiß man anschließend, daß Hitler an rein gar nichts schuld war, sondern daß man die Schuld für sein Tun seinem Leibarzt zuschreiben muß.

Ich habe das Buch verschlungen! (Deshalb bekommt man es heute nur noch antiquarisch.)


iustitia antwortete am 22.09.04 (07:59):

Hitler ein "Würstchen" zu nennen, ist zwar irgendwie gut gemeint, aber unsinnig und unhistorisch. Er war die intelligente, verbrecherische Inkarnation des deutschen politischen Minderwertigkeitsgefühls.
Wer Traudl Jungs Bericht kennt, weiß, wie höflich und gewinnend er sein konnte gegenüber Menschen, die er für sich und seine pathologischen und kriminellen Ziele einsetzen wollte.
Der Fest-Buch und der Film sind schon vor mehr als 20 Jahren kontrovers - auch von Politikern und Lehrern - gesehen worden; ich habe in Fest Darstellung nie Nostalgie sehen könne, sondern eine soziale und politische Dokumentation auf hohem Niveau, so dass kurzsichtige Dogmatiker ihn verunglimpften.
*
Wer von dem sozialen und religiösen Hintergrund in Deutschland erfahren will, sollte „Die Rückseite des Hakenkreuzes“ lesen: „Absonderliches aus den Akten des Dritten Reiches“. Herausgegeben von B. und H. Heiber (zuerst 1993; dtv 2967).
Z.B. (dort S. 175) ein Brief vom 19. 4. 1940 von Gerda R. (Berlin Hirschgarten) an Hitler:

Meine geliebte Seele!
Morgen hast Du also wieder Geburtstag. Wir beide müssen noch tapfer und geduldig sein. Und wenn dann alles ausgereift ist, dann wird unser Beisammensein auch täglich wie ein Wunder sein, süß und voll warmen Lebens. Immer wird Deine Gerda bei Dir sein, mein Wolf', und sich nie von Dir trennen. Bei Dir ist meine Heimat. Von Dir empfange ich mein Leben. Und wenn dann alles ausgereift ist, dann werde ich Dich auch lieben können wie eine Madonna, die sich in Liebe verströmt [ . . .] Es ist ein unbegreifliches Wunder, mein süßester Mann wie Du alle Menschen so zur Liebe zwingst, ohne irgend eine sichtbare Gewalt. Und doch habe ich dieses Wunder an mir selbst erlebt. In Deiner Seele lebt ein hohes Ideal von Deinem Volke. Und im besonderen von dem Kern und Mittelpunkt Deines Volkes von mir, Deinem Weibe. [ . . .] Der Allerhöchste behüte Dich, mein Heißgeliebter. Er schenke Dir im neuen Lebensjahr erneut seine Gnade. Er lasse uns immer inniger in Eins verschmelzen. Ich nehme Deinen lieben Kopf in beide Hände, ganz nahe an mein Herz und küsse Dich zum Geburtstage. Deine Gerda
*
Aus den Unterlagen haben die Herausgeber mitgeteilt, dass die Schreiberin, vierzigjährige Tochter eines pensionierten Pfarrers, von der Gestapo verhört wurde, um von ihr zu erfahren, woher sie Hitlers „Kosenamen“ kannte; sie wurde „staatspolizeilich verwarnt“.
Zur URL.: – ein herrlich-groteskes Hitler-Bild...

Internet-Tipp: https://thm-br1r2.search.vip.scd.yahoo.com/image/45500240


iustitia antwortete am 22.09.04 (08:11):

Zacharias -
die billigste Ausgabe von Röhrs, Dr. med. H. D.: Hitler. Die Zerstörung einer Persönlichkeit. Neckargemünd, Vowinckel, 1965. 151 S. Obr. ( Einband und Vs wasserfleckig, Einband beschabt, Schnitt fleckig bei "zeusman") habe ich für 17,30 EUR gefunden. Lohnt sich das? Bei dem obskuren Verlag und Inhalt?
*
Wer ein modernes Psychogramm über Hitler lesen will, dem kann ich empfehlen:
Manfred Koch-Hillebrecht: Homo Hitler. 1999. btb 75603.
Das Buch wird schon verramscht. Der Prof. Koch-Hillebrecht erwähnt den Röhrs nicht. - "Homo" meint natürlich zuerst Mensch - das Buch erörtert aber auch A.H.s Sexualiltät als Homoerotik und seine Ersatzbefriedigungsformen.

Internet-Tipp: https://thm-br1r2.search.vip.scd.yahoo.com/image/139316912


iustitia antwortete am 22.09.04 (08:20):

Hoffentlich will mich niemand (miss)verstehen, aber das Evangelium zum heutigen Tag wurde nach 1933 von Nazis und "Christen" als Idee der Gefolgschaft unter einem Führer und Verantwortlichen auch heilsmythisch missbraucht:

"Dann rief er die Jünger zu sich und gab ihnen die Kraft und die Vollmacht, alle Dämonen auszutreiben und die Kranken gesund zu machen. Und er sandte sie aus mit dem Auftrag, das Reich Gottes zu verkünden und zu heilen. Er sagte zu ihnen: Nehmt nichts mit auf den Weg, keinen Wanderstab und keine Vorratstasche, kein Brot, kein Geld und kein zweites Hemd. Bleibt in dem Haus, in dem ihr einkehrt...
... und heilten überall die Kranken. (Evangelium nach Lukas 9,1-6)
*
Hitler hat die Kirche bewundert - und seinen Auftrag kriegerisch, militärisch und obsessiv durchgeführt: mit Uniform, Geschrei, Lüge und Tötungsauftrag. Die "Genesung" des und der Deutschen wurde überall gefeiert.

