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THEMA:   Geheime Nukleartechnologie an das Ausland

 10 Antwort(en).

Medea. begann die Diskussion am 05.02.04 (07:48) mit folgendem Beitrag:

Abdul Qadeer Khan, Cheftechniker und "Vater der pakistanischen Atombombe" hat zugegeben, geheime Nukleartechnologie an den Iran, Lybien und Nordkorea geliefert zu haben. In einer Fernsehansprache hat er gestern um Verzeihung für seine Taten gebeten. In einem persönlichen Gespräch mit Präsident Pervez Musharraf habe er die volle Verantwortung für sein Tun übernommen und gleichzeitig ein "Gnadengesuch" an Musharraf gestellt.

Ist eine solche Tat zu entschuldigen?


Wolfgang antwortete am 05.02.04 (08:59):

Ich glaube, Medea, diese merkwuerdige 'Entschuldigung' ist eine politische Strategie der derzeit in Pakistan Maechtigen, aus den eigenen Verstrickungen in ihr Atomprogramm und in den Export desselben herauszukommen.

Es ist schwer vorstellbar, dass ein (wenn auch fuehrender) Atomwissenschaftler ohne Auftrag und Rueckendeckung seiner politischen und militaerischen Fuehrung gehandelt haben soll. Es ist auch schwer vorstellbar, dass die US-Administration - die neuen Herren von Pakistans Praesident MUSHARRAF - nicht schon lange wussten, was in seinen Atomkuechen angerichtet wird. Aber, derzeit ist MUSHARRAF 'unser' Schurke, den es zu schuetzen gilt.

Mit dieser 'Entschuldigung' und der Gewaehrung von Gnade will man wohl eine hohe Strafe vermeiden. Denn anders wuerde der Delinquent womoeglich ueber das erlaubte Mass hinaus oeffentlich in einer Gerichtsverhandlung aus dem Naehkaestchen plaudern. ;-)


mart antwortete am 05.02.04 (09:00):

Nun, die großartigste Leistung von diesem sehr intelligenten Wissenschaftler war ja, die Pläne für die Urananreicherung während eines Praktikums gestohlen zu haben. War man dort wohl ein bißchen zu vertrauensselig.

Es ist ja nett, daß ein Schuldenbock die Verantwortung auf sich nimmt und dadurch die Untersuchung der anderen Beteiligten (z.B. pakistanische Armee) nicht nötig wird.

Aber derjenige, der das Selbstbewußtsein von vielen Staaten durch die eigene Atombombe so gehoben hat, wird sicherlich in einem sehr angenehmen Asyl landen.


julchen antwortete am 06.02.04 (05:38):

Wer weiss in wessen Haende sowas fiel.
Wer weiss wer damit was gebaut hat. Wer weiss wo so'n Ding dann explodiert...auch wenn's bloss versehentlich waere....


Medea. antwortete am 06.02.04 (07:58):

Khan begnadigt

Der Begründer des pakistanischen Atomprogramms ist nach seiner öffentlichen Entschuldigung für die Weitergabe von Nukleartechnologie ins Ausland begnadigt worden.
Präsident Pervez Musharraf teilte gestern mit, er habe das Gnadengesuch des Ingenieurs Abdul Qadeer Khan bewilligt. Medienberichte, wonach auch Angehörige der Regierung und der Streitkräfte am Export von Nukleartechnologie an Libyen, Iran und Nordkorea beteiligt waren, wies Musharraf zurück.
(ap vom heutigen Tage)

Wolfgang und mart - Ihr lagt mit Eurer Einschätzung total richtig.....


schorsch antwortete am 06.02.04 (10:08):

Offensichtlich handelt es sich bei dieser Begnadigung um eine fein eingefädelte Aktion zwischen Khan und Präsident Pervez Musharraf......


Wolfgang antwortete am 06.02.04 (13:04):

Es bewahrheitet sich wieder, Medea: Die Politik der Maechtigen ist ein schmutziges und verlogenes Geschaeft. Im sogenannten 'Krieg gegen den Terrorismus' (ein Ausdruck der BUSH-Krieger fuer den Krieg ums Oel) wird Mr. MUSHARRAF als 'unser' Schurke gebraucht. Ihn gilt es zu schuetzen. Derjenige der nachweislich ein Atomprogramm aufgelegt hat und die 'islamische (sic!) Atombombe' hat bauen lassen, ist also 'unser' Verbuendeter. *wuerg*

In der Frankfurter Rundschau ist heute zu lesen: "Die USA dringen offenbar nicht auf eine Strafverfolgung Khans. Aussenamtssprecher Richard Boucher erklaerte, Islamabad habe versichert, man werde sensible Technik nicht weitergeben. Musharraf ist Verbuendeter der US-Regierung im Anti-Terror-Kampf und steht daheim unter dem Druck islamistischer Kreise." (Quelle des Zitats... Musharraf begnadigt Atomexperten Khan. Straffreiheit des Nuklear-Haendlers soll Mitschuld des Militaers kaschieren / USA offenbar zufrieden (von CHRISTINE MOELLHOFF), FR, 06.02.2004)

Internet-Tipp: https://www.ecofreak.de/inhalt.html


mart antwortete am 06.02.04 (15:55):

aus einem Kommentar von Anneliese Rohrer, Die Presse:


"Die ganze öffentliche Inszenierung seit dem Auffliegen des Atom-Skandals - inklusive der exakt inszenierten TV-Selbstbezichtigung Khans - zeigt, dass auch Musharraf seine Chancen wahrgenommen hat:

Hätte er nämlich die von der Regierung empfohlene Begnadigung Khans verweigert, hätte er wohl sein eigenes Todesurteil unterschrieben.

