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Übersicht Archiv "Politik und Gesellschaft"

THEMA:   Volksabstimmung auf Zypern – direkte Demokratie!

 13 Antwort(en).

jo begann die Diskussion am 27.04.04 (08:21) mit folgendem Beitrag:

76% des griechischen Teils von Zypern haben gegen die Wiedervereinigung der beiden Inselstaaten gestimmt, eine Mehrheit, die, so nehme ich an, in jedem demokratisch verfassten Staat zu einer Verfassungsänderung ausreichen würde.

Da man es mit demokratisch zustande gekommenen Entscheidungen nicht so genau nehmen möchte, wenn sie nicht ins Konzept passen, zerbricht sich die Politik jetzt den Kopf, wie sie das Abstimmungsergebnis zurechtbiegen könnte – Aufwertung des türkischen Teilstaates, Sympathiewelle für den Eintritt der Türkei in die EU, direkte oder indirekte Abstrafung des griechischen Bevölkerungsteiles, die Zyprioten die Wahl so lange wiederholen lassen, bis das Richtige herauskommt? Vielleicht mögen dann aber die Türken nicht mehr, wenn ihnen tüchtig unter die Arme gegriffen worden sein wird?

Ein Anachronismus ist ein geteiltes Land auf europäischem Boden allemal, und man hätte mit dem EU-Beitritt der Insel wahrscheinlich besser gewartet, bis die Vereinigung dort zustande gekommen wäre. für mich ist das aber auch ein Musterfall dafür, daß die breite Masse, mehrheitlich politisch uninformiert und desinteressiert, in erster Linie emotional und nicht sachgerecht zu urteilen vermag und man Entscheidungen über hochsensible politische Fragen denen überlassen sollte, an die durch allgemeine Wahlen diese Entscheidung delegiert worden ist. Nicht daß ich meinte, daß das dort immer in guten Händen ist – aber wenn die nicht, wer dann sonst?

Randbemerkung: Als EU-Mitglied hat Zypern – also die zypriotischen Griechen – die Möglichkeit, den Beitritt der Türkei in die EU zu verhindern oder zumindest zu erschweren – immerhin ein positiver Aspekt, liefert das doch denen, die sowieso dagegen sind, ein wunderbares Alibi.


schorsch antwortete am 27.04.04 (08:50):

Mein Vorschlag: Einen Graben à la Panamakanal der Grenze nach ziehen. Dann sind es von der Natur gegebene 2 Staaten. Dann alle 2 Kilometer eine Brücke über den Graben bauen......

.....Brücken verbinden!


iustitia antwortete am 27.04.04 (09:24):

Jau, schorsch!
Und in dem G r a b e n - und in einigen Erweiterungsbecken - dann die Schwimm-Olympiade abhalten. Da machen alle Bauherren und Politiker mit: wenn so viel Geld in ein armes Land kommt. Und die Zuschauer müsen als Langzeittouris zahlen.
Neue Disziplin: Showlaufen der meckernden EU-Politiker auf Wasserskiern.
Und Neptum wartet schon mit dem Dreizack. Der hat sich auf das Grillen umgestellt.


Medea. antwortete am 27.04.04 (12:49):

Guter Beitrag - justitia -

da ist nun auf demokratischem Wege ein Mehrheits-Ergebnis zustandegkommen, was der EU nicht genehm ist - aber das Entschädigungspaket ist schon gepackt: die EU wird die türkischen Zyprer bis Ende 2006 mit rund 259 Mio Euro Unterstützen. Eigentlich sollte dieses Geld ja nur im Falle eines positiven Referendums fließen.
Und so werden die zyprischen Türken ihre Belobigung für ihr
Abstimmungsverhalten bekommen und die Regierung in Ankara geht als moralischer Sieger des Zypern-Referendums hervor.

Und am Ende werden sie alle zufrieden sein - genau wie im Märchen ... :-)))


werner antwortete am 27.04.04 (17:36):

komisch, dass hier bisher niemand geschrieben hat warum dieses Abstimmungsergebnis zustande kam. Haben wir nicht wieder einmal einen UNO Flop? Wie kann jemand erwarten, dass die griechischen Zyprioten dafür stimmen wenn man ihnen die Rücksiedlung in den zyprischen Norden verweigert und den türkischen Zyprioten die Rücksiedlung in den griechischen Süden erlaubt?


