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Übersicht Archiv "Politik und Gesellschaft"

THEMA:   Die Angst vor der Niederlage in der Bundesversammlung: jedes Mittel ist recht

 31 Antwort(en).

Karl begann die Diskussion am 20.05.04 (08:12) :

Wer wird Bundespräsident? Horst Köhler oder Gesine Schwan? Bei einer Direktwahl hätte Horst Köhler keine Chance, Frau Schwan ist deutlich beliebter. Die Furcht geht bei der CDU/CSU um, dass einige ihrer Wahlmänner /frauen doch dem Gewissen folgen und nicht der Weisung der Partei (es ist eine geheime Wahl). Was also tun? Männer und Frauen mit dem richtigen Gewissen bzw. ohne eins müssen her.

Die CDU nominiert Hans Filbinger für die Bundespräsidentenwahl. Hans Filbinger musste 1978 als Ministerpräsident von Baden-Württemberg zurücktreten, weil er als Marinerichter in der Nazi-Zeit noch gegen Kriegsende Deserteure zum Tode verurteilt hat.

Nein, das ist keine Schmiererei an einer Klowand, sondern das wird heute von allen Medien berichtet. Ob sich jetzt nicht doch einige der Wahlmänner und -frauen an ihre Pflicht auf eine eigene Entscheidung besinnen?


pilli antwortete am 20.05.04 (08:46):

wenn es nur ein "Latrinengerücht" wäre...

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"Rolf Hochhuth will es schlicht nicht glauben, dass Filbinger nun aufs höchste politische Parkett zurückkehrt. "Ich habe das für ein Latrinengerücht gehalten", sagt er SPIEGEL ONLINE. "Das ist furchtbar, entsetzlich und völlig taktlos." Der Vorgang beschädige auch die Würde des Bundespräsidenten, sagt Hochhuth. "Wir schaden uns selbst und unserem Ansehen im Ausland, wenn wir das zulassen". Es sei an der Zeit, "die Wahl des Bundespräsidenten nicht mehr der Parteienoligarchie zu überlassen, sondern direkt dem Volk."
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weiteres lesenswertes im u.a. link

Internet-Tipp: ttp://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,300506,00.html


Karl antwortete am 20.05.04 (08:52):

Pilli, ich korrigiere deinen Link:

Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,300506,00.html


HariS antwortete am 20.05.04 (10:28):

Pure Machtspielchen

Auf dem Weg zur Macht, möglicherweise auch zum Teil für die Erhaltung der Macht werden in den letzten Jahren immer stärkere Geschütze aufgefahren, um die Macht zu erringen oder zu behalten.

Die Wahl des Bundespräsidenten wird dabei offensichtlich von der CDU/CSU als ein weithin sichbares Signal für einen Machtwechsel in Berlin angesehen. Die Nominierung Filbingers wäre in diesem Sinne nicht nur schlechter Geschmack sondern auch ein außerordentlicher Fehlgriff, wenn fest stände, dass Filbinger für einen anderen möglicherweise "Wackelwahlmann" eingesetzt worden ist. Diesen letzten Nachweis habe ich bisher jedoch nicht gefunden.

Trotzdem, ein Mensch, der als Marinerichter der deutschen Wehrmacht nach der deutschen Kapitulation 1945 ohne Zwang ein Todesurteil in einem Gefangenenlager verhängte und dieses exekutieren liess und später sich davon in keiner Weise distanzierte ist ein schlechter Repräsentant für eine demokratische Wahl des höchsten Repräsentanten in unserer Republik.


heinzdieter antwortete am 20.05.04 (12:09):

Ist das ein Aprilscherz ??????
Der Gute ist doch über 80 !!!
Ich glaube da will euch jemand auf den Arm nehmen !!
" Frohen (Groß-)Vatertag


guenterpaul antwortete am 20.05.04 (12:11):

Filbinger wird nicht nur an der Wahl des formellen Staatsoberhauptes teilnehmen. Er wird als Alterspräsident die Versammlung eröffnen. ... Und darum geht es! Wenn er nicht an der Bundesversammlung teilnimmt, wäre der Leipziger Antifaschist und ehemalige KZ-Häftling Hans Lauter das älteste Mitglied. - Der gehört aber der falschen Partei an – der PDS. Vielleicht ist es ja aber auch unpassend, daß überhaupt ein aktiver Kämpfer gegen den Faschismus Alterspräsident wird.

