Übersicht Archiv "Politik und Gesellschaft"
THEMA: Die braune Vergangenheit der USA
15 Antwort(en).
Felix
begann die Diskussion am 19.08.04 (01:52) :
Heute brachte der NDR eine Dok-Sendung "Hitlers Kampf mit Roosevelt". Aufschlussreich für mich. Mir war gar nicht bewusst, wie judenfeindlich die USA in der Zeit vor dem 2.Weltkrieg war. Sie machte es den jüdischen Flüchtlingen aus Nazideutschland ausserordentlich schwierig in die Staaten einzureisen. Auch wurden die Medien aufs gröbste vom Staat manipuliert, wenn über die Vernichtung der Juden Informationen durchsickerten. Meiner Meinung nach hat sich die damalige Regierung an abertausenden von Verfolgten schuldig gemacht! Ganze Flüchtlingsschiffe wurden ins Verderben hzurückgeschickt. Ich schäme mich schon genug über die traurige Rolle der damaligen Landesregierung der Schweiz, die verlangte, dass jüdische Flüchtlinge an der Schweizergrenze zurückgewiesen wurde. Das auch heute noch bei Fremdenhassern aktuelle Motto: DAS BOOT IST VOLL verhinderte humanitäre Hilfe! Es waren in den letzten Jahren vorallem nordamerikanische Anwälte jüdischer Ankläger, die von der Schweiz unverschämte Geldforderungen erstritten. Die Amerikaner sollten zuerst vor ihrer eigenen Hütte wischen!
|
julchen
antwortete am 19.08.04 (02:33):
point well taken, Felix.
Sauereien gab es offensichtlich auf der ganzen Welt zu dieser Zeit, den Juden gegenueber.
Nur muss ich Dich in einer klitzekleinen Kleinigkeit berichtigen. Ja es waren Amerikaner, die in den letzten Jahren von der Schweiz unverschämte Geldforderungen erstritten.
Aber lass Dir gesagt sein, dass von Diesen, samt ihren Rechtsanwaelten, gut 95% schoen brav am Sabbat in der Synagoge sassen :)))
Was das vor der eigenen Huette wischen betrifft:
Doof ist man nicht und niemand setzt sich ein Haeufchen zu nah ans eigene Zelt.
(never shit too close to your own tipi - gute alte Indianische Weisheit :))
|
juergenschmidb
antwortete am 19.08.04 (09:06):
Aber Leute, meint denn wirklich jemand, man könne durch dauerndes Rumrühren in Allzuvergangenem Zukunft gestalten? Nein. Nur Verbesserungen im Kleinen sind machbar, und das menschliche Wesen bleibt wie es ist. Kleine Fortschritte sind da schon gut. Wenn die abgesichert werden, z.B. durch einen Vertrag, wie etwa der der EU, ist doch schon was. Jeder kehre erst mal seine eigenen Probleme, die durch die Unausgewogenheit seines Wesens, gut und schlecht, bedingt sind.
|
ricardo
antwortete am 19.08.04 (09:39):
Da muß ich die Schweiz aber in Schutz nehmen. Meine Familie selbst kam 1934 für einige Zeit in die Schweiz, wir wurden gut aufgenommen, im Sommer 1937 habe ich in Engelberg eine jüdische Familie besucht und herrliche Ferien erlebt. Die Familie war aus Berlin entkommen und ist dann nach Kanada übersiedelt. Man tat was man konnte und die Schweiz war politisch in einer äußerst schwierigen Lage, ich habe aber gerade aus dieser Zeit die besten Erinnerungen an dieses Land. Als wir im Juni 1945 in Dresden große Not litten, waren es die Schweizer Chefs meines Vaters, die unter eigener Gefahr nach Dresden kamen und uns mit Lebensmitteln versorgten. Als ich damals schwer krank wurde, haben sie mir eine Kur in Davos ermöglicht! Hut ab!
|
juergenschmidb
antwortete am 19.08.04 (09:51):
Haben nicht alle Staaten der Welt, in denen Juden leben, eine "braune Vergangenheit". Ne nicht! Ein Onkel von mir wanderte in den 20-er Jahren nach USA aus, seine Nachfahren denken nicht daran, sich dort als Bayern oder Deutsche darzustellen, sie sind bestens integriert. Warum wollen Juden im Ausland immer oder meistens als solche gesehen, beachtet werden?
