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THEMA:   Möllemann will keine beamteten Lehrer

 18 Antwort(en).

KlausD begann die Diskussion am 05.01.02 (08:51) mit folgendem Beitrag:

Als Konsequenz aus den Ergebnissen der Pisa-Studie will der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Jürgen Möllemann den Beamtenstatus von Lehrern und Hochschullehrern abschaffen.

Etwa die gleichen Forderungen stellte schon vor Monaten Willy Lemke -Kultursenator in Bremen.

Ich persönlich gehe noch einen Schritt weiter,das Beamtentum gehört grundsätzlich abgeschafft.


Werner A. Sedelmaier antwortete am 05.01.02 (09:37):

Lieber KlausD,

grundsätzlich teile ich Deine Auffassung. Zu bedenken gebe ich lediglich folgendes:

Beamte haben kein Streikrecht! Das kann unter Umständen wichtig sein. Man stelle sich nur die Situation vor, daß es einen Generalstreik bei der Polizei gäbe.

Herr Möllemann leidet an einer Profilneurose. Seine Skandale als Minister sind mir noch in guter Erinnerung. Er würde ein gutes Werk vollbringen, wenn er sich selbst abschaffen würde, überflüssig ist er ja schon lange.


Karl antwortete am 05.01.02 (09:46):

Lieber Klaus,

m.E. haben die Ergebnisse der Pisa-Studie am wenigsten die Lehrer zu verantworten. Meine Frau z.B. muss heute wieder Klassen mit bis zu 32 Schülern unterrichten, wir waren schon einmal bei etwa 20 angelangt. Dass hiermit die Betreuung einzelner leidet, ist doch klar. Etwa 20 Jahre lang gehörte meine Frau zu den jüngsten im Kollegium, weil einfach keine neuen Lehrer eingestellt wurden.

Jetzt Abstrafungsmaßnahmen für Lehrer unternehmen, die diesen stressigen Beruf noch weniger attraktiv machen, würde die Situation an den Schulen kaum verbessern, eher im Gegenteil. Wir müssen es schaffen, trotz eventuell vorhandener negativer Eigenerlebnisse während der Schulzeit die Bedeutung der Lehrerinnen und Lehrer für unsere Gesellschaft anzuerkennen und auch entsprechend zu honorieren.

Es gibt Lehrerinnen und Lehrer, die großes ehrenamtliches Engagement zeigen. So haben z.B. Lehrer ohne Kapital und nicht Kultusmisterien, denen hierfür viel Geld zur Verfügung stand, den bestbesuchten deutschsprachigen Bildungsserver aufgebaut (https://www.zum.de). Typischerweise wird das von "oben" (Obeschulämtern, Schulämtern, Kultusministerien) noch nicht einmal mit Freistunden o.ä honoriert. Das Problem für die Misere der deutschen Schule liegt nicht bei den Lehrern, sondern bei der Konzeptionslosigkeit der sie verwaltenden Bürokratie.

Die Zentrale für Unterrichtsmedien im Internet (ZUM Internet e.V.; https://zum.de) ist ein gemeinnütziger Verein, der seit seiner Gründung 1997 ständig um seine Finanzierung kämpfen muss und im wesentlichen von Privatgeldern der beteiligten Lehrerinnen und Lehrer am Leben gehalten wird. Im Juni 2000 hatte sein Server die Spitzenposition unter allen deutschsprachigen Bildungsservern erreicht (https://www.zum.de/citation.html), die er bis heute verteidigt.

(Internet-Tipp: https://zum.de)


Heinzdieter antwortete am 05.01.02 (13:01):

Das Problem des Resultats der PISA-Studie liegt meiner Meinung nach nicht in der Klassengröße, sondern einzig und alleine, daß ein Teil der Schüler nicht oder mangelhaft Deutsch spricht, daß sie den Unterricht nicht folgen können.
Dann hilft der Lehrer verständlicher Weise diesen Schülern, und die andern 95 % sitzen da.
Mein Enkel erzählte mir dies immer wenn neue Schüler dazukommen.
Warum handhabt man diese Problem nicht wie in Österreich. Dort werden die schlecht deutsch sprechenden Schüler zusätzlich in Deutsch unterrichtet.
Resultat: PISA-Studie meines Wissens Platz 8


MechtildTh antwortete am 05.01.02 (18:15):