werner antwortete am 27.04.04 (20:33):

folgende Eckpunkte führten zur Ablehnung der griechisch-stämmigen Bevölkerung:
von den griechisch-zypriotischen Vertriebenen hätte etwa die Hälfte in ihre Heimat im Norden zurückgehen können.
Die von der Türkei angesiedelten Festlandtürken dürften bleiben. Die Invasion durch die Türkei würde nicht nur anerkannt, nein, ein Teil des türkischen Militärs dürfte in der wiedergründeten zypriotischen Republik bleiben.
Und der beste Flop: Ich als Bayer dürfte mich im EU-Mitgliedsstaat des vereinigten Zypern als EU-Bürger im türkischen Teil ansiedeln. Den griechisch-zypriotischen Bürgern hätte der UNO-Vorschlag dies verboten.
Wenn es schon in Zypern so einen Blödsinn zu verzapfen gibt wie kann es dann in wirklich gefährlichen Regionen unter der UNO besser gehen?


York65 antwortete am 27.04.04 (22:13):

Muss hier Werner 100 % Recht geben...das war ein richtiger UN Flop Plan und die griechischen Zyprioten haben mit Recht gegen diesen UN Plan gestimmt.
Sie konnten wenigstens absstimmen,wir konnten das mit der Einführung des "Euro" nicht,da ging es über unsere Köpfe.
Ich kann die griechischen Zyprioten zu ihrem Ergebnis nur sehr herzlich begückwünschen.
Gruss York


julchen antwortete am 28.04.04 (05:47):

Man sage mir wenn's nicht stimmt:
aber ging die Trennung Zyperns nicht ganz gut fuer
soviele Jahre?

Es schien mir das man sich geeinigt hatte und dass die Griechen-Zypern und Tuerken/Zypern einigermassen problemlos
nebeneinander herlebten...

In Texas sagt man: If it ain't broke - don't fix it!

Wenn's nicht kaputt is, sollte man es nicht reparieren!

Was ist so verkehrt mit 2 Mini-Laendern?
Griechisch-Zypern und Tuerkisch-Zypern?

Mit UNO Einmischung, die laut Nachrichten heute,
versuchen die beiden "Zypern" zu vereinigen, sehe
ich da nichts positives rauskommen.
Wie auch sonst wenig von der UN!
Man sollte meinen es gaebe groessere Probleme!.


jo antwortete am 28.04.04 (08:09):

Die Teilung Zyperns ist das Ergebnis militärischer Besetzung, also militärischer Gewalt seitens der Türkei. 40% der Inselfläche wurden so faktisch durch eine Initiative der Türkei abgetrennt, im Anschluß wurden dort Türken als Neu-Zyprioten angesiedelt, um eindeutigere ethnische Verhältnisse zu schaffen.

Eine Demarkationslinie durchzieht das Land. Von Mórfou bis Famagusta stehen sich griechisch- und türkisch-zypriotische Soldaten gegenüber. Dazwischen patrouillieren Blauhelme der Friedenstruppen der Vereinten Nationen.

Man kann das Ergebnis eines solchen Zustandes als problemlos bezeichnen, einer Qualifikation, der ich mich allerdings nicht anschließen kann. Genauso problemlos wäre die Teilung Deutschlands und Europas bis 1989 gewesen ebenso wie die Teilung Koreas. Allerdings lässt sich mit solchen Verhältnissen, aus der Ferne betrachtet, gut leben, ich vermute, daß der dortige Zustand bis vor Kurzem außerhalb der Region kaum wahrgenommen worden ist.

Ob man die griechischen Zyprioten zu ihrer Entscheidung beglückwünschen soll, kann ich nicht beurteilen. Im Moment scheint es, als ginge der Schuß hinten los, da sich die EU anschickt, das Ergebnis militärischer Okkupation nach 30 Jahren zu sanktionieren.

Zumindest hätte ein solcher Staat erst in die EU aufgenommen werden sollen, nachdem er seine eigenen Probleme gelöst hat.


schorsch antwortete am 28.04.04 (09:40):

Ein zweites Palästina?


