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THEMA:   Elitesoldaten sagen "Nein"

 40 Antwort(en).

Karl begann die Diskussion am 23.12.03 (08:39) mit folgendem Beitrag:

Badische Zeitung, Seite 5 (23.12.2003):
"Aus 'Sorge um die Zukunft Israels als demokratischer, zionistischer und jüdischer Staat' hat eine Gruppe von 13 Reservisten der Eliteeinheit 'Sajaret Matkal' den Dienst in denPalästinensergebieten verweigert.
'Wir werden uns nicht mehr für die Unterdrückungspolitik in den Gebieten, die Entziehung von Menschenrechten gegenüber von Millionen von Palästinensern und als Schutzwall für die Siedlungskampagne benutzen lassen' ".
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Dieser mutige Schritt, immerhin haben wir noch die gesellschaftliche Ächtung und militärische Disziplinierung der sich verweigernden Kampfpiloten vor Augen, wurde vom israelischen Establishment scharf verurteilt. Uns sollte soviel Zivilcourage kurz vor dem Weihnachtsfest Mut machen. Noch haben die Menschen im Nahen Osten sich nicht alle aufgegeben.

Ich wünsche mir, dass die Erkenntnis, dass Gewalt keine Lösung der Probleme ist, auch auf der palästinensischen Gegenseite immer mehr Freunde findet und dass wir und alle Menschen eine friedliche Weihnacht erleben werden. Ich wünsche mir dies, gerade weil ich fürchte, dass es anders kommen könnte.


Ruth antwortete am 23.12.03 (08:49):

13 Reservisten im Verhältnis zu ??? Diensttuenden.
Sicher ist es imponierend, wenn Menschen mutig zu ihrer Überzeugung stehen und evtl. deswegen Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen - und das auf jeder Seite. Im Übrigen haben einige der "verweigernden Kampfpiloten" (die allerdings nicht im Einsatz standen) kurze Zeit nach ihrem Veto ihre Kritik zurückgenommen.

Wie toll wäre es gewesen, hätte Deutschland während seiner dunklen Zeit mehr solcher "Neinsager" gehabt! Vielleicht hätte es dann schönere Weihnachtsfeste gegeben.


schorsch antwortete am 23.12.03 (09:19):

Jemand muss ja anfangen.....

....und plötzlich ist Krieg und keiner geht mehr hin.....


Medea. antwortete am 23.12.03 (12:09):

Die Weigerung der 13 Elitesoldaten hat immerhin in Israel großes Aufsehen erregt - sollten sie ihre kritischen Äußerungen zur Militärtaktik in den besetzten Gebieten nicht zurückziehen, drohe die Entlassung aus der Kommandoeinheit.

Allerdings hat das gestrige Vorkommnis, nämlich Angriffe muslimischer Extremisten auf den ägyptischen Außenminister Ahmed Maher, der zu Vermittlungsbemühungen nach Jerusalem gekommen war, diese überschattet.
Bei einem Besuch der Al-Aksa-Moschee warfen Demonstranten mit Schuhen nach Ahmed Maher, was in der muslemischen Welt als Zeichen tiefster Verachtung gilt.
Leibwächter führten Maher vom Gelände. Der Minister wurde offenbar nicht verletzt. Er habe aber über Unwohlsein geklagt, berichteten Augenzeugen. Maher wurde ins Krankenhaus gebracht.

(ap vom heutigen Tage)


juergenschmidb antwortete am 23.12.03 (13:15):

auch ich finde das ausscheren der soldaten sympatisch, ein kleines kerzlein in der blindheit.
Wie es weitergeht, keine ahnung, man hat sich ja dummerweise irgendwie an den nicht endenden konflikt im heiligen land! gewöhnt.
Jürgen Schmidbauer


Ruth antwortete am 23.12.03 (13:26):

Klartext:
In Israel ist man empört über die 13 Reservesoldaten der "Sajeret Matkal", die in einem Schreiben Ministerpräsident Scharon mitteilten, dass sie aus humanen Gründen ihren Reservedienst in den besetzten Gebieten verweigern. Bei den Verweigerern handelt es sich um Soldaten, die derzeit nicht im Dienst sind. Selbst Ehud Barak, der frühere Regierungschef von der linken Arbeiterpartei und ehemals Soldat in dieser Eliteeinheit, verurteilte die Rebellen.

