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THEMA:   Islamische Republik Afghanistan

 6 Antwort(en).

Medea. begann die Diskussion am 05.01.04 (09:18) mit folgendem Beitrag:

Laut dpa vom heutigen Tage wurde in Kabul gestern eine Verfassung für das Land beschlossen. Danach ist Afghanistan eine "islamische Republik", das Grundgesetz trägt aber in weiten Teilen liberalen Vorstellungen des Westens Rechnung. Die Regierung wird künftig von einem Präsidenten geführt, der ähnlich wie in den USA mit weit reichenden Machtbefugnissen ausgestattet ist. Der Islam wird Staatsreligion, aber gleichzeitig wird Anhängern anderer Religionen das Recht auf die Ausübung ihres Glaubens zugestanden. Soweit es möglich war, spiegelt die neue Verfassung die Forderungen ganz Afghanistans wider - sagte der afghanische Übergangspräsident Hamid Karsai.

Mit der neuen Verfassung ist nun der Weg für freie Wahlen geebnet - ein guter Schritt in die richtige Richtung, damit es in den gebeutelten Land wieder aufwärts gehen kann.


mart antwortete am 05.01.04 (17:24):

Im Augenblick klingt es sehr positiv, - aber sonst würden auch nicht Hilfsgelder fließen und die Besatzungstruppen abgezogen werden.

Aber ob das auch in Zukunft hält, bezweifle ich sehr stark.
Was, wenn durch demokratische Wahlen wieder Fundamentalisten an Einfluß gewinnen oder gar die Macht übernehmen?

(Es dürfte bekannt sein, daß selbst jetzt in vom Zentrum entfernteren Gegenden die Mädchen wieder nicht mehr zur Schule dürfen und daß noch immer und wiederum ein sehr starker Zwang auf die Frauen ausgeübt wird, ihren gesamten Körper zu verstecken. Die Macht der patriachalischen Klans ist nach wie vor vorhanden und die Talibanschulen blühen im angrenzenden Pakistan und entsenden ihre Jünger.)

- was dann? Wiederum eine Militäraktion?


eko antwortete am 05.01.04 (18:38):

Ich würde nicht gleich wieder Wasser in den Wein schütten wollen. Gewiss, es gibt keine Garantie dafür, dass das auch alles so glatt vonstatten läuft, wie man es sich hierzulande vielleicht vorstellen mag.

Aber es ist ein Anfang gemacht. Wenngleich mit westlichen Hilfsgeldern, aber irgendwann und irgendwoo muss man ja mal anfangen......und auch Rom ist, dem Vernehmen nach, nicht an einem Tag erbaut worden.

Es braucht alles seine Zeit.


julchen antwortete am 06.01.04 (06:32):

Mart

....Was, wenn durch demokratische Wahlen wieder Fundamentalisten an Einfluß gewinnen oder gar die Macht übernehmen?..........

Deine Furcht muss leider geteilt werden - Leider!

Demokratie und eine Solche zu gebaeren und am Leben zu erhalten
lernt sich nicht von einem Tag auf den Andern.
Vor allem dann nicht, wenn ein Volk generationenlang
mehr oder weniger aengstlich umgehen musste
mit der Zunge.

Demokratie hat sich nirgendwo voellig Blut- und Problemlos durchgesetzt - aber einmal erreicht, ist
es das Beste politische System, welches im Moment
auf unserer Blauen Erde vorgewiesen werden kann.

Man kann einem Volk ein paar Steine aus dem Weg
raeumen und diesem ein theoretisches Verstaendnis
mit auf den Weg geben, was eine Demokratie ist,
und was gebraucht wird eine Solche aufzubauen
und zu erhalten.
Aber das betreffende Volk selber muss entscheiden
wollen ob es willens ist, stark genug, und entschieden
genug ist nicht wieder in die alten Fallen zu gehen.

Hoffnung habe ich fuer Afghanistan und Irak, da
viele ihrer aspirierender
Politiker eine Chance hatten in Deutschland, USA
und anderen demokratischen Laender ein Gefuehl
dafuer zu entwickeln, dass eine Freie Meinung
eine Gute Sache ist. - ohne Angst dafuer erschossen
oder gefoltert zu werden.

Noch ist nicht alles verloren.


Medea. antwortete am 06.01.04 (10:33):

Mir ist auch klar, daß noch viele Jahre ins Land gehen werden, bevor einigermaßen "Ordnung" in dieses gebeutelte Land kommt. Immerhin ist in die Verfassung das Wort "Scharia", die islamische Rechtssprechung, nicht aufgenommen worden, jede Form der Diskriminierung ist verboten, Frauen und Männer werden die gleichen Rechte zugestanden ....
Hier sehe ich in der Umsetzung die größten Schwierigkeiten, zumal - wie auch mart berichtet - außerhalb Kabuls auf dem weiten Lande den Mädchen keinesfalls Schulbildung, oder wenn, dann mit großen Schwierigkeiten, gestattet wird.
Woher also die gebildeten Frauen nehmen, die ungefährdet und ohne Angst ein Amt wahrnehmen können?

Ich wünsche von ganzem Herzen, daß alle Afghanen daran mitarbeiten, die neue Verfassung in die Tat umzusetzen....


mart antwortete am 14.01.04 (23:44):

"Osama"

(Quelle und teilweise wörtlich zitiert aus Spiegel Nr. 3,2004)

Der Film wurde 2003 bei den Filmfestspielen in Cannes gefeiert und kommt diese Woche in die deutschen Kinos.

Es ist wirklich zu hoffen, daß die bedrückenden Verhältnisse der verschleierten Frauen, die der afghanische Filmemacher Siddiq Barmak im ersten Spielfilm, der nach dem Ende der Taliban-Diktatur in Afghanistan gedreht wurde, zeigt, der Vergangenheit angehören.



"Ist die Geschichte eines 12 jährigen Mädchens, das sich als Junge verkleidet, um allein das Haus verlassen und Geld für die Familie verdienen zu können.

Doch die Steinzeit-Islamisten stecken das Kind in eine Koranschule, wo die Tarnung bald auffliegt.
Es droht die Todesstrafe. Der Filmemacher zeigt die kleine Heldin als Opfer barbarischer Ideologen, die ihre Deutungshoheit über den Islam schamlos zum eigenen Vorteil nutzen:

Am Ende wird das Mädchen begndigt, weil ein greiser Mullah Nachschub für seinen Harem braucht. Der Alte schenkt dem Kind zur Hochzeit ein Vorhängeschloß."


pilli antwortete am 15.01.04 (01:43):

ich sah heute abend einen kurzen ausschnitt aus dem film "Osama" und konnte den interviews entnehmen, daß es erstmals gelang, die finanzierung des filmes gemeinsam mit geldern aus afghanischen und anderen geld-pools aus dem ausland zu realisieren. ein vor einiger zeit wohl unvorstellbares projekt...na bitte..wieder ein schritt näher!

:-)