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THEMA: Der Neue Krieg
32 Antwort(en).
Ziesemann
begann die Diskussion am 03.04.04 (22:20) mit folgendem Beitrag:
Der Terrorismus ist ein Krieg ganz neuer Art. - Er unterscheidet sich von den "klassischen" Kriegen durch folgende Merkmale: 1. Er ist kein Krieg zwischen Staaten, der Krieg wird "entstaatlicht" 2. Ziel des Aggressors (Terrorist) ist nicht der herkömmliche "Sieg" durch Besetzung des feindlichen Landes und seiner Kapitulation. 3. Von vornherein gilt der Angriff nicht Soldaten und/oder militärischen Einrichtungen, sondern "weichen" Zielen. 4. Der neue Krieg kennt kein Kriegsvölkerrecht, er ist "enthegt". 5. Er ist - im Vergleich zu den klassischen Kriegen - für den Angreifer extrem billig und kann deshalb auch mit geringen Ressourcen und wenig Menschenreserven lange geführt werden. 6. Der Aggressor sucht und findet seine Erfolge in der moralischen, wirtschaftlichen und politischen Schwächung des von ihm ausgemachten Feindes, schon wenn z.B. ein Staatsoberhaupt einen Besuch wg. Bombendrohung abbricht, ist das in seinen Augen ein "Sieg". 7. Alle Völker, gerade auch solche mit starker Militärmacht, haben bis jetzt keine Strategie entwickeln können, wie der Terrorismus siegreich bekämpft werden kann. 8. Vor allem aber: Gegenüber dem neuen, todessuchenden "Kämpfer" versagen alle bisher gebräuchlichen Mittel der Abschreckung und Strafandrohung. Über diese Gesamtthematik soll Anfang Mai im Raum "Themenzirkel" des Seniorenchat diskutiert werden.
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juergen1
antwortete am 03.04.04 (23:49):
<satire>
"Der Neue Krieg" - kostet bedeutent weniger Menschenopfer als die "alten" Kriege.
Die "alten" Kriege wurden in der Regel von Politikern erdacht, geplant, erklärt, zumindest geführt. Einige haben auch daran verdient.
So gesehen ist es doch schonmal ein gewaltiger "Fortschritt". Der für uns "letzte" Krieg soll an die 20 Millionen Opfer gekostet haben.
Dafür muss ein Terrorist von heute verdammt lange "stricken".
"Der Neue Krieg" richtet sich in der Regel gegen Politik, sprich gegen das, was Politiker so verzapfen oder verzapft haben, zu verzapfen gedenken oder evtl. noch verzapfen werden.
</satire>
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mart
antwortete am 04.04.04 (03:10):
Es gibt nicht nur neue Kriege, es gibt auch vergessene Kriege:
Was geschah denn vor 10 Jahren, 1994?
Da wurden in Ruanda innerhalb von nur 3 Monaten eine Million Menschen ermordet.
Hunderttausende flohen, die UNO griff nicht ein.
„Es gibt keine Teufel in der Hölle mehr, sie sind alle in Ruanda. Helft uns!“, lautete die verzweifelte Bitte eines Entwicklungshelfers. Doch die Welt nahm kaum Notiz vom Abschlachten eines ganzen Volkes. Erst als Hunderttausende bereits tot waren, zeigten westliche TV-Sender die ersten Bilder aus dem Katastrophengebiet
Internet-Tipp: https://www.merkur.de/aktuell/do04/krieg_041301.html
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werner
antwortete am 04.04.04 (03:36):
die Amerikaner begründeten damals ihre Zurückhaltung mit ihren gesammelten Erfahrungen in Somalia.
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radefeld
antwortete am 04.04.04 (07:03):
Ganz wunderbar herausgearbeitet und zusammengestellt, diese neue Form der Kriege. Hoffen wir, dass es auch dafür eines Tages ein Gegenmittel geben wird, und wäre es nur das der gegenseitigen Abschreckung, wie das ja bei den Atomwaffen his heute funktioniert hat. Die Entgegnug von mart läuft auf die alte Streitfrage hinaus: Was wiegt schwerer, das Völker- oder das Menschenrecht. Sind leider oft nicht identisch. Man kann nicht auf der einen Seite den Einsatz der USA im Irak als Angriffskrieg und Einmischung verurteilen, aber andererseits ihnen vorwerfen, in Ruanda Nichts unternommen zu haben. Was denn nun bitte? Oder sind einfach immer nur die USA die "Bösen"- ganz gleich, wie sie sich verhalten?