Der 68jährige ägyptische Außenminister Ahmned Maher wurde beim Besuch des Tempelplatzes von palästinensischen Moslems angegriffen und leicht verwundet. Die Palästinenser riefen ihm "Verräter, Verräter!" zu, weil er mit Israels Regierung verhandelt hatte. Nur mit Mühe konnten seine ägyptischen Sicherheitsleute ihn vor dem Mob retten. Er erhielt bei der Magen-David-Adom-Station gegenüber der Klagemauer Erste-Hilfe und wurde später im Hadassah-Krankenhaus behandelt. Dennoch schwor er vor seinem Abflug, dass Agypten weiterhin an Verhandlungen zu einem Friedensabkommen zwischen Israel und den Palästinensern teilnehmen wolle. Zwei israelische Ärzte begleiteten Maher auf dem Rückflug.

Und sonst noch gestern:
Zwei israelische Offiziere, Hagai Bibi, 24, und Alex Weissman, 23, von der Givati-Infanterieeinheit, wurden von einem palästinensischen Terroristen aus dem Hinterhalt mit Handgranaten und Gewehrfeuer beschossen. Sie erlagen ihren Verletzungen.

Internet-Tipp: https://www.nai-israel.com/aktuelles


Medea. antwortete am 23.12.03 (15:13):

Danke Ruth für die ausführlichere Wiedergabe.
Daß zwei israelische Offiziere einem hinterhältigen Mordanschlag zum Opfer fielen, wurde nicht genannt.

Mit dem Angriff auf den ägyptischen Außenminister durch palästinensische Moslems zeigt sich erneut deren Nicht-Bereitschaft, Verhandlungen zu einem Friedensabkommen zuzulassen ..... :-((


Ruth antwortete am 23.12.03 (15:20):

Genau so ist es, Medea, aber in der Weltöffentlichkeit (einschl.UNO) wird diese Tatsache immer wieder - wie soll ich sagen, ohne ins Fettnäpfchen zu treten? - verharmlost.


mart antwortete am 23.12.03 (15:41):

hallo, man braucht gar nicht so weit schweifen, die einseitigen Darsteller dieses so tragischen Konflikts sind mitten unter uns.


Karl antwortete am 23.12.03 (16:18):

Sind wir wieder so weit, dass nur die Toten auf einer Seite gezählt werden sollen? Bitte vergeßt nicht die vier Palästinenser, die gestern erschossen wurden.

Meine Themeneröffnung hatte ich gemacht, da die Verweigerung aus Gewissensgründen bei der Teilnahme an Unterdrückung und Mord ein mutiges Zeichen ist.

Ich hatte meiner Hoffnung Ausdruck verliehen, dass dieses Denken auch auf der Seite der Palästinenser um sich greife. Wie aber kann man auf Frieden hoffen, wenn die Parteigänger aller Seiten weiter das Feuer schüren und nur die Toten der einen Seite zählen?

Karl


mart antwortete am 23.12.03 (16:43):

Hallo Karl,

Es wurde hier sehr lange toleriert, daß immer wieder nur die Toten einer Seite gezählt wurden.


Karl antwortete am 23.12.03 (16:51):

Mart, es wurde nur deutlich auch auf die Toten und die Leiden der nicht-israelischen Seite verwiesen und dies stieß auf den wütenden Protest von fanatischen Parteigängern der israelischen Seite.
Ich habe hier immer wieder (und in den Archiven nachlesbar) darauf verwiesen, dass beide Seiten den Konflikt schüren, aber nur die israelische Seite hat in meinen Augen die Macht und muss deshalb durch ihr Handeln die Weichen zum Besseren stellen.


Felix antwortete am 23.12.03 (17:12):

Befehlsverweigerung in einem Kriegsführenden Land braucht sehr viel Mut und Zivilcourage.
Die hätten die Würdigung "Person des Jahres" verdient und nicht die Bushkrieger!