York65 antwortete am 28.04.04 (22:09):

Mit Palästina ist das dort auf der Zyperninsel nicht zu vergleichen.
Es wäre von Anfang an besser gewesen statt mit gezinkten Karten zu spielen,gleich beide Teile jeweils den Mutterländern zuzuordnen.Dann wäre der Süden eine griechische Provinz (wäre schon früher als jetzt in der EU.)Der Norden zu der Türkei,den sie auch militärisch erobert hat.Die UN Solaten dazwischen könnten schon lange zu Hause sein.
Gruss York


werner antwortete am 29.04.04 (07:25):

york65 - ich bin Deiner Meinung was die Aktivitäten radikaler Gruppen betrifft. Doch gibt es wohl Möglichkeiten des Vergleichs. Es muss doch nachdenklich stimmen wenn man überlegt, dass in all den Jahren der griechische Teil der Bevölkerung vehement für eine Wiedervereinigung, der türkische Teil aber gegen eine Wiedervereinigung war. Und jetzt, plötzlich bei der Abstimmung, ist es genau umgekehrt. Warum der griechische Teil wohl dagegen war habe ich bereits in einem früheren Beitrag überlegt. Aber warum war der türkische Teil plötzlich dafür obwohl Heilsbringer Denktash dagegen predigte? Hier gibt es sehr wohl Parallelen zum Nahen Osten. Im türkischen Teil hat man sehr wohl erkannt, dass die Zugehörigkeit zur Türkei weder Wohlstand noch Fortschritt bringt. Dass man die Situation aus eigener Kraft verbessern kann ist nicht innerhalb der Vorstellungswelt der politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträger dieses Gebiets. Wie kann man also die eigene Lage verbessern? Natürlich, indem man sich dem erfolgreicheren griechischen Teil anschliesst. Hier kann man sehr wohl Parallelen erkennen wenn man bedenkt, dass Arafat lieber die EU Millionen auf seine eigenen Konten lenkt und, im besten Fall, per Hand und unkontrolliert unter seine Günstlinge verteilt. Man erinnere sich: Arafat wurden mehrmals die Gelder gesperrt weil er sein Finanzgebahren nicht offenlegen wollte. Und dann gabs Skandal als der Westen dahinterkam, dass alles gefördert wurde (die eigene Tasche) nur nicht der zukünftige palästinensische Staat. Nun, und so füttern wir jetzt im zyprisch-türkischen Teil wieder undurchsichtige Leute mit unseren Steuergeldern.


mart antwortete am 30.04.04 (11:24):

Die Reaktionen der allermeisten Medien und Politiker auf die Ablehnung des letzten Annan-Planes zur Wiedervereinigung ist charakteristisch für den verengten Blickwinkel.

Die wenigsten Medien führen an, daß der ursprüngliche Plan von den meisten Greichen und vielen Türken begrüßt worden war.

Annan verfaßte auf Druck der USA und mit Zustimmung von Verheugen einen neuen Plan. Dieser enthält viele Punkte zu Ungunsten des griechischen Anteils.

Zuerst erobert die Türkei mit Waffengewalt einen Teil Zyperns - in eine Reihe zu setzen mit der Eroberung Tibets durch China und dem Raubüberfall Saddam Husseins auf Kuwait.

Der türkische Teil betreibt dann ein völkerrechtliches Schattendasein im Schutz der türkischen Bajonette - und schließlich gelingt den Griechischzyprioten der Sprung in die EU. (Sie werden übrigens Nettozahler sein.)
Da möchte der türkische Teil, der sich bisher vehement gegen die Vereinigung gewehrt hat, auf den Zug noch rechtzeitig aufspringen.
Die Griechen hätten zwar an sich nichts dagegen, nur halt sehr viel gegen die Bedingungen, die ihnen, gewissermaßen als Spott zum Schaden, auferlegt werden sollten:

Die Weiterstationierung türkischer Truppen im Nordteil und ein Invasionsrecht,

die Konservierung dessen, was man im Undeutsch als "Umvolkung" bezeichnen würde, nämlich den Transfer von Festlandtürken und Türken aus Bulgarien nach Zypern,

lediglich symbolische Restitutionen für Enteignungen,

Rückkehrrecht für einen sehr kleinen Teil der vertriebenen und enteigneten Griechischzyprioten

eingeschränkte Bewegungsfreiheit

die Verpflichtung, sich für den EU-Beitritt der Türkei einzusetzen.

Sie stimmten demokratisch ab, leider nicht so wie sich Brüssel das vorgestellt hat.


Wenn das wirklich die gerechte Lösung des Konflikts darstellen würde, wäre der Palästinakonflikt auch schon gelöst.


Medea. antwortete am 30.04.04 (13:03):

Der Einfall der Türken auf Zypern wird gerne "vergessen" von den Politikern und auch den Medien in der Hoffnung, daß sich nur noch wenige Europäer daran erinnern - schließlich ist es ja um die dreißig Jahre her .... das schwächt dann wohl ab.