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Übersicht Archiv "Politik und Gesellschaft"

THEMA:   Qualitätskontrolle

 10 Antwort(en).

Illona begann die Diskussion am 15.08.04 (06:28) :

Kann, soll, darf es eine " Qualitätskontrolle" von Embryonen im Reagenzglas geben?

Was ist lebenswert , was nicht? Kann Menschenwürde überhaupt teilbar sein? Soll die bisher verbotene Untersuchgung künstlich erzeugter Embryonen auf genetische Defekte erlaubt werden? Oder werden dann Schleusen für Designerbabys, für eine schwer kontrollierbare Menschenselektion geöffnet?Die Regierung wird durch ein Positionspapier gezwungen , all dies Fragen zu beantworten , so sie denn überhaupt beantwortbar sind.Wie die Frage, ob das derzeitige Verbot der Präimplantationsdiagnostik (PID)also die Untersuchung der Embryonen auf genetische Defekte vor der Einpflanzung in die Gebärmutter -inhuman gegenüber all jenen Frauen ist, die mit schweren Erbkrankheiten belastet sind.Oder müssen sich Eltern mit behinderten Kindern vor noch größerer Diskriminierung fürchten?
Wer könnte die Sorge von Risikopaaren und den Wunsch nach einem gesunden Kind nicht nachempfinden?Oder das Leid von Frauen nach fünf gescheiterten Schwangerschaften wegen Missbildung.
Wer sieht aber auf der anderen Seite nicht die Gefahr der Menschenselektion, wenn Embryonen wie Autoteile einer Qualitätskontrolle unterzogen und dann nicht nur nach Krankheit, sondern vielleicht auch nach Geschlecht oder Augenfarbe selektiert werden
Da kann es angesichts des Leids von Risikopatienten kein Dafür oder Dagegen, da kann es nur einen Mittelweg geben.Einen Mittelweg für Einzelfälle.

Dies ist ein Artikel aus der hiesigen Tageszeitung:

Meine Frage wäre:

Ist eine Forschung, die Heilungschancen für Parkinson , Diabetes ,Alzheimer....bieten könnte, vertretbar ?

Immer davon abgesehen, dass es ein erster Schritt hin zu dem Abgrund von Schwangerschaften sein könnte, die ausschließlich empfangen wurden, zur Verwendung von Embryos, woraus eine arische Nation entsteht, die sich der Vermehrung muskulöser , blonder Männer und geschmeidiger , langbeiniger Frauen mit großem Busen verschrieben hat.

Gruß Illona


ricardo antwortete am 15.08.04 (09:00):

Es geht in England wohlgemerkt um das sogenannte therapeutische Klonen, nicht um die Erzeugung von Kindern.

Aber bei uns wird dieses Klonen hauptsächlich wegen dieser bis jetzt rein theoretischen Möglichkeit abgelehnt.
Soviel mir bekannt, haben die Israelis bezüglich der embryonalen Stammzellenforschung keine ethischen Probleme.
Sie sagen, das Ziel der Forschung sei nach jüdischem Glauben ethisch entscheidend, und das Ziel ist, kranken Menschen zu helfen.
Ich sehe das ähnlich und kann die bei uns existierenden Bedenken nicht verstehen.
Wir haben uns selbst mit dem Begriff "werdendes menschliches Leben" eine Falle gestellt.

Von menschlichem Leben kann bei einem isolierten Embryo nicht die Rede sein.
Ohne die Mutter ist dieses winzige Wesen nicht lebensfähig und muß daher ja auch meist "entsorgt werden."

Die Kirche sprach übrigens im Mittelalter einem Keimling von vier Wochen noch die Beseelung ab, der Zeitpunkt bei Mädchen lag bei acht Wochen, die Mädchen brauchten nach damaliger Überzeugung länger :-)))))
Muß aber nicht unbedingt Ausdruck einer Geringschätzung sein....


rolf antwortete am 15.08.04 (10:39):

Nach der Definition ist auch die Abtreibung keine Tötung, also nicht zu bestrafen. Oder hab ich da was falsch verstanden?


ricardo antwortete am 15.08.04 (10:52):

Abtreibung ist auch in Israel problematisch, zumal es hier um eine Unterbrechung der Verbindung zwischen Mutter und Embryo geht,
(Die meisten Abtreibungen geschehen erst nach 8 Wochen.)

Also ist es auch nach der damaligen kirchlichen Auffassung eine Tötung, im Gegensatz zurm Falle des Retortenembryos, der zum Überleben erstmal eine Mutter bräuchte und meist nicht bekommt.
Der Unterschied ist ganz erheblich.


Miriam antwortete am 15.08.04 (11:18):

Wir sprechen hier über zu viele, völlig unterschiedliche Sachverhalte, bzw. Methoden auf einmal.