Ruth antwortete am 23.12.03 (17:25):

Karl,
es ist doch zu differenzieren, ob Terroristen getötet werden, die bei der Vorbereitung oder in flagranti angetroffen werden - oder ob jüdische Menschen aus dem Hinterhalt von Heckenschützen bzw. in ihren Betten ermordet werden.
Das ist, was ich hier immer vermißte: Die Hintergründe oder Beweggründe, welche zu Verlusten unter den Israelis führten, werden nicht beleuchtet. Man spricht dann einfach von Toten und spricht Israel mehr oder weniger verblümt schuldig.
Ich will dieses Thema hier weder diskutieren noch erhitzten Debatten Tür und Tor öffnen, jedoch:
Themeneröffnung war die Dienstverweigerung von 13 israelischen Militärs "ausser Dienst" - nicht z.B. die Ermordung der jungen jüdischen Offiziere aus dem Hinterhalt vom gleichen Tag.
Wenn es schon er- und gewünscht wird, dieses heikle Problem in kleinsten Grenzen zu halten - dann bitte nicht nur in palästinensischem Interesse.


Karl antwortete am 23.12.03 (18:05):

Ruth,

ich bedaure auch den Tod der jungen israelischen Soldaten. Aber wie heimtückisch ist denn in deinen Augen die Bombardierung eines Wohnhauses mitten in der am dichteste besiedelten Stadt der Welt (Gaza-Stadt), bei der viele Kinder umkommen? Die von Dir erwähnten Piloten haben gerade solche Einsätze verweigern wollen.

Sehen wir doch wohin Gewalt führt. Zu unschuldigen Toten auf beiden Seiten. Realisieren wir doch, dass einseitige Stellungnahmen den Konflikt schüren und keinen Weg zur Lösung zeigen.

Wir feiern jetzt Weihnachten. Die Christen singen "Frieden auf Erden". Frieden und Gerechtigkeit muss allen Menschen gleichermaßen zukommen. Es gibt keine Herren- oder Sklavenvölker! Utopisches Wunschdenken? für mich ein Ziel.

Shalom, Karl


iustitia antwortete am 23.12.03 (23:06):

Dank an alle, die Streit, Ärger, Krankheiten - und Krieg von beiden Seiten sehen können. - Auch besonders Dank an Karl; er ist einer der wenigen Biologen, die "positiv" - auf Veränderung hin und zu Veränderungen fähig - konstruktiv denken; naja, die ich kennen gelernt hab'.

*
Zu den Soldaten in Israel:
ISRAEL: SOLDATEN FRAGEN, WAS IHREN STAAT EIGENTLICH AUSMACHT
CHRISTIAN SEMLER: Innerer Gerichtshof des Gewissens

Die Ankündigung von 13 aktiven Reservisten der israelischen Spezialeinheit Sayeret Matkal, bei künftigen Einsätzen gegen die Palästinensergebiete den Dienst zu verweigern, trifft die politische Führung an empfindlicher Stelle. In Frage steht die Identität Israels. Die Verweigerer sprechen von ihrer Sorge "um die Zukunft Israels als demokratisch zionistischer und jüdischer Staat". Sie sehen dessen moralisches Selbstverständnis in Gefahr.

Der Vorwurf der israelischen Führung, die Verweigerer nutzten ihren militärischen Rang und das damit verbundene Prestige, um Parteipolitik zu treiben, geht ins Leere. Denn bei ihren Einsätzen sind die beteiligten israelischen Soldaten ständig mit Situationen konfrontiert, in denen sie den Tod von Zivilisten billigend in Kauf nehmen müssen. Darf man eine Menschenmenge unter Feuer nehmen, aus der heraus Schüsse abgegeben wurden, darf man Hamas-Aktivisten aufgrund einer israelischen Tötungsliste erschießen und dabei noch Unbeteiligte, darunter Frauen und Kinder, in den Tod reißen? Und kann man danach, wie das israelische Verteidigungsministerium meinte, sich beruhigt ins Bett legen? Es ist der innere Gerichtshof des Gewissens, vor dem jetzt verhandelt wird, was den Staat Israel eigentlich ausmacht.
Kein Wunder, dass jetzt wieder die Rede vom Dolchstoß in den Rücken der Armee die Runde macht und von dem "Krebsgeschwür" der Verweigerer, das umgehend zu entfernen sei. Neurotische Reaktionen dieser Art erweisen nur, wie tief der Stachel sitzt. Eine Betrachtungsweise, die als Streitgegenstand nur die angemessene Reaktion auf den Terrorismus der palästinensischen Fundamentalisten ausmacht, greift zu kurz. Schon immer standen sich in der zionistischen Bewegung demokratische Positionen, die auf Ausgleich und friedliches Zusammenleben mit den Arabern zielten, und aggressive, expansionistische Strömungen, die die Rechte der Palästinenser negierten, gegenüber. Die Erklärung der Verweigerer ist deshalb kein vernachlässig-bares Randphänomen. Sie trifft den Kern, das künftige Selbstverständnis Israels.
(taz Nr. 7241 vom 23.12.2003)


