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THEMA:   Europa und seine Sprachen, Chancen und Probleme

 48 Antwort(en).

Ursulo begann die Diskussion am 10.03.04 (16:16) mit folgendem Beitrag:


Karl hat mich eingeladen, hier ein paar Worte zum Thema "Esperanto und die Europäische Union" zu sagen.
Mit der Erweiterung der EU wird die Sprachenproblematik immer deutlicher.

Vor allem wird klar, dass es KEINE EUROPÄISCHE ÖFFENTLICHKEIT gibt. Wo können schon Finnen und Franzosen, Dänen und Deutsche, Portugiesen und Polen direkt miteinander sprechen? Die öffentliche Diskussion macht in der Regel an den Sprachgrenzen halt und wird nur in (mehr oder weniger zufälligen) Einzelfällen in den Nachbarländern überhaupt wahrgenommen.

Esperanto leistet da einen Beitrag zur direkten Kommunikation, und zwar auf gleicher Augenhöhe, da es von allen mit annähernd gleichem Aufwand zu erlernen ist. Jeder geht einen Schritt auf die anderen zu.

- "ö aber wir haben doch Englisch"
In der Tat ist Englisch in den letzten fünfzig Jahren so etwas wie eine "lingua franca", eine meist verwendete Verkehrssprache in Europa geworden, und es ist begrüßenswert, dass so versucht wird, die Sprachlosigkeit zu überwinden.

Allerdings entpuppt sich Englisch als Sprache, die anfangs leicht ist (weil sie relativ wenig grammatische Formen besitzt), aber immer schwerer wird, je weiter man sie lernt (wegen des "doppelten" Wortschatzes und der unglaublichen Vielfalt an idiomatischen Ausdrücken).

So bleiben die meisten von uns bei einer Sprachbeherrschung stehen, die ausreicht, um eine Fahrkarte oder ein Hotelzimmer zu bestellen, die aber in einer Diskussion um gemeinsame Ziele, Ideale, gemeinsames Handeln den Nicht-Muttersprachler massiv ins Hintertreffen bringt.
Nicht umsonst sucht die EU für viele ihrer Bediensteten nach Englisch-Muttersprachlern (was natürlich die Gerechtigkeitsdebatte eröffnet).

-
Nun wollen Esperanto-Sprecher zur Europa-Wahl am 13. Juni antreten. Dazu werden 4000 Unterstützungsunterschriften gebraucht. Alle Nutzer des Seniorentreffs sind eingeladen, sich dazu zu informieren und mitzumachen. Ein Einstieg auf Seite https://www.e-d-e.org/Lde/index.php
Eure Meinung interessiert mich.
Ursula Niesert

- Geschäftsführerin
- Deutscher Esperanto-Bund eV, Immentalstr. 3, DE-79104 Freiburg, +49 - 761 - 28929.9, fx 28929.6, gea @ esperanto.de

Internet-Tipp: https://www.esperanto.de


Karl antwortete am 10.03.04 (19:49):

Ich möchte bekennen, dass ich heute diesen Aufruf unterschrieben habe. Im Zeitalter des Internets könnte Esperanto vielleicht eine neue Chance erhalten. Beim Stöbern im Web sind sehr viele interessante Informationen zu finden. Die Esperanto-Gemeinde ist rührig und ihre Ziele dienen der Verständigung der Völker und sind schon deshalb Unterstützenswert.

Ein Frage habe ich aber an "Ursulo": Mir scheint, Esperanto ist nur aus indogermanischen Wortstämmen zusammengesetzt. Wie sieht die Akzeptanz in Asien, Afrika oder Arabien aus?

Internet-Tipp: https://www.e-d-e.org/Lde/index.php


DorisW antwortete am 10.03.04 (20:14):

Ich würde gerne etwas über den Wortschatz wissen...

Über wie viele Vokabeln verfügt Esperanto? Wie viele sind das im Vergleich zu beispielsweise Deutsch, Englisch, Französisch?

Wie reich ist die Vielfalt an Synonymen; können alle Bedeutungsschattierungen der "Nationalsprachen" abgebildet werden?

Hoffentlich tue ich Esperanto völlig unrecht, wenn mir Begriffe wie "gutdenkvoll" und "doppelplusungut" in den Sinn kommen ;-)

Von dem Gedanken einer neutralen, gemeinsamen Sprache bin ich allerdings fasziniert. Kann sie aber mehr sein als ein Werkzeug - kann man sich in ihr auch so "zu Hause" fühlen wie in der eigenen Muttersprache?


dirgni antwortete am 10.03.04 (20:33):

Mich hat die Esperanto-Idee schon vor Jahren begeistert und ich habe auch daran gedacht, es zu lernen. Aber die Unwahrscheinlichkeit, diese Sprache auch in der Praxis verwenden zu können, hat mich wieder davon abgebracht. für unsere Generation ist es wohl noch eine tote Sprache, aber für die Zukunft sicherlich eine Perspektive.


Ursulo antwortete am 11.03.04 (00:26):

Saluton Karl,

kaj koran dankon pro via subteno! (und herzlichen Dank für deine Unterstützung!)

Ich denke Esperanto und Europa passen sehr gut zusammen, und daher finde ich diese Kandidatur zu den Europawahlen auch Unterstützenswert.

--

In der Tat stammen die Wortwurzeln selbst zu einem Großteil (ca. 70%) aus den romanischen Sprachen (homo, domo, loghi, kanti - Mensch, Haus, wohnen, singen), zu einem geringeren (ca. 20%) aus den germanischen (knabo, hundo, laùta - brauche ich wohl nicht zu erklären). Andere Sprachen sind unterrepräsentiert: slawische sind noch mit etwa 8% vertreten (kolbaso - Wurst, krom - außer) und alle weiteren eher über Lokalkolorit (hashioj - (jap) Eßstäbchen, ö). Diese Angaben beziehen sich auf den Grundwortschatz. Daneben sind "Internationalismen" gut vertreten (algebro, telefono, radio, internacia ö), doch auch sie gehen in der Regel auf indoeuropäische Wurzeln zurück.

Was den nichteuropäischen Sprachen entgegenkommt, ist zum einen die abgespeckte Grammatik - das fängt bei der konsequent phonetischen Schrift an ("K" wird eben immer wie "k" ausgesprochen und "C" immer wie "ts"), und äußert sich insbesondere in der Wortbildung: auch im Deutschen haben wir ja einen Vorrat an Wortbildungssilben ("un-", "-ling", "-zeug", "-chen", "-bar" ...), doch sie werden nicht generell benutzt (ungroß, Lernling, Schneidzeug), und weichen oft in Form (Häuschen statt Hauschen) oder Inhalt von der erschließbaren Kombination ab (Schreiberling hat nicht die zu erwartende neutrale Nuance).

Esperanto ist in Asien und Afrika weniger verbreitet als in Europa, dennoch ist die Akzeptanz gerade in einigen Ländern (z.B. Japan, China, Iran) erstaunlich hoch. Der Esperanto-Weltkongress, gewissermaßen die "Hauptstadt von Esperantoland" wandert von Jahr zu Jahr (1999 - Berlin, 2000 - Tel Aviv, 2001 - Zagreb, 2002 - Fortaleza, Brasilien, 2003 - Göteborg, 2004 - Peking, 2005 - Vilnius ö)

Ghis revido! Ursulo


Ursulo antwortete am 11.03.04 (04:33):

Saluton DorisW,

kaj dankon pro viaj demandoj. Ili ne estas facilaj! (und Dank für deine Fragen. Sie sind nicht leicht!) Das war eine echte Herausforderung, und ich musste ganz schön suchen, um Infos für dich zu finden.

Der ESPERANTO-WORTSCHATZ wird von Fachleuten auf rund 50.000 Wortstämme geschätzt. Mit dem Wortbausystem lassen sich daraus x-mal soviele machen,
z.B.: die Wortreihe REGHO - REGHINO - REGHA ist im Deutschen genauso regelmäßig: KÖNIG - KÖNIGIN - KÖNIGLICH; im französischen ROI - REINE - ROYAL sieht man die Verwandtschaft nur, wenn man's weiß; und die englischen KING - QUEEN - ROYAL kommen aus ganz verschiedenen Quellen. - Wie soll man das nun zählen?
Als Angaben habe ich gefunden: für Deutsch 1 Mio, für Englisch 1,5 Mio. Die 50.000 Esperanto-Wortstämme bieten locker Material für 3 Mio sinnvolle Wörter (auch wenn die meisten nur selten benutzt werden dürften).

