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THEMA:   Wendezeit und Niedergang ?

 47 Antwort(en).

linus begann die Diskussion am 07.03.04 (04:59) mit folgendem Beitrag:

Befinden wir uns in der Tat am Beginn eines langsamen, aber unaufhaltsamen Niedergangs und warum ?


julchen antwortete am 07.03.04 (06:06):

Weil Zivilisationen sind wie Pickel im Gesicht eines
16-jaehrigen.
Sie erscheinen, sie haben ihre "bluete" Zeit, sie vertrocknen wieder und machen Platz fuer neue Pickel :)))
Kein besonderer Grund - es ist eben nur so.


radefeld antwortete am 07.03.04 (06:29):

Genau so sehe ich das auch. Und unser "deutsches" Jahrhundert war das 20. Was wir daraus gemacht haben- na ja.
Nur wenigen Nationen ist es bisher gelungen, dauerhaft oder mehrmals die absolute Spitze zu sein.
Wir sind einfach derzeit nicht in der Lage, in der überwiegenden Mehrheit auch nicht willens, das einzusehen. Uns z.B. den Folgen der Rationalisierung, die gerade auch wir enorm vorangetrieben hatten, zu stellen. Ich meine, der absolut immer weiter schrumpfenden Arbeitsmenge. Das Verteilungsproblem das daraus erwächst, dass Maschinen und Apparate die Arbeit machen, wird derzeit einfach noch nicht angegangen. Die einen schuften sich zu Tode, die anderen wissen nicht, wie sie die Zeit totschlagen sollen. Bin neugierig, wann und wie das gelöst werden wird?!


linus antwortete am 07.03.04 (06:46):

@radefeld
Dein Argument mit der Rationalisierung trifft den Kern. Dazu kommt die zunehmende Automatisierung und die Verlagerung der Produktionen ins Ausland. Letzters führt vielleicht zu einer Angleichung der Wirtschaftssysteme - wir runter, die hoch. Es ist auch für diese Länder Entwicklungshilfe, wenn man so will und man will es (wohl).

Dieser wirtschaftliche Abbau könnte nun auch den adäquaten Sozialabbau zur Folge haben. Wichtig ist sicher auch die Veränderung in der Bevölkerungsstruktur, also die demographische Entwicklung in Deutschland.


schorsch antwortete am 07.03.04 (09:21):

Sogar wenn der Mensch es in seiner grenzenlosen Überheblichkeit schaffen sollte, sich selber mitsamt seinen unschuldigen Mitkreaturen auszulöschen, werden immer noch ein paar resistente Bakterien übrig bleiben, die sich zu neuen (intelligenten) Lebewesen mutieren können.....


Karl antwortete am 07.03.04 (12:05):

Wendezeit, auf jeden Fall. Wir sind die Zeitzeugen eines dramatischen Wandels. Allerdings sehe ich nicht notwendigerweise einen Niedergang.

In der Überschrift sollte vielleicht spezifiziert sein, wessen Niedergang gemeint ist. Der Niedergang Deutschlands, derjenige der europäischen Kultur, der Menschheit allgemein?

Bei aller Kritik gegenüber aktuellen politischen Entwicklungen im In- und Ausland bin ich ein prinzipiell optimistischer Mensch in Bezug auf die Zukunftschancen. Diese gilt es zu ergreifen, sie waren noch nie so groß wie heute. Die Risiken allerdings auch nicht. Letztere dürfen uns aber nicht lähmen. Es gilt sie zu erkennen, wenn sie umschifft werden sollen.


linus antwortete am 07.03.04 (13:10):

@karl
Ich meine den Niedergang in Deutschland (wie kann ich eine Themenüberschrift ändern ?).

Diese Frage ist provokativ gestellt. Ich glaube nicht an den totalen Niedergang. Eher vermute ich eine langsame und stetige Rückentwicklung in einem historisch beachtlichen Zeitraum in einem Umfang, wie sich andere Länder im Osten unübersehbar entwickelt haben und möglicherweise oder gar sehr wahrscheinlich entwickeln werden. Ich beziehe mich hier gedanklich auf den Bereich der Wirtschaft, mit allen damit kausal verknüpften Bereichen unserer Gesellschaft.

Völlig unklar bleibt zunächst die von Dir angesprochene Chance für die Zukunft und ebenso, warum sie nie so groß wie heute, weil dafür von Dir keine Gründe genannt wurden. Meine Argumente stehen somit (immer noch) unrefeflektiert im Raum (so sehe ich es leider). Genau diese sind heute 'unsere' Risiken. Sie lähmen mich nicht. Aber ich habe (hier und jetzt) keine (gedankliche) Lösung; worin besteht also die 'Chance'?

Die einzige Lösung sehe ich auf der 'Gegenseite'. Wir Menschen in Deutschland müssen uns auf weniger materiellen Wohlstand einrichten und uns dafür auf geistig Ziele (um)orientieren. Der Zustand ist (am Ende des Niedergangs ...) vielleicht eine Gesellschaft der stoischen (?) Muße in materieller Schlichtheit ohne den pompösen Luxus der vergangenen Jahre.

Diesem wird dann (später...) nach uns wahrscheinlich auch wieder eine Aufwärtsentwicklung folgen (glaube ich zumindestens).


Karl antwortete am 07.03.04 (13:39):

@ linus,

einmal gewählte Überschriften sind nicht mehr änderbar (ohne größeren Aufwand meinerseits). Aber jetzt hast Du dies ja spezifiziert.

Ich persönlich hoffe doch sehr, dass das laufende Jahrhundert für Deutschland ein glücklicheres wird als das letzte, welches an Katastrophen kaum zu überbieten ist.

Deutschland sollte m. E. ein ganz normales Land werden. Dazu gehört es auch zu akzeptieren, das wir nicht in jedem und allem Spitze sein können. Die Welt geht nicht unter, wenn wir nicht einmal Erster sind. Damit meine ich nicht, wir sollten die Hände in den Schoß legen, aber immer gleich zu jammern, wenn Deutschland einmal nicht Spitze ist, ist in meinen Augen Unsinn. Wir Deutsche sind eben auch nur Menschen. Dies meine ich im Positiven wie im Negativen. Wir sind nicht besser als andere, sollten uns aber auch nicht schlechter reden lassen.


linus antwortete am 07.03.04 (14:40):

Wir erkennen, dass die sozialen Leistungen tendenziell immer mehr zurückgefahren werden. Wir werden mit hoher Wahrscheinlichkeit in Zukunft deutlich weniger Rente (netto) haben. Die Arbeitslosigkeit ist ein unlösbares gesellschaftliches Problem. Dagegen können wir (hier) nichts tun.