Renate2 antwortete am 24.12.03 (00:55):

Mir ist schon Ende der 70er Jahre, als ich als Lehrerin an der Deutschen Schule Lissabon gearbeitet habe, eine Familie bekannt geworden, die aus Israel stammte.

Sie waren in ihrer Heimat politisch aktiv gewesen, in der dortigen Friedensbewegung, und hatten schon damals große Schwierigkeiten, im jüdischen Staat Israel als Juden mit oppositioneller Haltung zu leben. Es ging um Engagements (die Mutter war Sängerin), Arbeitsplätze und Akzeptanz der beiden Kinder im Kindergarten/ Schule.

Da der Vater deutschstämmig war, wanderten sie nach Deutschland aus und beantragten hier politisches Asyl (!!!!) Der Fall ging damals durch die Presse, hauptsächlich waren ablehnende Meinungen von dem damaligen Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde, Galinsky, zitiert.
Klar, daß sie in Deutschland ebenfalls kein Bein auf die Erde brachten.

Erst in Portugal, (wo eine Tante mütterlichenseits lebte), mit seinen damaligen enormen ökonomischen Schwierigkeiten, sind sie untergekommen, zunächst natürlich unter schwersten Bedingungen: Sie lebten zu fünft in einer Zweizimmerwohnung, Arbeit gab es nicht, die Kinder hatten Stipendien der Schule, weil sie nicht portugiesisch sprachen. Da ich beide Kinder jahrelang begleitet habe, konnte ich mitverfolgen, wie sie langsam, aber sicher dort Fuß fassen konnten.

An diese Familie mußte ich denken, als ich von den aktuellen Verweigerern in Israel gelesen habe.
Kann man mit mir nachfühlen, daß ich seit nunmehr zwanzig Jahren zunehmend daran zweifle, daß Israel ein demokratischer Staat sei?

Renate.


hl antwortete am 24.12.03 (09:40):

"[...]Die Idee vom „einseitigen Frieden“ ist eine universale Neuerung. „Frieden ohne die andere Seite“ ist ein Widerspruch in sich. Gebildete Leute werden dies ein Oxymoron nennen - ein griechischer Terminus - der buchstäblich eine scharfsinnige Torheit meint.[...]"


"Am Ende werden zwei Grundfaktoren entscheidend sein: zum einen von der Ausdauer der beiden Völker und ihrer Bereitschaft, den blutigen Kampf fortzusetzen mit all den wirtschaftlichen und sozialen Folgen, die damit zusammenhängen, zum anderen von der Bereitschaft der Welt, all dies hier voller Gleichgültigkeit mit anzusehen."

Scharons Rede: entschlüsselte Version
URI AVNERY

https://www.uri-avnery.de/magazin/artikel.php?artikel=133&type=2&menuid=4&topmenu=4

Internet-Tipp: https://makeashorterlink.com/?G14A522E6


pilli antwortete am 24.12.03 (10:18):

Diesmal werd ich nicht...

Diesmal werd ich nicht mit ihnen ziehn,
werd nicht mal winken, nicht an meinem Hoftor stehn
wenn sie die schwarzen Boote strandwärts tragen,
verschwitzt, im Gleichschritt den die Trommel schlagen,
wenn man im Chor die Killerhymne singt,
der Priester seinen nassen Besen schwingt,
diesmal werd ich nicht.