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mart
antwortete am 04.04.04 (07:41):
Als Überblick ist folgender Link ausgezeichnet:
Internet-Tipp: https://makeashorterlink.com/?W4A126EE7
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wanda
antwortete am 04.04.04 (08:04):
in einem Krieg kann man sich verteidigen, den jetzigen Anschlägen aber ist man völlig hilflos ausgesetzt.
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julchen
antwortete am 04.04.04 (08:51):
Fast alle Punkte, die Ziesemann oben anfuehrt sind Punkte die von der US Regierung nach dem 9.11. angefuehrt wurden.
Krieg, in diesem Falle, ist nicht mehr Krieg mit Uniformen, Soldaten/Zivilisten, militaerisch/strategischen Zielen, irgendeiner "bombensicherer" Front zu Hause oder weit weg. In der Tat gibt es keine definierte "Front" mehr.
Man kann Bush hassen oder fuer doof erklaeren wie man will, aber er hat es genauso in den Wochen nach dem 9.11. 2001 gesagt: dies ist eine ganz neue Art von Krieg, einer der mit militaerischer Macht alleine nicht zu gewinnen ist.
Ein Krieg der mit Leichtigkeit Jahrzehnte dauern kann und vor dem NIEMAND sicher sein kann.
Die Spanische Bevoelkerung hat bereits eine Lektion dessen erhalten. Dies ist ein Krieg, in dem diplomatische Beziehungen nichts wert sind und JEDER/JEDES LAND durch ein einziges misbilligendes wort auf die "Shit Liste" gesetzt werden kann und zum Ziel wird!
Dies ist auch ein Krieg dessen Gegenseite Westliche Moralvorstellungen als "Schwaeche und Dummheit" ansieht, aber gelernt hat diese "Schwaeche" zu spielen wie eine Stradivari.
Wer ernsthaft denkt diesem Krieg zu entrinnen durch faires, menschliches, gutwilliges Verhalten, der hat sich getaeuscht.
Aber Zieseman hat das soviel besser ausgedrueckt als ich.
Vielleicht laesst man sich seine Auffuehrungen mal durch den kollektiven Kopf gehen.....
@Radefeld ....Man kann nicht auf der einen Seite den Einsatz der USA im Irak als Angriffskrieg und Einmischung verurteilen, aber andererseits ihnen vorwerfen, in Ruanda Nichts unternommen zu haben. Was denn nun bitte? Oder sind einfach immer nur die USA die "Bösen"- ganz gleich, wie sie sich verhalten?......
sicherlich kommt es auf jede Regierung der US an wie man sich verhaelt. Jimmy Carter hat nur geschwatzt, Bush der erste hat ein Versprechen gebrochen, Bill Clinton hat befohlen den Schwanz einzuziehen in Somalia und anderswo....etc..... sicher weiss man nicht was die US als naechstes tut, denn in 4 Jahren sitzt ein ganz anderer am Knopf mit anderen Ideen - und wir alle sitzen in der Achterbahn!
DAS spricht aber der Tatsache nicht ab das WIR alle es mit einer neuen Kriegsfuehrung zu tun haben.
Anstatt uns gegenseitig uebertreffen zu wollen in unserer Menschlichkeit und unserem Entsetzen sollten wir vielleicht mal versuchen uns unter einen Hut zu bringen und das Kind beim Namen zu nennen.. und zu beraten WAS nun weltweit mit dieser neuen Kriegsfuehrung angefangen wird. Denn eine Grossteil der Macht erreicht die Gegenseite in diesem Krieg naemlich ganz einfach durch den Fakt, dass wir uns untereinander in den Haaren liegen.
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Tobias
antwortete am 04.04.04 (08:58):
Liebe Wanda, auch in den bisherigen Kriegen war eine Verteigigung der Zivilbevölkerung unmöglich. Die Bombenangriffe die gegen die Zivilbevölkerung geführt wurden waren Terrorangriffe und es gab dagegen keine Verteidigung.
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schorsch
antwortete am 04.04.04 (09:08):
@ radefeld: "...Man kann nicht auf der einen Seite den Einsatz der USA im Irak als Angriffskrieg und Einmischung verurteilen, aber andererseits ihnen vorwerfen, in Ruanda Nichts unternommen zu haben...."
Da hast du Recht - in Ruanda gibts schliesslich keine Ölvorkommen, die es sich lohnte, sich unter den Nagel zu reissen.....
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Wolfgang
antwortete am 04.04.04 (09:09):
In der Tat hat sich der Krieg - genauer: der Krieg ums Oel (= Synonym fuer die Ressourcen der '3. Welt') - in den vergangenen Jahren gewandelt... Dem staatlichen westlichen High-Tech-Terror (vor allem dem der USA, der selbsternannten Fuehrungsmacht des Westens) setzen die oestlichen Nonames zunehmend ihren semi-staatlichen und privaten Terror entgegen.