Die USA aber brauchen Musharraf. George W. Bush kann es sich in einem Wahljahr nicht leisten, auf einen falschen Verbündeten gesetzt zu haben.


Nur deshalb konnte es sich der Ex-General am Donnerstag auch erlauben, jede unabhängige Untersuchung des Atom-Skandals in seinem Land zu verbieten; der UNO die kalte Schulter zu zeigen; der Internationalen Atomenergiebehörde weitere Dokumente zu verweigern.


Es kann Musharraf völlig gleichgültig sein, dass alle Welt glaubt und alle Experten offenbar wissen: ohne Mitwirkung der pakistanischen Regierung und /oder des Militärs wären Khans jahrelange Aktivitäten unmöglich gewesen.

Washington hat ihm eine Lebensversicherung ausgestellt. Die USA haben zum jetzigen Zeitpunkt an der Wahrheit kein Interesse; sie sind weder an Musharrafs Sturz, noch an seiner Ermordung interessiert, denn das würde das Land durch eine bereits jetzt beunruhigende islamistische Radikalisierung destabilisieren und für Washington unkontrollierbar machen. Zwei Attentatsversuche haben sicher nicht nur Musharraf, sondern auch amerikanische Politiker bis ins Mark geschockt. ...

Wahrscheinlich ist mittelfristig Stabilität in und um Pakistan tatsächlich der höhere Wert für die internationale Gemeinschaft als weitere Enthüllungen. Die Alternativen wären fürchterlich. Langfristig aber sind Tauschhandel wie der eben in Islamabad abgewickelte - tödlich. "

Internet-Tipp: https://diepresse.at/Artikel.aspx?channel=p&ressort=pk&id=403566


Karl antwortete am 06.02.04 (18:03):

Mir scheint, dass in den letzten Jahren weltpolitisch einiges aus dem Ruder gelaufen ist. Ich denke, es ist erlaubt die Frage zu stellen, ob die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit richtig focusiert war. Die Geheimdienste scheinen an den falschen Orten Falsches und an den wirklichen Brennpunkten gar nichts zu Tage gefördert zu haben.


mart antwortete am 09.02.04 (19:21):

Aus unten angegebener Quelle:

"Arabische Medien behaupten, dass das Terrornetzwerk al-Qaida seit 1998 Nuklearwaffen besitzt.

Die Terroristen sollen die Nuklearwaffen bereits 1998 von ukrainischen Wissenschaftlern in der südafghanischen Stadt Kandahar gekauft haben. Kandahar war damals eine Hochburg des mit Bin Laden verbündeten Taliban-Regimes. Der frühere russische Sicherheitsberater Alexander Lebed behauptet, dass nach dem Zerfall des Sowjetimperiums bis zu 100 tragbare Atomsprengsätze aus der Ukraine verschwunden seien..."


Die Gerüchteküche rund um Osama bin Ladens Islamistengruppe al-Qaida brodelt. Nun berichtete die arabische Zeitung "al-Hayat" sogar, dass sich die Terroristen Atombomben aus der Ukraine gekauft hätten. Die Nuklearwaffen würden von der al-Qaida an einem "sicheren Ort" gelagert, behauptet das arabische Blatt unter Berufung auf Extremisten-Kreise.


Al-Qaida beabsichtige, Atombomben gegen die USA einzusetzten, falls das Terrornetzwerk Ziel eines "vernichtenden Schlags" oder selbst mit nuklearen oder chemischen Waffen angegriffen werde, schreibt "al-Hayat". "

Internet-Tipp: https://www.diepresse.com/Artikel.aspx?channel=p&ressort=a&id=404091


julchen antwortete am 10.02.04 (06:45):

Hallo Mart

das habe ich heute auch gehoert!

Wie auch immer, ich persoenlich moechte es nur
allzugerne interpretieren das erste Zeichen der (wirklichen) Schwaecherung al-Qaidas.
Schliesslich sind fast 2/3 ihrer Fuehrung tot oder unter
Brief und Siegel. Es dauert eben bis sich guter Ersatz
gefunden hat.

Man kann sich irren, aber die Raupe mit dem groessten mockierten "Auge" am Hintern ist oft am
beeindruckensten und am verteidungslosesten.

Leichtfertig duerfen derlei Drohung jedenfalls niemals
wieder genommen werden. NIEMAND weiss doch
genau wer was hat und willens ist das auch zu benutzen - oder wo!