Jetzt hat der Herr Möllemann wieder ein populistisches Thema gefunden. Wer kennt keinen LehrerIn und ärgert sich, wenn der bei schönem Wetter im Garten liegt oder wer ist nicht mal von einem LehrerIn ungerecht behandelt worden? Das ist ein Thema, da meint jeder mitreden zu können, obwohl nur wenige den Alltag und die Arbeitsbelastung eines Lehrers/Lehrerin kennen.
Nur die Nicht-Verbeamtung der LehrerInnen löst die Probleme der Schulen auch nicht. Unsere Kinder (und damit meine ich alle Kinder) haben ein Recht auf eine gute Schulbildung und dafür brauchen wir gut bezahlte und gut ausgebildete Lehrer und Lehrerinnen. Eine gute Bezahlung für jemand, der arbeitet sollte selbstverständlich sein. Man sollte Privilegien, die Beamte und andere ArbeitnehmerInnen haben nicht abschaffen wollen, sondern sie für alle ArbeitnehmerInnen fordern. Die Hungerlöhne, die in manchen Branchen bezahlt werden, will Herr Mllemann doch nicht ernsthaft für Schulen auch fordern?
Glaubt Herr Möllemann ernsthaft, unsere Schulen werden besser, wenn man die LehrerInnen schlechter bezahlt? Oder wünscht er nur mehr Privatschulen und fordert Bildung nur für eine Elite, die er natürlich benennen will?


usella antwortete am 05.01.02 (22:43):

Was die Pisa-Studie kürzlich ans Tageslicht gebracht hat, ist seit mindestens 15 Jahren bekannt und in der Öffentlichkeit diskutiert worden, dürfte also auch den Politikern nicht entgangen sein.

Beispielsweise haben Dozenten von Universitäten und Fachhochschulen immer wieder auf die miserablen Deutschkenntnisse und die auch sonst schlechte Allgemeinbildung der Studierenden aufmerksam gemacht und daß von einer "Hochschulreife" nach bestandenem Abitur längst nicht mehr die Rede sein könne.

Lehrer haben geklagt, daß in den Gymnasien viele Schüler säßen, die allenfalls in Realschulen gehörten, die Realschulen zunehmend das Niveau von Hauptschulen bekämen und Hauptschulen das von Sonderschulen.

Dennoch sahen die Verantwortlichen - nicht zuletzt unsere Kultusministerien und Schulämter - keine Notwendikeit, die zunehmende und mit Händen zu greifende Bildungsinflation zu stoppen - ganz im Gegenteil.

Das Ergebnis der Pisa-Studie spiegelt in trauriger Weise den ganzen Erziehungs- und Bildungsnotstand wider, dem unsere Kinder seit langem ausgesetzt sind. Und dieser beginnt nicht erst im Schulalter, sondern in den ersten Lebensjahren (der wichtigsten Prägungsphase überhaupt) in der Familie, setzt sich im Kindergarten fort und dann erst in der Schule.
Es ist von daher ebenso unsinnig wie ungerechtfertigt, jetzt nach EINEM schwarzen Peter zu suchen und diesen ausgerechnet den Lehrern zuzuschieben. (Wenn ich einen akademischen Beruf nicht ausüben möchte, dann bestimmt den des Lehrers!)

Ein Problem mit einer so langen Vorgeschichte, mit so vielen Ursachen und Verursachern kann man niemals im Schnellverfahren lösen und schon gar nicht monokausal, wie es seitens der Politik nun versucht wird.

Was sich Herr Möllemann als Lösungsmöglichkeit ausdenkt, ist für mich nicht nur nicht nachvollziehbar(freundlich ausgedrückt), sondern geradezu kontraproduktiv:
Alle an der Erziehung und Bildung Beteiligten müssen in einer so schwierigen Situation gestärkt und motiviert werden und nicht - wie Herr Möllemann es mit den Lehrern beabsichtigt - zusätzlich geschwächt und demotiviert.


usella





Gila antwortete am 06.01.02 (01:31):

Ich rege mich über solche Bemerkungen wie von Möllemann schon lange nicht mehr auf. Statt eine jahrzehntelange verfehlte Bildungspolitik einzugestehen, ist es doch viel einfacher, die Lehrer zu Prügelknaben der Nation zu machen.
Kennt ihr den Witz von dem Hasen mit den ausgefransten Ohren, der während der Jagd über die Wiese humpelt?
Der wurde auch vom Förster zum Abschuss freigegeben mit den Worten: "Drücken Sie ruhig ab, auf den schießen wir immer."

