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THEMA:   Entlassen oder untergehen: Sind die deutschen Kapitalisten 'unpatriotisch' ?

 12 Antwort(en).

Wolfgang begann die Diskussion am 23.03.04 (13:49) mit folgendem Beitrag:

Ich wundere mich... Gerade werden deutsche Kapitalisten als 'unpatriotisch' und als 'vaterlandslose Gesellen' an den Pranger gestellt... Dabei tun sie genau das, fuer was in einer kapitalistisch organisierten Volkswirtschaft Unternehmungen da sind: Zum Erwirtschaften maximaler Gewinne.

Also vernichten sie Arbeitsplaetze in Hochlohnlaendern (wie Siemens z. B. aktuell in Deutschland, Oesterreich und USA) und errichten diese Arbeitsplaetze wieder in Niedriglohnlaendern (wie Siemens z. B. aktuell in Ungarn).

Um beim Beispiel zu bleiben: Sind die um 30-Prozent niedrigeren ungarischen Arbeitskosten (Loehne und Lohnnebenkosten, an denen auch die Renten haengen) nicht wirtschaftliches Argument genug, warum es Kapitalisten magisch dorthin zieht ? Oder ist das zu profan, zu unmoralisch, nicht patriotisch genug gedacht ?


Wolfgang antwortete am 30.03.04 (12:32):

"Fast neun von zehn Deutschen sehen in der Verlagerung von Arbeitsplaetzen ins Ausland eine Gefahr fuer Deutschland.", ist beim SPIEGEL zu lesen (vgl. SPIEGEL-UMFRAGE ZUR PATRIOTISMUS-DEBATTE: Balsam fuer die Linke - Spaltpilz für die Koalition?, SPIEGEL ONLINE, 30.03.2004, s. Link).

Der Kritik von GERHARD SCHROEDER, der die Produktionsverlegungen in andere Laender als 'unpatriotischen Akt' deutscher Unternehmer geisselte, stimme eine Mehrheit von 58 Prozent zu. Eine Minderheit - etwas mehr als ein Drittel (36 Prozent) - halte das 'unpatriotische' Papperle fuer nicht zutreffend.

Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,grossbild-341632-293023,00.html


ricardo antwortete am 30.03.04 (13:06):

Ich habe was läuten hören, man darf keinen Toyota mehr kaufen
und Schumi traut sich mit sein Ferrari nich mehr auffe Straße!

Und Reis darf auch nicht mehr gegessen werden, weil er von den bösen Chinesen kommt! US Zigaretten sowieso nur noch mit Sondergenehmigung vom Kanzler persönlich!

Oder gilt das bloß für die Ap? (Arbeitsplätze)
Ach sooooo
na dann bin ich beruhigt, ein Sohn arbeitet schon im Ausland, für den gilt das alles nicht!


BarbaraH antwortete am 30.03.04 (13:32):

Recht kleinlaut und ohne große Schlagzeilen kehrt so mancher Investor nach Jahren des Frustes reumütig zurück in unser geordnetes, verlässliches Deutschland.

In den östlichen Niedriglohnländern fehlt oft genug die für einen reibungslosen Geschäftsablauf notwendige Infrastruktur, und behördliche Genehmigungen werden nur nach satten Schmiergeldzahlungen vergeben.

So mancher Investor kehrt daher mit blutiger Nase zurück. Das in den Sand gesetzte Kapital kann dann vom Deutschen Michel wieder fleißig erarbeitet werden.


hema antwortete am 30.03.04 (19:03):

Ich sehe an der Problematik zwei Seiten. Eine negative und eine positive.
Die negative Problematik: Nur noch das Geld und der Gewinn zählen. Menschlichkeit ging verloren. In weiten Bereichen auch bei den Politikern. Zum Teil haben die Menschen auch selber schuld, weil das gute soziale Netz schamlos ausgenutzt wurde.

Die positive Seite: Ich sehe durch die Auslagerungen Hilfe für die dritte Welt. Obwohl die Menschen dort zur Zeit noch ohne Gewissen ausgebeutet werden, haben sie doch eine Chance in Zukunft auch bessere Lebensumstände zu bekommen.
Ich wünsche es ihnen auf jeden Fall.