SYNONYME sind für jeden Naturwissenschaftler ein Graus und für jeden Dichter unentbehrlich. Entsprechend gibt es im Esperanto zwei starke Tendenzen: die einen verabscheuen "Neologismen" und begrenzen sich auf die "nüchternen" Wortreihen:
aus "HELA" (hell) und den Silben MAL- (un-), -ET- (abschwächend) und -EG- (verstärkend) wird die ganze Dimmerskala "helega - hela - heleta - malheleta - malhela - malhelega" von strahlendhell bis stockfinster. Dieses System ist nuancenreich und unmittelbar verständlich, es kommt mit einem Minimum an zu lernenden Elementen aus und nimmt so Rücksicht auf die, für die >alle< indoeuropäischen Worte Fremdworte sind.
Anderen dagegen sind vor allem die mal-Worte verpönt. Insbesondere in Gedichten und Liedern wird so z.B. häufig statt des gängigen MALJUNA (un-jung = alt) der eigenständige Wortstamm OLDA verwendet.
für die meisten Esperanto-Sprecher ist weder das eine noch das andere ein Dogma, sie stellen sich in Stil und Wortwahl auf ihr Gegenüber und die Situation ein.

--
Vermutlich hat eine gewisse (aber eher oberflächliche) Kenntnis von Esperanto bei George Orwells "Neusprach" Pate gestanden. Dennoch: "doppelplusungut" ist natürlich eine bewußt karikierende Übersetzung von MALBONEGA (bona - gut).

--
Ja, eine neutrale Sprache ist faszinierend, auch in der Praxis, wenn man merkt, wie sich bei Kommunikation auf gleicher Augenhöhe eine ganz andere Stimmung einstellt als bei einem Gespräch mit "Sprachgefälle".
- Und das "zu Hause"-Fühlen stellt sich nach einem Jahr Entwöhnung sofort wieder ein, wenn man bei dem einen oder anderen Esperantotreffen erst ein, zwei Tage von morgens bis abends in Esperanto "gebadet" hat.

Ghis revido, Ursulo


julchen antwortete am 11.03.04 (06:32):

Ursulo,
Vielen Dank Fuer Deine Ausfuehrungen uber Esperanto, und auch Danke an Karl fuer die Einladung
and Dich dies zu tun.

Als juengerer Mensch hatte ich bereits "gehoert" dass
Esperanto eine gemeinsame Weltsprache werden sollte und sah dieser Aussicht offen, eifrig und einladent entgegen.

Leider ist daraus nichts geworden. Aber man muss sich doch wundern wie unsere Welt heute ausschauen wuerde spraechen WIR ALLE (zumindest als Zweitsprache) Esperanto.
Zuviele sprachliche missverstaendnisse sind doch
auch Grund fuer viel Zwietraechtigkeit in der Welt...

English ist zwar seit langem die Sprache von Schiff- und Luftfahrt und auch Business, aber du hast recht
wenn du sagst:
....Allerdings entpuppt sich Englisch als Sprache, die anfangs leicht ist (weil sie relativ wenig grammatische Formen besitzt), aber immer schwerer wird, je weiter man sie lernt (wegen des "doppelten" Wortschatzes und der unglaublichen Vielfalt an idiomatischen Ausdrücken). ...

Aber auch English und viele seiner kleinen sprachlichen Nuancen sind doch ueber Zeit und
Entfernung entstanden - so wie ein hessisches Dorf
einen ganz anderen Dialekt spricht, als ein Dorf 5km
weiter entfernt.
Aus purem, sprachlichen, Interesse frage ich da -
oder besser setze voraus, dass auch Esperanto
dem "Menschlichen" unterliegen wird, und auch
diese kleinen Nuancen entwickeln wird?

Eine andre Frage, die ich haette, waehre diese:
wie weit in die Zukunft man blicken muss um
Esperanto tatsaechlich als die "Haupt" Sprache Europas anerkennen zu koennen?

Damit meine ich dass 2 von 3 lebenden Generationen
Esperanto als Erste Sprache (d.h. auch zu Hause unter sich) sprechen?

Sollte Esperanto wirklich zur "Europaeischen" Sprache
werden, hat das gewisslich seine Vorteile.
Einer davon dass es KEIN wirkliches Europa geben kann ohne eine GEMEINSAME Sprache.

Der Nachteil waere aber, und das ist nur menschlich,
dass Kinder griechischer, deutscher, franzoesischer
oder Italienischer Eltern im Jahre 2080 die Sprache
ihrer Vorfahren nicht mehr beherrschen werden.

Die Theorie, dass man seine Muttersprache, die der Eltern, zu Hause weiterhin spricht, ist wirklich nichts
weiter als eine "Idee"! Sie ist auf Dauer nicht umsetzbar in Realitaet.
Ich weiss da in der Praxis von was ich spreche.


radefeld antwortete am 11.03.04 (07:03):

Julchen kann ich nur zustimmen. Auch ich weiß, wie sehr ursprüngliche, sogar im "Gastland" teilweise noch geförderte, Muttersprachlichkeit im fremden Umfeld zum Wunschtraum wird. Wir hatten deutsche Freunde in Rumänien. Glaubt mir, die waren, nachdem sie fast 200 Jahre, also mindestens 8 Generationen in dem Lande gelebt hatten, kaum noch zu verstehen. Sie sprachen zwar ohnehin einen Dialekt- (Alt-)Schwäbisch, aber auch DEN verstanden selbst die Schwaben nicht mehr, als sie dann nach der Wende nach Deutschland umsiedelten. Oder die Russlanddeutschen. Man versteht sie kaum noch, ihre Sprache meine ich. Vor dem Nichtverstehen der eigenen Sprache der Vorfahren sind wir ohnehin nicht gefeit. Wer versteht einen alt- oder wenigstens mittelhochdeutschen Text noch auf Anhieb? Selbst Originaltexte Martin Luthers sind manchmal schon schwer verständlich.
Ich bin jedenfalls der Meinung, auch Europa würde eine gemeinsame Sprach nur gut tun. WELCHE das am Ende wird, wage ich noch nicht vorherzusagen. Sprich, ob Gewohnheit, Macht oder Vernunft obsiegen werden.


DorisW antwortete am 11.03.04 (07:49):

Saluton Ursulo (oder wird der Vokativ anders gebildet?),

ich danke dir für deine Recherchen und deine ausführliche Antwort!

Nach Angaben über den Wortschatz habe ich soeben auch noch mal kurz gestöbert und dabei diese Aussagen gefunden:

"Der Gesamtwortschatz der deutschen Sprache umfasst etwa 500.000 Wörter, auch wenn darin Fachausdrücke aus den unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen enthalten sind. Unser passiver Wortschatz umfasst alle Wörter, die wir kennen und mittels derer wir die Äußerungen unserer Mitmenschen verstehen können - auch wenn wir sie nicht gebrauchen. Je nach Bildung und geistiger Leistungskraft kann ein solcher passiver Wortschatz etwa bis zu 50.000 Wörter umfassen. Die Fülle der Wörter, die wir täglich zum Formulieren unserer Gedanken nutzen, nennt man den aktiven Wortschatz. Dieser umfasst - je nach Bildung und Übung - etwa 2000 bis 4000 Wörter - kein Vergleich also zu unserem passiven Wortschatz!"

(Quelle: https://www.trainplan.de/product/module/3-934812-18-X/Demo_Skript.pdf)

Ich glaube, angesichts dieser Zahlen muss man nicht befürchten, dass einem in Esperanto die Worte fehlen ;-)


schorsch antwortete am 11.03.04 (08:52):

@ DorisW: "...Ich glaube, angesichts dieser Zahlen muss man nicht befürchten, dass einem in Esperanto die Worte fehlen ;-)..."

Nein - aber mir das Gefäss, wo sie gespeichert werden müssten - das ist nämlich recht löchrig geworden ):--((((


Irina antwortete am 11.03.04 (09:20):

Aus Zeitmangel habe ich die von Ursulo angegebenen URLs erst einmal zu meinen Favoriten gelegt. Ich bin sicher, daß ich mich wie Karl verhalten werde.
Zur Zeit meines Abiturs 1954 waren die Diskussionen um ESPERANTO sehr heftig; sie zogen sich bis in den Deutsch-Unterricht hinein.

Zunächst aber möchte ich fragen:
Ist ESPERANTO irgendwo online erlernbar?
Und: in Bezug auf die Aussprache gibt es ja für Deutsche wohl keine Probleme?

Als Senior ist man manchmal unlustig, Fahrten zu Kursen zu unternehmen, von denen man noch nicht einmal weiß, ob sie seriös sind.
Danke!

Irina


Ursulo antwortete am 11.03.04 (09:34):

Saluton dirgni,
kaj dankon pro via komento (und Dank für deinen Kommentar).

Ich muss dich warnen! Bei mir hatte auch alles so harmlos angefangen, doch ich war schon mit dem Begeisterungsvirus infiziert und heute können die Ärzte nur noch "Unheilbar!" feststellen. Meine ganze "Krankengeschichte" findest du unter https://www.esperanto.de/info/StgtZtg_990612.html ;-)

In der Tat ist es eine der größten Schwierigkeiten für Neueinsteiger, andere zu finden, mit denen man Esperanto sprechen kann. Jedenfalls damals war es so. Heute - mit Internet - ist da manches einfacher, man tippt einfach Esperanto und den gewünschten Ort in eine Suchmaschine und schon purzelt's.

