Karl
begann die Diskussion am 06.08.04 (16:15) :
Während wir in der Regel nur von den politisch motivierten Fällen von Entführung hören, haben im Irak auch die rein Geld erpresserischen krimininellen Entführungen Hochkonjunktur. Das Land verfällt in Anarchie und kriminelle Banden terrorisieren die Bevölkerung.
Auch wenn man solche Entwicklungen durch einen völkerrechtswidrigen Überfall vorhergesehen hat, darf nun nicht in selbstgerechter Untätigkeit verharrt werden. Wie kann den Irakern geholfen werden? Sicherlich nicht durch die völlig unglaubwürdig gewordenen Besatzungsmächte, eher schon durch eine UNO-Schutztruppe, aber kein Land scheint bereit, Blauhelme in ein Himmelfahrtskommando zu schicken. UNO-Generalsekretär Kofi Annan musste gestern resigniert feststellen, dass die UNO-Aktivitäten im Irak, wenn überhaupt entfaltbar, dann wohl auch weiterhin auf den Schutz der Besatzungsmächte angewiesen seien, mit all den bekannten negativen Imagefolgen und -gefahren. Die Situation scheint verfahren und die anvisierten demokratischen Wahlen werden wohl weiter verschoben. Niemand möchte jetzt nach allem was geschehen ist, dass sich die Meinung des Vaters eines Entführten durchsetzt ""Ich mochte Saddam nicht, aber sein Name stand für Sicherheit. Er hatte alles unter Kontrolle - ich wollte, er würde zurückkommen." Aber diejenigen, die die Verantwortung übernehmen wollten, haben bisher versagt.
Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,311802,00.html
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seewolf
antwortete am 07.08.04 (02:50):
Karl - was meinst denn Du, WER jetzt konkret auf WELCHE Weise etwas tun müßte?
Ich behaupte mal einfach so:
Der Deckel ist vom Topf herunter. Das brodelnde Gewässer muß erst einmal überkochen, bevor es sich abkühlen kann. Die Leute dort müssen wissen, was sie sich gegenseitig zumuten und was sie eben NICHT KÖNNEN.
Diejenigen hier im Forum, die sich vehement gegen Eingriffe von außen eingesetzt haben, können doch nicht jetzt herkommen, und solche fordern.
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julchen
antwortete am 07.08.04 (05:58):
und ich sage immer noch, dass es kein ueberbrodeln geben wuerde, waere es nicht auf Grund gewisser Faktionen, die ihre eigene Religion gekidnapped haben!
Irakis kaempfen sehr tapfer um ihr neues land. Aber man muss auch verstehen, dass dies ein Volk ist, welches 30 Jahre lang nicht sagen durfte was es wollte und unter Angst gelebt hat. Eine ganze Generation!!! Diese Sachen wollen gelernt sein und brauchen ein bisschen Zeit.
@Karl....Niemand möchte jetzt nach allem was geschehen ist, dass sich die Meinung des Vaters eines Entführten durchsetzt ""Ich mochte Saddam nicht, aber sein Name stand für Sicherheit. Er hatte alles unter Kontrolle - ich wollte, er würde zurückkommen."
Sein Name stand fuer sicherheit! Wahrlich! sicherheit fuer die, die kuschten.
Dem halte ich Dir entgegen das Bild einer Irakin, die photos hochhielt und weinend erklaerte, dass Saddam 5 (fuenf) ihrer Soehne gefoltert und ermordet hat - 5 von runden 300,000............. die eben nicht friedfertig kuschten, oder auch nur zufaellig in die Sache gezogen wurden. Vielleicht so wie der entfuehrte Sohn...???
Fuer mich besteht da keinerlei Frage, auf welcher Seite die international community stehen sollte. Und damit meine ich NICHT die seite der US sondern die Seite der Vernunft!