Das therapeutische Klonen ist eines dieser angesprochenen Themen. Ricardo hat hier schon Vieles dazu gesagt, ich bin völlig seiner Meinung (Ricardo : wir beide mit einer Stimme sprechend!)
Ich finde es im Grunde genommen ethisch nicht vertretbar, dass man therapeutische Möglichkeiten unerforscht lässt, wenn es um so schwere Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson, Diabetes und viele andere mehr, geht.

Nun zur Absurdität des Verbotes der PID (Preimplantationsdiagnostik). Die ist also in Deutschland nicht gestattet. Wenn man nun einer Frau einen durch "icsi" oder durch "Reagenzglasfertilisation" entstandenem Embryo transferiert (also in die Gebährmutter einpflanzt), darf sie sich aber im dritten Monat ihrer Schwangerschaft einer Fruchtwasseruntersuchung unterziehen. Anschliessend, bei festgestellten Anomalien, darf sie abtreiben.

Etwas Absurderes kann man sich garnicht vorstellen. Hier geht es schon um einen weit entwickeltem Fetus (nicht um ein Embryo!) und um ein grosses Leid der werdenden Mutter. In erster Linie psychisches, aber auch physisches Leid.

Durch die PID kann kein Designerbaby entstehen. Es werden
ausserdem nur einige (aber gravierende) Anomalien dabei festgestellt.


Illona antwortete am 15.08.04 (12:20):

Warum - um alles in der Welt - sind die meisten Leute offensichtlich aus Angst vor der neuen Forschung ganz aus dem Häuschen? Warum ist man so fest davon überzeugt, dass die neuen biologischen Möglichkeiten unbedingt zu üblen Zwecken eingesetzt werden und außerdem noch in der Hand einiger weniger Mächtiger liegen müssen?

Ein Grund könnte sein, dass sich die Fortpflanzungsmöglichkeiten eben gegenüber dem Althergebrachten dramatisch geändert haben.
Es sieht wie ein Angriff auf tiefeingewurzelte Werte aus.Der Schritt bis zu den vom Staat betriebenen Fortpflanzungsfabriken wäre nur noch klein.( in Phantasien)

Der triftigere aber weniger offensichtliche Grund für "Ängste "ist meines Erachtens aber ein anderer.
Man kann kaum einen Artikel über Erbanlagen oder Stammzellenforschung lesen, ohne dass zum Schluss eine ( meist) wohlgemeinte Warnung über die gewaltigen Probleme für die Menschheit ausgesprochen wird.
Präzise genannt oder gar analysiert werden diese angeblichen Probleme nicht, allenfalls in verschwommenen Andeutungen.

Wenn jemand also nicht in der Lage ist, das für sich selbst zu durchdenken, weil die Fakten nicht ausreichend bekannt sind, ist es nur natürlich, dass diese Menschen es mit der Angst zu tun bekommen.

Die Entdeckung der " Geheimnisse der Materie", also die Möglichkeit mit einem Knopfdruck ( per Kernenergie) die Menschheit auszurotten wird auf den Biologen übertragen.

Nicht ausgesprochen,aber angedeutet wird die Schlussfolgerung, dass der Biologe , der "das
Geheimnis des Lebens" enthüllt, eine gleichartige Gefahr heraufbeschwört.

Mag auch die Technik noch so außergewöhnlich sein - die menschliche Fortpflanzung kann nur auf individueller Ebene und mit Billigung und Mitwirkung erfolgen.

Es ist also wichtig, dass wir uns genügend informieren,, um entscheiden zu können,welche der vielen Möglichkeiten sowohl notwendig als auch wünschenswert sind, auch wenn sie für den einzelnen oder für die Menschheit Gefahren bringen können.

Ich denke auch , wir sollten offen sein

Illona


ricardo antwortete am 15.08.04 (16:08):

Ich habe hier einmal von einer Internetseite pro und kontra PID kopiert, die Adresse unten angefügt.

Pro
Thesen für eine Präimplantationsdiagnostik
Die Befürworter von Pid argumentieren, dass Familien, die Erbkrankheiten in der Familie haben, so ihren Kinderwunsch erfüllen können. für viele Familien ist Pid die einzige Hoffnung ein gesundes Kind mit künstlicher Hilfe in die Welt zu setzen. Inzwischen entsteht in Deutschland ein Pid-Tourismus in Länder, die dieses Verfahren zulassen.


das Recht auf eigene Nachkommen,

die elterliche Sorge für die Gesundheit der Nachkommen,

Präimplantationsdiagnostik als vorverlegte Pränataldiagnostik,

Zulässigkeit nach geltendem Gesetz, Unzulässigkeit nach geltendem Berufsrecht ,

internationale Verflechtung der Problematik.