Internet-Tipp: https://thm-br1r2.search.vip.scd.yahoo.com/image/176092619


ricardo antwortete am 22.09.04 (08:50):

Nach wie vor finde ich das Interesse am Gröfaz, wie wir ihn damals nannten
sehr zwiespältig.
Es entspricht der modischen Tendenz, ein Ungeheuer zu konstruieren, der nun mal die alleinige Schuld am Niedergang Deutschlands zu verantworten hat.
Weit weniger Interesse findet die Literatur über die damals "gewöhnlichen Deutschen" was sie eigentlich in dieser Zeit getrieben haben.
Zum Beispiel hat sich ergeben, daß die Gestapo bei ihrer Personal- Besetzung garnicht in der Lage gewesen wäre über den Staat zu wachen, das haben ganze Heere von Denunzianten besorgt, die auch u.a.persönliche Rechnungen begleichen wollten. Ähnliche Strukturen wie später bei der Stasi und den MfS
Was war etwa mit den Ärzten?
Bis heute wartet man vergeblich auf eine schonungslose Darstellung. Alexander Mitscherlich hat mit seinem Buch über die Unfähigkeit zum Trauern heftige Proteste der Zunft ausgelöst und wurde von den Äskulapjüngern gemieden.

Als 1933 hier in meiner Stadt alle Juden aus der Uni gejagt wurden, gab es bei den Medizinern keinen Protest, im Gegenteil!
Sondern flugs wurden die freigewordenen Stellen mit Ariern besetzt.
Leider ist davon kaum noch die Rede
Immer nur vom Gröfaz! (größter Feldherr aller Zeiten) Er dient als der große Zampano zu dem ihn das Volk damals gemacht hat.

Zig Jahre hat es gedauert in D. bis ein Prozeß über die Vorgänge in Auschwitz gegen den Widerstand der Juristen begann, mit kläglichem Ende.
Erst Goldhagen hat zum Entsetzen der deutschen Historiker Genaueres über die unsäglichen Verbrechen und die gewöhnlichen Deutschen hervorgekramt.

Hitler an allem schuld?
Na dann!


Wolfgang antwortete am 22.09.04 (09:41):

Es wird oft geschrieben, wie es sein sollte... Dass aus Geschichte gelernt werden koenne... Dass Geschichte uns den richtigen, also weniger blutigen Weg in die Zukunft weisen koenne... Dass Geschichte uns fehlerhafte oder in Katastrophen fuehrende Wege praesentiere, auf dass wir sie nicht mehr gehen...

Wie aber sieht es wirklich aus ?

Meine Resignation speist sich aus der Wirklichkeit.

Merkwuerdig uebrigens, dass BefuerworterInnen von Mord und Totschlag und Raub (so es nur die 'Richtigen' trifft) mir weismachen wollen, man haette aus der Geschichte gelernt.


Zacharias antwortete am 22.09.04 (10:10):

iustitia,
ich hatte das Buch nach Erscheinen vor Jahrzehnten von Herrn Vowinckel persönlich bekommen, es aber erst vor einigen Jahren gelesen.
Wenn man interessiert ist daran, was Medikamente Übles bewirken können, und wenn man unterstellt, daß wenigstens einiges, was in dem Buch steht, wahr ist, dann ist dieses Buch lesenswert.
Allerdings geht es in eine ganz andere Richtung als alles, was ich bisher sonst über Hitler gelesen habe.


Wolfgang antwortete am 22.09.04 (10:15):

Genau... Der Arzt und die Medikamente waren die Ursache von Angriffskrieg und Mord und Totschlag und Raub. *gequaeltlaechel*


Zacharias antwortete am 22.09.04 (11:59):

Theoretisch, Wolfgang,
... theoretisch wäre so etwas natürlich möglich.
Medikamentöse Gehirnwäsche.


Wolfgang antwortete am 22.09.04 (12:24):

Oh, Gott... *nochgequaelterlaechel*


Zacharias antwortete am 22.09.04 (14:50):

immer noch besser als zu gröhlen


iustitia antwortete am 23.09.04 (13:34):

Nein, keiner redet von Alleinschuld oder so - wie bei einem Verbrecher, der in die Psychiatrie und (eben bei Therapieresitenz) in die anschließende Verwahrung gehört...