Hoffe, dass die Ausgewogenheit erhalten bleibt, so dass jeder davon Vorteile hat und Keiner daran zugrunde geht!


hugo1 antwortete am 30.03.04 (22:16):

hallo hema,,du schreibst:" Menschlichkeit ging verloren"
da denk ich mal, das es eine weitverbreitete überall gültige Art von Menschlichkeit bezogen auf das Unternehmertum noch niemals gab und auch nie geben konnte. Diese Menschlichkeit führt bei den heutigen Bedingungen (Wolfsgesetz des Wettbewerbes)zwangsläufig zum Untergang des Unternehmens.
In der christlichen Seefahrt vergangener Zeiten gab es Fälle, wonach der Kapitän erst das sinkende Schiff verließ (in Ausnahmefällen sogar damit unterging)wenn seine Mannschaften sicher in den Rettungsbooten saß. Heutzutage ist es üblich, das sich die Unternehmer, Aufsichtsräte, Vorstände usw erst selber die Taschen füllen, dann bzw auch dadurch den Betrieb in Grund und Boden wirtschaften, um anschliessend für sich Riesensummen an Abfindungen zu kassieren und die "Mannschaft" die jahrelang geschuftet hat ins eiskalte Wasser sprich ins dünne soziale Netz schubsen,,
,,nee ich glaube nicht an diese Mähr vom "Guten Chef" der schon den Großvater und den Vater beschäftigte, ihnen zum Betriebsmitgliedschaftsjubiläum eine signierte goldene Uhr schenkte usw,,, kann man alles vergessen, diese Zeiten sind endgültig vorrüber und denen vom ollen Marx vorausgesagten, gewinnorientiertem menschenunwürdigen "Sichselberdietaschenfüllenmüssen" gewichen.


schorsch antwortete am 31.03.04 (09:50):

Auch ein positiver Aspekt?: Je schlechter es einem Volk geht, desto mehr Gutes hat es noch vor sich......


hema antwortete am 31.03.04 (10:10):

Gebe euch beide recht.

@hugo1
Habe nicht gesehen, dass diese "Sichselberdietaschenfüllenmüssen" glücklich sind. Höchste Manager müssen zum Psychiater, weil sie nicht mehr wieter können. Anscheinend befriedigt viel Geld nur eine gewisse Zeit und dann ist die Leere übergroß und sie haben jeden sinn an ihrer Arbeit verloren. In diesem Sinn bin ich mehr als zuversichtlich, dass die Zeiten wieder besser werden.

@schorsch
Gebe dir recht. Es ist aber nicht mein Ziel so zu leben. Ich erfreue mich gerne an Schönem und Guten und bin dafür dankbar. Gott erhalte es mir!


ricardo antwortete am 31.03.04 (10:32):

@Barbara
Kleinlaut hierher zurück?
det ick ich lache!
Schon jetzt wird von jedem Auto, das in Deutschland produziert wird, ca. 30% der Teile im billigeren Ausland produziert.
Wenn das ganze Auto hier gebaut würde, ist es entsprechend teurer und wird nicht mehr gekauft!
Also ist mein Vorschlag schon berechtigt, billige Fahrzeuge aus Japan nicht mehr zuzulassen!:-)))))))

Ich weiß wirklich nicht, was Schröder mit seiner Aufforderung gement hat.
Sollen hier denn alle pleite gehen?

Oder unser Land abschotten wie zu Großvaters Zeiten?


Wolfgang antwortete am 31.03.04 (11:08):

Die Lohnstueckkosten (nur die zaehlen in der unternehmerischen Planung) sind niedrig in Deutschland. Dorthin, wo sie noch niedriger sind, wandert zudem rast- und ruhelos das Kapital. Die Folge: Die grossen Unternehmen boomen und machen Rekordgewinne und ihre EigentuemerInnen (das sind ganz wenige Menschen) fahren Profite ohne Ende ein. 'Deutschland' ist Exportweltmeister, jubeln sie.

Es stellt sich die Frage, womit Menschen, die nichts haben ausser ihrer Arbeitskraft (das sind ganz viele Menschen) und RentnerInnen, die von deren Einkommen alimentiert werden, ihren Lebensunterhalt bestreiten sollen.

Gerade fangen ganz viele Menschen an, erneut ueber diese Frage nachzudenken. Die zu erwartende Antwort wird den derzeitigen Profiteuren aber vermutlich gar nicht gefallen. :-)


mart antwortete am 31.03.04 (11:41):

Wie lautet deine Antwort auf diese Frage?


Wolfgang antwortete am 01.04.04 (00:00):

Diejenigen (ganz wenige sind es, ich weiss), die ernsthaft diskutieren wollen ueber Handel und Wandel im Zeitalter der Globalisierung (was nichts anderes ist als der Versuch, zum Schaden aller Menschen die ganze Welt kapitalistisch organisieren zu wollen), dem empfehle ich folgende Website:

WEED - Weltwirtschaft, Oekologie und Entwicklung e. V.
https://www.weed-online.org/

Internet-Tipp: https://www.weed-online.org/


BarbaraH antwortete am 01.04.04 (01:20):

Der Textilwaren-Unternehmer Steilmann berichtete im TV, dass er die Produktion von Deutschland nach Polen, von Polen nach Rumänien, von Rumänien nach Moldavien verlegt habe, weil das neue Zielland stets noch "günstigere" Löhne hätte. In Moldavien liegt der Monatslohn bei 25 Dollar. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 70 Prozent.