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THEMA:   Terror - die Sprache der Ohnmacht?

 29 Antwort(en).

dirgni begann die Diskussion am 23.02.04 (23:34) mit folgendem Beitrag:

Vorweg zur Klarstellung, ich befürworte niemals Gewalt, Krieg usw. Meine politische Bildung reicht auch nicht, um zu Auseinandersetzungen, wie sie in diesem Forum stattfinden, Stellung zu nehmen.

Aber mich beschäftigt das Problem, wo liegt die Ursache des Terrors.

Sind es nicht immer wieder Minderheiten, die sich auf demokratischem Weg kein Gehör verschaffen können (z.B. Basken oder seinerzeit Südtiroler, die Minderheit in Irland) oder völlig entmachtete Völker (Palästinenser), die zu diesem schrecklichen Mittel greifen, um von der Welt in ihrer Verzweiflung überhaupt wahrgenommen zu werden.

Sehen diese Menschen nicht im Terror ihre einzige Chance, die Welt wachzurütteln: Uns gibt es! Helft doch!

Ist Terror nicht eine Form des Widerstandskampfes, wie er nach den Kriegen immer heroisiert wird?

Bitte an Karl: Löschen falls das Thema den Regeln widerspricht.
Aber es würde mich wirklich interessieren, ob meine Gedanken so abwegig sind.


Karl antwortete am 24.02.04 (00:25):

@ dirgni,


nein, deine Fragen sind berechtigt. Immer wieder wird Terror von Minderheiten zum Kampf für ihre tatsächlichen oder vermeintlichen Rechte eingesetzt. Frühere Terroristen werden später als Märtyrer verehrt, wenn der Umsturz gelungen ist. Terror war z. B. ein Mittel der Zionisten im Kampf gegen die Briten.

Ich persönlich halte Gewalt niemals für die richtige Lösung eines Konflikts. Friedliche Lösungen sind sehr viel anspruchsvoller, aber nicht chancenlos, wie z. B. Gandhi im friedlichen (!) Kampf gegen die Briten bewiesen hat.


mart antwortete am 24.02.04 (00:36):

Das Ziel der Südtirolaktivisten der 60 er Jahre war nicht das Töten von Menschen, sondern es wurden Einrichtungen des Staates zerstört. -

Ab 1964 versuchten der italienische Geheimdienst und andere Rechtsextremisten die Lage durch das gezielte Töten von Menschen zum Eskalieren zu bringen.In all ihrer Verschiedenheit hatten sie ein gemeinsames Ziel: eine Einigung in der Südtirolfrage zu verhindern.

(Südtirol zwischen Diplomatie und Terror 1947 - 1969" und
"Südtirol im 20. Jahrhundert"
von Prof. Rolf Steininger, Vorstand des Instituts für Zeitgeschichte an der Universität Innsbruck)

Diese Südtirolaktivisten sind also m.M.sehr weit vom Terror der baskischen ETA und der nordirischen IRA gegen unschuldige Zivilisten entfernt. Allerdings wurde das gerechte Anliegen von Terroristen und dem ital.Geheimdienst, die der Sache schaden wollten, mißbraucht.


Karl antwortete am 24.02.04 (00:45):

Mart, du zeigst hier ein zusätzliches Problem auf. Bei zeitgerechten Anschlägen kann man oft genug ins Grübeln kommen, wem denn das jetzt nutzen wird. Leider muss man mit allem rechnen.


seewolf antwortete am 24.02.04 (01:33):

... also - wenn ich partout keine Mehrheit kriege : draufhauen, bis es der Mehrheit richtig wehtut! Das Rezept der Pragmatiker und Menschenkenner...


radefeld antwortete am 24.02.04 (06:22):

Die Terrormethode hat mit unserem Demokratieverständnis kaum etwas zu tun. Demokratie entsteht doch auch gerade dadurch, dass sich eine MINDERHEIT der MEHRHEIT beugt- OHNE zu undemokratischen Mitteln zu greifen. M.E. ist es vom VERSTÄNDNIS bis zur ENTSCHULDIGUNG des Terrors nur ein ganz kleiner Schritt. Gewaltfreie Methoden haben schon mindestens ZWEI mal in der Geschichte zum Erfolg geführt. Der Sturz des Kommunismus gelang auch- von Ausnahmen abgesehen, wie in Rumänien- GEWALTFREI. Gescheiterte Versuche, OHNE Gewalt positive Veränderunge zu erreichen, sind meines Wissens nicht vorgekommen. Weil es gar nicht erst versucht wurde!