Ich gebe Dir Recht, dass ich den Begriff 'Problem' nicht definiert habe und tue mich auch schwer damit. Gemessen an den anderen 'Problemen' oder Fragestellungen hier im Forum allerdings, ist die von mir angesprochene Situation (so wie ich sie subjektiv wahrnehme) sogar (relativ !) dramatisch.

Aus der augenblicklichen Lage der Wirtschaft und Politik heraus, insbesondere deswegen, weil sie von niemanden (offensichtlich ...) erkannt wird. Jeder von uns wird persönlich spürbar (materiell) davon betroffen sein. Wenn das keine Relevanz (für eine Thematisierung im Forum für Senioren) begründet, was dann ?

Was tun (wenn ich an dem etwas relevantes drann ist) lautet die Frage ? Von Jammern war nicht die Rede und davon, dass wir als Deutsche irgendeine Rolle spielen schon gar nicht. Ich bin auch nicht pessimistisch, sondern eher realistisch. Meine Lösung war der Rückzug in den (positiven) Müsiggang; d.h. die Zukunft kann danach für uns eine kulturelle Wende in Richtung Müsiggang sein (als eine konkrete, schöne Alternative ...). Also mehr Gelassenheit ...


petrone antwortete am 07.03.04 (17:56):

Schon mal was vom Kondratieff gehört?

Kondratieffs sind sogenannte Langzeithochs, benannt nach ihrem Entdecker.
Wir befinden uns gerade zwischen zwei Kondratieffs, dem ausgehenden der Elektronic und dem beginnenden der Informationstechnologie. Nur will letztes nicht so recht in die Gänge kommen. Daher eben die gegenwärtige Krise - und der viele Unsinn in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft!

Mehr darüber gibts in google

Herzlichst Petrone


ricardo antwortete am 07.03.04 (18:25):

Merke
In Google steht neben wenigen zutreffenden Artikeln auch viel Schrott, gerade was die Prognosen betrifft.
Vorsicht damit!
Überhaupt sollte man vor lauter Zitieren das eigene Denken nicht vergessen
Und Humor ist bekanntlich spontan und daher im Internet kaum zu finden!


petrone antwortete am 08.03.04 (11:10):

Ich weiß nicht, was das mit Humor zu tun hat?

Eine verbesserete Anwendung der Informationstechnologie - es geht um die Anwendung - würde zum Beispiel die Probleme unserer Zeit verdeutlichen.
Es geht darum, Informationsströme sowohl zum Wohle des Einzelnen, als auch ganzer Volkswirtschaften und auch global in Gang zu bringen.
Aber das verhindern sogenannte Platzhirsche oder Lobbyisten, die aus Reformen Reförmchen machen!
Unsere Gesellschaft ist der Nährboden wirtschaftlicher Entwicklung. Aber unsere Gesellschaft ist krank und auf krankem Boden wächst nichts!
Also muß - als das am brennendsten empfundene Problem - unsere Gesellschaft umfassend gesunden.
Der erste Kondratieff mit Höhepunkt um 1825 steigerte mit Dampfmaschine und Baumwolle die Effizienz der Arbeit.
Der 2. Kondratieff mit Höhepunkt um 1873 machte mit Eisenbahn, Schiffbau und Stahl Recourcen weltweit verfügbar.
der 3. um 1913 mit Elektrizität und Chmie verbesserte schon mal die Lebensqualität.
Der vierte mit Höhepunkt um 1966 mit Auto, Erdöl und Elektronik förderte Individualit und Mobilität.
Der fünfte wird seinen Höhepunkt um 2015 haben. Mit verbesserten Informationsströmen wird er Wissen und Ökologie fördern. Es geht um die Probleme, die wir in 2 Jahrhunderten uns und unserer Umwelt aufgebürdet haben.
Also wird der Wachstumsmotor des 21. Jahrhunderts eine umfassend verstandene Wiedergesundung sowohl des Individuums als auch der Gesellschaften bis hin zur Globalität sein.

Aber solange das natürlich nicht erkannt wird, passiert gar nichts! Solange gehts abwärts! Gut das zu wissen.


linus antwortete am 08.03.04 (11:24):

@petrone
Vielen dank für Deinen Hinweis auf 'google' aber ich schließe mich Ricardos Meinung an. Wenn wir nicht mehr unsere Meinung sagen (s/)wollen, sondern nur noch im Internet oder in den Medien Informationen oder Meinungen anderer rezipieren, warum sind wir dann im Forum ?

Du hast übrigens exakt in dem Falle recht, wenn es zu einer Sache nur eine absolut wahre und richtige (verbindliche) Information, als unbezweifelbare (absolute) Tatsache der Art 5+7=12 gäbe ... dann wäre alles klar und man bräuchte nur noch dort zu lesen um Bescheid zu wissen; wir wissen beide das dem nicht so ist.

Im Hinblick auf Meinungen brauche ich nur auf das Forum hier, mit seiner Vielfalt zu verweisen, um zu zeigen das die Bewertung, selbst absolut unstrittiger Fakten, höchst unterschiedlich sein kann.

Wie ist also Deine Meinung zu der gestellten Frage ?


ricardo antwortete am 08.03.04 (11:39):

@ petrone
Frage:
Gibt es irgentwat
wo der Humor außen vor bleiben muß?
Nicht umsonst spricht man vom Galgenhumor!
und:
Spaß muß sein bei der Leich, sonst geht keiner mit!
Die besten jüdischen Witze stammen aus der Zeit der schlimmsten Verfolgungen.

Nix für ungut
Ric


mart antwortete am 08.03.04 (11:45):

Daß 5+7=12 ergibt ist auch nur deshalb richtig, weil bestimmte Grundaxiome als allgemein akzeptiert angesehen werden.