Gruß Günter


Karl antwortete am 20.05.04 (14:32):

Sollte Köhler mit der Stimme Filbingers gewählt werden, würde das eine formidable Hypothek darstellen. Die Aufstellung Filbingers ist ein schlimmer Vorgeschmack auf die Restauration, die uns bevorstehen könnte.


ricardo antwortete am 20.05.04 (23:16):

Guenterpaul
Der Hans Lauter hat eine Karriere bei der SED hinter sich und war offenbar in deren Verbrechen verstrickt.( Zerstörung der Universitätskirche in Leipzig)
Ist das wirklich so ein guter Tausch?
zu Filbinger:
Er war schon bei früheren Wahlen nominiert, niemanden hat das gestört.
Er ist auch mit Einverständnis der Grünen und der SPD BW nominiert worden.
Much Ado about Nothing!


maedel antwortete am 21.05.04 (06:50):

Hans Filbinger ist bereits 90 Jahre !
Nichts gegen die Person oder das Alter.
Aber auch hier sollte sich die Kommission, die die Wahlmänner und -/frauen aussucht, ernsthaft Gedanken machen.
Ist es denn Volkes Stimme, wenn Otfried Fischer bei dieser Veranstaltung auftritt ?
Bin mal gespannt wie lange es noch dauert, bis man sich zu einer Änderung des Grundgesetzes durchringt und
auch in Deutschland die Bürger abstimmen dürfen, wer dieses Amt innehaben darf.


pilli antwortete am 21.05.04 (08:21):

nichts gegen die person ???

maedel

"Filbinger" ist das thema !!!

das meint auszugsweise die junge welt:

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"Die Landes-CDU ist da völlig frei von Skrupeln und stellt sich mit der Wahl des als »furchtbaren Juristen« in die Nachkriegsgeschichte eingegangenen Filbinger zur Bundesversammlung erneut demonstrativ vor einen Mann, der in den Jahren des Faschismus treuer Parteigänger des Regimes war, kurz vor Kriegsende noch an Todesurteilen gegen Wehrmachtsangehörige beteiligt war und noch nach der Kapitulation im Mai 1945 den Gefreiten Petzold zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt hatte, weil er das Hakenkreuz von seiner Uniform entfernt hatte. »Der Angeklagte hat es bewußt darauf angelegt, sich gegen Zucht und Ordnung aufzulehnen. Seine Äußerungen stellen ein hohes Maß an Gesinnungsverfall dar.« (Filbinger am 29: Mai 1945, zitiert nach Metall, Zeitung der IG Metall, v. 24. Juli 1978)

Der mit allen hohen Auszeichnungen der Bundesrepublik dekorierte Ehrenvorsitzende der CDU des Musterländles wird, ganz sicher nicht direkt, auf der Bundesversammlung auf einen Mann stoßen, dem die Machthaber des Dritten Reiches ebenfalls ein hohes Maß an Gesinnungsverfall attestiert und ihn wegen seines aktiven Widerstandes gegen das Regime 1936 vom Volksgerichtshof zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt hatten. Die sächsische PDS hat den Landesvorsitzenden der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, Prof. Hans Lauter, als Wahlmann benannt und damit ein heftiges Kesseltreiben gegen den Antifaschisten ausgelöst. (jW, 24./25. August, S.2) Als der Kommunist Lauter, 1933 erstmals verhaftet, im Raum Chemnitz den Widerstand gegen Hitler organisierte, schwang sich Filbinger 1935 im Organ der katholischen Jugendbewegung Neudeutschland zum Richter über die Widerständler auf. »Erst der Nationalsozialismus schuf die geistigen Voraussetzungen für einen wirksamen Neubau des deutschen Rechts«, schrieb der junge braune Kader und verkündete im gleichen Atemzug: »Schädlinge am Volksganzen, deren offenkundiger verbrecherischer Hang immer wieder strafbare Handlungen hervorrufen wird, werden unschädlich gemacht werden.«