Nur leicht humpelnd und mit noch einem unversehrten Ohr
grüßt euch Gila


KlausD antwortete am 06.01.02 (11:18):

Die Bildungspolitik auf der einen,das Beamtentum auf der anderen Seite.
Man muß dieses Thema sicherlich von den zwei Seiten angehen -wenn überhaupt.

Verwunderlich,daß Möllemann selbst Lehrer ist -oder war.

Das Beamtentum ist ja nun bei Bahn und Post abgeschafft,sicherlich der zahlenmäßig höchste Anteil an Beamten.

Nach meiner Meinung ist das Beamtentum eine Bremse für volksnahe Entscheidungen.
Angefangen in der Kommune -wenn ich sehe,mit welcher Selbstherrlichkeit hier entschieden wird,möchte man den ganzen Apparat in die Wüste schicken.
Selbst kleinste Dinge werden einfach nicht zur Kenntnis genommen -sein Recht muß man mit einem Anwalt über ein Gericht erstreiten!
In einer freien Marktwirtschaft (auch in der Kommune) würden diese Dinge gar nicht erst einreißen.

Problematisch ist auch der hohe Anteil von Beamten in der Politik.
Diese Leute treffen Entscheidungen gegen den Bürger -für den eigenen Sack.


usella antwortete am 06.01.02 (12:45):

Hallo an alle Diskutanten,

in den Schulen herrschen seit vielen Jahren Arbeitsbedingungen, die ich für Schüler und Lehrer für unzumutbar halte. Jedenfalls hätte ich meine Kinder unter solchen Bedingungen ungern lernen gesehen, und ich selbst wollte so nicht arbeiten. Aber auch inhaltlich liegt hier vieles seit lamgem im Argen.

Man kann und darf aber nicht die Lehrer jetzt für etwas verantwortlich machen, was sie nicht zu vertreten haben und von sich aus auch gar nicht ändern können, da sie ja weisungsgebunden sind. Wie bei Krankheiten muß man auch hier die Ursache und nicht das Symptom behandeln.

Ich halte es beispielsweise für ein Unding, daß der Unterricht ausfällt, weil keine Lehrer eingestellt werden, obgleich es genug arbeitslose Lehrer gibt, daß Überstunden (ganz gleich aus welchen Gründen) nicht durch Bezahlung oder Freizeit abgegolten werden, daß die Klassenstärken in den letzten Jahren statt kleiner immer größer geworden sind. (Als meine Kinder zur Schule gingen, lag der Klassenteiler knapp über 20, heute liegt er über 30. Als ich 1960 Abitur machte, waren wir 10 (!) in der Klasse und die ganze Oberstufe hindurch nicht mehr als 15 - in einer Großstadt...)

Ich will mich hier nicht für oder gegen das Beamtentum äußern, kann mir aber beim besten Willen nicht vorstellen, wie die Abschaffung des Beamtentums für Lehrer dazu führen soll, daß Lehrer ihrem Bildungs- und Erziehungsauftrag besser gerecht werden können
Psychologisch würde eine solche Maßnahme in der derzeitigen Situation die Lehrer zwangsläufig zum Sündenbock machen und auch noch die wenigen guten und engagierten Lehrer demotivieren.
Das kann doch wirklich nicht das Ziel sein.

Allen einen schönen Sonntag.
Viele Grüße

usella


schorsch antwortete am 06.01.02 (18:33):

Arbeitslose Lehrer? Da muss ich mir aber schon heftig hinter den Ohren kratzen. Denn woher kommt schliesslich das Arbeitlosengeld, das Arbeits- (Erwerbs-)lose bekommen um überhaupt leben zu können? Doch von irgendeiner Kasse, die durch das Volk gespiesen wird. Wäre es denn da nicht besser, alle Lehrer zu beschäftigen und ihnen einen Lohn zu bezahlen - welcher ja auch vom Volk mittels Steuern bezahlt wird. Dieses Thema betrifft aber nicht nur die Lehrer. Vielerorts glaubt man mit Stellenabbau Geld sparen zu können, denkt aber nicht daran, dass man die Stellenlosen schliesslich nicht verhungern lassen kann, sondern ihnen mit Öffentlichen Mitteln den Lebensunterhalt finanzieren muss.

Schorsch


Wolfgang antwortete am 07.01.02 (09:32):

Insgesamt ist die deutsche Bildungslage verheerend: Wir haben im internationalen Vergleich die wenigsten Abiturienten, die meisten Schulabbrecher, die deutlichste sozale Selektion und die Leistungen der Schüler sind nach der neuesten OECD-PISA-Studie auch noch ziemlich bescheiden.