Mitscherlichs "Unfähigkeit zu trauern" war ein großer Erfolg; und sein Buch gehört in jede psycholog. und auch päd. Ausbildung an der Uni und in die Referendarsausbildung.
Sein von den Ärzten-Kollegen missachtetes Buch über "Medizin ohne Menschlichkeit" (mit den Bildern der KZ-Experimente und den Namen der NS-geilen "Professoren") gab es schon in meiner Schulzeit, vor 1965, als Fischer-Taschenbuch. Und kein Lehrer mochte sich das ankucken.
Auch auf seinen, Mitscherlichs, ersten Aufsatz ("Überwindung der Angst"; in der Kölnischen Zeitung vom 4.3.1944) kann er noch heute stolz sein.
Diese in der frühen Bonner Zeiten dann geleugneten oder verketzerten Bücher mit Aufklärung über den NS und Kirche und Kapitalmarkt haben den 68ern Zündstoff und Themen geliefert.
Wenn ich heute wieder lese, wie in WELT und anderen UnWELTEN über die Forschung und Literatur dieser Jahre von Mitte 60 bis 80 gelogen und bramarbasiert wird - weiß ich, dass heute wieder so eine Verdrängung von Aufklärung im steuergünstigen und kapitalen "Anmarsch" ist.
Politisch nennt sich das RE-form und AGENDA, es sind geklaute, deformierte Begriffe aus der Brandt-Scheel-Zeit.

Internet-Tipp: https://images-eu.amazon.com/images/P/3492201687.03.MZZZZZZZ.jpg


iustitia antwortete am 23.09.04 (13:40):

Wolfgang und Zacharias -

wenn "das" (also die humane Entwicklung des sozialen und wirtschaftlichen Fortschritts) nur medikamentös möglich wäre - na, dann brauchten wir uns hier auch nicht zu unterhalten.

URL.: V... für alle; nur nicht für die Macher und Krieger. Die kriegen Enthemmer.
*
Gruß an Wolfgang, den ich oft verstehe; aber pädagogisch bin ich sozusagen noch freundlich oder freudig "der Zukunft zugewandt". (Ist ja noch nicht verboten zu zitieren.)

Internet-Tipp: https://www.worlddruglist.com/bin/medinfo/dl/valium.jpg


Wolfgang antwortete am 23.09.04 (14:00):

Hallo, iustitia... " freundlich oder freudig 'der Zukunft zugewandt' " gefaellt mir. Das entspricht auch - wie sagt man - meiner Befindlichkeit. Was die Politik betrifft, habe ich so gut wie resigniert. Es gehen mir halt eben die auf den Sack, die staendig - luegnerisch oder duemmlich - davon reden, was sie angeblich alles aus der Geschichte gelernt haetten.

Das sind dann in aller Regel diesselben, die schon wieder nach dem naechten Krieg schreien und denen es gar nicht schnell genug gehen kann mit dem Erobern, um wieder einmal deutttsche Orrrdnung zu schaffen.

'Lemminge' soans halt... Damische Deppen... gscherte Ruam... *lach*

Es gibt ein Leben ausserhalb der Politik. Das macht viel Spass (da renne ich sicher offene Tueren bei Dir ein). Aber das gehoert nicht in den politischen Teil vom ST. :-)



Wolfgang antwortete am 23.09.04 (14:03):

Den Gruss habe ich vergessen... Also: Gruss an iustitia, verbunden mit der Hoffnung, dass Du weiter hier Beitraege schreibst (die mir einige Muehe ersparen und ich recht unterhaltsam lernen kann).


mart antwortete am 23.09.04 (14:17):

Wolfgang,

wie wärs mit einem Gijur für dich, iustitia ist ja schon mit gutem Beispiel einmal vorausgegangen, sagt er.

:-)


Miriam antwortete am 23.09.04 (14:36):

Manches hier doch sehr zum lachen :

Wolfgang und Zacharias in einem Atemzug angesprochen. Mehr Kontrastprogramm kriegt man niergends geboten.

Deuttttsche Orrrrdnung begroehlt von einem der...na, lassen wir es!

Wir Lemminge (welch rassistischer Ausdruck, wenn er bei Menschen angewendet wird) na ja, wir Lemminge denken nach: wir haben zu Mord und Totschlag aufgerufen, wurden aber vielleicht nachher medikamentös einer Gehirnwäsche unterzogen, denn wir erinnern uns nicht...


Wolfgang antwortete am 23.09.04 (14:45):

Du siehst, iustitia, was aus einer Unterhaltung zwischen uns gemacht wird... Sie draengen sich rein, ziehen sich selbst die 'Lemming'-Schuhe an und beschweren sich nachher, dass jemand sie so genannt haette. *staun*


Zacharias antwortete am 23.09.04 (14:59):

Also ich versteh' eins nicht: "Valium" sollte mich zum Erklären eines Krieges bringen??
Eher erzeugt Valium Halluzinationen.

Miriam, letzteres dann aber bitte nicht mit lebhafter Phantasie verwechseln, auch wenn manches ähnlich klingt.


Miriam antwortete am 23.09.04 (15:42):

@Zacharias,

wieso denn Valium? Hatten wir uns nicht auf den von uns gezüchteten, gehetschelten, besungenen, roten Mohn geeinigt?

Man hat ja an Ort und Stelle erfahren können, dass letzterer keine Halluzinationen erzeugt, wohl aber die Phantasie anregt.

