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THEMA:   Am rechten Rand brodelt es... Brauchen wir einen neuen Nationalismus ?

 23 Antwort(en).

Wolfgang begann die Diskussion am 10.11.03 (08:46) mit folgendem Beitrag:

Das 'Nationale' komme in Deutschland zu kurz, sagen zornige alte Maenner. Beispiel: Der Historiker ARNULF BARING. Im ZDF-nachstudio (gestern, am 9. November, anlaesslich des geschichtstraechtigen Datums) beschwor er die Kraft des Nationalismus (er nennt es 'Patriotismus') und verwies auf A. Hitler, der in schwierigen Zeiten - waehrend der Weltwirtschaftskrise - beim deutschen Volk 'Enthusiasmus' entfachte und das verzagte Volk zu neuem Selbstwertgefuehl verhalf und zu Hoechstleistungen veranlasste.

So muesse man das auch jetzt machen, sagte BARING. Freilich fuer eine 'gute' Sache... Schlechte Zeiten erforderten mehr Gefuehl... Der Mensch sei eben nicht nur ein rationales, sondern auch ein stark emotionales Wesen. Man muesse sich endlich der 'Ressource des Patriotismus' bedienen.

Fuer mich ein gefaehrlicher Weg. Was meint ihr ?


Tobias antwortete am 10.11.03 (09:48):

Herr Baring wird bis an sein Lebensende das braune Hemd nicht ausziehen. Von dieser Sorte werden wir noch einige antreffen, die ihre linke Position verlassen haben und zu den Rechtsaussen geschlüpft sind. Ob Herr Baring damit einverstanden ist ?

Lass sie brodeln im eigenen Saft, ihre Zeit ist schon längst abgelaufen Wolfgang.


schorsch antwortete am 10.11.03 (10:20):

Ort: Lindenstrasse

Näheres: ARD

Held: Herr Wittich, ein Altbrauner und Unerschrockener in Sachen Nationalismus.

Nationalismus im einen Land ruft nach Nationalismus im anderen - und schon wieder haben wir einen Krieg der Ober- gegen die Untermenschen.......


Wolfgang antwortete am 10.11.03 (11:44):

Ist die Zeit der Nationalisten (die sich jetzt gerne Patrioten nennen) tatsaechlich abgelaufen ? - Ich frage mich, warum dann allerorten (jetzt wieder, bei der Grundsteinlegung zur neuen Synagoge in Muenchen) mit gewaltigem staatlichem Aufwand vor der wachsenden rechten Gefahr gewarnt wird... Immerhand sagte das unser Bundespraesident.


iustitia antwortete am 10.11.03 (12:31):

Voran und vorauf - den Blocksberg hinauf... (Und ab in die Unterwelt, auf die Asphodeloswiesen!)

Nach der Hitler-Pleite (trotz bester militärtechn. Voraussetzungen und edelstem Männereinsatz (Raktentechnik, Anfänge der Atombombe durch Kernforschung) geht es nun weiter - so unspektakulär - mit Baring und seiner Silberlingsschreiberei. Und auf zur Klimax dieser deutschen Geschichte: Auferstehung Kardinal Dybas unter der Weihwasser-Konsekrations Meisners: Dominus vobiscum! Cum spiramus, speramus!(Oder können wir schon auf eine Domina warten?)
Oder (wissenschaftlich aussichtsreicher:) tut's auch ein Klon aus Hohmann, Meisner und Friedmann (so eine neue Heilige Dreiuneinigkeit unserer Diktatoren auf allen Kanzeln...)?


BarbaraH antwortete am 10.11.03 (15:15):

Die Globalisierung, besonders auch die der Informationen durch TV und Internet, hat zu einer Identitätskrise der Menschen geführt, zu einem Gefühl der Heimatlosigkeit. Wenn die Welt in Gut und Böse aufgeteilt wird, wenn Nationen sich berufen fühlen, „das Böse“ zu bekämpfen, und der Einzelne an seinem Bildschirm erlebt, was das heißt... blutende Zivilisten, verstümmelte Kinder, brennende Häuser... entsteht eine emotionale Globalisierung. Wir fühlen uns den leidenden Menschen in weiter Ferne emotional verbunden.... fühlen uns hin- und hergerissen zwischen den Problemen der ganzen Welt.