Manches daran ist wahrscheinlich nur ein Wahrnehmungsphänomen. - Vielleicht ist es dir ja auch schon so gegangen: da bekommt ein guter Freund von dir eine bestimmte Krankheit, sagen wir z.B. Tinitus. Bis gestern wußtest du nichts davon, Tinitus war für dich nicht existent. Doch jetzt spitzt du jedesmal die Ohren, wenn er erwähnt wird, merkst plötzlich: dieser und jener hat ihn auch, da und dort gibt’s Informationen dazu, ganze Zeitschriften und Gesellschaften ö und mit einem Mal ist die ganze Welt voller Tinitus.

Mir geht es inzwischen wie Alice im Wunderland: Alle denken, was steht da bloß für ein oller Schrank, aber ich war drin und weiß, es ist eine ganze Welt. - Mein Fazit: von "toter Sprache" kann nicht die Rede sein.

Ghis revido, Ursulo


mart antwortete am 11.03.04 (09:39):

Ich habe in guter Erinnerung, daß in meiner Kindheit regelmäßig Sendungen auf Esperanto im Radio gekommen sind.

Warum gibt es das nicht mehr?

Esperanto war doch auch einmal als 4 Hauptsprache für die EU im Gespräch. Warum ist es dazu nicht gekommen?


Ursulo antwortete am 11.03.04 (10:48):

Saluton julchen,
kaj dankon pro via opinio (= Meinung).

Du stellst dir die Auswirkungen einer praktizierten "Weltsprache" Esperanto vor. Ja, auch wenn ich mir (bescheidener) erstmal nur die Utopie einer "europäischen Zweitsprache" Esperanto hege, ö die Auswirkungen, die das haben würde, wären ungeheuerlich, z.B. für das Entwickeln einer europäischen Öffentlichkeit und einer europäischen Identität.

Du sprichst die Frage der Dialektbildung an. - Etwas Vergleichbares ist in meinem eigentlichen Fachgebiet, der Biologie, gut untersucht worden, nämlich die ARTBILDUNG, die immer dann vorkommt, wenn eine Gruppe von Individuen nicht mehr am Gen-Austausch mit dem Rest der Art teilnimmt (wenn ihr Gebiet durch Hindernisse wie Meer, Wüste, Gebirge ö vom restlichen Verbreitungsgebiet abgeschnitten ist).

Ob solche DIALEKTBILDUNG heute noch möglich wäre, bezweifle ich, denn die Kommunikationsmöglichkeiten sind dank Radio, Fernsehen, und vor allem Internet weltumspannend geworden, so dass selbst eine Diktatur die die Isolation will, dagegen wohl kaum noch eine Chance hat. Insofern ist die Globalisierung technisch bereits verwirklicht.

Auch deine Frage nach dem "DURCHSETZEN" von Esperanto ist eine wichtige Frage. Die einen erstreben es, die anderen befürchten es. - Hier gibt es kein vergleichbares biologisches Phänomen.
Unsere Sprachenpolitik ist insgesamt wenig rational geprägt. Hier spielen Macht und nationale Egoismen eine Rolle, aber auch eine gute Public-Relation-Arbeit: so hat Englisch z.B. sehr hohe Anerkennungswerte weltweit, ja, es gilt sogar als "leichte" Sprache, während Esperanto ein Verlierer-Image hat und als versponnen gilt. - Um solch ein Image zu ändern, müssten wir wohl alle Werbeagenturen einspannen, die jetzt nicht mehr für Florian Gerster arbeiten dürfen. ;-)

Wann oder ob es jemals soweit kommt, dass - wie du schreibst "2 von 3 lebenden Generationen Esperanto als Erste Sprache (d.h. auch zu Hause unter sich) sprechen", kann ich beim besten Willen nicht vorhersagen.
Und ich weiß nicht einmal, ob ich das für wirklich wünschenswert hielte, denn dann wäre wohl auch die ganze BUNTHEIT weg. (So wie unsere Innenstädte immer gleicher und langweiliger werden). Das fände ich schade, und es würde auch Kommunikation, die ja von Verschiedenheit lebt, fast überflüssig machen.
Meine Utopie wäre es, die Verschiedenheit zu erhalten und durch sprachlichen Austausch zu überbrücken. - Du sagst, das "ist auf Dauer nicht umsetzbar in Realitaet. Ich weiss da in der Praxis von was ich spreche." - Ich bin mir da nicht ganz sicher. Jedenfalls: wenn Verschiedenheit UND Austausch überhaupt zu erreichen ist, dann sicher eher mit einer "neutralen" Sprache.

Dankon pro viaj interesaj argumentoj!


Ursulo antwortete am 11.03.04 (10:52):

Zunächst einmal an alle
koran saluton! (einen herzlichen Gruß!)

Ich habe schon viele Diskussionen über Esperanto erlebt, aber so aufgeschlossen wie diese hier war noch keine!!!!!

DANKEGON!


mart antwortete am 11.03.04 (11:01):

Hat Esperanto akkumulative Züge ähnl. dem Ungarischen und dem Türkischen?


Ursulo antwortete am 11.03.04 (12:41):

Saluton radefeld,
jes, vi pravas (ja, du hast recht).

Sprache entwickelt sich.
Besonders die Aussprache passt sich der Umgebungssprache an.
- So ist Latein in den verschiedenen Kolonien von Portugal über Frankreich bis Rumänien so sehr von den unterschiedlichen kolonisierten Sprachen beeinflusst worden, das wir die Resultate heute als sehr verschiedene Sprachen empfinden. Und türkische Kinder, die in Deutschland aufgewachsen sind, werden in der Türkei oft ihrer "komischen" (nichtgerollten) Aussprache von "R" wegen als "die Deutschen" apostrophiert. -

Räumliche Trennung einer Teilgruppe von der Hauptsprechergruppe fördert die Auseinander-Entwicklung.
Ohne Scherz: es fällt mir deutlich leichter, Schillers Räuber in der Esperanto-Übersetzung von 1908 zu lesen als Schillers Original. :-)
- Dazu am Rande: Die Wiener Hofburg beherbergt das Internationale Esperanto-Museum : https://www.onb.ac.at/sammlungen/plansprachen/index.htm
Dort sind 25.000 Bibliotheksbände an Esperanto-Literatur registriert und mit der Datenbank "TROVANTO" nachschlagbar:
https://allegro.onb.ac.at/cgi-bin/allegro/maske.pl?db=esperanto〈=esp)
Und wer einfach mal einen Esperanto-Text sehen möchte, ist gut beraten mit den e-Büchern von
https://www.esperanto.nu/eLibrejo/ (39329 Seiten zum Herunterladen, pdf-Format)
Das Englisch derzeit die Rolle der "lingua franca" hat, bezweifelt wohl niemand. Es gab aber früher schon andere Sprachen in dieser Rolle (Koine, Latein, Französisch).

Inzwischen leben wir aber unter den Bedingungen der Globalisierung. Es könnte also sein, dass die "lingua franca" jetzt definitiv festgelegt ist. (Dann hätten wir mit Sicherheit nicht die optimale Lösung gefunden.)

Ich stimme dir, radefeld, völlig zu:
"WELCHE das am Ende wird, wage ich noch nicht vorherzusagen. Sprich, ob GEWOHNHEIT, MACHT ODER VERNUNFT obsiegen werden."

Jes, vi pravas (ja, du hast recht).


Ursulo antwortete am 11.03.04 (13:15):

Saluton DorisW,
kaj dankon pro la vokativo!

Die Fälle im Esperanto habe ich bisher unterschlagen, es gibt aber nur zwei: Nominativ und Akusativ (sichtbar in "salutoN" = eineN Gruß und in "dankoN" = eineN Dank).

Ho DorisW, estu (sei) trankvila, vokativo ne ekzistas! :-)
Kaj dankegon pro via serchado pri (über, zum Thema von) la vort-trezoro de diversaj lingvoj !!!

>> Ich glaube, angesichts dieser Zahlen muss man nicht befürchten, dass einem in Esperanto die Worte fehlen ;-)

Jes, vi pravas! (pravi = rechthaben ist übrigens eines der Worte slawischen Ursprungs, siehe "Prawda" = Wahrheit)
:-)


heinzdieter antwortete am 11.03.04 (15:25):

Mit Aufmerksamkeit habe ich die Eintäge und Meinungen hierzu gelesen, u.a. auch den Hinweis auf die englische Sprache.
Esperanto klinkt für mich etwa wie Latein oder Alt-Griechisch also eine tote Sprache.
Mit Englisch kommt man doch in der ganzen Welt durch.
Gerade im fernöstlichen Raum ist die engliche Sprache gang und gebe;das trifft auch für die Länder der ehemaligen UDSSR zu.
Ich kann mir deshalb nur schwer vorstellen ,dass sich diese Sprache einmal durchsetzen wird.