Lauter durchlitt in diesem Sinne das Zuchthaus Bautzen und die Moorlager IV,VII und II. Dem endgültigen »Unschädlichmachen« entkam er im März 1945 durch die Flucht aus dem Gefängnis Radebeul-West. Da hatte Filbinger eben entsprechend des schon 1935 von ihm gefeierten »wirksamen Neubaus des deutschen Rechts« als Marinestabsrichter am Todesurteil gegen den Matrosen Walter Gröger mitgewirkt. Im Exekutionsprotokoll ließ er am 23. Februar 1945 festhalten: »Das Kommando ›Feuer‹ erfolgte um 16.02 Uhr. Der Verurteilte starb um 16.04. Die Leiche wurde durch das Wachpersonal gesargt und zum Zwecke der Bestattung abtransportiert.« (Zitiert nach Metall)..."

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maedel, maedel...

mir wird angst und bange wenn ich sowas lese...

dir nicht?

:-)

Internet-Tipp: https://makeashorterlink.com/?J6DD24B58


ricardo antwortete am 21.05.04 (08:36):

Na ja,
Die Junge Welt ist ein Nostalgie Blatt der ehemaligen DDR.

Die Stasi hat zugeben müssen, daß sie seinerzeit die Kampagne gegen Filbinger gesteuert hat.
Und der Rolf Hochhuth soll aufpassen, daß aus ihm nicht ein furchtbarer Schriftsteller wird, er ist nicht mehr up to date!

In Baden Württenberg ist Filbinger nicht unbeliebt, seine Regierungszeit war für das Land gut gewesen.

Er war ein Mensch, nehmt alles nur in allem.....


pilli antwortete am 21.05.04 (08:42):

maedel :-)

gut dass Otfried Fischer ein gegengewicht bilden könnte...

so wie einige andere, die vielleicht kein "Stimmvieh" ...

so nennt sie Tina Stadlmayer in ihrem artikel "Wahlmänner wollen kein Stimmvieh sein" in der Financial Times Deutschland...

sind.

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"Berechenbar sind auch die von der SPD nominierten Schauspieler. Ottfried Fischer hatte die SPD in den 80er Jahren zwar heftig kritisiert. Der bekennende Grünen-Wähler würde aber niemals für Horst Köhler stimmen. Uwe Friedrichsen auch nicht: Der populäre Fernseh- und Bühnenschauspieler sagt von sich: "Ich stehe traditionell der SPD nahe." Auch der Theater- und Filmschauspieler Manfred Zapatka, der vom niedersächsischen SPD-Fraktionsvorsitzenden Sigmar Gabriel gefragt wurde, will Gesine Schwan wählen. Ebenso die Schauspielerin und Autorin Renan Demirkan. Sie verlangt von der Präsidentin oder dem Präsidenten "einen betroffenen, solidarischen Blick, nicht den eines analytisch-technokratischen Betrachters"."
(FTD vom 26.04.2004
-----------------

:-)

Internet-Tipp: https://www.ftd.de/pw/de/1082789291003.html


pilli antwortete am 21.05.04 (08:46):

ricardo :-)

du solltest mittlerweile ...auch wenn es dir offensichtlich immer schwerer fällt...begriffen haben, dass du von mir mit "presse-feuer" querbeet konfrontiert wirst; spare dir also deine zeigefinger-argumente...

:-)



pilli antwortete am 21.05.04 (09:01):

tja ricardo :-)

es scheint nun doch so zu sein, dass nicht nur "nostalgie-blättchen" aufmerksam werden und das ist auch gut so!

auszug aus der Finacial Times vom 20.05.2004:

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"Streit um Filbinger belastet Bundespräsidenten-Wahl

Kurz vor der Bundespräsidentenwahl ist ein Streit über die Teilnahme des ehemaligen baden-württembergischem Ministerpräsidenten Hans Filbinger als Unions-Wahlmann ausgebrochen. Hintergrund ist die Tätigkeit von Filbinger als Militärrichter in der NS-Zeit.

Der Schriftstellerverband Pen, die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes und der Dramatiker Rolf Hochhuth protestierten gegen die Entsendung des heute 90-Jährigen in die Bundesversammlung. Die baden-württembergische CDU-Fraktion wies die Vorwürfe zurück.