Der islamistische Terror zum Beispiel hat sich inzwischen praktisch vollstaendig von seinen Ursprungsstaaten losgeloest. Er ist auch nicht mehr nur in den umkaempften Oel-Regionen zu finden, sondern breitet sich zunehmend aus auch in die Zentren der vom Oel am meisten abhaengigen sogenannten 'entwickelten' westlichen Staaten.
WissenschaftlerInnen finden bekanntlich fuer alles einen schoen klingenden Namen. Diese (gar nicht so neue) Form des Krieges nennen sie 'asymmetrischer Krieg'.
"War der Kalte Krieg durch das Gegeneinander zweier konventionell und nuklear hochgeruesteter Bloecke gekennzeichnet, ist der 'Graue Krieg' ein heisser und vor allem asymmetrischer Krieg ohne Fronten, Armeen und Regeln. Hier stehen sich einerseits die hochgeruesteten USA bzw. der Westen und ein Gegner gegenueber, der nur schemenhaft bekannt und lokalisierbar ist."
Quelle des Zitats... Vom Kalten zum 'Grauen Krieg' - Paradigmenwechsel in der amerikanischen Aussenpolitik (von HEINRICH KREFT), Aus Politik und Zeitgeschichte Nr. 25 / 21.06.2002
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BarbaraH
antwortete am 04.04.04 (10:27):
>>Man kann nicht auf der einen Seite den Einsatz der USA im Irak als Angriffskrieg und Einmischung verurteilen, aber andererseits ihnen vorwerfen, in Ruanda Nichts unternommen zu haben. Was denn nun bitte? Oder sind einfach immer nur die USA die "Bösen"- ganz gleich, wie sie sich verhalten?<< (radefeld)
Diese Verknüpfung ist vollkommen unsinnig, da die Verhinderung von Völkermord Sache der Vereinten Nationen gewesen wäre, die jedoch in der Durchsetzung auf die militärische Unterstützung ihrer Mitgliedstaaten angewiesen ist. In der Tat gehörten die USA auch damals zu den "Bösen", die Hilfe verweigerten, weil es in Ruanda ja "nur um Menschen" ging und keine strategischen Interessen ihrerseits vorlagen. Mit der damaligen Verweigerung zur Verhinderung eines Massenschlachtens den Angriffskrieg auf den Irak zu rechtfertigen, ist schon recht abenteuerlich.
Schorsch hat es kurz und knapp gesagt: in Ruanda gab es kein Öl.
Im Bericht der Unabhängigen Untersuchungskommission vom 15. Dezember 1999 zum Verhalten der Vereinten Nationen während des Völkermords in Ruanda 1994 heißt es u.a.:
>>Der politische Wille der Mitgliedstaaten, Truppen für friedenssichernde Missionen zu entsenden, ist natürlich der Schlüssel zur Fähigkeit der Vereinten Nationen, auf einen Konflikt zu reagieren. (....)
Allgemein ist zum Erfordernis des politischen Willens anzumerken, daß ein solcher Wille für Konflikte überall auf der Welt gleichermaßen mobilisiert werden muß. Während der von der Untersuchungskommission durchgeführten Befragungen wurde wiederholt erklärt, daß Ruanda für Drittländer nicht von strategischem Interesse sei und daß die internationale Gemeinschaft angesichts der Gefahr einer Katastrophe in diesem Land im Vergleich zu andernorts ergriffenen Maßnahmen mit zweierlei Maß gemessen habe.<<
https://www.uni-kassel.de/fb10/frieden/regionen/Ruanda/uno-bericht.html
Internet-Tipp: https://www.uni-kassel.de/fb10/frieden/regionen/Ruanda/uno-bericht.html
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mart
antwortete am 04.04.04 (10:33):
Blame on Germany and the "Gutmenschen", where have you been?
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Wolfgang
antwortete am 04.04.04 (10:48):
Was Menschen so aufbringt, vor allem Menschen in der sogenannten '3. Welt', ist, dass sie an westlichem 'strategischem Interesse' gemessen und - je nachdem - als fuer 'leicht' oder fuer 'schwer' befunden werden.
Diese Doppelmoral des Westens, die 'Moral' von Kolonisatoren und Imperatoren, ist es, die den Zorn und den Widerstand (der auch, aber nicht nur terroristisch ist) der Ausgebeuteten und Unterdrueckten hervorgebracht hat und bestaendig naehrt.