Das ist zwar jetzt Satire: Im 30-jährigen Krieg haben sie einem Urahnen 12 Hühner geraubt und ihn evangelisch gemacht, dagegen protestiere ich, sagen wir mal bei allen schweden Einwohnern;-))
Auweih, nun hagelts bestimmt.
|
jo
antwortete am 19.08.04 (10:49):
@Jürgen
"dauerndes Rumrühren in Allzuvergangenem"
Ich meine, Kenntnis der Geschichte und geschichtlicher Ereignisse hilft die Gegenwart verstehen.
Ein anderer Aspekt zum Thema:
Bekanntlich haben es die anglo-amerikanischen Luftstreitkräfte 1944/45 trotz vorhandenem Potential - 6stellige Zahlen deutscher Zivilisten in den Tod konnte man ja auch schicken - unterlassen, die Zufahrtsstrecken zu den Vernichtungslagern im Osten zu zerstören und damit Menschenleben zu retten.
Informationen über das, was dort geschah, waren offenbar vorhanden.
Ob das wohl ein Versehen war?
|
ricardo
antwortete am 19.08.04 (11:43):
Aber die Schweiz Hoch soll sie leben!
|
schorsch
antwortete am 19.08.04 (18:53):
Es gab damals in der Schweiz zwei Lager: 1. die Regierung - die nach der Pfeife der "Das Boot ist voll"-Gesellen tanzte und 2. jene braven Eidgenossen, die still und heimlich Juden bei sich aufnahmen und versteckten - und dafür schwer bestraft wurden, wenn sie erwischt wurden.
Ganz allgemein aber darf gesagt werden, dass das "gewöhnliche" Volk mehr jüdische Leben gerettet hat als jene, die die Mittel dafür zwar gehabt hätten, aber vor den braunen Gesellen mit den Schwänzen wedelten und ihren Speichel leckten.....
|
bernhard
antwortete am 19.08.04 (19:17):
@ ricardo am 19.08.04 (09:39):
sprach felix nicht die haltung der schweiz zu juden an?
|
ricardo
antwortete am 19.08.04 (22:42):
bernhard Ich habe schon von Juden gesprochen, die Familie war mit der unseren eng befreundet , als Kind hatte ich damals keine Ahnung welcher Gefahr sie entronnen waren aber ich stehe mit den Kindern der Geflohenen noch in Kontakt, (Montreal) die singen auch heute noch das Lob auf die Schweiz! Ich werde die Zeit in Engelberg nie vergessen! Auch meine Familie verdankt den Menschen dieses Landes viel, wie ich berichtet habe. Man sollte doch gelegentlich auch mal über gutes erlebtes berichten. Wenns auch schwer fällt.
|
Felix
antwortete am 20.08.04 (01:35):
Natürlich gab es damals in der Schweiz auch Sympathisanten für das nationalsozialistische Grossdeutschland. Sie blieben aber zum Glück eideutig in der Minderheit. Die Schweizer Politik wurde zu einem Balanceakt, nachdem das militärisch neutrale Land vollständig von den Achsenmächten eingeschlossen war. Antisemitische Aktionen und Volksbewegungen kamen in dieser Zeit nicht auf. Wohl aber ein abgrundtiefer Hass gegen das herrische Grossmaulgehabe im Norden. Ich kann mich noch recht wohl an das Schaudern erinnern, wenn ich am Rundfunk die grässlichen Reden des Führers und seines Propagandaministers anhören musste. Obwohl die Rückweisung jüdischer Flüchtlinge zeitweise befohlen war, zeigte sich die Bevölkerung von der humanen Seite. Oft zu ihrem Nachteil.
|
schorsch
antwortete am 20.08.04 (11:05):
Du sagst es Felix: es war die Bevölkerung, die human war. Die Regierung hatte - offiziell - eine ganz andere Haltung. Ausserdem: Wenn damals ein Soldat nicht nach dem Slogan "Wer nicht schweigt, schadet der Heimat" stramm stand, sondern sich getraute, seine eigene Meinung im Corps zu sagen, riskierte er scharfen Arrest - oder sogar die Todesstrafe. Die hohen Offiziere aber, die ihre deutschen Kollegen in den Schweizer Bergen fürstlich bewirteten nach dem Motto "Gibst du mir die Wurst, lösch ich dir den Durst", hatten nichts zu befürchten....