SPD-Fraktionsvize Michael Müller forderte CDU-Chefin Angela Merkel in einem dpa-Gespräch auf, Filbinger aus der Bundesversammlung zurückzuziehen. "Es ist instinktlos und geschichtslos, einen mehr als umstrittenen Mann wie Filbinger in die Bundesversammlung zu schicken", sagte Müller. Es wäre "sehr hilfreich", wenn Merkel ihren Parteifreunden in Baden-Württemberg empfehlen würde, einen Auftritt Filbingers bei der Präsidentenwahl zu verhindern. Ähnlich hatte sich der parlamentarische Grünen-Geschäftsführer Volker Beck geäußert.

PDS-Chef Lothar Bisky warnte die Union davor, dem Ansehen des deutschen Staatsoberhauptes zu schaden. Die CDU schiele nach dem rechten Rand und habe aus dem "Fall Hohmann" nichts gelernt, sagte er der Nachrichtenagentur AP.

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"das schielen nach dem rechten Rand"

erlaubt meiner meinung nach nicht jedes Mittel!

:-)

Internet-Tipp: https://www.ftd.de/pw/de/1084608602967.html?nv=5wn


ricardo antwortete am 21.05.04 (09:11):

Das ganze hat doch den Geschmack nach schlechten Verlierern.
Warum haben denn die Genossen bei der Nominierung zugestimmt?
haben die denn geschlafen?
Und bei früheren Wahlen, war da das demokratische Wächteramt der Linken verwaist?

Schließlich haben viele Deutsche geduldig die Amtszeit von Johannes Rau ertragen.
Und jetzt müssen die Genossen eben den Horst Köhler ertragen, so ist das in einer Demokratie!
Geht nicht immer alles nach dem Wunsch der Roten :-)))))))


pilli antwortete am 21.05.04 (10:03):

ricardo :-)

nicht der "Wunsch der Roten" ist doch das hier diskutierte thema sondern dass aus angst vor einer niederlage in der Bundesversammlung jedes mittel recht ist!

magst du dich darauf konzentrieren? :-)

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"Beschädigung des Amtes" gehörte in den vergangenen Monaten zum Standardvokabular, wenn das Parteien-Gezerre um die Nominierung des neuen Bundespräsidenten respektive der neuen Bundespräsidentin gegeißelt werden sollte. Es scheint, als ob es die politische Elite der Republik darauf abgesehen habe, einmal mehr an der "Würde des Amtes" zu kratzen. Denn wie immer man zu den Kandidaten Horst Köhler und Gesine Schwan stehen mag, eines haben beide nicht verdient: Dass die sie wählende Bundesversammlung vom ältesten Mitglied, dem 90-jährigen Professor Dr. Hans Filbinger, eröffnet wird. Die baden-württembergische CDU, die Filbinger als Wahlmann benannt hat, verhindert damit, dass der um ein Jahr jüngere Professor Hans Lauter, 1936 vom "Volksgericht" Roland Freisslers wegen Widerstand gegen das NS-Regime zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt, diese Funktion übernimmt. Er wurde von der sächsischen PDS nominiert."

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schreibt Ulrike Baureithel am 14.04.2004 in ihrem artikel veröffentlicht von "Freitag"

"Furchtbare Karrieren"

SYMBOLISCHER AKT

Der ehemalige NS-Marinerichter und Ministerpräsident Hans Filbinger soll die Bundesversammlung eröffnen

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den ich als link angebe.

:-)

Internet-Tipp: https://www.freitag.de/2004/21/04210102.php


Karl antwortete am 21.05.04 (10:37):

Dass Filbinger in BW ein hohes Ansehen genieße, kann ich so nicht stehen lassen, denn das wäre eine Verunglimpfung des Ländles. Nazischergen genießen nur in einer radikalen Minderheit Ewiggestriger Ansehen.


ricardo antwortete am 21.05.04 (11:08):

Kleine Korrektur
ich habe nicht von hohem Ansehen gesprochen, sondern gesagt er sei nicht unbeliebt gewesen.Und dass entspricht der Wahrheit. Übertreibungen sind hier an der Tagesordnung!
Wenn er bei der SPD so verschrieen wäre, warum um Himmels willen haben sie dann seiner Nominierung zugestimmt?
Und bei früheren Wahlen kein Tönchen gesagt!
Die haben wohl geschlafen?