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werner
antwortete am 07.08.04 (06:46):
@julchen - kuschen schaffte keine Sicherheit. Wenn Du der falschen Bevölkerungsgruppe angehörtest, im falschen Ort wohntest wo vielleicht einer rebelliert hat, war die Sicherheit auch weg.
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ricardo
antwortete am 07.08.04 (08:36):
Meine Erinnerungen an den Sommer 1945 sind noch deutlich. Da war sich jeder selbst der nächste, in der russischen Besatzungszone herrschte Chaos, Raub und Plünderung durch die Armee und die marodierenden DPs waren an der Tagesordnung, die eigene Polizei konnte zusehen!. Zwei Jahre später bereits ein ganz anderes Bild!
Die Verhältnisse im Irak werden sich bald klären, sobald die ausländischen Terroristen entmachtet sind. Auch ohne europäische Hilfe wird sich eine Beruhigung einstellen, die Bevölkerung wendet sich inzwischen immer mehr gegen den sie selbst angreifenden Terror.
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Karl
antwortete am 07.08.04 (11:27):
@ Julchen,
ich kann dir endlich mal zustimmen "Und damit meine ich NICHT die seite der US sondern die Seite der Vernunft!"
Auf der Seite der Vernunft sind die USA in der Amtsperiode von Bush wahrlich nicht gestanden.
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seewolf
antwortete am 08.08.04 (03:01):
eh Leute -
Hier wird aber mächtig gekniffen von manchen Viel-Schreibern !!!
Nun mal raus mit der - ansonsten so mächtigen - Sprache !!!
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julchen
antwortete am 08.08.04 (05:12):
@Werner ..@julchen - kuschen schaffte keine Sicherheit. Wenn Du der falschen Bevölkerungsgruppe angehörtest, im falschen Ort wohntest wo vielleicht einer rebelliert hat, war die Sicherheit auch weg......
Du hast voellig recht, Werner!!! :)
Ricardo, ich wuenschte ich koennte Dir beipflichten, dass sich die Verhaeltnisse Im irak bald selber klaeren werden. Leider werden sie das nicht tun, solange das Irakische Volk nicht in Ruhe gelassen wird - von Gruppen, die dem Einzug einer freien Politik unter allen Umstaenden haltmachen wollen. Bis hin zur selbstzerstoerung - und der Zerstoerung des Irak. Mir fehlen die Worte fuer soviel Hass und Verbohrtheit. Nicht zuletzt Dummheit - denn man schiesst seinen eigenen Leuten ja staendig in den Fuss!!! It makes no sense to me!
Geduld, wollvieh: s'werd scho kaemma :))))
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lielo
antwortete am 08.08.04 (17:25):
Die Iraker mussten zusätzlich zu dem 12 Jahre dauernden Embargo, mit Beginn des BusH-Krieges ( EIN TECHNOLOGISCH HOCHGERüSTETE AMERIKANISCH-ENGLISCHE ARMEE) zigtausend Tonnen Bomben ertragen. Menschen die in Dresden und Hamburg gelebt haben, wissen was das bedeutet. Ich stimme Ricardo zu, dass die ausländischen Terroristen (Amerikaner und ihre Vasallen) das Land verlassen müssen. Sie werden von der Bevölkerung nicht als Freunde wahrgenommen.
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Ursula_J
antwortete am 08.08.04 (22:55):
lielo, es sind aber nicht Amerikaner und ihre Vasallen gemeint. Hätte mich auch sehr gewundert.
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werner
antwortete am 09.08.04 (08:03):
@lielo - ist schon interessant zu erfahren was DIE irakische Bevölkerung will. Es ist generell schwierig herauszufinden welcher Bevölkerungsteil was möchte. Meist handelt es sich aber nicht um den Willen eines Teils der Bevölkerung sondern um den Machtkampf eines Möchte-gern-Potentaten mit seiner entsprechenden Anhängerschaft um dem Rest der Bevölkerung seinen Willen aufzuzwingen.
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ricardo
antwortete am 09.08.04 (08:35):
lielo Du weißt genau, wen ich mit den Terroristen bezeichnet habe. Es ist nicht fair , alles rumzudrehen. Das ist schlechter Stil.