(Albert Einstein: "Die ganzen Zahlen sind offensichtlich eine Erfindung des menschlichen Geistes, ein selbstgeschaffenes Werkzeug, das es erleichtert, bestimmte sensorische Erfahrungen zu ordnen.")


petrone antwortete am 08.03.04 (13:20):

Aber ich habe doch meine Meinung zu der eingangs gestellten Frage gesagt. Hier nochmal in Schönschrift:

Nein. Wir befinden uns nicht am Beginn eines langsamen unaufhaltsamen Niedergangs!
Wir können nur den gegenwärtigen langsamen Niedergang nicht aufhalten, solange wir nicht das zentralste bzw brennendste Problem an der Sache erkannt haben.
Erst mit dieser Erkenntnis wird der langsame Niedergang anzuhalten und ich neues Wachstum und neuen Wohlstand wandelbar sein.

Ich nehme aber an, dass die Menschheit in ihrer ewig langen Geschichte schon vor größeren Problemen gestanden hat und sie mit geringeren Kräften und Mitteln überwunden hat. Also wird sie es auch diesmal schaffen. Wäre doch gelacht!

Mein Wissen über die Kandratieff-Theorie stammt übrigens nicht aus dem Internet sondern aus einer Leistungsgemeinschaft für strategisches Management.


ricardo antwortete am 08.03.04 (14:31):

Und petrone
kann es sein, dass wir uns bezüglich des Humors in einem Langzeittief befinden?
Wenn ick det so lese habe ich einen Verdacht in diese Richtung!


BarbaraH antwortete am 08.03.04 (15:40):

Nun bringt petrone interessantes Wissen in eine Diskussion unter der Rubrik "Politik & Gesellschaft" ein, und schon wird versucht, dieses mit dem Vorwurf mangelnden Humors abzuwürgen.

Wieso Humor in dieser Diskussion gefordert wird, wird wohl das Geheimnis von ricardo bleiben.

Auf jeden Fall finde ich folgende Aussage von petrone hoch interessant:

>>Der fünfte wird seinen Höhepunkt um 2015 haben. Mit verbesserten Informationsströmen wird er Wissen und Ökologie fördern. Es geht um die Probleme, die wir in 2 Jahrhunderten uns und unserer Umwelt aufgebürdet haben.
Also wird der Wachstumsmotor des 21. Jahrhunderts eine umfassend verstandene Wiedergesundung sowohl des Individuums als auch der Gesellschaften bis hin zur Globalität sein.<<

Diesen Gedanken folge ich gern. Wieviel Wissen über einen schonenden Umgang mit unserer Umwelt, über verantwortungsvolle Energiegewinnung, über Renaturierung von Bach- und Flussverläufen etc. lässt sich über die modernen Kommunikationsmöglichkeiten weltweit verbreiten....

.... zu unser aller Wohl. Wir dürfen uns nur nicht das Hirn von den kriegslüsternen Kreuzrittern mit der Parole "Kampf der Kulturen" vernebeln lassen.


ricardo antwortete am 08.03.04 (17:08):

Barbara
meine Frage wird immer wieder bestätigt
Zum Trost:
zeitweise sind die Tiefs jetzt auch mal männlichen Geschlechtes!


petrone antwortete am 08.03.04 (17:31):

Lieber ricardo, ich habs auch gern humorvoll, aber ich glaube, amüsieren können wir uns woanders wesentlich besser!

Es geht auch um mehr als Renaturierungen von Fluss- und Bachläufen, liebe Barbara.
Nach einer WHO-Studie sollen Depressionen und dreren Folgeerkrankungen inzwischen in den westlichen Ländern die zweithäufigste Todesursache sein.
Dem ist mit ein paar Pillen natürlich nicht abgeholfen.

Hier müssen Innovationen her in allen Bereichen unseres täglichen Lebens. Das schafft Bedarf für neue Produkte und neue Einstellungen anderen und der Umwelt gegenüber.
Es herrscht zu viel konkurrentes Verhalten auf immer enger werdenden Märkten. Das Stichwort hierzu heißt Aldisierung!

Wo Mobbing das Klima bestimmt, sinkt die Produktivität. Wo Platzhirsche ihr Herrschaftswissen für sich behalten, unterbleiben Synergiegewinne.
Sogenannte "weiche" Faktoren wie Kooperationsfähigkeit, Vertrauen, Motivation, Kreativität, Rücksicht und Menschenkenntnis müssen her.
Wir müssen das alles neu entdecken und ich denke, hier fällt uns Senioren endlich wieder mal ein neues Aufgabengebiet zu.
Was nützt es uns denn wenn wir immer älter werden, aber unser Verstand nicht ausreicht für die geschenkten Jahre?

Wenn wir uns nur 10% weniger streiten und statt dessen besser zusammen arbeiten würden, hätten wir genügend Potential für einen (wirklichen) wirtschaftlichen Aufschwung!
Natürlich sind das alles nur Stichworte. Aber anfangen kann man damit heute schon was...


linus antwortete am 08.03.04 (17:48):

@mart
Du hast natürlich recht ...:

'Daß 5+7=12 ergibt ist auch nur deshalb richtig, weil bestimmte Grundaxiome als allgemein akzeptiert angesehen werden.'

Genau davon rede ich. Es ist eine akzetierte Tatsache das Axiom.

'(Albert Einstein: "Die ganzen Zahlen sind offensichtlich eine Erfindung des menschlichen Geistes, ein selbstgeschaffenes Werkzeug, das es erleichtert, bestimmte sensorische Erfahrungen zu ordnen.") '

So ist es. Seine Relatitvittästheorie und die gesamte heutige Technik, auf der wir stehen..., (basiert)tatsächlich auf dieser Erfindung.

Gibt es für Dich darüberhinaus noch etwas, was mehr Gewissheit hat ?


mart antwortete am 08.03.04 (18:23):

Na ja, so bewiesen ist die Relativitätstheorie auch wieder nicht als daß hier nicht möglicherweise wieder andere Theorien alles oder Teile davon über den Haufen werfen.

Du weißt ja, daß naturwissenschaftliche Gesetze nicht "beweisbar" sind und bei der Relativitätstheorie (welcher übrigens?) glaube ich gibt es mehrere Einwände.


Technik als angewandete Naturwissenschaft steht täglich auf dem Prüfstand -
auch hier gibt es nicht diese "Gewissheit":-)

Sicher für mich ist die Tatsache, daß jeder Mensch, (in seinem Körperbau und seiner Psyche Produkte der Evolution - woran er schwer trägt) ähnliche Gefühle hat, die ich auch habe.