Keiner meiner Leute soll sie sehn,
keiner mit Salz, niemand mit Brot zu ihnen gehn.
Treib die Gaffer weg von meinem Toren,
stopf meinen Töchtern Honig in die Ohren
und sperr die Söhne mit den Mägden ein
und öffne meinen stärksten Wein.
Niemand soll sie sehn.

Ich zerschlag mein Boot, mein Kerbenbeil,
zerschnitt den Helm, bot meine Schlächterschürze feil.
Will keine Kreuze mehr in Boote ritzen
und keine Kerben mehr in Beile schnitzen.
Ich will nicht, dass ein Schlachtenhelm mich schützt
und Blut auf eine Schlächterschürze spritzt.
Ich zerschlug mein Boot.

Ich will nur durch meine Stille gehn,
das Wetter riechen und bei meinen Leuten stehn
hier trinken und mit jenen was erzählen,
ich frischem Heu mich öfter mal vermählen,
drauf achten, dass kein Kind mit Beilen schlägt
und eine Kinder.Schlächterschürze trägt.
Darauf achte ich.

Diesmal werde ich am Hoftor stehn,
wenn sie geschlagen, ohne Tritt nach Hause ziehn.
Ich hör mich satt an dem zerschlurften Schweigenn
und werde allen meinen Leuten zeigen,
wie man die toten Männer landwärts bringt,
der Priester seinen nassen Besen schwingt.
Alle sollen sehn.

Franz Josef Degenhardt
Text entnommen der CD "Quantensprung"


Ruth antwortete am 24.12.03 (12:08):

Ich werde mich an meine Worte halten und hier kein weiteres Öl ins Feuer gießen - nichts wird sich an den vorgefaßten Meinungen ändern.

Denen, die guten Willens sind (was natürlich auf alle hier zutrifft) wünsche ich die Erfüllung Ihrer Wünsche und nie auch nur einen Hauch der bitteren Erfahrungen, welche in Israel zum Alltag gehören.
In diesem Sinne frohe Weihnacht!
Ruth


webmaster antwortete am 24.12.03 (13:00):

... und allen auch keinen Hauch der bitteren Erfahrungen der Palästinenser. In diesem ausgewogenen Sinne allen "Frohe Weihnachten".

Karl


Ruth antwortete am 25.12.03 (10:40):

Selbtverständlich richtig, Karl. Mit "Israel" meinte ich den nahen Osten insgesamt und damit auch die palästinensischen Gebiete mit ihrer armen, unglücklichen Bevölkerung.

Ruth


Karl antwortete am 26.12.03 (09:30):

@ justitia,

deinen Beitrag habe ich gelöscht. Dass Vergewaltigungen stattfinden, halte ich für möglich, sogar für wahrscheinlich, denn Macht hat solches Verhalten schon immer begünstigt. Aber solch widerliches Verhalten muss hier nicht detailgetreu beschrieben werden.


Ruzenka antwortete am 26.12.03 (13:53):

Jeder Mensch der in Folge von Kriegen stirbt, ist ein Mensch zuviel, ganz egal, für welche Seite er fällt. Ich finde es von uns, die wir in Frieden leben, die wir ohne Angst um Leib und Leben dahingehen können,die wir frei entscheiden können, wo wir hingehen wollen, sehr anmassend, darüber zu richten, wer nun mehr, wer weniger Schuld an den Eskalationen trägt.Sicher, jeder Mensch der politisch denkt, macht sich ein Bild über die Ereignisse und im stillen Kämmerlein wird er auch vor Schuldzuweisungen nicht gefeit sein. Ich glaube, den Agressor zu erkennen, wenn ich vor der Entscheidung stehen würde, hättte ich heute schon meinen Platz. Da dies aber nicht der Fall ist, tut mir einfach jeder Mensch leid, der in Kriege geschickt wird, unter welchem Vorwánd das auch immer geschieht. Noch mehr tun mir die Getöteten leid, die nicht in die Welt gesetzt wurden um jämmerlich ins Gras zu beissen, sondern damit sie leben. Mit etwas dürftet Ihr aber alle einig mit mir gehen: Wo Waffen entwickelt und geschmiedet werden, ist es müssig, von Frieden zu reden.