Im übrigen spreche ich als Betroffener der Angriffe auf Dresden und möchte klar stellen, daß dein Vergleich nicht haltbar ist. Bevor Dresden in Schutt und Asche fiel, wurden zahlreiche englische, polnische, holländische, serbische, griechische und vor allem tausende von russischen Städten zerstört. Von denen habe ich hier noch nie was gelesen!
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Karl
antwortete am 09.08.04 (08:44):
Genau das ist aber doch auch der Unterschied zum Irak, Ricardo. Dresden kann also als Rache für deutsche Untaten angesehen werden (als eine sehr grausame und m. E. moralisch nicht gerechtfertigte Rache an unbeteiligten Zivilisten).
Der Irak hat den USA jedoch nichts getan gehabt, er wurde bombardiert, weil die US-Administration Geld verdienen wollte, ein wahrhaft mieses Motiv. Die US-Regierung hat sich eindeutig eines Verbrechens schuldig gemacht und die Privatleute um die Administration herum verdienen sich eine goldene Nase (während sich der Staat verschuldet), die einfachen Leute sterben und der Irak stürzt ins Chaos. Die Amerikaner werden inzwischen mehrheitlich im Irak gehasst und - davon bin ich überzeugt - das wird auf lange Sicht so bleiben.
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Karl
antwortete am 09.08.04 (08:49):
Noch ein Beitrag zum Chaos. Die irakische Justiz hat Haftbefehle gegen Ahmed Tschalabi und seinen Neffen Salem erlassen. Ahmed Tschalabi war Mitglied des provisorischen Regierungsrates, ihm wird Geldfälschung vorgeworfen. Salem Tschalabi ist Direktor des Sondertribunals, vor dem sich Saddam Hussein verantworten muss. Er ist des Mordes verdächtigt.
Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,312153,00.html
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ricardo
antwortete am 09.08.04 (09:03):
Karl Dresden als Rache, das hat bislang kein Historiker so gesehen. Ich auch nicht.
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schorsch
antwortete am 09.08.04 (10:18):
Ja, da brauchts halt schon eine gehörige Portion Vorstellungsvermögen - und Einsicht......
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ricardo
antwortete am 09.08.04 (11:29):
Und das haben in dem Fall wohl am ehesten die Schweizer :-))))
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Karl
antwortete am 09.08.04 (14:38):
Einfühlungsvermögen in das Leiden von Menschen vermisse ich bei anderen, nicht bei Schorsch. Hauptsache man ist selbst aus der Sache gut rausgekommen.
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ricardo
antwortete am 09.08.04 (15:59):
Dass dieses Thema von Historikern doch differenzierter gesehen wird habe ich mehrfach zu hören bekommen.
Deutschland als Opfer des Krieges? doch wohl nicht nur!
Internet-Tipp: https://www.sehepunkte.historicum.net/2004/07/6714.html
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Karl
antwortete am 09.08.04 (18:26):
"Deutschland als Opfer des Krieges? doch wohl nicht nur!"
Wem willst Du denn in den Mund legen, er sähe Deutschland nur als Opfer, Ricardo? Schliesst denn die Tatsache, dass Hiltler einen verbrecherischen Krieg begonnen hat aus, dass auch deutsche Zivilisten unschuldig gelitten haben? Rechtfertigten denn die verbrecherischen Angriffe auf ausländische Städte die Brutalität der Gegenschläge in vollem Ausmaß? Darf hier nicht nach der Verhältnismässigkeit gefragt werden?