Und sicher bin ich mir auch, daß die Erde den Menschen nicht benötigt, sondern der Mensch die Erde.


BarbaraH antwortete am 08.03.04 (19:02):

>>Sogenannte "weiche" Faktoren wie Kooperationsfähigkeit, Vertrauen, Motivation, Kreativität, Rücksicht und Menschenkenntnis müssen her.<< (petrone)

Also genau die Eigenschaften, die im Allgemeinen den Frauen zugeschrieben werden, sind gefragt. Ein weiterer Grund, meine Zukunft rosig zu sehen.... ;-)


linus antwortete am 09.03.04 (10:34):

Das Thema ist 'Wendezeit oder 'Niedergang' ... Nur ein kleine Anmerkung zu Gewissheit und Relativitätstheorie Die Relativitätstheorie bündelt sich nach Heisenberg unter einem Aspekt u.a. wesentlich in der Aussage, dass Zukunft und Vergangenheit durch ein unendlich kurzes Zeitintervall getrennt sind, dessen Dauer vom Abstand eines Beobachters abhängt (ein Beobachter kann in einem Augenblick nicht mehr beeinflussen, was in einem Punkt zwischen diesen Zeiten statt findet, da sich eine Wirkung nur mit Lichtgeschwindigkeit max. fortpflanzen kann).

Die Nennung genau eines solchen zeitlichen Sachverhalts setzt jedoch eine Maßzahl dafür voraus, die gewiss ist - das ist die zumindest die Zahl (wenn auch die Relativitätstheorie insgesamt nicht stimmen mag).

Von Frege, dem Begründer der modernen Logik, wurde in seinem Buch ‚Die Grundlagen der Arithmetik’ ein ganzes Kapitel der (u.a.) Zahl ‚Eins’ gewidmet und versucht die Frage zu beantworten, ob die darauf Sätze der Arithmetik gewiss sind (d.h. synthetisch und a priori). Sie sind es danach ‚wahrscheinlich’ (nach Frege); vielleicht er aber doch geirrt und wir als ewige Zweifler sind im Recht ö. Von Russel und Withehead wurde später die Logik zur anerkannten (gewissen) Grundlage der Mathematik durch die ‚Principia Mathematica’ (vielleicht ist auch das ein Irrtum ö).

Aber wir schweifen ab; es ging darum, ob der Niedergang Deutschlands gewiss ist.


Wolfgang antwortete am 09.03.04 (11:19):

Was die wirtschaftliche Lage betrifft, so ist das arg pauschalierende 'Deutschland' nicht im Niedergang begriffen. Im Gegenteil: Die deutsche Volkswirtschaft, hauptsaechlich grossindustriell- und exportorientiert, feiert einen Erfolg nach dem anderen. 'Exportweltmeister', und 'Wachstumsweltmeister' (was das Wachstum der Exporte betrifft) sind die Titel, die der deutschen Volkswirtschaft seit Jahrzehnten praktisch regelmaessig verliehen werden.

Wie alles im Leben, haben auch diese Titel ihren Preis... Der Preis fuer solch eine schnell wachsende und fuer die Eigentuemer und die Agenten der grossen Konzerne aeusserst rentierliche (Export-)Volkswirtschaft ist wachsende Arbeitslosigkeit und sinkende Binnennachfrage.

Die 'kleinen Leute' spueren den Niedergang ihrer fuer sicher gehaltenen sozialen Standards. Die 'grossen Leute' dagegen fuerchten eine Wende... Fuer die ist die 'soziale Marktwirtschaft' der vergangenen Jahrzehnte ein Graus. Sie tun alles, damit es nicht zu einer Wendezeit kommt.


linus antwortete am 09.03.04 (14:21):

Das wirft die Frage auf, was wir als Wachstum und Wohlstand auffassen. 'Wir' sind auch 'wir' ... - also alle und nicht nur ein Teil davon. Nur die Gesamtheit aller Bürger eines Landes kann der Maßstab für Wohlstand sein.-


petrone antwortete am 09.03.04 (14:23):

Genau - Deutschland ist Export- und Wachstumsweltmeister! Aber das soziale Netz ist grobmaschiger geworden. Der Traum von sozialer Marktwirtschaft ist endgültig ausgeträumt!

Es ist jetzt darauf zu achten, dass es in der größer werdenden Masse der "Durchfaller" (durch das soziale Netz)nicht zur Gärung kommt!
Und darum - liebe Barbara - brauchen wir die "weichen", weil fraulichen Tugenden.
Wir müssen als erstes der fatalen Ich-Bezogenheit den Boden entziehen.
Kooperationsfähigkeit: Das Wissen um den Begriff Kooperation ist noch sehr dünn. Kooperiert wird immer noch, um Kosten zu sparen. Das ist falsch!
Kooperationen müssen Nutzen,Anziehungskraft, Vertrauen, Motivation und Rücksicht stärken.
Zu üben ist das am ehesten in der kleinsten Form unserer Gesellschaft, nämlich in der Familie und hier trifft es uns, die wir etwas älter sind, besonders hart!
Es ist unser "Verdienst", bzw unsere Schuld, dass diese Werte in den vergangenen Jahrzehnten verloren gegangen sind! Wessen denn wohl sonst?


BarbaraH antwortete am 09.03.04 (18:31):

Da ist viel Wahres dran, petrone...

als meine Mutter als zweitälteste von elf Geschwistern zur Welt kam, wurden Kinder als Plage angesehen. Sie wurde sehr hart erzogen und im Alter von vierzehn Jahren vor die Tür gesetzt. Auch ich wurde noch recht streng erzogen... als eines von zwei Kindern. Natürlich wollte ich bei meinen Kindern alles besser machen, achtete ihre Meinung und bemühte mich, ihre Wünsche zu erfüllen. Nun ist es diese Generation, die total cool und locker feststellt, dass ihnen der Unterhalt der vielen Alten allmählich zu kostspielig wird. Auch ich habe mich schon gefragt, inwieweit die Erziehung an dieser "Coolness" schuld sein könnte....