Karl antwortete am 24.02.04 (07:53):

@ radefeld,


wobei noch zu ergänzen wäre, dass in einer guten Demokratie die Minderheiten eben nicht "gebeugt", sondern respektiert werden. Zwar regiert die Mehrheit, nach der Wahl werden jedoch alle Regierenden auf das Wohl des Ganzen(!) eingeschworen.


Wolfgang antwortete am 24.02.04 (12:06):

Wie wird Terror in unserer Gesellschaft rezipiert ?

Oft wird Terror fuer gut befunden, wenn er von der 'eigenen' Seite ausgeht, staatlich ist, christlich-juedisch begruendet wird, der Sicherung der 'eigenen' Ressourcen (insbesondere der Sicherung des Oelnachschubs) dient, als Instrument fuer den westlichen 'american way of life' benutzt wird, Menschen in der sogenannten 3. Welt, insbesondere islamische Menschen trifft.

Meistens wird Terror fuer schlecht befunden, wenn er von der 'anderen' Seite ausgeht, semi-staatlich oder privat ist, islamisch begruendet wird, die 'eigene' Rohstoff- insbesondere Oelversorgung gefaehrdet, als Instrument gegen den 'american way of life' benutzt wird, westliche, christliche, juedische Menschen trifft.

Kaum jemand lehnt Terror als Mittel der Politik ohne Wenn und Aber ab.


schorsch antwortete am 24.02.04 (12:46):

Terror beginnt meist dort, wo Minderheiten benachteilgt werden. Am Anfang ist das Murren; am Ende sind die Selbstmörder, die sich mit ihren "Feinden" in die Luft sprengen.......


mart antwortete am 24.02.04 (13:44):

Ich glaube, es ist schon notwendig, versch. Stufen des „Terrors“ zu unterscheiden und nicht alles in einen Topf zu werfen.

Vom vollkommen friedlichen Widerstand a la Ghandi bis zu Terroraktionen, die das Leben von Unbeteiligten treffen sollen.

Es ist auch meine Meinung, daß Minderheiten in einem Staat einen größeren Schutz benötigen als die Majorität, damit sie sich in diesem Staat zuhause fühlen.

Das Problem der Minoritäten erscheint mir in vielen Fällen darin begründet, daß in den meisten Fällen „Friedensverträge“ gemacht werden und Grenzen am Papier gezogen werden ohne Rücksicht auf die ethischen, soziologischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten.

Wenn ich auf das Beispiel Südtirol zurückkomme, wurde nach dem 1. Weltkrieg Südtirol an Italien angegliedert ohne zu berücksichtigen, welche Menschen dort wohnen.
Nach der Angliederung von Südtirol an Italien nach dem 1. Weltkrieg gab es 20 Jahre lang eine Unterdrückung der dortigen Bevölkerung, die in etwa der Unterdrückung der Kurden, insbesondere was die Sprache, Schulen und Traditionen betrifft, durch die Türkei entspricht. Es kam zu einer zwangsweise Italisierung der deutschsprachigen und ladinischen Bevölkerung, zu Aus- und Umsiedlungsprojekten.


Nach dem 2. Weltkrieg wurde zwar grundsätzlich im „Pariser Vertrag“ ein Minderheitenschutz in Form eines Autonomiestatuts zugesichert und international anerkannt, aber jahrzehntelang nicht verwirklicht. – So fehlten z.B. die Durchführungsbestimmungen durch den italienischen Staat.

Dadurch fühlte sich die deutsch- und ladinischprechende Bevölkerung stark benachteiligt.
Allerdings wurden Südtiroler in Österreich als Österreicher behandelt (Beihilfen, Wohnungen, Schulen etc.), sodaß in dieser Hinsicht kein explosives Gemisch entstand.

Nachdem Anfang der 60 er Jahre durch Anschläge auf Telefonmasten etc., die so geplant waren, daß keine Menschen betroffen waren, dieses noch immer nicht gelöste Problem der nicht durchgeführten Autonomie genügend Aufmerksamkeit in der Weltöffentlichkeit erhielt, rückte eine friedliche Lösung durch Verhandlungen unter Mithilfe von Deutschland und Österreich in greifbare Nähe.