Oh Gott, das Thema hier heisst "Joachim Fest: Hitler..."
Wie komme ich auf roten Mohn? Wohl etwas Nebel hinübergeweht?...


Zacharias antwortete am 23.09.04 (16:25):

Wohl etwas Valium genommen?

---------------
So ganz sind wir aber nicht von der Diskussion abgekommen. Ich bezog mich auf den Link
"https://www.worlddruglist.com/bin/medinfo/dl/valium.jpg"
von iustitia.

Internet-Tipp: https://www.worlddruglist.com/bin/medinfo/dl/valium.jpg


Wolfgang antwortete am 23.09.04 (22:44):

Heute abend in der ZDF-Talkshow 'Berlin Mitte' mit MAYBRIT ILLNER. Thema: BERND EICHINGER's Film 'Der Untergang'.

MARCEL REICH-RANICKI wird gefragt. ob es zulaessig sei, wie im Film geschehen, HITLER als 'Mensch' darzustellen. - Was fuer ein Quatsch, diese Frage, sagt der... War HITLER etwa ein Hund oder etwa ein Kamel ? Natuerlich war der Herr HITLER ein Mensch ! Ein voellig ungebildeter Mensch war das... Ein einzigartiger Mensch war das... Ein einzigartiger Verbrecher ! Ein Verbrecher, wie es noch keinen bis dahin gegeben hatte !

GUIDO KNAPP stimmt ihm zu: Man sieht am Beispiel ADOLF HITLER's, sagt er, zu was der Mensch faehig ist.

MARCEL REICH-RANICKI lobt den Film, gibt aber, so interpretiere ich es, resignierend zu bedenken: Dieser Film traegt auch nichts dazu bei (wie bisher noch kein Film und noch kein Buch) zur Klaerung der entscheidenden Frage: Wie konnte solch ein ungebildeter Mensch, solch ein Verbrecher, Millionen Menschen fuer sein Mordprogramm ueberzeugen und sogar begeistern ?


ricardo antwortete am 23.09.04 (23:17):

Frage
Haben vielleicht die Menschen Hitler begeistert und nicht umgekehrt?
Er selbst stand oft mit düsterer Miene auf dem Balkon und schreiende Menschen tobten vor dem Haus herum.
Ich glaube nicht, daß Hitler Ideen gehabt hat, es waren die Ideen der Zeit die ihm zugejubelt wurden, er wurde mehr geführt als daß er selber führte.
Er war kein Führer.
Ich habe ihn kein einziges mal gesehen, nur diese Stimme im Radio gehört und die Wochenschau im Kino gesehen, für mich hatte er kein Gesicht.

Um in herum dieses Gezappel nach dem besten Platz in seiner Nähe.
Aber seine eigenen Möglichkeiten waren gering. Er wurde zu einem riesigen Sprachrohr der Massen.
Ein Niemand. Das war das Unheimliche, ähnlich muß es in einer Lawine zugehen, man wird mitgerissen und keiner hat sie losgetreten, geschweige denn gewollt.
Wenn damals die KPD an die Macht gekommen wäre hätte es dieselbe Lawine gegeben, mit ähnlichen Grausamkeiten, nur wäre dann die Farbe Rot gewesen und nicht braun.


Wolfgang antwortete am 23.09.04 (23:32):

Das koennte sein, Ricardo... Ich habe oft darueber nachgedacht, wer wen aufgestachelt hat. Ich denke, es war ein wechselseitiges Spiel. Eine unheilige Allianz zwischen Fuehrer und Masse. Quasi zwei Seiten ein und derselben Medaille. Aber, wie soll man die Medaille als Ganzes beschreiben ?

Was den zweiten Teil Deines Beitrages betrifft: Das ist grober Unfug... Denn damals, 1932, 1933, stand keine rote Revolution an. Wir wissen heute: Die konservativen PolitikerInnen uebergaben in ihrem Wahn vor einer angeblich drohenden roten Revolution freiwillig und ohne Not die Macht an die Nazi-Bande.

Die buergerlichen PolitikerInnen begingen politischen Selbstmord aus ihrer eingebildeten Angst vor dem 'Tod' (sprich: der roten Revolution).


Zacharias antwortete am 24.09.04 (07:43):

Hitler ein "Sprachrohr der Massen"??

Das glaube ich nicht. Die Massen "zappelten" (Ausdruck von ricardo) nur deswegen, weil Hitler eine suggestive Rhetorik besaß.

Die Ideen zu dem, was das Volk aufputschen sollte, kamen wohl eher aus seiner unmittelbaren Umgebung.
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Wolfgang,
diese Diskussionsrunde gestern war ziemlich aufschlußreich. Hast Du einmal auf die Hände des Produzenten geachtet? Seine Finger zitterten. Und sein Gesicht war arg verzerrt (weinerlich), er schüttelte ständig den Kopf, seine Rehabilitationsversuche kamen stockend. für ihn (auch für mich) war alles Ausgesprochene Kritik an seinem Film.

Ich werde mir jetzt das Buch "Untergang" bestellen.