Kontra
Thesen gegen eine Präimplantationsdiagnostik
Die Gegner des Verfahrens befürchten, dass Pid Gesundheit und Fitness zur Gesellschaftlichen Norm erhebt. Behinderte und chronische Kranke werden dadurch Stück für Stück aus der Gesellschaft ausgegrenzt, da ihnen die Menschenwürde abgesprochen werde. Selbst wenn es ein Ethik-Gremium gäbe, welches Pid zustimmen müsste, würde die Frage bleiben, welche Erbkrankheiten ein Vernichten des Embryos rechtfertigen. Aldous Huxleys "Schöne neue Welt" wird zur Realität, das Designerbaby befindet sich auf dem Vormarsch. Noch wird Pid angewendet, um Erbkrankheiten auszuschließen, aber dies ist bereits der erste Eingriff in die Natur. Die Kritiker befürchten, dass irgendwann auch das Aussehen, die Intelligenz oder die sportliche Leistungsfähigkeit nicht mehr dem Zufall überlassen wird.

kein absolutes Recht und keine Garantie auf ein gesundes Kind,
Vorrang für das Lebensrecht des Embryos,
keine Vergleichbarkeit der Pränatal- mit der Präimplantationsdiagnostik,
Unab- und Unbegrenzbarkeit der PID,
Gefahr eugenischer Tendenzen.

Ich persönlich teile die Bedenken nicht, zumal die Gefahr der Ausmerzung von Behinderten garnicht besteht denn die PID wird nur nach einer mit künstlicher Hilfe begonnenen Schwangerschaft zugelassen, ein winziger Bruchteil der Gesamtzahl an Schwangerschaften.
Wenn eine Frau schon diesen dornenreichen Weg geht, hat sie m.E. ein Anrecht auf ein gesundes Kind

Internet-Tipp: https://www.gyn.de/kinderwunsch/pid.php3


Illona antwortete am 15.08.04 (16:50):

Medizin und Biologie geben uns die Chance, Elend zu verhindern, welches leider oft entsteht, wenn uns bei der Zeugung von Kindern das Glück nicht hold war.

Die schwierigste Frage lautet aber doch wohl nicht, ob wir die neuen vielversprechenden Wege beschreiten wollen - sondern:

Wie werden wir damit fertig, dass wir sehr bald sehr viel mehr über unsere " schlechten " Gene, die wir alle mit uns tragen, wissen werden oder wissen könnten?

Was werden wir tun , wenn wir im vornhinein über unsere Erbanlagen Bescheid wissen und das Risiko, ein schwerstbehindertes Kind in die Welt zu setzen, genau kennen. Werden wir uns von

" Chromosomen- Chirurgen" bei sehnlichstem Kinderwunsch heilen lassen?

Was werden wir tun , wenn wir im vornhinein über unsere Erbanlagen Bescheid wissen und das Risiko, ein schwerstbehindertes Kind in die Welt zu setzen, genau kennen. Werden wir uns von " Chromosomen- Chirurgen" bei sehnlichstem Kinderwunsch heilen lassen?
Wird uns die Gesellschaft bei weiterer Explosion an Geburten und Kosten nicht eines Tages dazu zwingen ,diese Fragen zu beantworten, indem sie uns " empfiehlt " , was wir zu tun haben.

Wenn also ein blindwütiger Schlag ( atomare Verseuchung, chemische Gifte....) in ein kompliziertes , fein eigestelltes System erfolgt,
bedeutet das immer eine Veränderung zum Schlechten.
Wenn ich also vorsätzlich ein Kind verstümmle, bin ich ein Ungeheuer und man wird mich einsperren.
Wenn eine Regierung 1000 Kinder an die Wand stellt und sie erschießen lässt, wäre ein politisches Blutbad die Folge.
Wenn ich im betrunkenen Zustand ein Kind überfahre, habe ich dann Pech gehabt oder verdiene ich Mitleid?
Bin ich dann ein leichtsinniger Mensch , dessen Unbesonnenheit so grausam ist, um noch erträglich zu sein?

Und was ist von einem Staat zu halten, der atomare Versuche startet, von denen man genau weiß, das irgendwann unausweichlich durch Genmutationen Kinder getötet oder verunstaltet werden.