Jetzt begannen Terroranschläge, die absichtlich Leben forderten.
Einerseits von Gruppierungen, denen die friedliche Lösung zu wenig weit ging, von anderen Gruppen, denen sie zu weit ging, und von Gruppen, die Südtirol als Übungsfeld für den Terror anschauten.


Ich glaube, daß der jetzt erreichte Autonomiestatut in Südtirol wirklich ein Vorbild für die Lösung vieler Konflikte auf der Welt ist, natürlich kann er nicht nur statisch sein, sondern muß immer wieder angepaßt werden.


Zu solchen Lösungen braucht es die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit, den Willen (wenn auch erzwungen) auf beiden Seiten allen! beteiligten ethischen Gruppen Schutz zu gewähren (und das nicht nur in Worten sondern handfest in den vielen Kleinigkeiten und auch den großen Angelegenheiten) und die Bekämpfung derjenigen, die mit Morden ihre Ziele zu erreichen versuchen und dadurch nur den alles durchdringenden Haß begründen und steigern.


mart antwortete am 24.02.04 (16:13):

"Das neue Autonomiestatut von 1972 ist ohne Zweifel für unser
Land die wichtigste Errungenschaft in politischer, kultureller,
sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht. für die beiden
Sprachminderheiten im Lande - die Deutschen und die
Ladiner - erfüllt das Autonomiestatut eine wichtige Schutzund
Förderungsfunktion zur Erhaltung der sprachlichen und
kulturellen Identität. Allen drei Sprachgruppen gemeinsam
erbringt es aufgrund der großen Selbstverwaltungsbefugnisse
große Vorteile, dem Lande Südtirol (wie auch der
Nachbarprovinz Trient) räumt dieses Statut - da es auf einem
internationalen Abkommen (Pariser Vertrag von 1946)
fußt und als Verfassungsgesetz vom römischen Parlament
verabschiedet worden ist - eine Sonderstellung im italienischen
Staatsgefüge ein."

Im angegebenen Link wird die Autonomie einer
möglichst breiten Öffentlichkeit nähergebracht und die Gesetze so dargestellt, daß sie auch verstanden werden können:

Internet-Tipp: https://www.provinz.bz.it/aprov/suedtirol/download/Suedtirol_Autonomie-2000.pdf


dirgni antwortete am 24.02.04 (20:14):

danke für Eure Beiträge,
vor allem ein persönliches Danke an mart für ihre ausführliche Darstellung des Südtirolproblems.

@ karl, ich glaube Gandhi und Indien waren damals in einer ganz anderen Situation. Wenn ein Land um seine Freiheit kämpft hat es andere Möglichkeiten des Widerstandes gegen die Besatzer, die sich in der Minderheit befinden. Das soll aber die Bewunderung für Menschen wie Gandhi, die mit friedlichen Mitteln ihr Ziel erreichen, nicht schmälern.


Wolfgang antwortete am 25.02.04 (14:41):

Immer wieder versuchen Menschen sich Vorteile dadurch zu verschaffen, indem sie andere Menschen ausschliessen... Sie beschraenken den Zugang zu Ressourcen auf einen begrenzten Kreis von Auserwaehlten. Nach was wird ausgewaehlt ? - Nach Merkmalen wie z. B. Sprache, Konfession, Herkunft, Hautfarbe etc.

Den Auserwaehlten geht es relativ gut, den Ausgeschlossenen relativ schlecht.

Die Auserwaehlten haben - waren sie erfolgreich - staatliche militaerische Macht... Die Staaten der Auserwaehlten z. B. haben Panzer, Flugzeuge, Massenvernichtungswaffen...

Die Ausgeschlossenen haben praktisch nichts. Nur ihre Demuetigung und ihre Wut darueber haben sie. Das ist der Ausgangspunkt ihres Widerstandes.

Dem Terror der Staaten der Auserwaehlten folgt also unweigerlich der semi-staatliche und private Terror der Ausgeschlossenen (Ausnahmen bestaetigen die geschichtliche Regel). Wer dem Terror die Grundlage entziehen will, muss bei den Staaten der Auserwaehlten und ihrem staatlichen Terror anfangen. Gerade das wollen aber die Auserwaehlten und ihre UnterstuetzerInnen nicht.


ricardo antwortete am 25.02.04 (16:16):

Wolfgang
wärest du gerne im Rahmen des Holocaust auserwählt gewesen?
Danach gab es 6 Mio weniger Auserwählte.