Zacharias antwortete am 24.09.04 (08:35):

Wer kennt das Buch
"Hitlers Religion - Das Wahngebäude des Führers" von Michael Hesemann?
Lohnt sich der Kauf?


ricardo antwortete am 24.09.04 (09:42):

Wolfgang

Es gab 1933 sehr wohl Pläne der extremen Linken, in Deutschland die Macht zu erobern für eine stalinistische Diktatur.
Auf jeden Fall haben beide, die NSDAP und die KPD den Angriff auf die Demokratie geplant.
Und beide haben die Weimarer Republik gehaßt und zerstört.
Die KPD hat es wegen des alllgemeinen Antisemitismus vor 1933 vermieden, noch jüdische Kandidaten aufzustellen.
Der Krawall auf den Straßen wurde von beiden Seiten mit brutaler Härte geführt.
In der Bevölkerung jedenfalls wuchs die Angst auch vor einem Putsch von links.
Jehuppt wie jesprunge wäre das gewesen.


Wolfgang antwortete am 24.09.04 (09:58):

Mit Verlaub, Ricardo: Da vertraue ich doch lieber den einschlaegigen HistorikerInnen und serioesen Quellen... Deine Erlebnisse sind mir allzu ideologisch zurechtgerueckt; Konstrukte, die Du offensichtlich brauchst fuer eine gute Befindlichkeit. Mit Geschichte und dem Bemuehen um Wahrheit haben die aber nichts zu tun. Das geht eher in den privaten, persoenlichen, psychologischen Bereich. Der aber interessiert mich nicht.

Massenphaenomene sind das, was mich interessiert und wo meiner Meinung nach auch die Antwort zu finden ist... Die Antwort auf die einzig wichtige Frage: Wie konnte es geschehen, dass durchaus kluge Menschen einem strohdummen Menschen begeistert bis in den Tod folgten ?

Oder, anders gefragt: Wie konnte es passieren, dass so viele Menschen ihren Verstand an der Garderobe abgaben und lieber einen wahren Veitstanz der Unvernunft tanzten ?


wanda antwortete am 24.09.04 (10:26):

strohdumm war Hitler sicher nicht....


ricardo antwortete am 24.09.04 (11:14):

Wolfgang hat es vermieden seine schlauen Quellen zu nennen.
Vielleicht DDR?

Wanda
Das habe ich nicht gesagt, aber wenn du das Buch von Brigitte Hamann über die Wiener Zeit Hitlers liest, da ist es besonders eindrucksvoll, welch geringes Maß von Intelligenz, gepaart mit Fanatismus genügt, nach oben gespült zu werden.
Wenn man bedenkt, daß ein Großteil der SS mitglieder akademische Bildung besaßen und ihm nachgelaufen sind, da wird man schon erinnert an das Märchen von Anderson mit des Kaisers neuen Kleidern.
Er hatte wirklich nichts an!
Und kaum jemand wollte es es bemerken.
Je länger die Sache ging, desto peinlicher wurde die Dummheit an der Spitze des Systems.


max antwortete am 24.09.04 (15:28):

ricardo gibt natürlich immer seine Quellen (eigene Notizen, ihm genehme Zeitungen etc.) an.


ricardo antwortete am 24.09.04 (18:31):

Max
Im Neuen Deutschland oder der Nationalzeitung oder der jungen Freiheit oder der TAZ lese ich nur wenn ich wissen will was die Anti Antis schreiben.
Jeder hat so seine Vorlieben :-)))))


Miriam antwortete am 24.09.04 (18:57):

Habe soeben die "Berlin Mitte" Sendung von gestern, auf Phoenix gesehen.
Mit Wibke Bruhns bin ich der Meinung, dass dies kein Film ist, den man in den Schulen zeigen sollte, um überhaupt das Phänomen Nationalsozialismus begreiflich zu machen.

Eines wurde auch nicht angesprochen: wie jeder Produzent der auch Drehbuchautor diesmals ist, war Eichinger so fasziniert von der Zusammenarbeit mit Bruno Ganz, dass das Drehbuch sehr stark für diesen einmaligen Schauspieler und seinen Leistungen, konzipiert ist.

Reich-Ranicki (welch Freude ihn wiedermal so lebendig und klug zu erleben) also Reich-Ranicki hatte recht wenn er die Figur Albert Speer als die interessanteste, dadurch auch die unbegreiflichste in diesem ungebildeten Haufen, charakterisierte.

Man darf sich also freuen auf den Film von Heinrich Breloer, "Speer und Er", der demnächst zu sehen sein wird.
für mich persönlich sind die Breloer-Filme Glanzleistungen des deutschen Films schlechthin.


Zacharias antwortete am 25.09.04 (07:53):

Habe die Sendung auch gesehen. Reich-Ranicki war die dominierende Figur in dieser Diskussion.
Habe auch die zitternden Hände von Eichinger beobachtet, der - wie ich - das Gespräch als ziemliche Kritik an seinem Film zu empfinden schien.