Ich bin Dir, lieber Karl sehr dankbar für Deinen Beitrag. Er hat mich zum Nachdenken gebracht, wo ich schon der Bequemlichkeit halber resignisert habe.

Hut ab, vor den Soldaten! Ihre Haltung dürfte ihnen nicht leichtgefallen sein. Aber...es ist tatsächlich so, dass irgendwer damit beginnen sollte!


Ruth antwortete am 26.12.03 (14:31):

Danke, Karl, für die Entfernung dieses grässlichen Beitrags.
Ruth


Felix antwortete am 26.12.03 (17:07):

Nach der Landung in Kloten fuhr ich mit der Eisenbahn nach Basel. Mir gegenüber sass ein junger Student aus Israel. Sehr bald waren wir in ein angeregtes Gespräch vertieft.
Sehr engagiert verteidigte er die Israelische Politik, obwohl er zugab, dass ihm Sharon sehr unsympathisch war.
Doch war er überzeugt, dass es für sein Land richtig sei, einen starken Mann an der Spitze zu haben. für die Anliegen der Palästinenser hatte er kaum Verständnis. Immer wieder betonte er, dass das Land den Israeli gehöre und lehnte Ansprüche anderer energisch ab. Er war felsenfest überzeugt, dass ohne diese starke Selbstbehauptung, Israel schon längst ausradiert worden wäre.
Meine unermüdlichen Versuche, auch die Anliegen der Gegenseite ernst zu nehmen, schlugen fehl.
Auch der Sympathieverlust, den Israel in den letzten Jahren hinnehmen musste, schien ihm keinen Eindruck zu machen.
In Basel angekommen umarmte er mich und war überzeugt, mich überzeugt und mich als neuen Freund gewonnen zu haben.
Ich konnte das einfach nicht verstehen. Hielt ich doch mit kritischen Bemerkungen und in Frage stellen seiner Überzeugung nicht hinter dem Berg zurück.
Allerdings war ich sehr freundlich zu ihm und hörte ihm auch sehr aufmerksam zu.
Neben der positiven Kommunikation mit diesem engagierten jungen Menschen, den ich als Typ auch sehr nett fand, blieb halt doch der Beigeschmack der den Juden oft anhaftet ... sie seien die besseren Menschen ... das auserwählte Volk!
Mit dieser Wirkung ... auch wenn sie sich darüber vielleicht nicht bewusst sind ... stossen sie bei Nichtjuden oft auf Ablehnung.
Aber diese Bemerkung könnte wieder bei gewissen Leuten den hier deplatzierte Vorwurf des Antisemitismus aufkeimen lassen!


Ruth antwortete am 26.12.03 (21:18):

Was ist geschehen?
Ein junger Jude hat im nicht gerade überschäumend israelfreundlichen Ausland seine Landestreue und mutige Gesinnung dargelegt und verteidigt.
Wenn man ihn nicht davon überzeugen konnte, dass diese absolut falsch ist (von welcher Warte aus auch immer) und ihn sofort in die Ecke der überheblichen Gottesvölkler stellt, könnten tatsächlich "gewisse Leute" auf gewisse Gedanken kommen.


hl antwortete am 26.12.03 (21:27):

@Felix,
ich gehöre zwar nicht zu "gewissen Leuten" aber deine sehr unglücklich formulierte Pauschalierung in den letzten zwei Absätzen, ruft bei mir genau die von dir vorhergesagte Reaktion hervor.

Falls du deinen Kommentar ändern möchtest bin ich gerne bereit, den ersten zu löschen.

Mit freundlichen Grüssen
Heidi


Tobias antwortete am 26.12.03 (21:37):

Felix, das Gespräch mit einer Person beziehst du auch hier wieder auf alle Israelis und Juden und wartest förmlich darauf dich damit zum Antisemiten zu stempeln. Liegt dir soviel daran es zu sein ?