Die Juden bezeichnen sich höchst selten so, um so mehr ihre Feinde, die darüber spotten.
für die Araber der Gegend waren die Juden ursprüglich die Dhimmys, soll heißen verachtenswerte Heiden ohne Besitz und ohne Ansehen.
1948 war es umgekehrt wie jetzt, da hatten die Ägypter, die Syrer, die Jordanier und die Iraker hochgerüstete Armeen gegen ein praktisch wehrloses Israel.
Aber Unterschätzen ist immer dumm!
Hätten sich die Israeli nicht auf weitere Kriege wie etwa den Jom Kippur-überfall vorbereitet, das Land Israel wäre verschwunden.
Aber ich mache jede Wette:
Der Krieg wäre ohne Israel noch viel heftiger zwischen den verfeindeten arabischen Brüdern ausgebrochen. Und Arafat wäre nicht mehr am Leben. Diese Gegend hat eine kriegerische Tradition, und sie können sich ganz ohne äußere Bedrängnis raufen!


mart antwortete am 25.02.04 (16:53):

Ich finde es interessant, wie hier der Terror - in seiner schlimmsten Form nämlich möglichst viele unbeteiligte Opfer zu erreichen - als verständlich hingestellt wird.

Hier wird wieder Bezug genommen auf den arabischen Terror, - ich frage mich, ob man von "Ausgeschlossenen" allgemein reden kann. Tatsächlich, Libyen ausgeschlossen? Oder einzelne Menschen dort ausgeschlossen? Das wäre dann ein Problem der dortigen Regierungen! Schließen Touristen tatsächlich die Bewohner der Regionen von den Errungenschaften aus? Wenn ja, wiederum ein Anliegen der jeweiligen Regierungen.

Es ist einfach zu einfach, die Schuld dem Sündenbock "westlicher Imperialismus" zuzuschieben - oder nur eine Methode der Regierungen, von eigenen Versäumnissen und Verbrechen abzulenken.

Wenn unter den "Ausgeschlossenen" die Palästinenser gemeint sind, dann kann ich mich nur wiederholen; die Daten der wirtschaftlichen Entwicklung zeigen, daß bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ihre wirtschaftliche Entwicklung vorbildhaft für die Nichterdölländer dieser Region inkl. Ägypten waren.

Die Verelendung in den Palästinenserlagern in fast allen arabischen Staaten sollte denjenigen angelastet werden, die dafür verantwortlich sind. So geht man mit Flüchtlingen nicht um, außer man instrumentalisiert sie.

Darf ich nocheinmal erinnern, daß Deutschland die deutschen Flüchtlinge aus den Ostgebieten anders behandelt hat, daß Österreich die Südtiroler anders behandelt hat.

Auch hier gäbe es genügend Sprengstoff, um vergangenes Unrecht wieder sehr lebhaft in Erinnerung zu rufen.


Medea. antwortete am 25.02.04 (19:20):

Mit Israel und den Palästinensern treffen zwei Völker aufeinander, wie sie diametraler nicht sein können.
Nicht einmal in ihrem Wunsch nach Frieden scheint es große Übereinstimmung zu geben, sonst würde von palästinensischer Seite nicht jeder kleinste israelische Versuch durch ständige Selbstmordanschläge im Keime erstickt ...
Natürlich glaube ich an Friedensbewegte auf der einen wie auf der anderen Seite - Uri Avnery und seine Mitstreiter sind da zu nennen - aber werden sie ernstgenommen?
Die al-Aksa-Brigaden, die Hamas und andere scheinen da leider anderer Auffassung zu sein.
Es gehört schon viel Mut und Beharrlichkeit für die Friedensgruppe dazu, nicht aufzugeben - allerdings scheint mir der Forderungskatalog an die Regierung zu einseitig und starr zu sein.
Wolfgang hat ihn mal in einem Link vorgestellt ....
nicht jeder Regierungschef hat die Größe eines Willi Brandts.....