>>Kooperationen müssen Nutzen, Anziehungskraft, Vertrauen, Motivation und Rücksicht stärken<<

Im Beruf werden heute immer mehr Arbeitnehmer nach Leistung bezahlt. Dabei fällt es schwer, auf andere Rücksicht zu nehmen. Nimmst Du auf die Kollegin Rücksicht, die z.B. nicht so gut verkaufen kann, erfüllst Du u.U. nicht das vorgegebene eigene Ziel und bekommst eine Gehaltskürzung. Diese Umstellung auf "leistungsgerechte Bezahlung" vergiftete in vielen Fällen das Betriebsklima. Schon die Bezeichnung ist ein Hohn, da nur die Tätigkeiten angerechnet werden, die dem Unternehmen kurzfristig Gewinn bringen.

Meiner Meinung nach wird heute in den allermeisten Bereichen nur noch kurzfristig gedacht: ich bekomme eine Prämie, wenn ich dem Kunden eine Versicherung verkaufe. Fühlt er sich dadurch über den Tisch gezogen, wechselt vielleicht deswegen sogar seine Bank, habe nicht ich die Konsequenz zu tragen, sondern mein Arbeitgeber... in diesem Fall die Bank.

Dieses in meinen Augen oberflächliche kurzfristige Denken herrscht heute in den meisten Unternehmen. Auch ein Vorstand ist vorwiegend auf kurzfristigen Erfolg aus, da sein Gehalt ebenfalls erfolgsabhängig ist. Er entlässt wertvolle Mitarbeiter und spart dadurch kurzfristig Kosten. Dieses kurzfristige eigennützige Denken schadet dem Unternehmen evtl. langfristig ganz enorm.... wenn dieser Vorstand längst ein anderes Unternehmen (kurzfristig) führt...

Siehst Du, petrone, wie man diese Entwicklung ändern könnte... in Richtung "weiche" Tugenden?

Internet-Tipp:
Süddeutsche Zeitung vom 09.03.04
60 Prozent mehr Gehalt
Leistung muss sich wieder lohnen
Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann gönnt sich einen kräftigen Schluck aus der Pulle....
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/97/28069/

Internet-Tipp: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/97/28069/


linus antwortete am 10.03.04 (13:54):

nach all dem, was ich hier so heraus höre fühle ich mich bestätigt, dass wir in einer Wendezeit leben; 'alles fließt' (Heraklti).

Die Globalisierung (d.h. logistische, informationstechnische und finanzielle Vernetzung) führt (partiell) zu einer weltweiten Umverteilung. Die Nachfrage in Deutschland wird (in unserer Zeit) schwinden und die soziale Umverteilung in den Osten findet statt; es wird auch Zeit, dass die Asiaten wieder mal etwas nach oben kommen...

für uns (‚geistigen’) Deutschen besteht die Chance in der ‚Umwertung aller Werte’ (Nietzsche). Das können wir aber der jüngeren Generation nicht zumuten und sie mutet es sich auch nicht zu (mein Sohn arbeitet jetzt mit 30 als Berater in New-Yorkö).

für uns Senioren bleibt aber etwas wertvolles übrig ..., ‚Lasst uns unser Glück besorgen, in den Garten gehen, und arbeiten. (Kant: Träume eines Geistersehers, erläutert durch Träume der Metaphysik, vgl. Kant-W Bd. 2, S. 989).


petrone antwortete am 10.03.04 (15:35):

Richtig, Barbara, das oberflächlich flache Denken in die Breite führt zu nichts außer zu dem berühmten Brett vor dem Kopf, auf dem dann drauf steht, was wir so alles wissen.
Um aber damit etwas anfangen zu können, müssen wir in die Tiefe denken, Zusammenhänge erkennen und aus diesen Zusammenhängen Zusammenschlüsse (Kooperationen) bauen mit dem Ziel, Nutzen für andere zu erzeugen.
Das müsste doch auch der eigentliche Sinn jeder menschlichen Gemeinschaften in größrem und kleinerem Unfang sein. Gemeinnutz kommt vor Eigennutz! Und Gemeinnutz schafft Eigennutz!
Der Ameikaner Amitai Etzioni hat im Auftrage Clinton während dessen Regierungszeit das Modell einer Bürgergesellschaft entwickelt. Die zielt genau darauf hin!

Der Weg in die Bürgergesellschaft könnte die "weichen" Tugenden entfachen. Nur ist das Wissen darum (leider) in den Schubladen der ev. Akademie Bad Boll gelandet Und da ruht es wahrscheinlich sanft bis zum Sankt Nimmerleinstag!
Aber es gibt Mittel und Wege, das in eigener Regie durch zu ziehen und ich sage Dir auch wie.

Ich hatte als 37jähriger das (zweifelhafte) Glück, nach einem Unfall 100% erwerbsunfähig weiterleben zu müssen. Nichts mehr funktionierte an mir so richtig außer meinem Verstand (und der auch erst nach 3 Jahren intensiven Trainings).
Es reizte mich dann doch sehr, den einzusetzen und etwas auf die Beine zu stellen, was anderen (und mir) nützt!
Ich habe es geschafft.
Das Hauptproblem dabei war die Motivation. Ein sehr gefühlbeladener Vertreter der weichen Faktoren.
Ich mußte meine Gedanken zunächst in die Arme und Hände meiner Mitarbeitern übertragen, damit die sie auch in die Tat umsetzen konnten.
Dann mußte ich den Bedarf dafür schaffen. Das ging über eine (motivierende) Werbung.
Und schließlich mußte ich Zulieferer dafür gewinnen. Das ging dann wieder, indem ich sie auf Probleme hinwies, die Kunden mit dem Einkauf bei ihnen hatten. Die konnten sie dann entschäften und dadurch mit zusätzlichem Nutzen bessere Geschäfte tätigen.
Das war ne schöne Zeit für mich. Ich hing da mittendrin wie in einer sozialen Hängematte!

Wir müssen das Wesen optimaler Zusammenarbeit erkennen. Damit wäre schon viel gewonnen.