Birgt die Änderung der Gen-Struktur neben der erfreulichen Aussicht auf die teilweise Ausrottung von Defekten irgendwelche nie dagewesenen Gefahren? Gibt es - im schlimmsten Fall - irgeneinen Anhaltspunkt dafür, dass die unheimlichen Visionen Wirklichkeit werden könnten, in denen irregeleitete Wissenschaftler mit menschlichen Genen manipulieren, um die Spezies Mensch zu verbessern oder für spezielle Zwecke der Gesellschaft zu entwerfen?
Das glaube ich nicht im mindesten


ricardo antwortete am 15.08.04 (17:14):

Ich wiederhole
die PID darf nur im Falle einer künstlichen Befruchtung angewandt werden.
Also ergeben sich daraus keine Befürchtungen in der von dir angegebenen Richtung.
Es handelt sich dabei nicht um Manipulation an Genen.
Man kann zu jeder Zeit Angst schüren und sich dann mit (angenehmem?) Schaudern gruseln.
Aber es ist besser , den Teufel nicht an die Wand zu malen.
Da hat niemand was davon!


Miriam antwortete am 15.08.04 (22:55):

Hier werden so viele Sachen durcheinander angesprochen und durcheinander gebracht, dass es schwer fällt eine vernünftige Diskussion zu führen.
Schon der Bereich der PID und der pränatal Diagnostik sind grosse wissenschaftliche und auch ethische Gebiete, wieso werden hier ganze Szenarien eines Gruselkabinets beigemengt?

Ricardo hat schon versucht eine wissenschaftliche Linie hineinzubringen, anscheinend vergeblich!

Ich habe auch schon versucht im Beitrag von 11:18 die Hauptpunkte der oben erwähnten Methoden aufzuzeigen - und aus meiner Sicht die Absurdität der Diskussion die seit einigen Jahren in Deutschland läuft, kurz anzusprechen.

Ricardo, in Deinen letzten Beitrag (17:14) sagst Du "die PID darf nur im Falle einer künstlichen Befruchtung angewandt werden". Dies stimmt für Deutschland nicht, sie darf hier überhaupt nicht angewandt werden, nichteinmal im Falle von Familien mit einer Häufung von genetischen Defekten.

Nach meiner Auffassung ist es nur sinnvoll diese Diskussion weiterzuführen, wenn wir uns auf diese Themen beschränken.
Auch dies meines Erachtens nur wenn man sich auf wissenschaftliche Fachliteratur bezieht um eine persönliche Meinung zu äussern.


julchen antwortete am 16.08.04 (05:32):

Wovon wir hier endeffektlich doch reden ist
stem cell research, Stammzellenforschung.

Und das Fuer und Wider.

Natuerlich waere ich sehr dafuer, wenn diese
Forschung zur Heilung von Alzheimers (z.B.) fuehren
wuerde und dass Rueck Grat geschaedigte wieder
laufen koennten, etc....
Momentan stehen Forscher der Sache sehr
hoffnungsvoll gegenueber - aber bis jetzt haben
sie nur zu zeigen dass es da "ungeahnte Moeglichkeiten" gibt.

Daher bleibt mir die Frage, wo kommen diese Zellen
her? - Und wie schnell kann damit ausbeuterischer,
finanzieller, ethischer und moralischer Unfug getrieben
werden?

Dieser Tage habe ich meinem Sohn mit einem
Schulprojekt geholfen (ich tippe eben schneller als
er :) ). Dabei ging es um Stammzellenforschung.

Nach der Lesung aller Artikel, die er zu seiner Arbeit
zusammenstellte - weiss ich immer noch nicht
auf welcher Seite des Fuer oder Wider ich moralisch
stehe.
Was ich aber genau weiss, ist dass ein starker,
linkstendierender, politischer Push auf dem Markt
ist, der mehr konservativ denkende Menschen in
die aussenseiter Ecke druecken will.

Argumente, z.B., sind: na es wird sowieso abgetrieben,
warum sollten die Fetuse dann nicht der Menscheit
zugute kommen?
Fein! Aber wie lange bis Frauen absichtlich schwanger
werden und sich fuer die abgetriebenen Fetuse
bezahlen lassen?
-Nur so'n hingeschmissener Gedanke, natuerlich...
aber trotzdem....
Anderes Argument:
Fruchtbarkeits Drogen (die ja oft zu mehr als einem
Fetus fuehren), oder kuenstliche Befruchtung...
Wann wird (wieder nur hingeschmissener Gedanke)
der erste Scheck an ein Paar geschrieben, die nicht
gleich 4 babies auf einmal haben wollten und die
andern 3 zur "Forschung" gehen?

Weissgott bin ich kein Fan der Katholischen Kirche,
weissgott bin ich dafuer wahrlich schreckliche
Erkrankungen, wie Alzheimers, durch Forschung
recht bald einen Horror der Vergangenheit zu
machen ( ich habe da Familien erfahrung, sozusagen).

Aber ich wehre mich partout dagegen mir meine
Meinung zur Kehle runterstopfen zu lassen und
eventuell etwas gutzuheissen, mit dem ich moralisch
noch lange nicht auf einer Leiste bin.