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THEMA:   Sind wir halbe Sklaven?

 15 Antwort(en).

Wolfgang begann die Diskussion am 06.01.02 (23:51) mit folgendem Beitrag:

Heute abend gab es eine Fernsehsendung in der Reihe "Profile" im Bayerischen Rundfunk. Gebracht wurde ein Interview mit dem berühmt-berüchtigten Nobelpreisträger MILTON FRIEDMAN. Der sprach über den Euro und Deutschland in der Rezession. Unter anderem sagte er folgenden Satz: "Jeder Deutsche arbeitet die Hälfte des Jahres für den Staat. Um es unverblümt zu sagen: Ihr seid halbe Sklaven."

Sind wir halbe Sklaven?

"Ihr Deutsche seid halbe Sklaven"
Der Nobelpreisträger Milton Friedman kritisiert in einem Interview die hohe Staatsquote Deutschlands. Erfolg des Euros fraglich
https://www.welt.de/daten/2002/01/07/0107wi306328.htx

(Internet-Tipp: https://www.welt.de/daten/2002/01/07/0107wi306328.htx)


Karl antwortete am 07.01.02 (08:14):

Was heißt hier für den Staat? Fordern wir nicht bessere Schulen, Straßen, Weihnachtsgeld für Rentner, Kindergärten, Schwimmbäder, Sicherheit und , und ...

Aber natürlich auch weniger Steuern, Abgaben etc. Es bleibt ein Widerspruch.

Mit freundlichen Grüßen

Karl


P.S.: Ein chinesischer Laborbesucher (aus Rotchina) fragte mich nach 3 Wochen Aufenthalt einmal: "Wo habt Ihr eigentlich Eure unterdrückten Arbeiter?" "Unter der Erde", sagte ich, "die sehen bei uns nicht das Tageslicht."


Mechtild Th antwortete am 07.01.02 (15:13):

„Nur reiche Leute können sich einen armen Staat leisten“ Da es aber immer auch arme Menschen in unserem Staat geben wird, finde ich es wichtig, dass der Staat Bildung , Krankenversorgung, Renten usw für alle Menschen, die hier leben zur Verfügung stellt. Wie diese Gelder vom Staat eingenommen werden, darüber kann man diskutieren. Das die "Starken" der Gesellschaft für die "Schwachen" mit sorgen müssen halte ich für sozial. Wenn der Starke sich dann als Sklave fühlt, sollte er vielleicht eine Therapie machen. :-))
Das der Staat Steuern braucht, um Leistungen für alle seine Bürger und Bürgerinnen zur Verfügung zu stellen, halte ich für selbstverständlich. Das ich als Bürgerin mit machen Ausgaben nicht einverstanden bin ist auch normal. Es gibt ja Möglichkeiten sich einzumischen. Deutschland kann sich den Luxus eines starken „Sozialstaates“ leisten. Die Marktwirtschaft kümmert sich leider nicht um die schwachen Menschen im Staat oder habe ich da "Freie Markwirtschaft" falsch verstanden?


Günter Paul antwortete am 07.01.02 (16:04):

Ich ebe Dir recht, Karl. „Der Staat“ muß seinen Anteil am erwirtschafteten Produkt bekommen. Sonst kann er die Gemeinschaftsaufgaben nicht erfüllen ... sofern es sich um wirkliche Gemeinschaftsaufgaben handelt und „der Staat“ sich deröffentlichen Kontrolle unterwirft – nicht nur der einiger Parteien bzw. von deren Führungen, die ohnehin nur eine extreme Minderheit der Bevölkerung (2 – 3 %) repräsentieren.

Und es sollte auch gefragt werden, woher die Steuern kommen. Fließen sie in unverhältnismäßig hohem Maß aus Arbeitseinkommen und werden Profite der großen Unternehmen demgegenüber nur niedrig – oder auch gar nicht besteuert?

Gruß
Günter Paul


schorsch antwortete am 07.01.02 (20:06):

Die meisten Menschen sind Sklaven ihrer selbst....

Schorsch


Doris Routliffe antwortete am 09.01.02 (02:55):

Dieser Ausspruch bezieht sich auf "Steuerfreiheit", d.h. man arbeitet z.B. bis Ende Juni, wenn alle Steuern fuer das Jahr "gezahlt/erhoben" worden sind. Danach arbeitet man fuer sich selbst - - man ist weiter keine Steuern "schuldig". In dem Sinne ist man eben ein Sklave des Staates - - bis zum Tag der Steuerfreiheit.


schorsch antwortete am 09.01.02 (11:10):

Naja, dann bringen wir dem Staat halt wieder den Zehnten. Will heissen: Jeder bringt den zehnten Teil dessen, was er erarbeitet. Nur; was soll denn der Staat mit den Dingen anfangen, die heute als Monokulturen gezogen werden? Merke: Auch der Staat lebt nicht von Kartoffeln allein.

Schorsch


Doris antwortete am 10.01.02 (02:48):

Wenn deine Steuerrate nur 10 Prozent betragen würde, würde das zutreffen, bei uns (in Kanada)ist sie jedoch 17, 29, 55 Prozent gestuft. Die beiden letzten Sätze verstehe ich nicht.