Miriam antwortete am 25.09.04 (08:45):

Da wir von Reich-Ranicki sprechen: es freut mich so, dass er sich demnächst bei Sigrid Löffler entschuldigen wird. Zu recht, er hat sie seinerzeit fürchterlich beleidigt.

Zur Diskussion zurück: ich gebe dir Recht, Zacharias, Eichinger scheint kritische Anmerkungen nicht gut zu verkraften.
Dabei hätte die Diskussion auch noch viel kritischer sein können. für mich bleibt der schon erwähnte Punkt sehr problematisch: die für Bruno Ganz kreierte Rolle.

Übrigens fiel mir Martin Wutke ein, der im "Der aufhaltsamen Aufstieg des Arturo Ui" (B.Brecht, Inszenierung Heiner Müller) eigentlich den Hitler mimt. für mich eine viel annehmbarere Form um über Hitler nachzudenken.


Miriam antwortete am 25.09.04 (09:05):

Eine ganz andere Darstellung Hitlers, ist George Tabori gelungen, mit seinem Theaterstück "Mein Kampf". Es wurde schon im Fernsehen gezeigt, ich kann diese glänzende Aufführung nur sehr empfehlen, falls sie (hoffentlich) wiedergezeigt wird.

In einer Kritik zum Stück von Tabori gerade gelesen:

"Als Farce verstanden zeigt das Stück immerhin, daß Hitler als dramatische Person gar nicht rekonstruiert werden kann, daß die Shoah eine solche historisierend humanistische Darstellung unmöglich macht."

Internet-Tipp: https://www.cafecritique.priv.at/tabori.html


ricardo antwortete am 25.09.04 (14:57):

wenn hier soviel über nix nachgedacht wird, dann will ich nicht stören!


Wolfgang antwortete am 25.09.04 (15:29):

Weil 'Miriam' dankenswerterweise hier auf BERT BRECHT's 'Arturo Ui' hingewiesen hat...

Ich moechte erinnern an eine National-Actors'-Theatre-Produktion von BRECHT's 'The Resistable Rise of Arturo Ui' ('Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui') mit Al Pacino in der Hauptrolle im Winter 2002 in New York... Damals schrieb ich folgenden Beitrag in einem der ST-Foren:

"Brandaktuell ist das Parabelstueck ueber die Gangster, die die Regierung uebernommen haben. 1941 im finnischen Exil geschrieben, sollte vor allem auch den AmerikanerInnen die Gefaehrlichkeit der Gangsterbande mit Adolf Hitler an der Spitze klar gemacht werden. - Zurueck in die Gegenwart... Zum Epilog geht Al Pacino an den Rand der Buehne, entfernt sein Hitlerbaertchen und spricht zum Publikum, waehrend zur gleichen Zeit ein Plakat mit dem Foto George W. Bushs hochgezogen wird:

Ihr aber lernet, wie man sieht statt stiert
Und handelt, statt zu reden noch und noch.
So was haett einmal fast die Welt regiert!
Die Voelker wurden seiner Herr, jedoch
Dass keiner uns zu frueh da triumphiert -
Der Schoss ist fruchtbar noch, aus dem das kroch!

Alle wissen, was gemeint ist: Heute heisst der neue 'Adolf Hitler' George W. Bush."


ricardo antwortete am 25.09.04 (18:13):

Berthold Brecht war überzeugter Kommuniste.auch wenn er nie der Partei angehörte.
Er hat geflissentlich sämtliche Verbrechen der Stalin-Ära übersehen und in Ost-Berlin Karriere gemacht.
Daß ausgerechnet Brecht verbindliches über die Nazizeit vorbringen kann ist zweifelhaft.
Während er im Exil lebte, sind viele deutsche Kommunisten umgebracht worden, aber nicht nur in Deutschland, sondern in seiner geliebten SU.


Wolfgang antwortete am 25.09.04 (20:40):

Ich bin immer wieder erstaunt, Ricardo, ueber Dein schlicht gestricktes Weltbild, und ueber das Ausmass Deiner Wirklichkeitsverdraengung. Aber, das ist Dein persoenliches Schicksal. Helfen kann Dir da wohl niemand mehr.

BRECHT's 'Arturo Ui' ist ein Lehrstueck... Die Leute vom National-Actors'-Theatre haben gelernt, die Leute im Publikum haben auch gelernt (die bei der von mir geschilderten Schlussszene von den Sitzen spontan sich erhoben und lautstark applaudierten), ich habe die Botschaft verstanden und viele andere Menschen auch, die sich das Stueck mittlerweile angeschaut haben und/oder es gelesen haben.

Noch einmal, und bitte nicht vergessen: "Der Schoss ist fruchtbar noch, aus dem das kroch!"


ricardo antwortete am 25.09.04 (22:27):

aus dem die leichtgläubigen Kommunisten kommen!
Biste etwa auch einer?

Ich habe die gesammleten Werke von B und einige Stücke kenne ich gut
Nur:
Dabei wissen wir doch:
Auch der Haß gegen die Niedrigkeit
Verzerrt die Züge.
Auch der Zorn über das Unrecht
Macht die Stimme heiser. Ach, wir
Die wir den Boden bereiten wollten für die Freundlichkeit
Konnten selber nicht freundlich sein.