Wolfgang antwortete am 10.03.04 (17:56):

Interessant ist, wie in Deutschland wirtschaftlicher Aufstieg bzw. Niedergang rezipiert werden. In meinem ersten Beitrag zum Thema habe ich schon zu erklaeren versucht, dass die deutsche Volkswirtschaft eine exportorientierte Volkswirtschaft ist (im Gegensatz z. B. zur importorientierten US-Volkswirtschaft). Exportorientierte Volkswirtschaften muessen, wollen sie so erfolgreich sein, wie das die deutsche Volkswirtschaft ist, wettbewerbstauglich sein, also aeusserst produktiv sein mit im Weltmasstab geringen Arbeitskosten (die ueblicherweise als Lohnstueckkosten gemessen und verglichen werden).

Deutschlands Staerke: Eine aeusserst produktive Volkswirtschaft mit relativ geringen Lohnstueckkosten... Dazu kommt noch ein hohes technisches Niveau was Forschung und Entwicklung und die sich daraus ergebenden marktfaehigen Produkte betrifft.

Das Ergebnis: Deutschland wurde wieder (wie so oft) Exportweltmeister.

Das aber ist nur die eine glaenzende Seite... Arbeitslosigkeit, kollabierende Sozialsysteme, mangelnde Binnennachfrage, veraengstigte Menschen, die zu Recht um ihre sozialen Standards fuerchten, ist die andere schmutzige Seite derselben Medaille.

Das Aussehen der einen Seite bedingt das Aussehen der anderen Seite. Armut und Reichtum korrespondieren miteinander. Was fuer viele Menschen der Niedergang bedeutet, ist fuer wenige andere der Aufstieg zu bis dato nicht bekannten Gipfeln.

Eine Wendezeit ? - Ja (obwohl die meisten der hier Schreibenden und Lesenden die revolutionaeren Auswirkungen wohl nicht mehr erleben werden). Ich halte es fuer schwer zu prognostizieren, wie das die naechsten Jahre weitergehen wird... Ob alles im gewohnten evolutionaeren Rahmen von fuer die derzeit Maechtigen harmlosen Diskursen und Wahlen aufgefangen werden kann ? Ob sich revolutionaere Kraefte entwickeln, die den gewohnten Rahmen schnell veraendern ? - Beides ist moeglich...


BarbaraH antwortete am 10.03.04 (20:02):

In einigen wenigen Firmen wird bereits in dieser Richtung gehandelt, petrone.... mit Kursen für Führungskräfte über soziale Kompetenz und/oder emotionale Intelligenz.

Eigentlich traurig, dass Menschen, die andere führen, überhaupt Nachhilfe in diesen Fächern benötigen. Gut finde ich es trotzdem. Leider wird sich ein Manager, den das Schicksal seiner Mitarbeiter bisher nicht interessierte, wohl kaum durch einen Kurs "weicher" machen lassen. Auf lange Sicht wäre es sicher für jedes Unternehmen die richtige Investion.


BarbaraH antwortete am 10.03.04 (20:35):

Wolfgang,

die von Dir aufgezeigte Entwicklung lässt sich gerade wunderbar in Hamburg studieren. Auf der einen Seite boomt die Wirtschaft, der Umschlag im Hafen erreicht jeden Monat neue Rekorde, Containerschiffe für den Handel mit China können gar nicht so schnell gebaut werden, wie sie benötigt werden. Diese Rekorde sind mit immer weniger menschlicher Arbeitskraft möglich.

Auf der anderen Seite verlieren hunderte Menschen ihre Arbeitsplätze, können ihre Mieten nicht mehr zahlen, Häuser von Familien werden zwangsversteigert, soziale Einrichtungen geschlossen. für den Bau von Kindergärten fehlt das Geld...

Werden die Verlierer weiter stumm bleiben, wenn sie als Arbeitslose nach 12 Monaten zu Sozialhilfeempfängern werden? Ich kann es mir nicht vorstellen....

Internet-Tipp:
Hamburger Abendblatt vom 8.3.04
Fünf Milliardäre in Hamburg
Reichtum: Hansestadt in Deutschland an der Spitze, weltweit auf Platz 18.
Von Ralf Nehmzow
https://www.abendblatt.de/daten/2004/03/08/270853.html

Hamburger Abendblatt vom 9.3.04
Esso verlegt 200 Jobs nach Prag
Exxonmobil bündelt Aufgaben im Ausland. Arbeitsplätze in Deutschland sind immer mehr Firmen zu teuer.
Von Daniela Stürmlinger
https://www.abendblatt.de/daten/2004/03/09/271295.html

Internet-Tipp: https://www.abendblatt.de/daten/2004/03/08/270853.html


schorsch antwortete am 11.03.04 (09:04):

Die Crux ist, dass viele heutige Bosse ehemalige Untergebene waren, die nicht unter einem Boss arbeiten konnten - und dann stellen sie selber Untergebene an......


Wolfgang antwortete am 11.03.04 (10:21):

Ich denke, Schorsch, dass das Problem nicht auf angeblich boese Bosse reduziert werden darf. Bosse sind eher Getriebene als Antreiber (die sie bei Strafe des eigenen Untergangs sein muessen).

Was treibt sie ? - Vordergruendig ihr Streben nach persoenlichem Reichtum und nach persoenlicher Macht. Hintergruendig aber treibt sie eine Ideologie an, die zur vorherrschenden wirtschaftlichen Ordnung geworden ist. Diese Ideologie heisst Kapitalismus.

Frau LUXEMBURG hat das Prinzip des Kapitalismus und damit die Ursache seines Erfolges, aber auch die Ursache seines sicheren Scheiterns so beschrieben:

"Die kapitalistische Produktionsweise hat das Eigentuemliche, dass fuer sie die menschliche Konsumtion, die in jeder frueheren Wirtschaftsform Zweck war, nur ein Mittel ist, das dem eigentlichen Zweck dient: der Anhaeufung von kapitalistischem Profit."

Quelle des Zitats... ROSA LUXEMBURG: Einfuehrung in die Nationalökonomie (1925)

Internet-Tipp: https://www.mlwerke.de/lu/


petrone antwortete am 11.03.04 (11:48):

Rosa Luxemburg hatte da schon ziemlich recht.

Solange Kapitalismus und Kommunismus miteinander konkurrierten, hielten sie sich auch in etwa die Waage.
Aber nach dem Scheitern des Kommunismus begann der Kapitalismus auszuufern.
Das hat zur Folge, dass immer weniger Menschen immer mehr Kapital an sich binden und immer mehr Menschen auf Wohlstand, Arbeit und soziale Sicherheit verzichten müssen. Das wird mit Sicherheit auch zum scheitern der Kapitalismus führen.