Es gibt nicht die Juden sowie es auch nicht die Schweizer gibt. Wenn ich deine Beiträge lese, übertrage ich es auch nicht an mir bekannten Schweizern, die total anders denken als du.

Tobias


Felix antwortete am 27.12.03 (00:22):

Selbstverständlich habt ihr recht. Pauschalisierungen sind immer unzulässig. Auch dann, wenn man in seinem Leben immer wieder ähnliche Erfahrungen macht. Ich habe nicht gezählt, wieviele Gespräche ich in meinem Leben schon geführt habe. Mit der Zeit bilden sich halt doch statistisch signifikante Merkmale heraus.
Ich habe aber bemerken müssen, dass man das wenigstens in Teilen Europas lieber schweigend für sich behält!
I c h habe diesem Volk gegenüber kein schlechtes Gewissen!


Medea. antwortete am 27.12.03 (07:28):

Nein, ich auch nicht -
aber auch den Palästinensern gegenüber nicht ....


Ruth antwortete am 28.12.03 (11:45):

Hallo, Heidi,
nun bin ich verunsichert, nachdem Du Felix angeboten hast, Passagen seines Beitrages zu löschen.
Bisher dachte ich, das könnte nur Karl. Kann das auch ein anderer - vielleicht auch ich?
Klär mich doch bitte auf.
Danke! Ruth


hl antwortete am 28.12.03 (12:04):

Was Uri Avnery zu diesem Thema sagt:

"Alle Achtung habe ich vor den Luftwaffenkampfpiloten, die gegen ihren Kommandeur revoltieren, der gesagt hat, dass er „nichts außer einem leichten Schlag am Flügel“ spüre, wenn er eine Bombe fallen lasse, die Frauen und Kinder töte. Wenn fünf 19-jährige junge Leute lieber ins Gefängnis gehen, als sich an der Freiheit des Besatzers zu erfreuen, dann hätte selbst Kant vor ihnen salutiert. Der Protest gegen ein unmoralisches Regime ist ein kategorischer Imperativ."
[..]
Als vor ein paar Jahren die Jury des Israel-Preises verkündete, dass der jährliche Preis Herrn Professor Yeshayahu Leibowitz zugesprochen wurde, entschied ich mich, ihn einzuladen, um einen Vortrag beim „Israelischen Rat für israelisch-palästinensischen Frieden“ zu halten. Diese Gruppe war der Bahnbrecher für die Kontakte mit der PLO.
„Ich komme gerne“, sagte er, „doch unter einer Bedingung. Ich werde nur über die Pflicht reden, den Militärdienst in den besetzten Gebieten zu verweigern.“ für ihn war es das Ein-und-Alles im Kampf gegen die Besatzung. [..]

mehr unter
https://www.uri-avnery.de/magazin/artikel.php?artikel=134&type=2&menuid=4&topmenu=4

Internet-Tipp: https://makeashorterlink.com/?E6F9527E6


Karl antwortete am 28.12.03 (12:23):

Hallo Ruth,

ich hatte Heidi gebeten, während meines zweitägigen Besuchs bei den Schwiegereltern einzuspringen.

Beste Grüße, Karl


Titus antwortete am 28.12.03 (14:22):

Das Thema ist doch "Befehlsverweigerung".

Welche Armee läßt das zu? Dürfen US-Soldaten und -Soldatinnen im Irak Befehle verweigern?

Wer entscheidet, was unmenschlich ist und was nicht?

Hier stoßen doch unsere normalen und menschlichen Empfindungen und Überzeugungen mit militärischen und/oder politischen Überlegungen zusammen.

Muß der Soldat sein menschliches Empfinden abschalten oder darf er/sie einen unmenschlichen Befehl verweigern?

Wie war das bei den Nürnberger Prozessen?