Der asymmetrische Krieg, der Krieg der militaerischen Habenichtse gegen die militaerischen Super-Maechtigen, der Krieg der oestlichen semi-staatlichen und privaten Terroristen gegen die staatlichen westlichen Terroristen ist Ausdruck und nicht etwa Ursache des Problems... Ursache des Problems ist die Asymmetrie der Welt: Eine Minderheit, die Menschen der '1.' und die der '2. Welt' leben zunehmend auf Kosten der Mehrheit, der Menschen der '3. Welt'.
An diesem Problem wird - das ist meine Prognose - der von den meisten Westlern derzeit fuer allmaechtig und unschlagbar gehaltene Westen schnell zugrundegehen. Die ersten Anzeichen sind da. Ich denke, so jemand in mittleren Jahren ist, wird sie/er es noch erleben.
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ricardo
antwortete am 04.04.04 (11:22):
Wolfgang möchtest du den Untergang des Westens oder fürchtest du ihn?
Träume sind gottlob in dem Fall Schäume. Es schäumt ganz schön!
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Karl
antwortete am 04.04.04 (11:34):
Ich möchte den Ausführungen von Barbara zustimmen. Ich sehe überhaupt nicht, wie der Irakkrieg mit Ruanda in einen Topf geworfen werden kann. Letzteres Problem wäre sicherlich auch nicht mit B52-Bombern zu lösen gewesen. Eine Intervention der UNO wäre zu begrüßen gewesen.
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Wolfgang
antwortete am 04.04.04 (11:39):
Das unterscheidet mich von Dir, ricardo... Ich bin kein Traumtaenzer. Ich bin auch keiner, der private Traeume (die oft genug Schaeume sind, da gebe ich Dir recht) in den Foren abhandelt (denn dafuer sind mir die ST-Foren viel zu schmuddelig). Ich versuche die Wirklichkeit zu beschreiben, wie sie sich mir darstellt. Ob jemand den Untergang des Westens herbeisehnt oder nicht oder fuerchtet oder nicht, interessiert mich nicht. Der geschichtliche Prozess interessiert mich. Ich denke, die Zeit des Westens ist abgelaufen. Danach kommt was anderes. Wo ist das Problem ?
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chris
antwortete am 04.04.04 (13:03):
Diese neue Art von Krieg und Terrorismus macht uns Angst, weil wir alle nicht wissen, ob nicht schon morgen auch die Bundesrepublik betroffen sein wird.
Hier ist ein politisches Druckmittel entstanden, mit dem alle Staaten erst lernen müssen umzugehen!
Chris
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Ziesemann
antwortete am 04.04.04 (16:43):
Allen Diskutanten besten Dank für Ihre Beiträge, wobei mir hoffentlich niemand verübelt, wenn ich den von Radefeld für den mit Abstand besten halte. Und Julchen danke ich herzlich für ihr Lob. Ein paar Anmerkungen: 1. Nicht mal die B'regierung hat behauptet, dass die USA in den Irakkrieg des Öls wegen gezogen sind. Das haben sie gar nicht nötig, denn ist ist viele Male billiger, dies auf dem Weltmarkt zu kaufen, als deswegen Krieg zu führen. Der Experte Herfried Münkler, von dem der Begriff des asymmetrischen Krieges stammt, sagt: Gerade weil Runsfeld & Co was vom Ölgeschäft verstanden, hätten sie eigentlich den Krieg nicht führen dürfen, er war gegen ihre persönlichen Interessen gerichtet. "No blood for oil" ist nie etwas anderes gewesen als ein primitives Schlagwort von Pazifisten, die mehr mit dem Bauch als mit dem Kopf denken. 2. Nach dem "eleven-nine" formulierte die hübsche Condelezza Rice "How can we capitalize this?" - Keine Frage: Die USA wollen die Hegemonie, eine Pax Americana. Aber wäre das so schlimm? Waren sie nicht - gerade gegenüber uns Deutschen - ein "gütiger Hegemon"? 3. Empfehle dringend, die Bush-Administration nicht gleich USA zu setzen - insofern bin ich Radefeld für seine Bemerkungen gegen den plumpen Antiamerikanismus sehr dankbar. 4. Wie nett: Die UN hätte in Ruanda eingreifen sollen. Darf ich fragen: Über wie viele Divisionen verfügt denn Kofi Anan? Zu 90% hätten die USA die militärischen Leistungen erbringen müssen. Ohne die USA sind die Europäer ja nicht mal in der Lage, im eigenen Bereich (Kosovo) Frieden zu schaffen. für den selbstmandatierten NATO-Einsatz brauchten sie die USA. Die lächelich kleine Zahl der deutschen Tornados z.B. war stets vollständig auf die US-Aufklärung und Zielangabe angewiesen. 5. Unsere Berufsprotestler sind sofort auf dem Plan, wenn irgendwo amerikanische Panzer rollen; aber nie hat sie nur im geringsten geschert, das die SU 10 Jahre lang Krieg in Afghanistan geführt hat. Oder habt ihr schon mal einen einzigen Protest gegen Putin wegen seines Bürgerkriegs in Tschetschenien vernommen?!
