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Übersicht Archiv "Politik und Gesellschaft"

THEMA:   Die Rückkehr der Baathisten an die Macht

 9 Antwort(en).

Karl begann die Diskussion am 24.04.04 (21:17) mit folgendem Beitrag:

Die Verzweiflung der USA muß groß sein. Sie wollen Anhängern der Baath-Partei Saddam Husseins die Rückkehr auf Führungspositionen im Staatsdienst erlauben.

Weil sich der Regierungsrat dagegen ausspricht, haben die USA beschlossen, die Mehrheit der 25 Mitglieder des provisorischen Regierungsrates nicht in eine Übergangsregierung zu übernehmen.

Den besonderen Zorn der US-Regierung soll sich nach Angaben der Washington Post der Führer des Irakischen National-Kongresses (INC), Ahmed Chalabi, zugezogen haben. Er gilt als einer derjenigen, der den USA die Argumente für den Irak-Krieg geliefert hatte.

Chalabi hatte sich sehr deutlich zu den Plänen der US-Führung geäußert, ehemaligen Mitglieder der verbotenen Baath-Partei Saddam Husseins die Rückkehr auf Führungspositionen im Staatsdienst zu erlauben. Der Politiker sagte, dies sei wie eine Rückkehr der Nazis nach dem Zweiten Weltkrieg an die Macht. Laut "Washington Post" denkt die US-Regierung auch über eine Kürzung ihrer bisherigen Finanzhilfe von 340 000 Dollar im Monat für Chalabis INC nach.

Dies alles wenige Wochen vor der Machtübergabe an die Irakis??

Derweil steigt der Blutzoll.

Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,296929,00.html


hugo1 antwortete am 24.04.04 (21:51):

,,an sowas hab ich auch schon gedacht,,"ehemalige Anhänger oder Mitglieder dieser Partei, wenn sie nicht gerade persönliche Bluttaten begangen haben, miteinbeziehen in die Riesenaufgaben die zu vollbringen sind.
(sowas ähnliches gabs wohl auch bei der Gauck-Behörde, die ohne dieses "Spezialwissen " noch weitaus erfolgloser agiert hätte)
Es muss ja nicht gerade so ausarten wie in der BRD das ein ehemaliger KZ-Baumeister ranghöchster Deutscher wird oder so ähnlich
Natürlich ist da ein besonderes Fingespitzengefühl und die Zustimmung großer Teile der Bevölkerung gefragt und da hab ich, was die Amerikaner betrifft so meine Bedenken.
Aber aus meiner Sicht könnten solche "Experten",wenn sie richtig eingesetzt werden für den Wiederaufbau des Irak weitaus nützlicher sein als irgendwo in einem Gefängnis oder einer Art Verbannung zu leben mit ständiger Wut im Bauche und Racheplänen auf die "Neuen"


ricardo antwortete am 24.04.04 (22:10):

Darf ich mir die Bemerkung erlauben, daß nach dem Krieg 1945 fast die gesamte staatliche Verwaltung bei uns von Nazis besetzt blieben, einschließlich der Universitäten.
Warum?¿
Es gab nix anderes!
Welch eine Heuchelei hier, wenn die Amerikaner jetzt auf die alten Strukturen der ehemaligen Baathisten zurückgreift Im Irak gibt es nix anderes!

An der hiesigen Universität haben sich die Herren Professoren gegenseitig "Persilscheine" ausgestellt!
Kaum irgendeiner wurde entlassen.
Dagegen hatte Prof.Otto Klemperer als Jude jahrelang große Probleme mit seiner Rehabilitierung.
Vergessen gilt nicht!


Deutschland ist zwar stets vorne dran, wenn ein Musterknabe in Sachen Demokratie gesucht werden soll.
Aber der Gedanke an die Leichen im Keller schmerzt noch immer.


mart antwortete am 24.04.04 (23:35):

Hat auch nicht fast die gesamte Richterschaft ebenfalls wieder eine tolle Kehrwendung vollzogen?


ricardo antwortete am 24.04.04 (23:47):

Mart
Du hast recht, es gab weder Ärzte noch Richter ohne braune Vergangenheit.
Gerade die Beamtenschaft und die Akademiker, man sollte es nicht für möglich halten, hat sich durch teilweise übertriebenen Gehorsam ausgezeichnet. Nur wenige wissen, daß die SS zu etwa 50% aus Akademikern bestand.