Ruth antwortete am 28.12.03 (18:05):

Karl, danke - alles klar!


roberto antwortete am 06.01.04 (12:28):

Die Gleichung, der Staat Bundesrepublik Deutschland = christlich, ist läppisch und unzulässig.
Die selbe Gleichung der Staat Israel = Judentum nicht minder.
Es ist für mich unerträglich, daß sich Staaten anmaßen Gottesstaaten zu sein.
Siehe Iran, das Talibanregime und auch die Staatsdoktrin vom Staat Israel.
Z.B. Jude ist der, der eine jüdische Mutter hat. Wer eine jüdische Mutter hat, kann Antrag auf die Staatsbürgerschaft vom Staat Israel stellen.
Jude ist für mich immer noch ein Glaubensbekenntnis.
Würde ich sagen eine Rassenzugehörigkeit, so wäre das nachträglich eine Identifikation mit den Antisemiten.
Da ich aber kein Antisemit bin, muss ich es ablehnen mich mit der Politik und der Staatsdoktrin von Israel zu identifizieren.
Daher wäre es zwingend geboten Israel, wie jeden anderen Staat zu betrachten und auch zu kritisieren.
Es wird auch höchste Zeit aus Israel einen laizistischen Staat zu schaffen.
Es wäre wünschenswert, dass die palästinensischen Gegenseite auch erkennt, dass Rassismus und Gewalt keine Lösung der Probleme darstellt.
Mein größter Wunsch wäre, dass Israel und Palästina unter die Aufsicht der Vereinten Nationen gestellt würden, um weiteren Terror zu verhindern und zu einem dauerhaften Frieden zu gelangen.
Da aber die UNO der erklärte Feind der Republikaner unter dem Bush Regime ist, besteht hier wenig Hoffnung.
Aber man solle die Hoffnung auf Wunder nie aufgeben.

Roberto


hugo1 antwortete am 06.01.04 (17:08):

@ roberto,,,Dein größter Wunsch,,dass Israel und Palästina unter die Aufsicht der Vereinten Nationen gestellt würden
widerspricht meiner Ansicht nach genau den größten Wünschen dieser beiden Parteien nämlich, genau auf dem Territorium des Anderen einen eigenen unabhängigen allseits geachteten aber eigenbrötlerischen Staat zu behalten bzw zu schaffen.(und der jeweils Andere sollte möglichst nicht existieren bzw. zumindest wehrlos und/oder gefügig sein).
Zumindest von Ihren Taten her ist das abzuleiten, teilweise auch aus Ihren Worten.


Medea. antwortete am 12.01.04 (08:24):

Da lese ich gerade, daß fünf junge Israelis, die den Kriegsdienst im Westjordanland oder im Gazastreifen ablehnten, jetzt von einem Gericht nicht als Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen anerkannt wurden und nunmehr für ein Jahr ins Gefängnis müssen.
In Israel gibt es inzwischen eine wachsende Neigung zur Kriegsdienstverweigerung.
Bei den Verurteilten befand das Gericht, daß die Verweigerer die israelische Politik mit undemokratischen
Mitteln verändern wollten und keinen Anspruch auf eine Anerkennung von Gewissensgründen hätten.


Wolfgang antwortete am 12.01.04 (09:42):

Diese fuenf jungen juedischen Israelis stehen fuer das bessere Israel... Sie verweigern den Kriegsdienst, weil sie nicht mitschuldig werden wollen bei der Unterdrueckung der PalaestinenserInnen.

Es gibt die Moeglichkeit, etwas zu tun fuer ADAM MAOR, HAGGAI MATAR, SHIMRI ZAMERET, NOAM BAHAT und MATAN KAMINER. Auf der Website der Kriegsdientsverweigerer kann eine Petition unterzeichnet werden:

Prisoners of Concience
https://www.refuz.org.il/

Internet-Tipp: https://www.refuz.org.il/


hugo1 antwortete am 12.01.04 (12:32):

,,,,nur eine träumerische Vision: Diese fünf ( oder mehr ) israelischen Verweigerer sollten die Möglichkeit erhalten mit fünf ( oder mehr ) Palästinensern, die sich weigern mit einem Sprengstoffgürtel in israelische Busse zu steigen,,zusammenzutreffen. Ich glaub, da treffen Menschen aufeinander, die nicht gewillt sind sich auf Teufel komm raus an die Kehle zu springen, sondern denen eher ´der Sinn nach praktikablen friedlichen Lösungen steht. (ich glaub einige von dieser Sorte versuchen gerade in der Antarktis sich einen kühlen Kopf zu bewahren).