Abschlussbemerkungen: Gut, dass Juergen1 seinen Beitrag als Satire gekennzeichnet hat, er wäre sonst doch zu zynisch gewesen. - Die Zahl der Toten des WK II beträgt nicht 20 Mill., sondern 55.
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BarbaraH
antwortete am 04.04.04 (17:30):
Ziesemann,
von wegen: Öl auf dem Weltmarkt zu kaufen käme den USA billiger als Krieg zu führen....
Hast Du schon einmal davon gehört, dass die Ölresourcen langsam aber sicher zur Neige gehen? Wieviel investieren die USA z.Zt. in die Entwicklung regenerativer Energiegewinnung, um ihren Ölverbedarf zu senken? Was meinst Du werden die letzten Barrel Öl dieser Erde auf dem Weltmarkt wert sein?
In Deinem Glauben, den USA würde es nicht um Öl sondern um das Wohl der Menschen im Irak gehen, scheinst Du einer der Letzten zu sein. Und warum bewegte der Völkermord in Ruanda diese über ausreichend Militär verfügende Nation nicht, dem Aufruf der UNO zu folgen? Willst Du die unabhängige Untersuchungskommission Lügen strafen, wenn es in ihrem Bericht heißt:
>>Während der von der Untersuchungskommission durchgeführten Befragungen wurde wiederholt erklärt, daß Ruanda für Drittländer nicht von strategischem Interesse sei....<<
Internet-Tipp: https://www.uni-kassel.de/fb10/frieden/regionen/Ruanda/uno-bericht.html
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hugo1
antwortete am 04.04.04 (17:59):
ok julchen ,Deiner Forderung ( oder ists ein Wunsch ):"Anstatt uns gegenseitig uebertreffen zu wollen in unserer Menschlichkeit und unserem Entsetzen sollten wir vielleicht mal versuchen uns unter einen Hut zu bringen,," könnt ich bedenkenlos folgen wenn, ja wenn ich sicher wär, das damit nicht ein kritikloses ins USA-Boot steigen verbunden wäre, besonders solange solche "Friedensfreunde" wie Busch&Co die Hand am Ruder halten. ,,und interressant find ich,, Ziesemann,, Deine Sichtweise zur Sichtweise der Ölbeschaffungsfragen der US Regierung (das ist wohl eine ziemlich gewagte These der ich absolut nicht folgen kann ). zu Punkt 2, da haste aus meiner Sicht Recht, das die USA Hegemoniebestrebungen haben, aber der "gütige" Hegemon hatte doch wohl seine guten Gründe, wie er mit Deutschland verfährt (es gab vor und nach 1945 ne Menge anderer Meinungen wie man mit dem geschlagenen Nazideutschland und seinen Menschen verfahren sollte. Jedoch die Situation und die unerwünschte Stärke der SU zwang (und ich finde, der war vorteilhaft für alle Beteiligten) zum Marshallplan. Zu 3. bin ich Deiner Meinung und zu 5.,,,dem ist nicht ganz so dass es nur Zustimmung bzw Enthaltungen zur SU-und Rußland-Außenpolitik gibt, damit beleidigt man sicher ne ganze Menge Protestler.
übrigens ,,ob viele Menschen bedenken, daß die Sowietischen Truppen damals in Afghanistan einen mörderischen Kampf u.a. auch gegen den jetzigen Hauptfeind Nummer 1 der USA führten ??? Was wäre wenn ?? hätte es dann vielleicht den 11.Sept. in der Form nie geben können ?? aber das ist eine Vermutung bei deren Weiterdenken mir die Rote Armee zu friedlich und zu positiv wegkommt.
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mart
antwortete am 04.04.04 (18:09):
Barbara, wie typisch für dich aus der Untersuchung über die Gründe für den Genozid diesen einen Satz zu zitieren. Indem du ihn deiner Bemerkung über die USA anschließt,implizierst du, daß die USA als die Schuldigen bei diesem Desaster festgemacht worden wären.
Absicht, Zufall oder unterbewußtes Handeln?