Bertolt Brecht, An die Nachgeborenen
wenn es nur die verzerrten Züge gewesen wären, aber der GULAG war bissel mehr!

Im Alter hat er sich einen Garten gewünscht in dem es immer blüht.

vor der Realität hat er beide Augen zu gemacht.Er hätte sie nicht ertragen.


Wolfgang antwortete am 25.09.04 (23:31):

Bezeichnend ist folgender Satz: 'Vor der Realitaet hat er [gemeint ist B. BRECHT] beide Augen zu gemacht. Er haette sie nicht ertragen.' (Ricardo)

Psychologisch gesehen ist die Projektion die unbewusste Verlagerung eigener Wuensche oder Ablehnungen auf andere Personen oder Objekte... Ich denke, Ricardo, Du hast ein gewaltiges Problem mit Dir selbst - ein Problem, das Du ernst nehmen und nicht einfach abtun solltest.


ricardo antwortete am 25.09.04 (23:48):

Na, wer von sich auf andere schließt das bist doch du mit deiner armseligen linken Weltsicht,
Hat Brecht etwa nicht ähnlich wie Maxim Gorki die Opfer des Stalinismus einfach nicht sehen wollen?
Da gehts dir ja ganz genau so!
Du hast ein gewaltiges Problem mit Dir selbst - ein Problem, das Du ernst nehmen und nicht einfach abtun solltest.


Wolfgang antwortete am 25.09.04 (23:55):

Alles Zurueckschlagen und Umdrehen hilft nichts, Ricardo... Du muesstest doch wissen, dass Projektionen (besser: eine Charakterstruktur, die Projektionen braucht) eine ernste Sache sind... eine persoenliche Tragik.

Aber, ich sagte es Dir schon einmal: Ich glaube nicht, dass Dir noch jemand helfen kann.


Miriam antwortete am 25.09.04 (23:56):

Was wäre es doch schön gewesen, weiter über Brecht zu sprechen, oder auch über Taboris Hitler-Darstellung...


Wolfgang antwortete am 26.09.04 (00:00):

Ich habe es versucht, 'Miriam', und mich ausdruecklich fuer Dein Stichwort bedankt. Aber, wie ist so ein Gespraech (das ich auch gerne fuehren wuerde) unter diesen Umstaenden moeglich ?


ricardo antwortete am 26.09.04 (08:34):

Zur Information:
"Unser Blick auf die Geschichte der Sowjetunion und Osteuropas war ideologisch verstellt. Ein kleiner Teil der westlichen Linken versuchte seit den dreißiger Jahren die Lager und den dort ausgeübten Terror zu erklären oder gar zu entschuldigen. 1936, als Millionen sowjetischer Bauern bereits in den Lagern schufteten oder in der Verbannung lebten, veröffentlichten die britischen Sozialisten S. und B.Webb einen umfangreichen Bericht über die SU, in dem unter anderem aufgeführt wurde,wie die “ehemals” unterdrückte Bauernschaft allmählich zu begreifen beginnt, was politische Freiheit ist.
Als Stalin in den Moskauer Schauprozessen Tausende unschuldiger Parteimitglieder in die Lager schickte, erklärte der Dramatiker Bertholt Brecht gegenüber dem Philosophen Sidney Hook:
“ je unschuldiger sie sind, um so mehr haben sie den Tod verdient.”

Aus Anne Applebaum Der GULAG, Siedler 2003


Wolfgang antwortete am 26.09.04 (11:41):

Wir waren so nah dran an einer guten Diskussion... Als es darum ging, (das ist wohl ein unstrittiger Fakt) wie der 'Fuehrer' seine Masse (besser: seinen Mob) fand und - umgekehrt - die Masse ihren 'Fuehrer' zeugte und grosszog.

Wie 'Fuehrer' und Masse sich gegenseitig aufstachelten und wie in einem Veitstanz besoffen von der Macht und vom Glauben an den Sieg Richtung Untergang tanzten.

Was aber war der Grund fuer solch unvernuenftiges, verantwortungsloses, ja verbrecherisches Verhalten ?

Ich moechte noch einmal BRECHT zitieren (aus einer Quelle, die nicht sehr bekannt ist, die es aber verdient hat, bekannter zu werden):

"Solche Erklaerungen [per technisch-oekonomischer Seite eines Gesellschaftssystems, W. M.] sind aufschlussreicher als die der Geschichtsphilosophen, die toericht und demagogisch jammern, das deutsche Volk sei kriegsluestern von Natur aus, seiner Eroberungssucht kaeme nur seine Bereitschaft zum Gehorsam gleich, und so weiter. Doch diese Erklaerungen stellen nicht die ganze Wahrheit dar. Sie zeigen, wie die arbeitenden Klassen in sklavische Abhaengigkeit von den herrschenden Klassen gerieten; sie zeigen nicht, wie die Arbeiter von den Erfolgen der Herrschenden im Krieg abhaengig geworden sind. (Emil) Ludwig und Vansittart beklagen, dass das deutsche Volk Hitlers Krieg zumindest duldete. Die Wahrheit ist, dass es den Krieg dulden musste, weil es ein System duldete, das - neben anderen Dingen - Kriege braucht."