BarbaraH antwortete am 25.02.04 (20:00):

Medea.,

hast Du gar kein schlechtes Gewissen, wenn Du allein der israelischen Seite den Wunsch nach Frieden zusprichst, der von der "palästinensischen Seite" "durch ständige Selbstmordanschläge im Keime erstickt" wird?

Auf der einen Seite morden Soldaten auf Befehl des Staates Israel, auf der anderen Seite setzen Einzeltäter aus einer verzweifelten Lage heraus ihr eigenes Leben als Waffe ein. Kann man Friedensbemühungen eines Staates ernst nehmen, wenn dieser sie durch Einzeltäter immer wieder "im Keime ersticken" lässt?

Da Du Uri Avnery lobend erwähnst, empfehle ich folgenden Artikel von ihm. Er setzt Bush gleich mit einem Tanzbären, der von seinem Meister Sharon an der Nase herumgeführt wird:

Der Tanzbär
von Uri Avnery
https://www.zmag.de/artikel.php?id=1015

Internet-Tipp: https://www.zmag.de/artikel.php?id=1015


Karl antwortete am 25.02.04 (21:14):

Ein sehr guter Text von Avnery, der genau meinen Eindruck vom Taktieren Sharons wiedergibt.


linus antwortete am 25.02.04 (21:42):

Minderheiten, gleich welchen Namens, dürfen Ihre Rechte nicht mit Gewalt, gleich welchen Namens, durchsetzen. Falls sie es dennoch tun, ist ihnen mit gleicher (!) Gewalt zu begegnen.


Wolfgang antwortete am 25.02.04 (23:14):

Nicht nur Minderheiten, sondern auch Mehrheiten, also alle Menschen und ihre Regierungen, duerfen nicht gewalttaetig vermeintliche eigene 'Rechte' durchsetzen. Das Recht erlaubt es ihnen nicht. Und trotzdem werden viele gewalttaetig. Weil sie das Recht nicht achten und sie sich Vorteile vom Rechtsbruch versprechen.

Der Terror lebt. Im 'Heiligen Land' waechst und gedeiht er... der staatliche israelische Terror und - als die andere Seite derselben Medaille - der semi-staatliche und private palaestinensische Terror.

Beide Parteien koennen darueber zugrunde gehen. Aber, ich denke, es gibt Hoffnung, so lange es noch Israelis wie URI AVNERY gibt. Der sagt: "Ich bin ein Optimist. Ich glaube, dass aus der Dunkelheit der Verzweiflung schon Daemmerung wird, es faengt ganz langsam an, heller zu werden. Die Ueberzeugung, dass das Blutvergiessen zu nichts fuehrt, breitet sich in Israel aus." (Quelle des Zitats... URI AVNERY: Rede zur Verleihung des Lew-Kopelew Preises, ZNet, 16.11.2003)

Ich hoffe, Herr AVNERY behaelt recht.


Medea. antwortete am 26.02.04 (07:31):

Ich wollte es schon längst aufgegeben haben, zu dieser im traurigen Sinne unendlichen Geschichte etwas zu sagen, aber dann obsiegt doch wieder mein Zorn über das "Wechselspiel" von Anschlägen und Vergeltung. Der Mehrheit der Palästinenser spreche ich keinen Friedenswillen ab, sie werden sich noch erinnern, daß es eine ziemlich ruhige Zeit vor den Intifadas gab, erst mit Arafat und seinesgleichen begann das Unheil. Was ich vermisse, sind Friedensdemonstrationen des palästinensischen Volkes gegen
den eigenen täglichen Terror, der offenbar von kleineren Gruppen getragen wird. Diesen Gruppen müssen die den Frieden wollenden Palästinenser mit Rückgrat entgegentreten, dann werden sie auch wieder glaubwürdiger für die Israelis werden. Und vor allem würden sie den Uri Avnery und seine Mitstreiter wertvoll Unterstützen.


Wolfgang antwortete am 26.02.04 (08:28):

Glaube mir, Medea... Die Mehrheit der PalaestinenserInnen hatte nie ein Interesse an dem Zustand, den Du als 'ziemlich ruhige Zeit vor den Intifadas' beschreibst. An diesem Zustand hatte nur eine Gruppe von Menschen ein Interesse: Die Israelis (besser gesagt, die Israelis, die juedische Israelis sind).