Irina antwortete am 11.03.04 (15:55):

Hallo Ursulo,
gibt es für meine Fragen

--> Irina antwortete am 11.03.04 (09:20):
Aus Zeitmangel habe ich die von Ursulo angegebenen URLs erst einmal zu meinen Favoriten gelegt. Ich bin sicher, daß ich mich wie Karl verhalten werde.
Zur Zeit meines Abiturs 1954 waren die Diskussionen um ESPERANTO sehr heftig; sie zogen sich bis in den Deutsch-Unterricht hinein.
Zunächst aber möchte ich fragen:
Ist ESPERANTO irgendwo online erlernbar?
Und: in Bezug auf die Aussprache gibt es ja für Deutsche wohl keine Probleme? <--

keine Antwort?

Das ist überhaupt nicht vorwurfsvoll gemeint. Mir liegt das Thema einfach sehr am Herzen :-))

Irina


DorisW antwortete am 11.03.04 (16:13):

Saluton Ursolo,

das macht richtig Spaß, deine Esperanto-Sätze zu studieren und zu entziffern!

Werden Zusammensetzungen aus Hauptwörtern (vort-trezoro = Wortschatz) immer mit Bindestrich gebildet?

Dankegon :-) ... für das Engagement, mit dem du uns hier diese Sprache näherbringst.

Ich fände es wirklich toll, wenn wir hier vielleicht gemeinsam ein wenig Esperanto lernen könnten... und eines Tages vielleicht sogar in dieser Sprache diskutieren könnten.

Nun habe ich aber noch eine andere Frage: wie findet Sprachentwicklung (die ja bei allen lebenden Sprachen ein normales Phänomen ist) bei Esperanto statt? Wem "gehört" Esperanto, gibt es eine Art oberste Kommission, die entscheidet, welche Vokabeln neu in den Wortschatz aufgenommen werden? Also, wie "demokratisch" ist Esperanto?

Und noch eine: was bedeutet das Wort "Esperanto" auf deutsch? Irgendetwas mit "Hoffnung" (lat. spes)?


Ursulo antwortete am 11.03.04 (16:41):

Saluton al chiuj! (einen Gruß an alle!)
Mi ne sukcesis (erfolgreich sein; -is = Vergangenheit) respondi (antworten, -i = Infinitiv) chiujn (alle) viajn demandojn, pardonu! Mi promesas (versprechen) plibonighi (mehr-gut-werden).

--
Saluton schorsch ):--((((,
ne timu, via cerbo (Gehirn) sufichas (ausreichen) !
--- Adenauer war deshalb als "Volkskanzler" so beliebt, weil er mit einem Vokabular von etwa 600 Worten auskam und die "Sprache des kleinen Mannes" sprach.
Do, kuraghon ! (Also, nur Mut!! :-)

--
Saluton irina,
dankon pro via demando >> Ist ESPERANTO irgendwo online erlernbar?
kaj koncizan respondeton (Antwort, abgeschwächt; Antwortchen): JES!

Mi rekomendas (empfehlen) : https://home.t-online.de/home/Ulrich.Matthias/kurse.htm
Dort ist eine kurz kommentierte Zusammenstellung der verschiedenen Kurse im Internet (jeweils unterschiedlich: Ausgangssprache, Umfang, Humor- und Unterhaltungsgrad, ö)

Die Aussprache dürfte überhaupt kein Problem sein (ich selbst habe Esperanto autodidaktisch mit einem Buch gelernt, und hatte nach einem Vierteljahr keine Probleme, zu verstehen noch verstanden zu werden).
Aber auch Kurse vor Ort haben ihr Gutes: man lernt gleich andere kennen, mit denen man auch sprechen möchte ö
Multan amuzon! (Viel Vergnügen)

Saluton mart,
jes, ekzistas radio-elsendoj en Esperanto. La plej (am meisten) famaj (berühmt) estas la elsendoj de RADIO VATIKANA kaj de POLA RADIO VARSOVIO. Trovu (finde) informojn : https://www.osiek.org/aera/
Diese und RADIO CHINA und ITALA RADIO sind auch direkt im Internet zu hören. Näheres auf genannter Seite.
Bonan aùskulton! (Gutes Zuhören!)
:-)

Ja, wie Ungarisch und Türkisch zählt man Esperanto zu den agglutinierenden ("anklebende") Sprachen, in denen die Wortstämme sich nicht ändern, wenn man Endungen oder Vor/Nachsilben anhängt.
Daneben gibt es die flektierenden Sprachen (typisch für indoeuropäische - z.B. "singen, sang, gesungen" ö), und die isolierenden wie Chinesisch.

Amikajn (amiko = Freund; -a = Adjektiv, -j = Plural, -n = Akusativ) salutojn! Ursulo

Internet-Tipp: https://home.t-online.de/home/Ulrich.Matthias/kurse.htm


dirgni antwortete am 11.03.04 (20:03):

Saluton Ursulo,

danke für den Hinweis auf das Museum in der Hofburg - da werde ich mich demnächst, wenn mich der Frühling wieder zum Leben erweckt, gleich mal umsehen.


Ursulo antwortete am 12.03.04 (00:06):

Saluton DorisW,
dankon pro via komplimento! :-)))
Mi ghojas (sich freuen), ke (dass) vi trovas (finden) plezuron, studi kaj dechifri miajn Esperanto-frazojn.

--
Vi povas (können) skribi "vorttrezoro" aù "vort-trezoro". Mi opinias (meinen), ke vi komprenas "vort-trezoro" pli (mehr) facile (leicht; -e Adverb).
Chu (ob) mi pravas?
(Die Ja-Nein-Fragen im Esperanto sind richtig leicht: so wie die Spanier ihre Fragen immer mit einem Fragezeichen auf dem Kopf einleiten, nimmt man im Esperanto das Wörtchen "CHU" (gesprochen "tschu") und setzt es vor den Aussagesatz, fertig.
Chu vi komprenis? ;-)

--
>>Dankegon :-) ... für das Engagement, mit dem du uns hier diese Sprache näherbringst.
--- Ja, wenn ich so begeisterte Mitleser habe!!! - Mi redonas (doni - geben; re- wieder, zurück) la komplimenton!

--
Die SPRACHENTWICKLUNG im Esperanto betrifft den Wortschatz, da die Grammatik im Fundamento de Esperanto (1905) festgeschrieben ist und von allen akzeptiert wird.

Die WORTSCHATZERWEITERUNG findet auf fachlichem Gebiet statt durch Fachgruppen der Eisenbahner, Komputerspezialisten, Sozialarbeiter, Fahrradfreunde, Journalisten ö, auf beletristischem, indem Autoren neue Wörter vorschlagen und verwenden. Durch Zeitschriften und Internet finden die neuen Wörter Anhänger und Benutzer (oder auch nicht).

Als ich ein Esperanto-"Baby" war, war "glaci-shranko" das einzige Wort für Kühlschrank (Eisschrank), inzwischen ist es völlig außer Gebrauch, und alle sprechen von "fridujo" (frida - kühl; -uj- Behälter) - eine sehr elegante, geschmeidige Lösung.

Die Wortbausilben werden gerne verwendet. Es sind ureigene Esperanto-Elemente, die beim Wortbau Zusammenhänge sehr bündig auf den Punkt bringen. - Obwohl es auch das Wort "hospitalo" gibt, wird viel öfter das zusammengesetzte mal-san-ul-ejo (un-gesund-Mensch-Ort) verwendet. Welches der beiden für einen Chinesen leichter zu verstehen ist, dürfte keine Frage sein.

Oberste Sprachinstanz ist die "Akademio de Esperanto". Sie funktioniert wie unsere Duden-Kommission oder der Akademie Francaise. Dort treten kompetente Fachleute zusammen und besprechen anstehende Streitfragen. Sie geben Empfehlungen zu Verwendung oder Vermeidung von Wörtern oder Ausdrücken heraus.
Die Akademio hat eine Internetseite, dort befindet sich auch das "FUNDAMENTO":
https://www.akademio-de-esperanto.org/fundamento/gramatiko.html

--
>> Und noch eine: was bedeutet das Wort "Esperanto" auf deutsch? Irgendetwas mit "Hoffnung" (lat. spes)?
GRATULON!!! esperi = hoffen; -ant- Verlaufsform wie deutsch "(hoff)-end"


Ursulo antwortete am 12.03.04 (00:13):

Saluton dirgni,
mi ghojas! Vizitu (besuchen; -u Imperativ) la Muzeon! Kaj
ne forgesu (vergessen) saluti la homojn en la Muzeo de mi!!!
La muzeo ankaù (auch) havas (haben) paghon en interreto:
https://www.onb.ac.at/sammlungen/plansprachen/
Multan plezuron!


Mi jhus (gerade eben, just) telefonis al amikoj en Madrido. Ili suferis (erleiden) shokon post la terura (fürchterlich) atenco (Anschlag) en la trajnoj (Zug). Mi esprimis (ausdrücken) mian konsternon (Betroffenheit), funebron (Trauer), koleron (Wut).