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Karl
antwortete am 04.04.04 (18:10):
Zu Barbaras Ausführungen möchte ich noch folgendes ergänzen.
Die riesigen Kriegsschulden macht der amerikanische Staat, die riesigen Aufträge für den Wiederaufbau, die von den Öleinnahmen bezahlt werden, kassieren die Milliardäre in den USA privat. Z. B. noch nie etwas von Vice President Dick Cheney und Halliburton gehört?
Ich habe das hier schon öfters sinngemäß geschrieben: Der US-Staat wird geplündert, die Gelder für Sozialprogramme fehlen, aber die Reichen bereichern sich am Krieg.
Das war auch die Motivation für den Krieg.
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julchen
antwortete am 05.04.04 (06:06):
@Hugo ..."Anstatt uns gegenseitig uebertreffen zu wollen in unserer Menschlichkeit und unserem Entsetzen sollten wir vielleicht mal versuchen uns unter einen Hut zu bringen,," ...
Weder Wunsch, schon gar nicht Forderung. Lediglich "good common sense"!
Endeffektlich haben wir in diesem neuen Krieg einen gemeinsamen Feind - einer der uns Westler alle grade mal ueber eine kamm schert und dabei gar nicht discriminiert wer in De oder UK oder Spanien oder US, oder Italien oder sonstwo lebt!
Wann versteht man es denn endlich? Nationalilaet spielt wenig Rolle - wird bald gar kein Rolle mehr spielen. Amikaner/Europaer/Westler/Christen/Israeli/Jude/Unglaeubiger...das sind die Kriterien!!
Pardon, nicht zu vergessen meine bhuddistische Freundin in Malaysia....denen man das Fuerchten auch Stueckchen fuer Stueckchen lehrt.
wohlgemerkt von der UN ,Europa/USA auch nicht bemerkt und nicht notiert. Jedenfalls nicht bis dort auch die Bomben platzen.
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Ziesemann
antwortete am 05.04.04 (16:44):
Antworten an: BarabaraH Ich bitte genau zu lesen, was ich geschrieben habe. Ich habe nie behauptet, dass die USA "um des Wohles der Menschen willen im Irak" den Krieg begonnen haben. - Bei jedem Krieg liegen massive Eigeninteressen vor, die aber durchaus berechtigt sein können. Ach Barbara, schon 1936 prophezeite ein Anton Zischka in seinem Buch "Ölkrieg" das Ende der Ölbversorgung für 1940(!), und erst danach, in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stieg der Verbrauch gewaltig an. Lange lange bevor der letzte Barrel geschöpft ist, hat man alternative Antriebsenergien - wahrscheinlich in den USA zuerst Hugo1 Eigennützige Motive zu haben und gleichzeitig zu Nutz und Frommen für andere etwas zu tun, schließen einander nicht aus. Der gesamte Liberalismus basiert auf der Annahme, dass die Wahrung des Eigennutzes zugleich auch anderen hilft. Adam Smith sagt dazu: Der Bäcker backt die warmen Brötchen nicht um unserer schönen Augen, sondern un seines Profites willen. Aber indem er diesen sucht, tut er genau das, was wir wollen: Morgens warme frische Brötchen zu haben. Mit der vor dir gewählten Argumentationsmethode kannst du z.B. die größte Hilfsbereitschaft madig machen, denn Schenken macht Freude - auch für den Schenker, nicht wahr ,also doch nicht so ganz uneigennützig?! Vielleicht auch, weil jemand hofft, dann einen besonders guten Platz im Jenseits zu erhalten, tut er Gutes auf Erden, sehr sehr nutzenmaximierend. Aber deswegen ist doch immer noch gut, was er tut Karl Bei allem Respekt. Sooo einfach und leicht ist es denn doch wieder nicht. Die Vorstellung, in einer Demokratie könne man einen Krieg führen, nur um die Milliardäre noch reicher zu machen, verkennt die ineinander verflochtenen gesellschaftlichen Interdependenzen. Und in the long run: Im Frieden wird immer mehr verdient als im Krieg. In der Geschichte ist übrigens ganz selten ein Krieg primär wirtschaftlicher Interessen wegen geführt worden, sie gab es auch, natürlich; aber andere überwogen: Politische Macht, Ideologie, Religion, persönliche Rivalitäten, "Platz an der Sonne", Streben nach Ruhm usw.