Ginge es nach denen, haette der Zustand der Rechtlosigkeit der PalaestinenserInnen und der Zustand der Besatzung ihres Landes in der Tat ewig so bleiben koennen.

Aber es geht nicht nach denen. Ich mache mir nicht gerne was vor. Warum werden die PalaestinenserInnen zunehmend als Problem ernst genommen und von der (Welt-)Oeffentlichkeit als Menschen registriert ? - Weil sie sich wehren... Weil sie nicht schweigend zugrunde gehen... Weil sie viele Terroristen stellen und weil sie mittlerweile zu verheerenden Attentaten faehig sind ... Weil sie zu einer militaerischen Gefahr fuer Israel geworden sind...

Keine Frage: Der semi-staatliche private palaestinensische Terror wird sich noch steigern. Er wird sich in dem Masse steigern, wie der staatliche israelische Terror zunimmt. Wir werden es erleben.


schorsch antwortete am 26.02.04 (09:10):

Stellt euch vor es gäbe ein Pulver, das man aus Flugzeugen auf Israelis und Palästinenser streuen könnte und alle Menschen zu Christen mutieren würde. Ob es dann dort nur noch Liebe gäbe?


mart antwortete am 26.02.04 (09:46):

Man braucht sich nicht zu lieben, gegenseitiges respektieren genügt.


Sheikh Hassan Nasrallah (ist der Gesprächspartner des französischen Prädidenten)lobt auf mehreren Veranstaltungen der letzten Zeit den bewaffneten Kampf der Palästinenser und die Technik der Homizidattentate, die seiner Ansicht nach weltweit verbreitet werden sollten.

"Die islamische Nation hat die Anwendung der Suizidattentate wieder aufgenommen, ohne diese Angriffe hat der Kampf keinerlei Sinn. Die amerikanische Regierung und die Experten in den USA und in Israel wie auch die Generäle der Armee hatten keinen Erfolg darin, die Konzeption der Suizidattentate zu eliminieren. ... Wir müssen die Idee des Todes verbreiten, um zum Kampf der islamischen Nation zum Schutz unseres Landes dem Pfad Allahs und und den Selbstmordaktionen zu folgen."


Felix antwortete am 26.02.04 (17:34):

Ich finde es psychologisch immer wieder äusserst bemerkenswert, wie auch meine Empfindung bei der Wahrnehmung von solchen Gewaltakten hin- und hergerissen werden kann.
Wenn ich eine Tat bejahe, gutheisse oder wenigstens verstehe, tendiere ich zu einer milden Beurteilung. Im gegenteiligen Fall komme ich zu einem harten Vernichtenden Urteil, obwohl neutral betrachtet eine vergleichbare Gewaltanwendung vorliegt.
Wilhelm Tell, der Schweizer Nationalheld soll den verhassten Landvogt Gessler totgeschossen haben, indem er ihm in einem Engnis auflauerte.
Vor dem Auszug aus Aegypten werden die bekannten Plagen als Terrormittel eingesetzt ... sie werden als Zeichen des göttlichen Willens angesehen. In der "heiligen Schrift" wimmelt es von Terrorgeschichten. Wenn sie aber den Israelis dienen sind sie von Gott abgesegnet.
Oder wenn ich an alle Geschichten aus der weltweiten Kolonialisierung erinnern darf. Der Terror, den die Weissen auf allen Kontinenten verbreiteten wurden in Schulbüchern als Heldentaten verkauft.
Obwohl ich gegen Gewaltanwendung bin, weiss ich von mir nicht, zu was für Taten ich bereit wäre, wenn ich das gleiche an meiner Familie, an meinem Volk oder Rasse erlebt hätte ... wie eben die Terroristen, die wir so vehement verurteilen.


Wolfgang antwortete am 26.02.04 (19:00):

Das ist der Grund, warum es zu nichts fuehrt, wenn Menschen fuer sich persoenlich ein Bekenntnis (pro oder contra) zu fremder Gewaltausuebung ablegen... In den ST-Foren koennen viele Beispiele fuer solche persoenlichen Bekenntnisse nachgelesen werden. Fruchtbringender ist es m. E., ueber die Bedingungen zu diskutieren, unter denen Gewaltanwendung weniger wahrscheinlich wird.