Viele wissen das nicht: Im Durchschnitt verwenden die OECD-Länder knapp 13 % ihrer gesamten staatlichen Mittel für die Bildung. Korea, Island, Mexiko und Norwegen zum Beispiel bringen zwischen 16 und 22 % ihrer Gesamtausgaben für Bildung auf. Und Deutschland? - Noch nicht einmal 10 % seiner Gesamtausgaben gibt der deutsche Staat für seine SchülerInnen aus. Aus diesem Topf bezahlen 16 Bundesländer auch ihr jeweils eigenes Kultusministerium und ihre eigenen Schulverwaltungen. - Mögen das vielleicht die Ursachen für das schlechte Abschneiden sein? Zu wenig Geld und zu viel Verschwendung aufgrund der "Kulturhoheit" der Bundesländer (wie dieser prall gefüllte Wasserkopf gerne genannt wird)?

Programme for International Student Assessment (PISA)
https://www.mpib-berlin.mpg.de/pisa/

(Internet-Tipp: https://www.mpib-berlin.mpg.de/pisa/)


usella antwortete am 07.01.02 (13:47):

Bei aller berechtigten Kritik an unserer Bildungspolitik in Schulen und Kindergärten darf man nicht übersehen, daß die Misere nicht erst Schulalter beginnt, sondern sehr viel früher.

Bekanntlich ist das kindliche Gehirn bei der Geburt noch unreif: Die Nervenzellen sind zwar vorhanden, müssen untereinander aber noch vernetzen.
Damit diese Vernetzung gelingt, muß das Kind z. B. über die Sinnesorgane mit (geeigneten) Reizen versorgt werden. So lernt ein Kind beispielsweise nur sprechen, wenn mit ihm gesprochen wird bzw. wenn sein Gehör in Ordung ist.

Die Ausreifung des Gehirns ist aber zeitlich nur begrenzt möglich und für einige Funktionen längst abgeschlossen, wenn das Kind ins Schulalter kommt. Das heißt, das bis dahin Versäumte kann dann nicht mehr oder nur sehr unvollständig nachgeholt werden - da helfen auch die besten Lehrer nichts.

Eindrucksvolle Beispiele für die Bedeutung der ersten Lebensjahre für die Sprachentwicklung, aber auch für das Sozialverhalten und natürlich die seelische Entwicklung ist die Geschichte der "berühmten Wilden" wie z. B. Kaspar Hauser (aufgefunden 1828 bei Nürnberg)und Victor von Averon (gefunden 1798 im Wald bei Averon).

Nach meiner festen Überzeugung muß sich auch in vielen Familien Grundlegend ändern, damit das wertvolle Potential, das Kinder bei der Geburt mitbringen, besser genutzt wird bzw. nicht ungenutzt - und unwiederbringlich - bereits in den ersten Lebensjahren verloren geht.

Auch hier ist u. a. die Politik aufgerufen, bessere und gerechtere Voraussetzungen für ALLE Kinder zu schaffen.

usella


Fred Reinhardt antwortete am 07.01.02 (19:17):

Warum müssen Lehrer Beamte sein war die Frage. Die Antwort, sie haben Hoheitsaufgaben zu erledigen. Benotung der Schüler, das sind Hoheitsaufgaben !!
Mein Vorschlag, jeden Personalchef und Meister der Zeugnisse schreibt in den Beamtenstand zu erheben.
Es liegt schon an den Lehrern mit. In den Stadt- Kreis- Bezirk- Land und Bundesparlamenten sitzen hauptsächlich Lehrer. Diese Stellen die sie in den Schulen hinterlassen dürfen aber nicht besetzt werden, denn die Damen und Herren könnten ja mal wieder zurück kommen. Prozentual sind die Lehrer weit überproportional dort vertreten. Da kann man den einen oder anderen nich abnehmen aus Berufung Lehrer zu sein.
Kurz, die Stellen müsste nach erfolgter Wahl in ein politisches Amt, auch bei Lehreren / innen wieder besetzt werden.


Barbara antwortete am 07.01.02 (22:43):

Hallo usella,

meint Du wirklich, dass die deutschen Eltern schlechter sind als die Eltern in den übrigen OECD-Ländern?