Auch damals hatten die Amerikaner geglaubt, sich auf unbelastete Ärzte , Lehrer und Juristen stützen zu können.
Sie haben schnell gelernt, das dies unrealistisch war!


seewolf antwortete am 25.04.04 (02:30):

In einer Population sind 20% Könner vorhanden... Die sind meist auch in "führenden" Funktionen tätig.

Bei jedem "Wiederaufbau" - wo und wann auch immer - kann keine Regierung oder Besatzungsmacht auf deren Kenntnisse oder Fähigkeiten verzichten.

Sonst würde man die Aufgaben in die Hände von denjenigen legen, die zwar durch Opposition oder Widerstand "moralisch" autorisiert sein mögen, aber von Tuten und Blasen keine Ahnung haben und ein ganzes Land im Chaos versinken lassen ...

Hugo hat da nicht unrecht. Ein langjähriger Bürgermeister kennt seine Pappenheimer eben besser als ein noch so "Unbescholtener" Newcomer. Pragmatismus ist nicht nur schädlich, sondern manchmal lebenswichtig.


Karl antwortete am 25.04.04 (08:58):

Wenn es so "selbstverständlich" ist, dass man die alten Machteliten an der Macht lässt, dann ist es wohl als Fehlerkorrektur zu bezeichen (unter dem Druck der Ereignisse), wenn die US-Besatzer im Irak jetzt versuchen, das Steuer noch herumzureißen. Ob dies noch gelingen kann, wird sich zeigen.

Die Bundesrepublik ist mit der DDR anders umgesprungen. Ich kenne den universitären Bereich sehr gut. Viele Professoren dort haben ihren Job verloren. Die meisten Neuberufungen kamen aus dem Westen. Die Spannungen waren teilweise so enorm, dass ich z. B. zurückgeschreckt bin, ein solches Angebot anzunehmen.


ricardo antwortete am 25.04.04 (09:12):

Aus Fehlern lernen ist doch gut!
Im Fehlermachen sind wir Deutsche jedenfalls auch gar nicht so schlecht!


schorsch antwortete am 25.04.04 (09:29):

Bei jedem Feind sind Resourcen vorhanden, die man - sinnvoll eingesetzt - nutzen kann. Weder Amerikaner noch Russen wären mit ihren Raketenprogrammen so schnell vorwärts gekommen, hätten sie nicht Leute wie z.B. Wernher von Braun für ihre Sache einspannen können. Warum sollte man also im Irak nicht die Besten der ehemaligen Regierung dafür einsetzen, die Maschinerie wieder zum Laufen zu bringen?


navallo antwortete am 26.04.04 (01:14):

@Karl
<<viele Professoren haben ihren Job verloren >>

Wer wirklich Dreck am Stecken hat soll gehen. Das sind die, die um des eigenen Vorteils (Karriere) willen Konkurrenten in die Pfanne gehauen haben.

Aber:

Fachkräfte sind nicht Machteliten!!!!


Ein verdammt junger Ordinarius - Westimport - verkündete stolzgeschwellt 1993 in Erfurt, den "Laden endlich ossifrei" zu haben. Es gibt ihn immer noch. Was willst Du diesen halbwüchsigen, dynamischen Typen noch entgegensetzen? Ossis als minderwertige Rasse? - Bei wissenschaftlich vergleichbaren und besseren Leistungen und genetisch identischem Material!
Auch heute wird jeder Hochschulmitarbeiter mehr oder weniger zu Kompromissen mit dem System gezwungen. Die Forschungsmittel fließen nun mal ja nicht aus dem Nichts. Wissenschaftler sind diesem Druck bei einem Systemwechsel wie im Irak besonders ausgesetzt.

Auch ohne festgeschriebene Gesetze gibt es einen Urinstinkt, was (noch) rechtens ist und was nicht. Mir hat er gottseidank öfter beigestanden, dieser Instinkt, so wie Dir, als Du Dich im Run auf die Ostordinariate zurückgehalten hast. Dazu bedarf es weder einer staatlichen Gesetzgebung, noch religiöser Vorschriften. Jeder Wolf weiß, wann er vom unterlegenen Gegner abläßt. Nur Menschen wissen es zu oft nicht.

Die Art und Weise, wie die Dinge im Machtwechsel ablaufen ist im Irak nicht anders als anderswo.