Voraussetzung ist, dass jemand das Gespraech, die Diskussion als Mittel ansieht, das verhaltensveraendernd, ja politisch veraendernd wirken kann, wenn sich nur genuegend Menschen daran beteiligen.

Wer meint, jedes Gespraech, jede Diskussion sei sowieso sinnlos, kann dem natuerlich nichts abgewinnen. Fuer den bleibt nur noch, sich wie ein Fussball-Clubfan auf 'seine' Seite zu schlagen, und die in den Himmel zu heben, und den anderen Verein zu verdammen und zu hoffen, dass der 'eigene' Verein per Gewalt den Gegner schon niederkaempfen wird.


dirgni antwortete am 26.02.04 (21:27):

hallo Felix,

Du hast das, was ich mit dem Thema ansprechen wollte, präziser formuliert. An den Held Wilhelm Tell hab ich dabei auch gedacht, an die Bibel allerdings nicht.

Da stellt sich natürlich die Frage, wie "alt" ist Terrorismus. Wurde er früher ganz einfach akzeptiert, weil man ihm edle Absicht unterstellt hat und ist er erst jetzt aufgrund der technischen Möglichkeiten so gefährlich geworden, daß man ihn bekämpfen muß?


Wolfgang antwortete am 26.02.04 (22:02):

Wer sollte den Terror denn bekaempfen ? - Ein Beispiel: Das Attentat auf die WTC-Tuerme gilt in der westlichen veroeffentlichten Meinung als terroristische Tat. Die damit begruendeten Kriege der BUSH-Krieger (die das zigfache an Opfern kosteten) gelten in derselben veroeffentlichten westlichen Meinung als 'Kampf gegen den Terrorismus'.

Umgekehrt wird das Ganze in weiten Teilen der sogenannten 3. Welt, insbesondere in der muslimisch gepraegten Welt gesehen... Terroristen sind hier die BUSH-Krieger und Kaempfer gegen deren Terrorismus sind die, die im Westen gejagt werden.

So schaukeln sich die Terroristen dieser Welt gegenseitig hoch... Mr. BUSH und Mr. BIN LADEN - die im Geiste vereinten 'Monster-Twins' (A. ROY) - haben ihre zahlreichen Fans. Es ist doch nicht mehr die Frage, ob Massenvernichtungswaffen eingesetzt werden, sondern nur noch, wer das zuerst tut und wann und wo es passiert. Der Terror - die Sprache der Maechtigen und die der Ohnmaechtigen - wird mittlerweile ueberall gesprochen und verstanden.


mart antwortete am 28.02.04 (00:15):


"Der Begriff »Terreur« wurde erstmals während der französischen Revolution populär. Damit bezeichnete man das Vorgehen der revolutionären Jakobiner gegen ihre politischen Gegner, bevor sie schließlich selbst mit der Guillotine geköpft wurden.

"Am 16. November 1937 legte ein Expertenausschuss dem Völkerbund eine "Genfer Konvention zur Verhütung und Bekämpfung des Terrorismus" zur Unterzeichnung vor. Der Vertragsentwurf umschrieb Terrorismus als "kriminelle Taten, die gegen einen Staat gerichtet sind und das Ziel verfolgen, bestimmte Personen, eine Gruppe von Menschen oder die Allgemeinheit in einen Zustand der Angst zu versetzen". Dieses internationale Abkommen scheiterte, weil kein Land außer Indien die Konvention ratifizierte.1



"Demgegenüber verurteilte die UNO mit der Resolution 2625 vom 24. Oktober 1970 jegliche Unterstützung von Terrorgruppen durch Staaten: "Jeder Staat hat die Pflicht zur Unterlassung der Organisation, Anstiftung, Unterstützung von der Teilnahme an Bürgerkriegshandlungen oder terroristischen Handlungen in einem anderen Staat oder zur Unterlassung der stillschweigenden Duldung organisierter Aktivitäten auf seinem Hoheitsgebiet, die auf Begehung solcher Handlungen gerichtet sind (ö)."6"

Weiteres aus der Geschichte des (modernen) Terrorismus auf

Internet-Tipp: https://www.uni-kassel.de/fb10/frieden/themen/Terrorismus/piper2.html


mart antwortete am 28.02.04 (20:22):

Terror resultiert auch aus einer "Alles oder Nichtspolitik", aus Selbstüberschätzung und Verachtung des anderen.