Irina antwortete am 12.03.04 (07:48):

Danke, Ursulo!! :-)

Irina


Ursulo antwortete am 12.03.04 (15:06):

Saluton heinzdieter,

mi estas pentegema (penti - bereuen; -eg- verstärkend; -em- willig, geneigt zu. => zerknirscht).
Mi ne respondis al via argumento. La kaùzo: mi pretervidis (preter - vorbei, vidi - sehen => übersehen) ghin. Pardonu! Mi NE volis (wollen) ignori vin. Mi hontas (sich schämen).


--
>> Esperanto klinkt für mich etwa wie Latein oder Alt-Griechisch also eine tote Sprache.
- Darf ich das für mich übersetzen als: Du kennst niemanden, der Esperanto im Alltag spricht. (Bist du mit meiner "Übersetzung" einverstanden?)

- Man schätzt die Zahl der Esperanto-Sprecher weltweit auf 3 Millionen. Damit gehört es zu den kleinen der 100 größten Sprachen von etwa 5.000 Sprachen weltweit, ist also nicht akut vom Aussterben bedroht. ;-)
Esperanto liegt also irgendwo im Promille-Bereich.
Rein statistisch dürfte sich also auch in deinem Bekanntenkreis irgendwo ein Esperanto-Sprecher verborgen halten. Vielleicht hat er/sie sich irgendwie "geoutet" ;-) und du findest ihn/sie, wenn du in einer Suchmaschine "Esperanto" + "dein Ort" eintippst.


>> Mit Englisch kommt man doch in der ganzen Welt durch.
Gerade im fernöstlichen Raum ist die engliche Sprache gang und gebe;das trifft auch für die Länder der ehemaligen UDSSR zu.

- Das stimmt weitgehend (obwohl ich auch etliche Gegenbeispiele zu nennen wüßte). Aus vielen Bereichen, insbesondere Handel, ist Englisch nicht wegzudenken. Allerdings hat die dort verwendete Verständigungssprache oft ein klägliches Niveau. (Böse Zungen sprechen vom weltweiten BSE - Bad Simple English.)

Auch bei uns ist der schulische Englisch-Unterricht relativ ineffizient. Das ist insbesondere deshalb bedauerlich, als wir 80% unseres gesamten schulischen Aufwands für Fremdsprachen ins Englische investieren. Im Verhältnis dazu ist das Resultat nur zum Weinen.

Viele Firmen, auch die EU-Behörden selbst, schreiben Stellen explizit für "english mothertongue" aus. Ein schwerwiegendes Indiz.

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>> Ich kann mir deshalb nur schwer vorstellen ,dass sich diese Sprache einmal durchsetzen wird.
- Darf ich das übersetzen als: ödass Esperanto die Rolle als internationale Verkehrssprache ausfüllt, die heute Englisch hat.

- Mag sein. Wir hatten es ja schon mal davon, dass die Sprachenpolitik stark von Interessen, aber auch von irrationalen Beweggründen wie Stolz, Nur-nicht-nachgeben, ö geprägt ist.

Doch selbst dann bleibt Esperanto eine gute Alternative, da es viele Dinge ermöglcht, die mit irgendeiner Nationalsprache nicht möglich sind.
(für mich persönlich HAT sich Esperanto bereits "durchgesetzt". Es spiel in meinem Leben eine unverzichtbare Rolle.)


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Kleine Randbemerkung zum Schluß:
Ich kann mich nicht erinnern, das Wort "zerknirscht" jemals vorher auf Esperanto verwendet zu haben. Eine schnelle Suche im Wörterbuch erbrachte kein Resultat. Was tun? - In jeder anderen Sprache wäre ich nun aufgeschmissen. - Nicht so bei Esperanto: man setzt sich hin und überlegt, was das Wort eigentlich bedeutet. Und nach etwas Nachdenken stellt sich dann die Lösung ein, von der man sicher sein kann, dass sie weltweit verstanden wird.

Multajn salutojn, Ursulo


heinzdieter antwortete am 12.03.04 (19:43):

Hallo Ursulo,
Ich habe mich vielleicht etwas zu hart ausgedrückt.
ich spreche dieses Thema aus meiner Sicht an,denn ich bin mit der englischen Sprache sehr gut in allen Ländern gut durchgekommen.
Schwierigkeiten hatte ich anfangs gehabt als ich mit Schulenglisch parlieren wollte. Das war ein totaler Reinfall.
Innerhalb einem Tag hatte ich dann die größten Schwierigkeiten überwunden.
Nochmals warum eine andere Sprache einführen, die zwar schon ca 100 ? Jahre alt ist, wenn ein Großteil der Weltbevölkerung Englisch spricht, sodaß eine Verständigung möglich ist; man kann sich unterhalten sowie technische und kaufmannische Gespräche führen egal ob dies grammatikalisch in Ordnung ist, Hauptsache die Verständigung klappt. Warum also??
Gruß


dirgni antwortete am 12.03.04 (21:51):

hallo heinzdieter,

das was Du über Englisch schreibst, entspricht auch meinen Erfahrungen. Aber es ist immer noch eine Nationalsprache, also warum nicht Französisch, Spanisch oder Deutsch. Wenn aber eine Kunstsprache wie Esperanto allgemein als zweite internationale Sprache unterrichtet würde, könnten das alle Nationen akzeptieren. Und nach einer oder zwei Generationen gäbe es dann ein Verständigungsmittel, das ohne Vorurteil benützt und erweitert werden könnte.

Vielleicht bleibt es ja Utopie, aber mir gefällt diese Vorstellung. Niemand bräuchte dabei auf seine Muttersprache und damit auf seine Identität verzichten.


werner antwortete am 13.03.04 (07:09):

Natürlich klingt es verlockend eine 'neutrale' Sprache weltweit zu nutzen. Trotzdem kann ich mich nicht durchringen auch noch Esperanto zu lernen. Ich habe dazu folgende Gründe:
1. Seit meiner Kindheit lerne ich Englisch und komme damit in einem grossen Teil der Welt zurecht.
2. Um eine Sprache sehr gut zu sprechen kostet es mehrere Jahre intensiven Gebrauchs der Sprache. Wenn es geht, dann möglichst täglich sprechen, schreiben, lesen. Wieviel Jahre hat man in einem Seniorentreff noch um eine Sprache intensiv zu erlernen. Dann lerne ich lieber Russisch oder Japanisch und kann die Sprache direkt anwenden. Obwohl diese Sprachen anfangs schwieriger sind. Ich kämpfe zur Zeit gegen die Vielfalt der russischen Sprache.
3. Trotz des Gebrauchs einer Universalsprache wird es zu Missverständnissen kommen, da, als Beispiel, ein Mexikaner oder ein US-Amerikaner das Wort 'Freiheit' anders verstehen wird wie ein Deutscher, Franzose oder gar Chinese oder Japaner, egal in welcher Sprache man das Wort ausdrückt.
4. Jede Sprache kann beim Beginn des Erlernens als leicht empfunden werden. Die Schwierigkeiten nehmen im Verlauf des Lernens zu. Dabei ergeben sich die unterschiedlichen Schwierigkeitsgrade auf Grund der Herkunft des Lernenden. Ich meine, dass dies auch beim Esperanto der Fall sein würde wenn man über die Kleinkonversation hinausgeht.
5. Wenn man Länder bereist, wird man nicht umhin kommen die Nationalsprache zu sprechen. In einem Ort in der Provinz Brasiliens bist Du auch mit Englisch aufgeschmissen, da die Leute nur Portugiesisch sprechen. So wenig wie sie dort den Drang empfinden Englisch zu sprechen so wenig werden sie das auch mit Esperanto tun.
6. Esperanto lernen kommt mir so vor wie die Grünen wählen. Das klingt alles sehr schön, ist aber elitär und nicht jeder kann es sich leisten.
7. Ist die Vielfalt der Sprachen nicht etwas schönes? Wie arm wäre Deutsch ohne seine Dialekte? Wie schön ist der Singsang des Englischen in Süd-Louisiana oder das 'breite' Texanisch? Und gibt es nicht zu denken, dass manche Globetrotter in fremden Ländern herrlich zurechtkommen ohne die Sprache zu sprechen?
Alles in allem, für mich ist Esperanto sicher ein feines Hobby, dass manche pflegen mögen aber im täglichen Gebrauch ist es für mich nicht realistisch. Aber vielleicht setzt es sich ja eines Tages durch. Schliesslich gibt es Erfahrungen mit Kunstsprachen. Als Sprache, siehe Suaheli, oder als Durchsetzung einer Idee, siehe Neu-hebräisch (Ivrit).


Tobias antwortete am 13.03.04 (13:27):

Die Entscheidung ist doch bereits gefallen. Werbung und Werbeslogans werden uns in englischer Sprache aufgetischt.
Bei uns fährt ein Stadtbus mit folgender Werbeaufschrift einer Bamberger Großbäckerei:
HAAPY GRAMS DAY TO YOU.
Wenn eine Bäckerei, die in Nordbayern, Thüringen und Vogtland ihre Brötchen an den Kunden bringen will, nur noch englisch verstanden wird, ist alles schon gelaufen.


dingo antwortete am 14.03.04 (04:52):

Hallo Tobias,

WAS SIND HAAPY GRAMS ??