Die Stasioffiziere würden sich über diesen Streit die Hände reiben. sie genießen die nachträgliche Rechtfertigung ihrer Intrigen


pilli antwortete am 21.05.04 (11:26):

"nicht unbeliebt"

also beliebt?

:-)


ricardo antwortete am 21.05.04 (12:57):

"Beliebt" ist bekanntlich etwas anderes als "angesehen"
und nicht unbeliebt ist eine Abschwächung von beliebt.
Man müßte sich in Nuancen besser auskennen.

John Kennedy war sehr beliebt, wegen seiner
vielen Sexaffairen jedoch weniger angesehen. Noch deutlicher ist das bei Bill Clinton, der war beliebt aber alles andere als angesehen.
Kapiert?
Sehr viele Politiker müssen damit leben, dass es da Differenzen gibt


pilli antwortete am 21.05.04 (20:39):

und von stunde zu stunde werden es mehr... die sich nuanciert zu wort melden...

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Presseerklärung

Das Forum Justizgeschichte, ein Zusammenschluss von rund 300 Juristinnen und Juristen, Historikerinnen und Historikern und anderen Bürgern, kritisiert die Benennung des früheren Ministerpräsidenten Hans Filbínger als Wahlmann zur Bundesversammlung für die Bundespräsidentenwahl durch die baden-württembergische CDU.

In diesem Akt sieht das Forum Justizgeschichte den erneuten Versuch, den früheren NS-Marinerichter Filbinger zu rehabilitieren und ein gründliches Nachdenken über die Justizgeschichte zu verhindern.

Als besonders beschämend bezeichnet das Forum Justizgeschichte die Tatsache, dass die Bundesversammlung von einem NS-Schreibtischtäter eröffnet wird und nicht mehr von einem Opfer dieser Unrechtsjustiz. Die baden-württembergische CDU verhindert mit der Benennung des 90-jährigen Filbingers, dass der 89-jährige Prof. Hans Lauter, der im Jahre 1936 vom Volksgerichtshof wegen Widerstandes gegen das NS-Regime zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt worden ist, diese Funktion übernimmt..."

und weiter aus dieser erklärung:

"...Der Schriftsteller Rolf Hochhuth hat Filbinger mit Recht einen „Furchtbaren Juristen“ genannt (Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 13. Juni 1978).

Es geht nicht nur darum, das Filbinger sich in die kriegsverlängernde Mordmaschinerie der Wehrmachtsjustiz hat einspannen lassen. Disqualifiziert hat er sich auch durch die Selbstgerechtigkeit, mit der er sich zu dieser Mitwirkung stellte, und durch den Ausspruch „Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein“. Uneinsichtig zeigte sich Filbinger auch sonst. Er stilisierte sich zu einem heimlichen Widerstandskämpfer und stellte sich als Opfer einer „gelenkten Rufmordkampagne“ hin.
Mit der formal korrekten Behauptung, es gebe kein einziges Urteil von ihm, durch das ein Mensch sein Leben verloren habe, versuchte er darüber hinweg zu täuschen, dass er die Todesurteile als Ankläger erwirkt hatte.

Wolfenbüttel, 20.05.2004

für das Forum Justizgeschichte e.V.
Dr. Helmut Kramer (Vorsitzender)
Hans-Ernst Böttcher
Dr. Volker Drecktrah
Klaus Eschen"

der komplette text der presse-erklärung ist im u.a. link bei hagalil zu lesen.

Internet-Tipp: https://www.hagalil.com/archiv/2004/05/filbinger.htm


ricardo antwortete am 21.05.04 (21:58):

Heute kam in den Nachrichten, daß die Grünen in BW ebenso wie die SPD zur Nominierung von F. keine Einwände vorbringen wird.

Zu dem Gefasel der Juristen:
Nach 1945 sind zahlreiche Verbrechen deutscher Juristen im dritte Reich bekannt geworden.
Der Skandal war, daß keinem Juristen ein Haar gekrümmt wurde, weil zu befürchten stand, daß eine Lawine losgetreten würde.
Die wirklich großen Fische blieben straffrei, Filbinger wurde herausgepickt, weil die Stasi hinter ihm her war und die Kampagne steuerte.