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ricardo
antwortete am 05.04.04 (17:06):
@ziesemann Ich möchte zu deinen Ausführungen nur anmerken, dass es vergeblich ist, hier um Verständnis für amerikanische Politik zu werben. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass es besser ist über dieses Thema längere Zeit zu schweigen, zumal sich in naher Zukunft in Deutschland ebensowenig wie in weiten Teilen Westeuropas etwas ändern wird. Die USA und Europa sind zwei paar Stiefel geworden. Verständigung fast gleich Null. Um meine hiesiegen Freunde nicht zu verlieren, vermeide ich es, irgend etwas über Bush oder gar Sharon zu sagen. Es ist schlicht nicht möglich Also heißt meine Devise Abwarten und Tee trinken.
Aber ich glaube es nicht mehr zu erleben, daß sich etwas Grundlegendes ändern wird. Auch die hier erhoffte Wende nach der Wahl im Herbst wird nur Enttäuschung bringen. Bush wird gewinnen und Kerry wieder in der Versenkung verschwinden. Selbst wenn er überraschend siegen würde, die USA wird ihre Politik fortsetzen wie bisher. Das ist ihr Auftrag.
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BarbaraH
antwortete am 05.04.04 (17:24):
Ziesemann,
dass die Bush-Krieger heiße Brötchen vom Himmel regnen ließen, hatte ich bisher noch nicht gehört. Ich hörte lediglich von Bomben, die Tausenden irakischen Menschen das Leben kosteten, weitere verstümmelten oder zu Witwen und Waisen machten.
Und Dich wundert es, dass die Menschen diese Art der Hilfsbereitschaft dankend ablehnten, ja, sogar mit Gewalt gegen die Schenkenden vorgehen?
Ich wäre Dir dankbar, wenn Du mir folgende Deiner Worte in Bezug auf den Angriffskrieg der Bush-Leute etwas näher erläutern würdest:
>>Bei jedem Krieg liegen massive Eigeninteressen vor, die aber durchaus berechtigt sein können.<<
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schorsch
antwortete am 05.04.04 (17:33):
@ Ziesemann: "...Der Bäcker backt die warmen Brötchen nicht um unserer schönen Augen, sondern un seines Profites willen. Aber indem er diesen sucht, tut er genau das, was wir wollen: Morgens warme frische Brötchen zu haben..."
....und Bush & Co haben das Schlamassel im Irak nicht etwa angerichtet, um ihren Partei- und Geschäftsfreunden den billigen Zugriff zum irakischen Öl zu verschaffen, sondern der Freiheit wegen, die sie jedem Iraki zwangsweise schenken wollen - im Sinne von "und willst du nicht mein Bruder sein, dann schlag ich dir den Schädel ein"?
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ricardo
antwortete am 05.04.04 (18:26):
@schorsch Das mit Bush hast du schön gesagt! Aber sag mir bloß wo du das gelesen hast?
bei....... ach nein nicht schon wieder! Ich kann es mir aber denken, das ist nicht verboten!
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hugo1
antwortete am 05.04.04 (18:53):
@ julchen,,"Endeffektlich haben wir in diesem neuen Krieg einen gemeinsamen Feind -einer der uns Westler alle grade mal ueber eine kamm schert ,,,,,"" und hier, julchen liegt für mich schon eine grundlegende Frage: war dieser neue Krieg nötig ( wir haben darüber schon lange vor seinem Beginn diskutiert, kannste dich erinnern ? wir hatten unterschiedliche Meinungen). und nun ist es so gekommen wie wir es befürchteten jedoch nie haben wollten ). Was nun ? Nun stehen wir vor dieser neuen Frage, denn unserem alten Standpunkt nachzutrauern ( was wäre wenn, und hätte Bush sich mal vernünftig beraten lassen, und wir habens ja schon immer gewußt das er ein Kriegstreiber ist -meine Meinung- bzw. ein Retter der Nation -Deine Meinung ?) bringt uns nun nicht mehr viel weiter. So wie es sich derzeit darstellt, kann man ohne weiteres annehmen, das wir alle in diesem gemeinsamen vom versenken, bzw, zumindest durchlöchern mittels Terrorangriffe bedrohtem Boot sitzen. Im Hinterkopf fehlt mir jedoch ein wenig das Verständnis dafür wenn ich mir die Frage nach den Zielen stelle welches die Terroristen verfolgen. Wär ich Terrorist, würd ich versuchen einen Keil zwischen meine Opfer zu schlagen und nicht durch allgemeine, auf alle gleichermaßen wirkende, verbale und tatsächliche Attacken einen Schulterschluß ( wie Du Ihn anmahnst )zu provozieren.... dieser Logik folgend können wir nur hoffen und wünschen, das diese -uns auf die Pelle rückenden- weltweit agierenden "ich will mal pauschalierend und nicht ganz korrekt sagen" Terroristen auch mit unterschiedlichen Zielen und Argumente agieren und möglichst nicht zu einer Interessengemeinschaft gegen -und hier sag ich mal unter Vorbehalt- uns, zusammenfinden. ,,ein solcher Krieg wär unvorstellbar brutal und vernichtend,,,,,,,,