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ricardo
antwortete am 09.08.04 (22:06):
Es hat sich keineswegs um "Gegenschläge" gehandelt. Im letzten Kriegsjahr sind EINE MILLION alliierte Soldaten noch gefallen. Alle Kriegshandlungen der Alliierten standen in dem Zusammenhang, einen zum LETZTEN entschlossenen Gegner zur Kapitulation zu zwingen. Es ist absurd, die Deutschen von damals als "wehrlos" hinzustellen, als arme Opfer. Natürlich waren die Angriffe verhehrend das weiß hier vor allem ich selbst als AUGENZEUGE. Sie eignen sich aber nicht dazu jetzt das eigene Land zum Opfer von "Verbrechen" umzuwandeln. Die Hauptschuld an der Katastrophe von Dresden trifft auch heute noch eine verantwortungslose und verbrecherische deutsche Führung, die, nur um die eigene Haut noch für kurze Zeit zu retten Millionen Menschen geopfert hat. Wer wagt da zu sagen etwas sei "unnötig" gewesen! Mit welcher Kompetenz ? Jörg Friedrich wehrt sich inzwischen vor falschen Freunden, die derartige Vorstellungen verbreiten, das hat er mit seinem Buch nicht gewollt.
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schorsch
antwortete am 10.08.04 (09:13):
Als damals die deutsche Luftwaffe England bombardierte, sasen wir gebannt am Radio und hielten den Atem an. Und dann sagten wir: Hoffentlich schlagen die Engländer mit aller Kraft zurück! Und keiner dachte daran, dass "die Deutschen" ein Volk, bestehend aus Schuldigen und Unschuldigen waren....
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abdu
antwortete am 13.08.04 (20:24):
was ich hier gelesen habe ist wichtig..die jetzige lage im irak ist nicht auszuhalten..das obwohl man weit weg von dort lebt..
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ricardo
antwortete am 13.08.04 (23:48):
Bei den olympischen Spielen hat überraschend der Irak sein erstes Spiel gewonnen. Das läßt hoffen. Der schlimmste Feind für die Terroristen ist deren Mißachtung.
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werner
antwortete am 14.08.04 (08:53):
@Karl - das mit der Verhältnismässigkeit der Mittel im Krieg und auch bei der Polizei ist doch ein etwas gewagtes Spiel. Soll die eine Seite ein bisschen weniger Waffen einsetzen damit nicht so viele vom Feind umkommen weil es sonst unverhältnismässig viele sind? Solche Gedankengänge habe ich noch von keinem Krieg vernommen. Im Gegenteil, man versucht soviel Gegner wie möglich auszuschalten um die eigene Haut zu retten.
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ricardo
antwortete am 14.08.04 (23:38):
werner Ich glaube nicht, daß die Engländer in der Nacht des Luftangriffs auf Dresden in ihren Flugzeugen an etwas anderes als an ihren Auftrag gedacht haben, ein Spaziergang wie gelegentlich hier zu hören war auch das nicht. Die Berichte des deutschen Oberkommandos strotzten auch 1945 noch von Erfolgsmeldungen, wieviele Feinde wir getötet hätten und daß täglich Raketen nach London abgefeuert wurden. Immmerhin waren noch Millionen deutscher Soldaten unter Waffen. Die Flugzeugproduktion erreichte in ihren Katakomben noch einen irrsinnigen Rekord, aber Benzin war keins mehr da. Im Januar 1945 kam Admiral Dönitz noch nach Dresden und hat eine flammende Rede gehalten und aufgefordert zumKampf bis zum letzten! Hier wird so getan, als sei Deutschland wehrlos gewesen. Aber tagtäglich fielen auf alliierter Seite Tausende von jungen Soldaten im Kampf. Ich kann es einfach nicht begreifen, wieso der deutschen Führung so gut wie keine Verantwortung an dem späten Luftkrieg gegeben wird.
In Dresden standen Nachtjäger bereit auf dem Flugplatz in Klotzsche, aber aus irgendwelchen Gründen ( Treibstoffmagel?) sind sie nicht aufgestiegen. Wir jungen Menschen im Februar 1945 damals in dieser Stadt, hatten in der Mehrheit nur noch einen Wunsch: Endlich Schluß mit dem braunen Theater! Wir trugen auch keine Uniformen mehr!
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