Abr was kommt dann? Und wann kommt es?


Wolfgang antwortete am 11.03.04 (12:10):

Ich denke, petrone, wir spueren es alle: Da kommt 'Etwas', etwas Neues, noch nie Dagewesenes. Die Angst davor ist noch zu gross, als dass dieses Neue ungeduldig erwartet wird... Eher sind die Meisten aengstlich und fuerchten sich vor den Veraenderungen, die sich vor ihren Augen abspielen.

Noch setzen setzen die Meisten auf Reformen oder bescheiden sich gar nur mit Refoermchen.

Die Wirklichkeit, das tatsaechliche wirtschaftliche Geschehen, kuemmert sich aber nicht um solche Befindlichkeiten. Gnadenlos werden zum Beispiel ehemals gut bezahlte sichere Arbeitsplaetze ganz abgebaut oder umgewandelt in schlecht bezahlte prekaere. Genauso gnadenlos werden unsere sozialen Sicherungssysteme demontiert - ein Jahrhundertwerk, das, so viel wissen wir jetzt, nur sein erstes Jahrhundert ueberleben wird.

Eine Ideologie hat sich durchgesetzt. Wie alle Ideologien kollidiert auch diese mit der Wirklichkeit.


petrone antwortete am 11.03.04 (17:14):

Natürlich Wolfgang, ein neues Langzeit-Konjunkturhoch. Aber erst müssen wir durch ein kunjunkturelles Zwischentief.

Du sagst es, unsere sozialen Sicherungssysteme - ein Jahrhundertwerk - ist in die Jahre gekommen und MUSS DEMONTIERT und INNOVIERT werden!
Das gleiche gilt für das Gesundheitssystem, die Verwaltung der Arbeit und vielleicht sogar für unser gesamtes Staats- und Gemeinwesen.

Das wird natürlich erstmal gewaltige Löcher reißen - mit Arbeitslosen in nie gekannter Höhe. Wir werden ganz schön zusammen rücken müssen und zu ganz anderen An- und Einsichten kommen!
Aber als Lohn winkt uns die höhere Produktivität unserer Volkswirtschaft. Das ist Vorraussetzung für neues Wachstum.
Und das wiederum ist Voraussetzung dafür, dass Kapital und Arbeit wieder zusammen finden.


Wolfgang antwortete am 11.03.04 (20:10):

Ich wende ein, petrone, dass die deutsche Volkswirtschaft eine der produktivsten Volkswirtschaften dieser Welt ist. Gerade das ist der Grund, warum bei uns die Arbeitslosigkeit so hoch ist und die staatlichen sozialen Sicherungssysteme (die auf dem Faktor Arbeit ruhen) kollabieren.

Es ist eben nicht so, dass in kapitalistischen Volkswirtschaften eine hohe (Arbeits-)Produktivitaet die Loesung fuer die Beduerfnisse der Millionen ist. Richtig aber ist, dass unter den gegeben Umstaenden eine hohe Produktivitaet immer und vor allem den Millionaeren nuetzt. ;-)


radefeld antwortete am 12.03.04 (06:56):

Die hohe Arbeitsproduktivität wirkt sich doch nur deshalb so negativ auf die Beschäftigungslage aus, weil es einfach nicht verstanden wird, dass die ein REINES VERTEILUNGSPROBLEM ist. Offenbatr WOLLEN ALLE BETEILIGTEN das auch garnicht verstehen- und schon garnicht verändern:
-Da schwafelt die Arbeitgeberseite von verlängerter Wochen- und Lebensarbeitszeit, hat aber schon für 50-Jährige kaum noch Arbeit,
-da ist den Arbeitbesitzenden Arbeitnehmern das Wort Solidarität ein unverständliches, veraltetes und unbequemes Fremdwort geworden,
-da will es die Politik mit keiner der Seiten verderben. Zur Strafe müssen sie wenigstens Alle (noch) für die aufkommen, denen sie die Beteiligung am aktiven Leben verwehren.
Die Arbeitsproduktivität wird weiter steigen- deshalb sollte auch die Arbeitsordnung angepasst werden. Exportsteigerung verlagert die Beschäftigungslosigkeit eigentlich nur.
DAS sehe ich als das Problem- nicht die vorher angeführten, sozialistische oder kapitalistische Gesellschaftsordnung. Denn, dass der Sozialismus auch nicht das Wahre war, haben ja die Demonstranten der Achzigerjahre bewiesen.
Leider passt der Kapitalisdmus eben besser zur Wolfsnatur des Menschen. Vernünftige sollten die zu zähmen versuchen, wie es eben mit dem Wölfen in der Natur auch gelungen ist.


ricardo antwortete am 12.03.04 (09:20):

Hallo Radefeld
Also mir war bisher nicht bekannt, daß Wölfe wat vom Geld verstehen!
Aber du scheinst das zu glauben!
Ich denke, ein Mensch mit Geld ist kein bisserl schlechter als einer ohne Geld, aber hier wird das immer wieder behauptet.
Leider gibt es in der BRD immer weniger Menschen, die ihr Geld in Stiftungen anlegen.
Das würde ich auch nicht tun, wenn ich dauernd wegen meines Besitzes wüst beschimpft werde,

Und wenn mir die Steuer fast die Hälfte von allem abgaunert,
und Arbeitsstellen nur für neue Kontrolleure der Steuerpflichtigen
geschaffen werden.
Dann behält man den Rest doch am besten für sich!
Mit Wölfen hat das aber nix zum Tun!

Weniger Neid, weniger Pochen auf sein Recht und mehr Pflichtbewußtsein würde unserem Land gut tun!


BarbaraH antwortete am 12.03.04 (09:33):

radefeld,

Du meinst, der Kapitalismus sei nicht daran schuld....

Überleg einmal, wie man Menschen am ehesten dazu bringt, auf Lohn zu verzichten:
im Umfeld der Vollbeschäftigung oder der Massenarbeitslosigkeit?