Irina antwortete am 14.03.04 (07:21):

"GRAMS" ist vielleicht der Name der Bäckerei.

"HAPPY DINGOS DAY TO YOU" :-)

Irina


julchen antwortete am 15.03.04 (07:08):

Hallo Ursulo
Du sagst..Ob solche DIALEKTBILDUNG heute noch möglich wäre, bezweifle ich, denn die Kommunikationsmöglichkeiten sind dank Radio, Fernsehen, und vor allem Internet weltumspannend geworden, so dass selbst eine Diktatur die die Isolation will, dagegen wohl kaum noch eine Chance hat....

Das glaube ich keinesfalls.

Gross Medien, wie TV, RAdio und nun auch computer
halten auch kinder in Californien NICHT davon ab
andre Dialekte zu sprechen als Kinder in New York.
so wenig wie ein Schmetterling der im Norden zu hause ist, doch kennzeichliche Unterschiede zeigt, wals ein Schmetterling der gleichen Art in suedlicheren Gefielden.. aber das ist kein Hindernis fuer Esperanto, das ist lediglich die menschliche Natur..

Weiter sagst Du, Ursulo:
....Die einen erstreben es, die anderen befürchten es. - Hier gibt es kein vergleichbares biologisches Phänomen....

Doch das gibt es! Das gibt es in 10 von 15 haeusern in meiner Strasse, und in jedem kleinen Dorf in Deutschland..es kommt ganz darauf wen man fragt.
Aeltere Menschen fuerchten eine neue Sprache und sind oft nicht willens diese in Neuen Land zu erlernen..juengere Menschen erstreben es!
Leider oft zum voelligen Verfall der "alten" Sprache.
Auch da weiss ich wovon ich rede.

Ursulo sagt:
...Meine Utopie wäre es, die Verschiedenheit zu erhalten und durch sprachlichen Austausch zu überbrücken....
...und dass Du Dir nicht ganz sicher bist, dass dies unmoeglich sei?

Glaube mir, ICH bin mir ganz sicher dass dies auf Dauer, sagen wir mal mehr als 3 generationen unmoeglich ist!
Dies basiere ich auf fast 24 jahre Leben im Schmelztiegel, wo Kinder ihrer Oma Deutsch, franzoesisch, vietnamesich, griechisch, italienisch,
russisch, serbisch, spanish, Malay, polish, Irish,
farzi, oder aegyptisch nur noch zum taeglichen Gebrauch sprechen. - Deren Kinder dann gar nicht mehr.

Nicht wuenschswert, aber menschlich....und nicht zu
verhindern, meiner Meinung nach!

Wenn man eine gemeinsame Sprache hat, dann ist es
vollkommen normal, dass irgendwann ALLE diese Sprache sprechen werden und "Mutter/Oma" Sprachen
vergessen gehen.
Es ist nur ein Wunschtraum dass jedes Land seine Sprache erhalten wird, waehrend man im Schul und Arbeitsleben nur eine andere Sprache sprechen soll.

Es ist einfach in der Praxis nicht machbar.

Trotzdem MUSS Europa sich auf eine gemeinsame Sprache einigen, wenn es wahrlich ein vereintes Europa werden soll.

Tut mir leid auf den Salat gepinkelt zu haben aber was
in der Theorie wirklich einfach klingt ist in der Praxis
oft nicht nachvollziehbar, weil man den Faktor X ausgelassen hat - den Menschlichen Faktor.


Irina antwortete am 15.03.04 (08:21):

Das ist eine interessante Stellungnahme, Julchen! :-)

Irina


Ursulo antwortete am 15.03.04 (13:52):

Saluton al chiuj,
mi shuldas multajn respondojn - pardonu. Mi komencas per la lasta.


Saluton julchen,
dankon pro viaj detalaj argumentoj. Ili multe pensigis min (pensi - denken; -igi - machen, verursachen).

Ich sehe zunächst einen gewissen Widerspruch, wenn du einerseits sagst: Dialekte gibt’s weiterhin, daran ändert auch landes/weltweite Kommunikation nichts. und andererseits: in der dritten Einwanderergeneration geht die Ursprungssprache verloren.

Auf den zweiten Blick löst der Widerspruch sich ziemlich auf, wenn man die Kommunikationsintensität anschaut: Zwischen weit entfernten Regionen gibt es wenig direkten Austausch, im gemeinsamen Alltag in einer Straße dagegen ziemlich viel. - So sind ja auch z.B. in Deutschland viele Dialekte lange erhalten geblieben, weil das gemeinsame Hochdeutsch "nur" Verkehrssprache war. - Ob das noch über Hunderte von Jahren so bleiben wird, weiß ich nicht.


julchen >> Trotzdem MUSS Europa sich auf eine gemeinsame Sprache einigen, wenn es wahrlich ein vereintes Europa werden soll.
- Ja, das halte ich auch für zwingend.

Was ich mir vorrangig dafür wünsche, ist eine öffentliche Auseinandersetzung zu diesem (hochtabuisierten) Thema und eine allgemeine demokratische Abstimmung. Die Argumente ERLERNBARKEIT und NEUTRALITÄT spielen für mich die ausschlaggebende Rolle, gerade weil ich davon ausgehe, dass eine solche Sprache über lange Zeit hinweg eine Fremdsprache bleiben wird, die nicht im häuslichen Alltag verwendet wird.

julchen >>Tut mir leid auf den Salat gepinkelt zu haben ö
- Tiu (dieser) esprimo (Ausdruck) amuzegis min. :-)


ricardo antwortete am 15.03.04 (16:04):

Kanada
hat zumindest zwei Sprachen und obwohl das zweitgrößte Land der Welt
kann damit gut leben!
Bloß keinen europäischer Einheitsbrei!

Aber Arabisch bietet sich neuerdings an!
;-)))))


Irina antwortete am 15.03.04 (16:17):

furl sebchra syst te contaty?

Irina


julchen antwortete am 16.03.04 (05:43):

lach,
danke dass du dich amuzegis hast, Urselo )))
mit ein bisschen deutsch, spanisch, und english
kriege ich schon beim lesen recht viel mit
von Esperanto (sinngemaess). ich finde das herrlich
und bin auch wirklich nicht dagegen Esperanto zu
"europaeisch" zu machen, sozusagen.
Aber ich stehe dazu, dass
mit der Zeit die alten europaischen sprachen zu den
toten sprachen gehoeren werden.

@ Ric
Kanada hat 2 hauptsprachen, das ist richtig, aber von
einigen Kanadiern habe ich erfahren dass man
British Canada und French Canada so gut wie's geht
sowohl politisch, als auch menschlich getrennt haelt.
Hoffentlich liest Doris (Vancouver) diese Zeilen und
gibt uns ihre Expertise dazu. Ich wiederhole nur, was ich von Kanadiern gesagt bekommen habe.

Wie auch immer, die Abwesenheit EINER nationalen Sprache hat (demnach) auch in Kanada immer noch Auswirkungen, die es moeglicherweise davon abhalten
ihr volles Potential zu erreichen.


Ursulo antwortete am 22.03.04 (01:49):

Saluton Werner,
kaj dankon pro via longa letero kaj pardonu, ke mi atendigis (atendi - warten; -igi verursachen) vin (dich) tro (zu sehr) longe.

In den meisten Punkten teile ich deine Meinung, in manchen hatte ich dieselbe Meinung, bevor ich Esperanto in einem Selbstexperiment ausprobiert habe.

(1) Zweifellos kommt man mit Englisch nicht überall durch (jedenfalls NOCH nicht), und genauso zweifellos ist Englisch die Sprache, mit der man die größte Chance hat durchzukommen.

(2) Etwas unverständlich ist mir deine Bemerkung: "Wieviel Jahre hat man in einem Seniorentreff noch um eine Sprache intensiv zu erlernen. Dann lerne ich lieber Russisch ö" = Wenn ich sowieso nicht mehr genug Zeit habe, eine Sprache richtig zu lernen, dann auch wenigstens eine, die ich auch früher schon nicht richtig hätte lernen können???

- Das Spannende am Esperanto ist, wie es einem hilft, in andere Sprachen einzusteigen. Verschiedene Schulversuche haben Esperanto als Sprache mit ausgesprochen großem "propädeutischem Effekt" erwiesen, also als besonders wirkungsvolle Vorbereitungssprache.
- Vielleicht noch wichtiger: Esperanto macht Lust auf andere Sprachen. Man hat ein Erfolgserlebnis viel schneller als bei anderen Sprachen und lernt dann Menschen aus anderen Ländern kennen, wodurch eine Motivation entsteht, sich näher mit ihnen und ihren Sprachen zu beschäftigen. So findet man unter Esperanto-Sprechern viele, die auch ungewöhnliche Sprachen lernen.