Das Kapitel der Verbrechen von Juristen ist ziemlich düster, ein Film hat dies zum Thema gehabt. "Rosen für den Staatsanwalt" 1959 Regie W. Staudte.
Es gibt heute kaum jemanden mehr, der die Vorgänge von damals noch im Gedächtnis hat.
Auch der Prozeß gegen die Wachmannschaft von Auschwitz 20 Jahre zu spät hätte überhaupt nicht statt gefunden, wäre der Verantwortliche Kammer-Präsident Bauer nicht so beharrlich geblieben.
Filbinger war dagegen ein kleiner Fisch und soweit mir bekannt kein überzeugter Nazi.
Es ist kein Ruhmesblatt, wie jetzt 60 Jahre nach den Vorfällen diese Dinge erneut aufgebracht werden, um eine offenkundige Absicht damit zu verbinden.
Sechsmal war er zur Präsidentenwahl nominiert und kein Hahn
hat danach gekräht.
Warum jetzt und so kurz vor der Wahl und mit zweifelhaften Gründen?


Joan antwortete am 22.05.04 (12:14):

Morgen um diese Zeit werden wir klüger sein und sehr wahrscheinlich Prof. Köhler als neuen Bundespräsidenten begrüssen.Falls dem nicht so ist und Frau Prof Schwan gegen alle Voraussagen gewinnt,wird die Opposition ein echtes Problem haben,ihre Regierungsablösungstendenzen weiter zu verfolgen.für mich sind beide Kandidaten ausgezeichnete Personen--die Politik sollte keinen von beiden gehen lassen.Ich meine,Gesine Schwan wäre aus vielerlei Gründen als Bundespräsidentin geeigneter---Horst Köhler wäre dagegen .....ein guter Bundeskanzler-Kandidat !. Der greise Dr.Filbinger würde sich und uns einen Gefallen tun,wenn er sich endlich nicht mehr ins politische Geschehen mischen würde.


BarbaraH antwortete am 22.05.04 (13:03):

ricardo,

wie kannst Du die von Juristen genannten Fakten als "Gefasel" abtun? Wie in jeder Diskussion versuchst Du, begangenes Unrecht mit dem Verweis auf anderes Unrecht schön zu reden. Hast Du denn überhaupt kein Gewissen?

Pilli hat bereits auf die Presseerklärung des Forum Justizgeschichte e.V. hingewiesen. Hier noch einmal das Urteil Filbingers, das am meisten Empörung auslöste:

>>Am bekanntesten davon ist der Fall des Matrosen Walter Gröger: Gröger hatte im Dezember 1943 in Oslo versucht, zu desertieren. Vor dem Kriegsgericht zog sich der Fall lange hin. Eine zunächst verhängte Strafe von acht Jahren Zuchthaus wurde von dem „Gerichtsherrn“ nicht akzeptiert. Als Filbinger in das Verfahren eintrat, hatte sich an den grundlegenden Fakten nichts geändert. Filbinger fügte sich aber der Forderung des „Gerichtsherrn“ und erwirkte die Todesstrafe. Unter der Aufsicht von Filbinger wurde der 22-jährige Gröger am 16. März 1945 von dem Exekutionskommando erschossen. Eine Benachrichtigung der Eltern hielt Filbinger nicht für nötig.

Auf die Forderung des „Gerichtsherrn“ nach der Verhängung der Todesstrafe kann sich Filbinger nicht berufen. Mit etwas Zivilcourage hätte er gegenüber dem „Gerichtsherrn“ Bedenken gegen die Weisung erheben können. Das hätte ihm keine unzumutbaren Nachteile gebracht. Bis heute ist kein einziger Fall bekannt, in dem ein Militärjurist wegen einer missliebigen Entscheidung persönlich gemaßregelt worden wäre. Die Handlungsspielräume auch eines Militärjuristen hat Filbinger ersichtlich nicht zu Gunsten des Grögers genutzt.<<

Ein Mensch mit einem derart miesen Charakter wird sechzig Jahre später als Volksvertreter zur Wahl des Präsidenten geschickt... Der baden-württembergische Fraktionschef der CDU, Günther Oettinger, der für die Berufung von Hans Filbinger zum Wahlmann verantwortlich ist, bezeichnete den ehemaligen Nazi-Richter inzwischen als "untadlig".