Quelle des Zitats... Das andere Deutschland (von B. BRECHT), Progressive Labor, New York, Vol. 5, Nr. 3, March, in der Uebersetzung der englischen Fassung von ROLF DORNBACHER, s. Link)

Internet-Tipp: https://www.mlwerke.de/br/br_004.htm


mart antwortete am 26.09.04 (12:17):

Aron, Raymond:
‘Opium für Intellektuelle oder die Sucht nach Weltanschauung’
Köln 1957.



Eine Analyse über politische Mythen, die Intellektuellen und ihre Ideologien.

Sein Werk endet mit den Worten:

”Wenn aber die Toleranz nur aus dem Zweifel geboren wird, dann
lehre man den Zweifel an Vorbildern und Utopien, man lehre, die Propheten des Heils
und die Verkünder von Katastrophen in ihre Schranken zu weisen. Rufen wir mit unseren
Wünschen die Zweifler herbei, wenn sie es vermögen, den Fanatismus zu töten!”


Wolfgang antwortete am 26.09.04 (12:26):

??


mart antwortete am 26.09.04 (12:34):

tatsächlich unverständlich?

Na ja, Depperle gibt es viele:-))


ricardo antwortete am 26.09.04 (13:01):

Danke Mart
habe gleich verstanden was gemeint war!

Prophete rechts Prophete links
Das Weltkind in der Mitten :-)))))))))


BarbaraH antwortete am 26.09.04 (13:56):

Einmal angenommen, die Zahl der Arbeitslosen steigt weiter an... 5 Mio, 6 Mio... 8 Mio. Welcher Arbeitslose würde einen Arbeitsplatz in der Rüstungsindustrie ablehnen, wenn er dadurch seiner Familie wieder den ersehnten Lebensstandard verschaffen könnte?

Fragt er nach dem Einsatz der Waffen... selbst wenn er noch gegen den Irak-Krieg demonstriert hat?

Aus dem von Wolfgang empfohlenen Brecht-Text:

>>Als Hitler an die Macht kam, standen sieben Millionen Familien, das ist ein Drittel der Bevölkerung, vor dem Hungertod. Das System konnte keine Arbeit für sie finden, es konnte ihnen nicht einmal hinreichende Wohlfahrtsunterstützung gewähren. Als dann Arbeit für sie gefunden wurde, bestand sie nur in industriellen Kriegsvorbereitungen. (...)
Auch die Bauern wurden ruiniert, sie sind jetzt reine Pächter, die auf Befehl handeln. Sie können ihr Land nur noch durch billigste Sklavenarbeit bestellen, durch die Arbeit von Kriegsgefangenen. Sogar die kleinsten Fabriken sind für immer ruiniert und ihre Besitzer müssen Anstellungen in der Verwaltung suchen, die sie aber nur finden können, wenn der Staat gesiegt und Gebiete erobert hat, über die er verfügen kann. So haben sie alle ein Interesse am Krieg. Alle. Ist das klar?<<

Quelle: Das andere Deutschland / Bertold Brecht
https://www.mlwerke.de/br/br_004.htm

Internet-Tipp: https://www.mlwerke.de/br/br_004.htm


ricardo antwortete am 26.09.04 (13:58):

Ich habe den Aufsatz von Brecht gelesen.
Da lachen ja die Hühner, wie der im Jahre 1943 Deurschland eingeschätzt hat.
Da war allein der Wunsch der Vater des Gedankens.
Auch Thomas Mann hat sich mit seinen Aufrufen aus den USA nicht gerade mit Ruhm bekleckert, seine Sendungen haben wir gehört im BBC. und waren gelinde gesagt befremdet.
Emigranten haben wohl selten Einblick in die Realttät.
Wolfgang mit ihnen!


Zacharias antwortete am 26.09.04 (15:12):

"ricardo" über alle(s)!


ricardo antwortete am 26.09.04 (17:28):

Danke Zacharias
War aber nich nötig :-)))))


Zacharias antwortete am 26.09.04 (18:49):

Wird mir in Zukunft
auch leider nicht mehr möglich sein :-(((((((


ricardo antwortete am 26.09.04 (22:20):

Zacharias
Ich weiß ja nicht was dahinter steckt, aber machs gut!


ortie antwortete am 29.09.04 (14:24):

"Zu lange wurde Adolf Hitler nur als skrupelloser Machtpolitiker, als psychopathologisches Monstrum, letztlich als irrationales Verhängnis gedeutet.

Hitler war bestürzend logisch und konsequent in allem, was er tat; er folgte der rationalen Logik seiner selbst erfundenen, mörderischen Religion.

Diese Religion gründete er auf die okkulten Strömungen des 19. Jahrhunderts. ..."


Obigen Text habe ich abgeschrieben vom Umschlag des Buches "Hitlers Religion" von Michael Hesemann (Historiker). Ich bin gespannt auf den Inhalt dieses Buches.


ricardo antwortete am 30.09.04 (14:03):

Das Geschäft mit Hitler blüht