|
ricardo
antwortete am 20.08.04 (22:42):
Ich wollte noch einmal auf den einleitenden Beitrag über die USA zutückkommen. Es gab vor dem Krieg auch antisemitische Tendenzen in den USA, und die gibt es heute noch, wie in fast allen Staaten der Welt. Das ist leider normal. Daß die meisten Staaten sich geweigert haben, Ende der dreissiger Jahre jüdische Flüchtlinge aus Deutschland aufzunehmen entsprach der allgemeinen Furcht vor einer Fluchtwelle, der man nicht mehr steuern konnte. Die wirtschaftliche Lage war in vielern Ländern, auch in den USA alles andere als gut, ebenso in der Schweiz, wo es noch viel Armut gab.. Zu den jetzt wieder aufgekommenen Vorwürfen, man hätte iwährend des Krieges etwas gegen die Vernichtungsmaßnahmen tun können: Ich glaube auch, daß sowohl in England als auch in den USA Nachrichten über den Greuel in Deutschland bekannt wurden. Aber angesichts eigener Nöte wurde damals,wie auch bei uns, das meiste verdrängt, was nictht unmittelbare Aufgabe war und dem eigenen Überleben diente. Jedenfalls sollte man schon unterscheiden zwischen Verantwortung von Tätern, und unterlassener Hilfe. Das ist ein gewaltiger Unterschied.
|
julchen
antwortete am 21.08.04 (06:50):
Ricardo hat voellig recht. Die USA hatte informationen ueber Massengraeber und Konzentrationslager eine ganze Weile VOR der Teilnahme am Geschehen. Lange Zeit wurden fotos aus Europa geschmuggelt, unter Lebensgefahr, die undeutlich irgendwelche horrorszenen portraitierten. Derweil tanzte Europa aber noch mehr oder weniger froh auf Hitlers Baellen und sah ihn als das Genie, welches Europa auf Vordermann brachte. Never MInd Polen!!!! Wen interessiert schon Polen??? Russland??? Wen juckts!!!!
London zu bombardieren, in Paris einmarschieren, jaaaaa das war ja dann was Anderes.
Basiert auf ein paar dutzend Aussagen und ein paar hundert undeutliche fotos...wer unter Euch haette denn die Entscheidung treffen wollen eine Armee zu mobilisieren, sie 5000 Km zu transportieren - auf die moegliche Gefahr hin, dass ein kleiner Europaescher Diktator eventuell die Welt umkrempeln koennte und (ohne die Andern) alleine 6 Millionen Juden vernichten koennte????
Bevor man wieder meint: jaaa die wusste davon und taten nix...ueberlege man sich mal wie schnell man selber bei der Hand gewesen waere mit so einer Entscheidung..
|
jo
antwortete am 21.08.04 (10:28):
Wen interesiert schon Polen? - Na, na, immerhin war der deutsche Einmarsch in Polen am 1.9.1939 der Anlaß zum Ausbruch des II. Weltkrieges - es hat also wohl doch ein wenig gejuckt.
Ich glaube nicht, daß der Anspruch erhoben wird, die USA hätten damals schon in den Krieg eintreten müssen. Nachdem das aber geschehen war, und je mehr das militärische Potential in Europa anwuchs und man doch so fähig war, deutsche Städte in bekanntem Ausmaß einzuäschern, umso mehr hätte es doch möglich sein müssen, die Vernichtungsaktionen zumindest zu behindern.
Es scheint aber doch eine historische Tatsache zu sein, daß 1944 die Fakten weitgehend auf dem Tisch lagen und man hat gewähren lassen.
Der Schlußsatz von Ricado ist gut, aber fragen, wie es gewesen war, sollte man dürfen.
|
ricardo
antwortete am 21.08.04 (10:36):
Ich glaube da liegt ein Mißverständnis vor, Julchen meinte, daß sich die USA weniger für die Lage im Osten interessierte und das kann schon auch stimmen. Churchill fürchtete schon sehr früh eine Machtentfaltung der kommunistischen Diktatur im Osten, das haben die Amerikaner zunächst auf die leichte Schulter genommen. Die Engländer haben sich in Jalta ziemlich geärgert über die diesbezügliche Naivität des schwer kranken Roosevelt. Erst Truman erkannte die Bedeutung des Verlustes von Polen für den Westen.
|
|