Warum sollten Arbeitgeber, die mit möglichst geringem Einsatz möglichst viel verdienen wollen, ihr wichtigstes Druckmittel abschaffen?


schorsch antwortete am 12.03.04 (10:09):

Schon mal überlegt: Wenn das Rentenalter heraufgesetzt wird, dann fehlen den Jungen die Arbeitsplätze;

wenn den Jungen die Arbeitsplätze fehlen, dann muss man ihnen eine Ersatzbeschäftigung geben;

welche Ersatzbeschäftigung eignet sich denn besser für arbeitslose Junge, als Krieg?!

Die saubere Lösung: Wenn die Jungen in den Krieg geschickt werden, dann sind auf einen Schlag Hunderttausende Arbeitsloser aus den Statistiken verschwunden;

wenn die Jungen in den Krieg geschickt werden, dann brauchen sie eine Unmenge von Kriegsmaterial, Essen und Kleider;

wenn die Jungen, die in den Krieg geschickt werden, eine Unmenge Krigematerial, Essen und Kleider brauchen, dann sind die Alten, die länger arbeiten müssen, ausgelastet.

Ist das nicht DIE ideale Lösung aller Probleme?!


BarbaraH antwortete am 12.03.04 (10:22):

Siemens-Konzernchef Heinrich von Pierer, noch vor wenigen Tagen als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten im Gespräch, sieht die dringende Notwendigkeit, die Arbeitskosten seines Konzerns um 30-40 Prozent zu senken. Er hält starre Arbeitszeiten und kostentreibende Tarifrunden in Deutschland für wenig zuträglich. Angeblich stehen 40.000 Arbeitsplätze des Gesamtkonzerns vor einem Umzug, spekulieren Medien.....

Weitere Studien zum Thema "Kapitalismus" unter:

Spiegel-online vom 12.03.04
Siemens will 2000 Jobs gen Ungarn verlagern
https://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,290199,00.html

Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,290199,00.html


Titus antwortete am 12.03.04 (10:38):

Ricardo, Kompliment, Du bist ein guter Schütze, hast Du doch mit Deinem Betrag wieder einmal den Vogel abgeschossen.

Ein Mensch mit Geld, viel Geld, ist gierig. Das ist gut so, verschafft es doch den Bewachungsinstituten und den Produzenten von Alarmanlagen ein gutes Geschäft. Der Reiche muß sich schützen und seinen Besitz, den er sich "erarbeitet" hat.

Der Reiche lebt in ständiger Angst, daß ihm Einbrecher oder ähnliche Leute - wie Gewerkschaften, Linke etc. - sein Geld, seinen Besitz streitig machen könnten. Er müßte dann eventuell seinen Drittwagen, seine Yacht am Mittelmeer oder eines seiner vielen Häuser verkaufen und wäre dann ganz furchtbar arm. Schlimmer noch - Sohnemann oder Töchterlein bekämen dann zum Abitur keinen Porsche mehr - also, das wäre doch, na, hören Sie mal!!

Der Arbeiter der einfache Angestellte sollen sich doch ruhig wenigstens zwei schlecht bezahlte Jobs suchen und weiterhin nicht nur ständig Angst um ihren Arbeitsplatz haben sondern auch so nicht über die Runden kommen, was geht das denn die Reichen an. Na gut, sie leben vom Schweiß und der Not anderer - na und?

Also, liebe Arbeiter und andere "Zufriedene" - "Maul halten und weiter dienen" (schuften). ( alte Soldatenregel).

Viel Erfolg nach der Suche nach Negativem!


petrone antwortete am 12.03.04 (10:51):

In einer Volkswirtschaft mit Millionen Arbeitslosen und überdimensionierten Verwaltungen, die letztlich nur den Mangel verwalten, kann die Prduktivität nicht hoch sein. Sie ist in Teilen der (Export)wirtschaft hoch, aber wenn nützt das?

Unsere Probleme liegen eindeutig im Zusammenspiel von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft.
Das ist ein Problem des Inneren und das müssen wir lösen. Ricardo sagt es sehr richtig. Wir müssen den Wolf in uns zähmen! Zumindest sollten wir mal in diese Richtung zu denken beginnen. Nicht reden sondern handeln!

Schorsch zeigt doch ganz deutlich die Probleme - und die (fadenscheinige) Lösungsmöglichkeit, die in den vergangenen Jahrhunderten immer wieder praktiziert wurde.
Inzwischen sind sogar viele Menschen überzeugt, dass das die einzige Lösung ist.

Nein, die Konfrontation hat ausgedient. Wir müssen die optimale Kooperation suchen und dann werde wir sie auch finden!


Wolfgang antwortete am 12.03.04 (10:52):

Es ist voellig richtig, Manfred, wenn Du schreibst, dass alles nur ein reines Verteilungsproblem sei... Aber genau das ist doch der Sinn und Zweck der kapitalistischen Produktionsweise: Dass von dem gemeinsam produzierten Mehrwert so viel wie moeglich bei den Eigentuemern der Produktionsmittel bleibt, und dass so wenig wie moeglich bei denen ankommt, die diesen Mehrwert produziert haben.

Anders ist zum Beispiel das Phaenomen Arbeitslosigkeit gar nicht zu erklaeren. Die Arbeitgeberseite erhoeht mit allen moeglichen Mitteln die Arbeitsproduktivitaet (besser gesagt: ist bei Strafe des eigenen Untergangs verdammt dazu, die Arbeitsproduktivitaet zu erhoehen). Arbeitslosigkeit auf der einen Seite und intensive Arbeitsausbeutung (also z. B. per Ueberstunden 40-, 50-Stunden-Wochen) auf der anderen Seite sind das Ergebnis.

Das lohnt sich. Freilich nicht fuer alle. Fuer die Eigentuemer der Produktionsmittel lohnt sich das immer.


Wolfgang antwortete am 12.03.04 (10:59):

Du bringst eines der gewichtigsten Argumente in die Diskussion, Schorsch... Der Krieg gehoert zum Kapitalismus wie der Schatten zum Licht.

Es gibt fuer eine boomende hochproduktive kapitalistische Volkswirtschaft letztlich gar keinen anderen Ausweg als der (kalte oder heisse) Krieg.

Gerade werden wir Zeitzeugen, wie so etwas inszeniert wird... Der westliche 'Krieg der Kulturen' ist auch ein Krieg, um der krisenhaften Erscheinungen einer ueber alle Massen erfolgreichen kapitalistischen Wirtschaft Herr zu werden.