(3) Evidente! - Missverstehen kann man sich auch auf Deutsch ganz gut. -
Vor einigen Jahren habe ich einen Artikel darüber gelesen, dass schon etliche Flugzeugunglücke wegen sprachlicher Missverständnisse geschehen sind.

(4) Du schreibst: "Jede Sprache kann beim Beginn des Erlernens als leicht empfunden werden."
- Na ja, wieviele Europäer finden Chinesisch leicht ???

Du schreibst: "Die Schwierigkeiten nehmen im Verlauf des Lernens zu."
- ... in durchaus unterschiedlichem Maße. Anfangs nimmt man hauptsächlich den grammatischen Formenreichtum wahr, erst wenn man eine Sprache schon ziemlich gut kann und nicht mehr ständig über die Grammatik stolpert, bemerkt man erst, dass es darüber hinaus weitere Schwierigkeiten gibt. Oft Fachwörter, seltene Wörter, die man auch in der eigenen Sprache nur passiv oder sehr vage kennt, und vor allen Dingen die _idiomatischen Ausdrücke_.

(6) Esperanto lernen kommt mir so vor wie die Grünen wählen. Das klingt alles sehr schön, ist aber elitär und nicht jeder kann es sich leisten.
- Das habe ich überhaupt nicht verstanden. Kannst du es näher erklären?

(7) Ist die Vielfalt der Sprachen nicht etwas schönes?
- Ja, unbedingt. Deswegen reagiere ich auch ziemlich allergisch, wenn - wie von Tobias treffend beschrieben - sich bei uns Englisch überall ausbreitet und genauso gute deutsche Ausdrücke verdrängt, sie "unmodern", "hausbacken", vergessenswert erscheinen lässt.


werner antwortete am 22.03.04 (09:59):

@Ursulo
(1) Man hat auch grosse Chancen z.B. in Lateinamerika mit Englisch als Gringo angesehen und übervorteilt zu werden.
(2) Ich hatte nach 2 Stunden Latein Arbeitsgruppe aufgehört und lieber Spanisch gelernt weil ich nicht von Kloster zu Kloster reisen wollte. Hier kommt auch der Hinweis zum tragen, dass das Erlernen einer toten Sprache oder auch einer Kunstsprache als Ausgangspunkt zum Erlernen anderer Sprachen meines Erachtens nicht dienlich ist. D.h. wenn ich mich z.B. für slawische Sprachen interessiere, dann beginne ich lieber mit Russisch und kann mich, bei Interesse, auch mit anderen slawischen Sprachen beschäftigen. Der Vorteil: Ich kommuniziere direkt mit den Leuten vor Ort.
(3)Stimmt! Weshalb also extra Esperanto wenn es ebenfalls zu Missverständnissen führt.
(4)Ich halte Chinesisch für eine leichte Sprache. Chinesisch ist mit zwei zeitaufwendigen Problemen behaftet:
1. Das relativ stupide Erlernen der Schriftzeichen (Die Sinologen werden mir verzeihen, denn natürlich sind die Schriftzeichen auch ein herrliches Studium)
2. Das Singen der Tonhöhen (Han-yü mit 4 Tonhöhen) Man kommt sich vor wie ein Zeisig. Von Kantonesisch ganz zu schweigen.
(5) Natürlich in unterschiedlichen Massen. Ich muss sagen, im Russischen beginnen sie recht früh.
(6) Ich kämpfe mit verschiedenen Sprachen und es bereitet schon Mühe einigermassen in diesen Sprachen fit zu bleiben zumal man häufig über längere Zeit die eine oder andere Sprache nicht anwenden kann. Dann überlegt man sich schon intensiv ob man eine Kunstsprache erlernen soll wenn man davon ausgehen kann, dass alle eventuellen Gesprächspartner in meinem wirklichen Leben diese Sprache nicht beherrschen. Es ist ein Experiment und ich bin nicht bereit Energie dafür aufzuwenden. Zum Glück gibt es dafür noch keine Verordnung.
(7)Ich glaube, mein Beitrag ist auch ein Plädoyer für die schöne Vielfalt der Sprachen. Aber ich verstehe auch die Sprache als ein sich wandelndes Objekt. Wir würden unsere Vorfahren schon lange nicht mehr verstehen und wir können nicht davon ausgehen, dass Sprache sich nicht den Strömungen unserer Zeit anpasst. Dabei gibt es Entwicklungen, die wir mitmachen und die heute als Teil unserer Sprache empfunden werden und es gibt natürlich auch Exzesse, die wieder verschwinden ohne dass man sich gross aufregen muss.


Titus antwortete am 22.03.04 (11:59):

Tut mir leid, ich kann mit Esperanto absolut nichts anfangen. Es sind ja nicht nur einzelne Worte, die man zu einem Satz zusammenen setzen kann, auch die sogenannte "Lautmalerei" spielt eine Rolle.

Versucht doch mal Goethes "Wanderers Nachtlied" (Über allen Gipfeln ist Ruh`....)" in Esperanto zu übersetzen.

Oder die Veränderung der Bedeutung eines Begriffs durch Veränderung der Betonung.

Beispiel:
1. Wähl DEN, der LÜGT.
2. Wähl DEN, DER lügt.

Ich meine, man sollte sich damit abfinden, daß die englische Sprache mit allen ihren kleinen oder auch größeren Abwandlungen durch unterschiedliche Dialektfärbungen die Weltsprache ist und auch weiterhin sein wird. Sonst müßte man die gesamte Informationstechnik übersetzen. Chaos wäre das Ergebnis.

Gegner der englischen Sprache sei gesagt, mir gefällt sie auch nicht. Mir wäre die elegante französische Sprache lieber. Aber, man kann ja nicht alles haben..........


Ursulo antwortete am 22.03.04 (18:04):

Saluton Werner kaj dankon pro viaj klarigoj.
Mi shatas (mögen) komenti:

>> ö Hier kommt auch der Hinweis zum tragen, dass das Erlernen einer toten Sprache oder auch einer Kunstsprache als Ausgangspunkt zum Erlernen anderer Sprachen meines Erachtens nicht dienlich ist.
- Das habe ich mit Esperanto ganz anders erfahren. Die regelmäßige Grammatik tut das ihre dazu, die Struktur anderer Sprachen besser zu durchschauen und zu begreifen. Spannender noch: durch die Beschäftigung mit Esperanto habe ich MEHR über Deutsch gelernt als in der gesamten Schulzeit. Grund: Wenn ich ein Wort NICHT im Wörterbuch finde, setzt eine ganz eigenartig prickelnde Herausforderung an, ich überlege, was dieses Wort eigentlich heißt, wie es sich von ähnlichen abgrenzt ö und dann fange ich an, mir dieses Wort selbst zu bauen, meistens mit befriedigendem Erfolg. Dieses vertiefte Sprachverständnis hilft in jedem Falle, auch für weitere Sprachen.

>> (3)Stimmt! Weshalb also extra Esperanto wenn es ebenfalls zu Missverständnissen führt.
- Menschliche Sprache ist eben fusselig. Jedenfalls ist die Zahl der Missverständnisse deutlich reduziert, allein der klaren Phonetik wegen.

>> (6) ö Dann überlegt man sich schon intensiv ob man eine Kunstsprache erlernen soll wenn man davon ausgehen kann, dass alle eventuellen Gesprächspartner in meinem wirklichen Leben diese Sprache nicht beherrschen.
- Zugestanden, der Weg zum nächsten Esperanto-Sprecher ist in der Regel weiter als der zum nächsten Sprecher von Englisch, Französisch, ö. Dennoch ist in Internet-Zeiten auch Email, Diskussion, Chat von Bedeutung, und da finden sich dann reichlich (Google findet zum Stichwort Esperanto 989,000 Seiten, und in Kombination mit "Chat" immerhin 115.000). - für mich gibt’s keinen Tag ohne.

>> Es ist ein Experiment ö
- Ja, und wie ich glaube, ein lohnendes.

>> und ich bin nicht bereit Energie dafür aufzuwenden.
- Das ist natürlich deine Entscheidung, in die dir keiner reinreden sollte.

>> Zum Glück gibt es dafür noch keine Verordnung.
- Und das ist das Beste daran.