In dieser Zerrissenheit sucht der Mensch nach Geborgenheit, nach festen Maßstäben, an denen er sich orientieren kann. Die Erklärung von Sündenböcken gibt ihm das Gefühl, auf der „richtigen“ Seite zu sein. Wenn die grenzenlos gewordene weite Welt Ängste verursacht, sollen neue Grenzen... auch emotionale... Sicherheit und Geborgenheit zurück bringen. Wir sehnen uns nach der kleinen, heilen Welt.

Das ist gefährlich, denn Gut und Böse lässt sich weder nach Nationen, noch Religionen oder Hautfarbe sortieren. Dabei liegen gerade im Abbau von Grenzen große Möglichkeiten zur Veränderung zum Positiven. Warum sollen wir uns nicht durch den Blick nach außen, in der Auseinandersetzung mit anderen Denkweisen, Religionen, Kulturen positiv weiter entwickeln können? Zum eigenverantwortlichen Handeln passt keine kollektive Bevormundung, wie sie in nationalistischen Kreisen Brauch ist.

Internet-Tipp:
Das Eigene, das Fremde und die Kommunikationsströme
Identitäten im Zeitalter der Informationsgesellschaft
von Prof. Dr. Ulrich Beck, Soziologe an der Ludwig-Maximilians-Universität in München
https://www.nzz.ch/2003/11/10/fe/page-article95PID.html

Internet-Tipp: https://www.nzz.ch/2003/11/10/fe/page-article95PID.html


heinzdieter antwortete am 10.11.03 (15:36):

Ich habe den Eindruck hier wird Nationalismus mit Nationalsozialismius verwechselt. Das eine hat mit den anderen kaum Berührungspunkte.
Es handelt sich hierbei um ein typisch deutsches Problem.


trux antwortete am 10.11.03 (21:16):

Ich gewinne auch den Eindruck, daß man hier etwas verwechselt. Die ganze Welt ist seit jeher in Nationen eingeteilt. Siedelt man in ein fremdes Land, dann ist man Ausländer und bleibt es einige Generationen. Minderheiten im fremden Land dürfen oder sollten ihre Nationalität behalten dürfen, meist durch Verfassung garantierte Minderheitenrechte, wie heute z.B. Deutsche und Ukrainer in Polen. Als Deutscher ist und bleibt man ein Mensch deutscher Nationalität, es sei denn, man integriert sich woanders. Was wir aber mit unserer deutschen Nationalität machen ist eine andere Frage.


julchen antwortete am 11.11.03 (07:35):

Nicht vor zornigen "alten" maennern soll man sich
fuerchten, aber vor zornigen jungen Menschen, denen
man ein Gefuehr der sozialen Zugehoerigkeit
verweigert..

Mal von politk abgesehen. Es liegt im Wesen des Menschen wo "dazu" zu gehoeren und darauf stolz sein
zu wollen.
Mid-Kriegs oder nach-kriegs geborenen
Deutschen wurde jeder stolz auf Land und Leute
genommen. Es is traurig (fuer mich) via dieses Forums
zu sehen, dass man den nun in die Jahre kommenden
Deutschen (dritter Generation) dies immer noch verweigern will aus Angst vor Gottweisswas.

Der Mensch MUSS stolz darauf sein koennen was und
wer er/sie ist. Nimmt man ihm/ihr das, so ist das eine gute Formel und Unterlage fuer weiteres Unglueck!
Nationalismus, Nationalsozialismus, Patriotismus....
das sind doch nur politisch gefaerbte Worte.

Ich will's mal so sagen: haette man mir erlaubt eine
stolze Deutsche zu sein. Stolz auf mein Land und
sein Volk, dann haette ich dieses seelische "Muss"
vielleicht nicht mit der Zugehoerigkeit zu einem anderen Volk erfuellt.

Aber nicht jeder wandert kurzerhand aus. Was ist mit
den vielen jungen Deutschen, die immer noch in einer
"nationalen" Identitaetskriese stecken?