Internet-Tipp: https://www.forumjustizgeschichte.de/Ausgerechnet_Ha.150.0.html


ricardo antwortete am 22.05.04 (13:29):

Barbara
Du sprichst hier von jemand, den du nur über die Medien kennst.
Du vertraust den Medien deiner Couleur und das ist sein Recht.
Gottlob gibt es bei uns keine Einheitspresse, die allen den Linken nach dem Mund reden.
Du hast deine Meinung, ich habe die Meine,und ich habe meine Erfahrung mit der Aufarbeitung der deutschen Juristen, was ihre Nazi-Verganhenheit betrifft.
Und die ist mies!


ricardo antwortete am 22.05.04 (13:30):

dein Recht muß es heißen, pardon!


BarbaraH antwortete am 22.05.04 (17:17):

ricardo,

Du verwechselst ständig Fakten und Meinungen.

Tatsachen müssen zur Kenntnis genommen werden, wenn man auf eine fundierte Meinung Wert legt. Alles andere wäre dummes Geschwätz.


ricardo antwortete am 22.05.04 (17:52):

Zum Thema schreibt die Badische Zeitung heute:

"Filbinger wurde als Wahlmann von allen Landtagsparteien ... mitgewählt, vor sieben Wochen. Wie vor fünf, zehn und fünfzehn Jahren auch schon. Und jetzt, zwei Tage vor der Wahl, erhebt sich ein schriller Chor des Protestes. Das ist mit Verlaub, kaum ernst zu nehmen......"


So denke ich auch, und ich hoffe, daß wir morgen einen Präsidenten Köhler haben.


hugo1 antwortete am 22.05.04 (21:04):

,hallo ricardo,,,,,,,na endlich mal was Neues eine umwerfende Erkenntnis
",,Du sprichst hier von jemand, den du nur über die Medien kennst.
Du vertraust den Medien deiner Couleur,,,,,,,"
Na wenn das nicht Begründung genug ist für fast 90% aller Beiträge hier im ST.
Sogar wenn wir von oder über schon längst verflossene Helden oder Halunken sprechen, dann kennen wir sie allermeistens nur über Schul-oder Geschichtsbücher, aus Zeitschriften, von Radio oder Fernsehberichten, vom Hörensagen usw. Wer kennt oder kannte schon Napoleon oder Lenin oder Washington oder Kohl oder Schröder oder Filbinger usw. persönlich.
Als nochmal, das wird sich wohl kaum verhindern lassen ,das wir über Informationen reden und schreiben die wir nicht persönlich gemacht oder ausgedacht oder erfunden haben, sondern von irgendwelchen Medien mehr oder weniger begeistert, stutzig oder ungläubig übernehmen und werten oder nur informativ weitergeben.


ricardo antwortete am 22.05.04 (21:50):

Hugo
Natürlich geht das auch mir nicht anders. aber wenn wir uns auf die Medien verlassen sollen und die verschiedene Standpunkte einnehmen, dann relativiert sich unsere Meinung doch ganz deutlich.
Sie kann nie absolut sein, so auch über Filbinger.
Jedes anständige Gericht kennt die Verjährung und so würde nur unter ganz besonderen Umständen wie etwa Völkermord keine Verjährung eintreten.
Die Gemüter scheinen sich ja auch beruhigt zu haben und morgen wird gewählt.


pilli antwortete am 23.05.04 (00:45):

"Die Gemüter scheinen sich ja auch beruhigt zu haben und morgen wird gewählt."

meint ricardo :-)

es scheint aber wieder mal anders zu sein:-)

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"Wenige Stunden vor der Wahl des neuen Bundespräsidenten geht der Streit um den wegen seiner Nazivergangenheit umstrittenen CDU-Wahlmann Filbinger weiter..."

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Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,301065,00.html


ricardo antwortete am 23.05.04 (16:55):

Jetzt haben sich die Gemüter endgültig beruhigt, die Wahl ist vorbei und ich wünsche Herrn Köhler viel Erfolg im neuen Amt!