Manfred Franz antwortete am 10.01.02 (07:14):

Die Quadratur des Kreises verlangen jedenfalls alle die, die sowohl die "Staatsquote", bequemerweise und populistisch wirksam werden da dann gleich noch alle (Zwangs-)Versicherungen mit hinzugenommen, senken wollen, andererseits aber bei jedem Problem gleich nach dem Staat rufen. Wenn wir uns all die schönen und nützlichen Dinge leisten wollen und können, dann kostet das eben auch. Als Sklaven müssen wir uns deshalb nicht fühlen, eher als bewusste Glieder einer solidarischen Gemeinschaft. Bürgersinn sollte gefragt sein, nicht Ellenbogenfreiheit.


Barbara antwortete am 10.01.02 (08:51):

Du sprichst mir aus der Seele, Manfred!

Ich möchte keine Verhältnisse, in denen sich nur die Hälfte der Mitbürger eine Krankenversicherung leisten können und man zwei bis drei Jobs braucht, um seine Miete bezahlen zu können. (Siehe untengen. Spiegel-Artikel)

(Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,175784,00.html)


schorsch antwortete am 10.01.02 (14:16):

Doris

Prozentzahlen allein sagen überhaupt nichts aus. Die Fragen sind immer: Von welchem Einkommen denn? Vom Reineinkommen oder vom Bruttoeinkommen? Bezahlt der Staat Krankenkasse, Spital und andere Sozialleistungen, oder geht das noch vom Lohn weg? Müssen die Familien für Schulen noch extra bezahlen?

Schorsch


schorsch antwortete am 14.01.02 (17:19):

Noch ein Wort zur Sklaverei:

Ich habe vor Jahren die Bücher von B. Traven verschlungen. Er soll ein unehelicher Spross eines gekrönten Deutschen Hauptes gewesen sein, der nach Südamerika auswanderte und dort, das Elend der Peones sehend, darüber geschrieben hat. Sein Pseudonym wählte er, damit ihn die dortigen Feudalherren nicht erwischten und abmurksen konnten.
Die Carretteros und Plantagenarbeiter wurden wie Sklaven behandelt. Man gab ihnen zwar Lohn, aber diesen konnten sie nur im eingezäunten Camp gegen Lebensmittel und Kleider eintauschen. Die Preise wurden von den Feudalherren so angesetzt, dass der Lohn nie ausreichte, sondern die Peones sich laufend höher verschuldeten. Und starb einer, dann erbten seine Nachkommen diese Schulden.
Warum ich auf diese alte Geschichte komme? Sind wir denn heute nicht auch bereits so weit, dass wir (mit Plastikkarten) uns verschulden und zu Sklaven von jenen werden, die uns diese Plastikkarten aufschwatzen und wir uns mit Sachen eindecken, die wir eigentlich gar nicht bezahlen könnten? Konsumsklaven!

Schorsch

PS. Ich habe keine einzige Kreditkarte!


Manfred Franz antwortete am 14.01.02 (19:43):

Du, Schorsch, hast keine Kreditkarte. Mir reicht meine EC auch. Einfach nur bequem- und Überziehen nur im vorgegebenem Rahmen möglich. Wer zwingt eigentlich wen, so einen Kartenvertrag zu akzeptieren? Der Unterschied zu den Sklaven, von denen B.Traven berichtet, ist doch wohl der, dass bei uns jeder selbst entscheiden kann, in welcher Form er sein Geld ausgibt oder anlegt- oder sich eben verschuldet- . Rückwärtssparen nenne ich das. Sage keiner, er müsse das! Nach dem großem Krach geht es ja dann (meistens wenigstens) auch ohne!


KlausD antwortete am 14.01.02 (20:38):

Sind wir Sklaven?

Natürlich,jeder auf einem anderen Niveau.


Wolfgang Mücke antwortete am 18.01.02 (16:58):

Ob wir bereits halbe Sklaven sind, weiß ich nicht. Ob wir ganze werden - da sei die "Vorsehung" vor.

Wenn unser Staat sich dazu durchringen könnte von allen Bürgern, Institutionen, großen und kleinen Firmen, Konzernen etc. die Steuern einzufordern, die diese gerechter Weise und nach den Gesetzen zu zahlen hätten, dann wären unsere Gemeinden, Länder und der Staat selbst in der Lage nicht da zu kürzen, wo es uns am meisten weh tun wird - an der Bildung und der Zukunft unseres Nachwuches.
So, aber, ist eine Zukunft und damit eine "Versklavung" im Sinn des Themas nicht ganz ausgeschlossen.

Wenn deutsche Konzerne "in Organschaft" ihre Gewinne mit Verlusten ihrer Auslandsunternehmen verrechenen können - ja, dann müßten diese deutschen Konzernherren doch bekloppt sein, täten sie das nicht und würden statt dessen Steuern zahlen. Schließlich wollen doch die Aktionäre leben, und zwar recht gut... (und weder als halbe, noch als ganze Sklaven enden...).

Ist meine Darstellung irgendwie ein wenig richtig?

Brauchen wir einen modernen "Spartakus"-Austand ??

Wolfgang Mücke ...


Manfred Franz antwortete am 18.01.02 (19:33):

Ein bisschen Recht hast Du schon, aber eben nur ein bisschen. Suchst Du nicht auch die legalen Möglichkeiten, Steuern zu sparen? Dem Gemeinwesen zu geben was ihm zusteht, nicht weniger, und vor allem nicht mehr? Was ist daran verwerflich, gar kriminell?
Wenn Konzerne die von Dir beschriebenen Möglichkeiten legal nutzen können, sind nicht sie schlecht, sondern die Gesetzgebung eines vom Volk gewähltem Parlamentes! Wer zwang die freien, mündigen Bürger, solche Vertreter zu wählen? ;=)