>> (7)Ich glaube, mein Beitrag ist auch ein Plädoyer für die schöne Vielfalt der Sprachen.
- Da dürften sich die allermeisten Esperanto-Sprecher (ich inklusive) von ganzem Herzen anschließen. Es ist ja keineswegs so, dass wir Esperanto als Einheitspampe anstreben. Ganz im Gegenteil, wenn es überhaupt eine Möglichkeit gibt, diese Vielfalt zu erhalten (julchen bezweifelt das), dann sehe ich das nur über eine neutrale Sprache zu verwirklichen.


werner antwortete am 23.03.04 (14:54):

@Ursulo - es ist schade, dass sich die Diskussion um dieses Thema auf die Frage 'Esperanto - ja oder nein' so zuspitzt. Aber ich will gerne antworten.
Ich kenne zwar auch aus alten Büchern, dass jemand beschreibt wie er/sie ein neues Wort findet und sich freut. Ich kann das aber in keinster Weise nachvollziehen. Ich werde von der Masse an Wortschatz erschlagen. Der Normalfall ist eher, ein Wort zu lernen und dann im Umfeld der damit verwandten Wörter zu ertrinken.
Wenn auch Esperanto zu Missverständnissen führt, dann ist es doch eher logisch sich direkt in einer Landessprache zu verständigen. Nochmal das kleine Beispiel vom Begriff 'Freiheit'. Im Englischen kann ich auf Grund meiner Sprach- und Geschichtskenntnisse einigermassen nachvollziehen in welchen Dimensionen ein US-Amerikaner oder Engländer den Begriff Freiheit versteht. Willst Du das noch ausdehnen so lernst Du Spanisch und gehst nach Mexiko. Dann kannst Du lernen was Freiheit auf mexikanisch bedeutet. Vielleicht liest ja Julchen diesen Beitrag und kann vielleicht beipflichten. Spreche ich aber keine dieser Sprachen und rede auf Esperanto so erhöht sich eher die Möglichkeit falschen Verstehens. Denn Esperanto ist geschichtslos.
Trotzdem wünsche ich Dir viel Spass beim Erlernen von Esperanto, denn ein Zugewinn ist es auf jeden Fall. Allerdings nur zum leichten Gespräch aber nicht zu Verhandlungen oder zur Verständigung in irgendeinem Land. Da müsste dann schon per Gesetz eine Verpflichtung bestehen in Schule Esperanto zu lernen. Aber das ist in unseren Schulen sowieso unwahrscheinlich - PISA lässt grüssen. Es gelingt ja nicht einmal die deutsche Sprache in Deutschland durchzusetzen und darüber bin ich nicht einmal unglücklich. So haben wir wenigsten Englischunterricht und das ist auch schon was.


Ursulo antwortete am 24.03.04 (17:02):

Saluton Werner,
dankon pro via respondo, kvankam (obwohl) mi taksas (einschätzen) kelkajn (einige) argumentojn antaùjughoj (Vorurteil).

>> es ist schade, dass sich die Diskussion um dieses Thema auf die Frage 'Esperanto - ja oder nein' so zuspitzt.
- Das liegt daran, dass Esperanto selbst wenig bekannt ist. Verbreiteter sind alle möglichen Vorurteile darüber. :-(
Auch mir ging es eigentlich mehr um eine Perspektive für Europa, insbesondere um die Schaffung einer europäischen Identität und einer europäischen Öffentlichkeit. Doch natürlich ist das nicht völlig davon abzukoppeln, welche Sprache man dafür vorschlägt.
Da ich die ernste Befürchtung hege, dass Europa schneller wieder zerfällt, als es sich zusammengefunden hat, wenn man diese Frage nicht löst, hat die Sprachenfrage für mich eine sehr große Bedeutung.

>> öDer Normalfall ist eher, ein Wort zu lernen und dann im Umfeld der damit verwandten Wörter zu ertrinken.
- Das gilt wohl für alle "ethnischen" Sprachen. Dort gilt für alle "Naigschmeckte" (Nicht-Muttersprachler): Friss oder stirb. Findest du das gesuchte Wort nicht fertig im Wörterbuch, vergiss es, du hast keine Chance außer der, ein noch dickeres Wörterbuch zu kaufen und es dort zu finden - oder auch nicht.
Die Situation ist für Esperanto grundlegend anders, da das Fundamenta Vortaro (mit ca. 2.500 Wurzeln) zur Verfügung steht, sowie ein Satz von 40 standardisierten Wortbildungssilben (einige habe ich früher schon erwähnt). Mit diesem Schatz läßt sich in 99% der Fälle dem gesuchten Wort hinreichend nahekommt. Vorteil: es ist mit für dein Gegenüber entschlüsselbar ist. (Beispiel: zerknirscht, s.o.). Also: fester Grund, ganz und gar un-ertrinkens-mäßig ;-)


>> Wenn auch Esperanto zu Missverständnissen führt, dann ist es doch eher logisch sich direkt in einer Landessprache zu verständigen. ö.. Denn Esperanto ist geschichtslos.
- Missverständnis: Es liegt nicht am Esperanto, dass diese Missverständnisse entstehen, und mit seiner angeblichen Geschichtslosigkeit hat es schon gar nichts zu tun. Grund ist die Tatsache, dass einzelne Worte - du führst "Freiheit" an - in verschiedenen Kulturen nicht 100%ig deckungsgleich sind und unterschiedliche Assoziationen mittransportieren. Dazu muss man die nötigen Hintergrundinformationen in jedem Falle lernen, egal in welcher Sprache man sich verständigen will.

>> Da müsste dann schon per Gesetz eine Verpflichtung bestehen in Schule Esperanto zu lernen.
- was ich sehr begrüßen würde, da es erwiesenermaßen die Effektivität eines darauf aufgebauten Fremdsprachenunterrichts erhöht, den Blick weitet, die Neugier beflügelt und somit eine hervorragende gemeinsame Basis für eine europäische Öffentlichkeit wäre.

>> Es gelingt ja nicht einmal die deutsche Sprache in Deutschland durchzusetzen und darüber bin ich nicht einmal unglücklich. So haben wir wenigsten Englischunterricht und das ist auch schon was.
- da fehlt mir aber der kleine Zwinker-Smaili ;-), gell?


Ursulo antwortete am 30.03.04 (14:18):


Saluton al chiuj,

dum (während) la lasta semajno (Woche) mi ne havis devis shancon (Gelegenheit) daùrigi (daùri - dauern, -igi machen; = fortsetzen) la diskuton.

@ Tobias skribis:
>> Die Entscheidung ist doch bereits gefallen. Werbung und Werbeslogans werden uns in englischer Sprache aufgetischt.

Pardonu la polemikan rimarkon:
KIU (wer) decidis tion?
- (Diese "Entscheidung" wäre doch glatt an mir vorbeigegangen, da muss ich wohl krank gewesen sein. ;-)

Und ... wollen wir diese "Entscheidung" einfach so hinnehmen wie das Amen in der Kirche, wie das Wetter, wie die Naturgesetze?

Wenn ja, dann ist es in der Tat das Beste, eher heute als morgen damit anzufangen, zu Hause nur noch Englisch zu sprechen. Und dann ist es auch unsinnig, bereits in der Grundschule Englisch als erste Fremdsprache einzuführen, dann sollten wir konsequent den gesamten Unterricht NUR NOCH auf Englisch abhalten und höchstens - Konzession an die nicht mehr anpassungsfähigen Großeltern - Deutsch als Fremdsprache lehren.

Iom (ein bisschen) provoke (provozierend), Ursulo


julchen antwortete am 31.03.04 (07:26):

Werner hat recht, wenn er sagt dass ein universales
Wort fuer "Freiheit" in verschiedenen Voelkern ganz
Verschiedene Bedeutungen hat.

Nehmen wir mal Mexico, z.B.. Mexico sieht sich als
vollkommen freies land - arm, aber frei - und nicht nur
das: Patriotismus ist ein total Mexicanisches Ding.

Da gibt es einfach nicht besseres als: todo de Mexico!!!

Trotzem steht man mit Schafgesicht daneben und SAGT gar nichts, wenn ein Polizei Auto stehen bleibt,
und unter irgendeiner bloeden "Gesetzesbrechung"
das neue Fahrrad confisziert.

Dieses, ohne weitere Erklaerung zum Besitzer, einlaedt und davon faehrt.

Besagter Besitzer wird sich hueten auch noch die Klappe aufzumachen, denn sonst sitzt er neben seinem Fahrrad auf dem Weg in den Knast....und es
koennte Monate dauern bis er das Tageslicht wiedersieht.

Trotzdem ist Mexico ein "freies land". Seine Buerger
sind davon ueberzeugt!

So etwas waere in den meisten Europaeischen laendern, US und Kanade (etc) ueberhaupt unfassbar
und wuerde einen Aufruhr bewerkstelligen.

so hat Werner recht.
Freiheit und Freiheit sind noch lange nicht das gleiche Ding - oder Wort.


werner antwortete am 31.03.04 (20:43):

@julchen: So erklärt sich meine gespaltene Seele
Die Vernunft rät USA!
Das Herz aber ruft Viva Mexico! Abajo los gringos!
Ich weiss es ist blöd. Aber kann ich etwas dagegen tun?


julchen antwortete am 01.04.04 (06:20):

:)))
beats me, Werner! Wo liegt denn der Kern Deines Herzens?

Zeigt aber irgendwo dass auch dass es nicht einfach
sein wird einen ganzen Kontinenten davon zu ueberzeugen ploetzlich eine neue sprache zu sprechen, mit allen den emotionellen nuancen die
damit verbunden sein werden.