Nach meinen Kenntnissen müssen grundlegende Änderungen im Bildungssystem erfolgen. In Finland, das in der PISA-Studie sehr gut abgeschnitten hat, dürfen Kinder z.B. Fehler machen. Man ist dort der Meinung, dass man aus Fehlern lernt! Sieh Dir unser Schulsystem an. Bei uns werden Fehler mit roter Tinte angestrichen und gezählt. Fehler werden mit Versagen gleichgesetzt. Das ist nicht Schuld der Lehrer, sondern unseres Systems.

Nach meiner Meinung kommen wir einfach nicht darum herum, unsere Vermittlung von Bildung grundsätzlich zu überdenken. Bisher sind wir nur groß im Sündenbock-Suchen.

Gruß Barbara


usella antwortete am 08.01.02 (00:28):

Hallo Barbara,

Du hast meinen letzten Beitrag offenbar etwas mißverstanden. Er ist nur als Ergänzung zu meinen beiden vorausgegangenen Beiträgen vom 05. und 06.01. gedacht und zu verstehen.

Wie Du dort nachlesen kannst, übe ich - ebenso wie Du - massive Kritik an den Zuständen in unseren Schulen und an den langjährigen Versäumnissen unserer Bildungspolitik.

Ich bin aber dagegen, daß das Ergebnis der PISA-Studie nun den Lehrern angelastet wird, die selbst Opfer der Untätigkeit und Konzeptionslosigkeit der Schulverwaltungsbehörden sind und deren Kräfte wir noch sehr dringend brauchen werden.

Viele Grüße
usella


Fred Reinhardt antwortete am 08.01.02 (18:45):

Es gibt nicht die deutsche Bildungspolitik, denn Bildungspolitik ist Ländersache. Wie es den Anschein hat wird dies auch so bleiben. Ob dies für immer gut ist glaube ich nicht, denn ein Arbeitsplatzwechsel ist bei schulpflichtigen Kinder von einen in ein anderes Bundesland fast unmöglich.
Ich kenne einen Mann der wohnt in Bremen und arbeitet in Stuttgart. Nur wegen den Kinder ist ein Umzug bis Beendigung der Schulzeit nicht möglich. Dies sind Zustände die auf Zeit nicht haltbar sind. Ein Deutscher, kultusgeschädigter Fernarbeiter fährt am Freitag nach Bremen und am Sonntagabend wieder nach Stuttgart. Der Berater am Arbeitsamt in Bremen meinte, flexibel müsste man sein. Ob er soetwas machen würde, bezweifle ich.


usella antwortete am 08.01.02 (19:40):

Hallo Fred,

das ist wirklich unfaßbar: Aus der länger zurückliegenden Vergangenheit kenne ich zwar ähnliche Fälle, hätte aber nicht gedacht, daß es so etwas heute noch gibt.

Da muß man sich in Sachen Bildungspolitik tatsächlich über gar nichts mehr wundern!

Gruß usella


Barbara antwortete am 08.01.02 (20:45):

Über die von Karl empfohlene Website www.zum.de kann man sich die verschiedenen Erlasse der einzelnen Bundesländer zur Förderung von Schülern mit Lese-Rechtschreibschwäche (Legasthenie) ansehen. In einigen Bundesländern genießen diese Schüler vollen Notenschutz in Deutsch und sämtlichen Fremdsprachen, in anderen Bundesländern bleibt es dem Lehrer überlassen, ob er Rechtschreibfehler benotet oder nicht.

Kann man sich vorstellen, wie es einem derart betroffenen Kind bei einer Umschulung ergeht?

Gruß Barbara

(Internet-Tipp: https://www.zum.de)


Ursula B. antwortete am 09.01.02 (10:24):

Hallo Barbara,

ich kann mir - leider - sehr gut vorstellen, was ein Kind mit einer Legasthenie erwartet, wenn seine angeborene Lese- und Rechtschreibschwäche durch Umzug in ein anderes Bundesland seitens der Schule nicht mehr berücksichtigt wird bzw. werden darf: Es wird im ungünstigsten Falle - trotz hoher Intelligenz - zum Schulversager und Schulabbrecher und dazu noch zu einem seelischen Wrack.

Ich habe zahlreiche dieser Kinder gesehen und eine kleine Gruppe Anfang der achtziger Jahre bei mir zu Hause (unentgeltlich am Wochenende)gefördert, um diese Gefahr abzwenden. Grund dafür war, dass die hiesige Kultusbehörde das schulische Förderprogramm für diese Kinder abgeschafft hatte mit der "Begründung", Leagasthenie gäbe es nicht, sondern sei - so wörtlich - "das Alibi der akademischen Eltern für ihre dummen Kinder".

Ursula (usella)