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werner
antwortete am 06.04.04 (01:38):
@Ziesemann - vielen Dank für Deine guten Einführungen allerdings meine ich es war nicht Kofi Anan sondern Bhutros Ghali zur Zeit des Somalia Debakels. Und hier kommen wir auch zum springenden Punkt und auch zu einem weiteren Verdummungs-Slogan unserer linkslastigen Freunde. Neben Ausdrücken wie Busch-Krieger und Sharon-Krieger und Muslim-Bäsching heizt noch eine hohle Phrase die Diskussion künstlich auf. Die Phrase des 'Blut für Öl' oder des 'Ölkriegs'. Da die allzeit Gestrigen aus dem linken Lager nur in materialistischen Kategorien die Welt erklären, fehlt es ihnen Alternativen zur Erklärung der weltweiten Entwicklungen. Und genauso wie phrasenhaft immer wieder undeutsche Begriffe den Menschen ins Hirn gehämmert werden sollen, bis sie das vielleicht am Ende selbst glauben, hat man damals sogar in Somalia die erdölreichsten Vorkommen Ostafrikas konstruiert um den Einmarsch der US-Armee zu begründen. Die Vorkommen gingen später sang- und klanglos den sozialistischen Bach hinunter. Später wurde noch die Meerenge von Aden als strategisch wichtiges Ziel für den Öltransport dazukonstruiert. Viel wichtiger wäre es zu ergründen warum Bhutros Ghali, der ja bekanntlich aus Ägypten ist, Informationen an den Sicherheitsrat lückenhaft weitergegeben hat. Wieso Ägypten, Südafrika und vor allem Frankreich nicht rechtzeitig gegen die Massaker vorgingen wo sie doch als Hauptwaffenlieferanten genaue Informationen hatten. Soviel ich weiss waren sogar französische Militärs in Ruanda aktiv als die Massaker begannen. Die USA hatten auf Grund der Erfahrungen in Somalia kategorisch jede Beteiligung abgelehnt. Clinton hat sich ja später für diese Fehleinschätzung entschuldigt. Man kann Clinton durchaus unterstellen über die Vorgänge informiert gewesen zu sein und doch nicht gehandelt zu haben.
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julchen
antwortete am 06.04.04 (06:19):
Hallo Ricardo ...Aber ich glaube es nicht mehr zu erleben, daß sich etwas Grundlegendes ändern wird.....
Hoffen wir es, aber ich persoenlich befuerchte dass wir alle sehr wohl grundlegende Aenderungen sehen werden.
Ziesemann versteht dass es die ganze Situation nicht mit Evil Bush auf einen alleinigen Nenner zu bringen ist. Diese Ganze Sache ist seit Jahrzehnten schon auf der Heizplatte - Bush ist vielleicht nur der Letzen - den ja bekanntlich die Hunde beissen! Oder sollen wir auf Kerry warten? Der hat bis jetzt viel Holz gespalten aber noch gar nicht so richtig gesagt was seine Aussenpolitik sein wird. Ist es noch niemandem aufgefallen, wie Kerry immer nicht anzutreffen ist, oder interne Affairen vorschiebt und bis heute nicht gesagt hat, wie er Aussenpolitik handhaben wird? (Ausser dass er sich erstmal rundherum "entschuldigen" moechte?) Mal sehen wer der Letzte Schwarze Peter wird!
Sicherlich moechte man einen Buhmann finden, und nicht sehen wollen, wie diese Sache schon seit Jahren in die Hintertuer geschlichen ist.
Siehe Werner's Ausfuehrungen. Es ist ganz klar, dass Europa auch nicht immer selbstlos gehandelt hat - auch die UN nicht! Die UN schon gar nicht!! Da wird viel geredet aber so gut wie NIE gehandelt.
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ricardo
antwortete am 06.04.04 (22:08):
Hallo Julchen Europa ist leider alt und schwach geworden, und hat deshalb Erinnerungslücken. Der Grundton ist melancholisch und gereizt und es wird viel gejammert. Ich bin froh, daß ich so viele Enkel habe das gibt Hoffung auf Verjüngung. Und dazu auch das Osterfest mit den bunten Eiern und den blühenden Bäumen! Ich wünsche Dir frohe Ostern!
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