Gerade Wolfgang hat in anderen Themen immer wieder verdammt dass Patriosmus nichts weiter ist
als national sozialismus mit einem rot/weiss/blauen
Maentelchen.
Dem ist NICHT so. Sein Land zu lieben und stolz
darauf zu sein hat nichts damit zu tun andren leuten
die Lampe rauszuschlagen, nur weil sie "anders" sind.

Wolfgang fragt ob sich des "Patriotismus" zu bedienen
ein gefaehrlicher Weg sei....Ich finde diese Frage
total absurd.


trux antwortete am 11.11.03 (10:12):

@ julchen.
Ja Julchen, Du sprichst aus dem Herzen und nicht aus komplizierten, realitätsfernen Denkstrukturen. Ich sagte vorher: "Was wir mit unserer deutschen Nationalität machen ist eine andere Frage" und meinte, daß man darüber gelegentlich nachdenken und diskutieren sollte. Du fragst Julchen, was mit den vielen jungen Deutschen ist, die immer noch in einer "nationalen" Identitätskrise stecken? Auch ich als Älterer vom Jahrgang 1926 stecke da noch drin, aber ich sehe keine Alternative, wir müssen da durch, wie man hier sagt. Jedoch mit der inneren Einstellung, uns nie wieder über andere Nationen erheben zu wollen, sondern Arm in Arm mit ihnen zum Wohle aller Menschen dieser Welt in die Zukunft zu gehen.


roberto antwortete am 11.11.03 (13:41):

Liebe Justitia, liebe BarbaraH
mit Sicherheit bin ich nicht in der Lage, die für mich
spitzfindigen und intellektuellen Argumente zu verstehen.
Vielleicht haben sie es vergessen, dass es auch
Nichtakademiker gibt, die sich für Politik interessieren.
Wie sie sehen gibt es auch "einfache"Menschen, die Rentner sind und ein ganzes Leben lohnabhängig beschäftigt waren die sich wie ich im Internet zu artikulieren versuchen.

Stolz kann man nur auf die eigene Leistung sein.

Aber, bitteschön, wie kann ich stolz auf die Leistungen
meiner Nachbarn, oder der Mitbewohner der Stadt München sein. Da habe ich doch nichts dazu beigetragen was mich stolz machen könnte.
Weil ich deutschsprachig erzogen wurde, kann ich doch nicht stolz auf alle deutschsprachigen Menschen sein.
Oder sollte ich etwa stolz sein, auf den Staat "Deutschland" , der 1871 in Versailles von dem preußischen Kanzler Bismarck den deutschsprachigen Menschen aufgezwungen wurde?
Hätte es diesen unglückseligen Staat nie gegeben, wäre Europa viel Unglück erspart geblieben.
Jetzt aber fällt mir doch noch etwas zum Thema "Stolz"ein.

Ich bin stolz darauf, mich mit so einem Staat nie identifiziert zu haben.

Roberto


mart antwortete am 11.11.03 (17:23):

Umso leichter haben es die Rattenfänger vom linken und rechten Rand!


mart antwortete am 11.11.03 (17:39):

Auch hier etwas nicht zu kompliziertes und ein interessanter Kommentar zum Tag von Heribert Prantl (Ressortchef Innenpolitik) in der Süddeutschen Zeitung:


"......Das offizielle Deutschland fühlt sich in der Rolle des ehemaligen Alkoholikers, der weiß, was passiert, wenn er wieder zur Flasche greift. Abseits der offiziösen Anlässe dagegen, und zwar nicht nur an den Stammtischen, greift man immer wieder zum alten Fusel.

Der CDU-Abgeordnete Martin Hohmann hat sich und seinem Publikum unlängst kräftig einen eingeschenkt. Die Reaktionen – zu messen nicht an den empörten Pressekommentaren, sondern an den beifälligen Anrufen in Parteizentralen und Zeitungsredaktionen – zeigen, dass es mit deutscher Abstinenz nicht so weit her ist. ..."


Weiteres auf:

Internet-Tipp: https://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/156/21135/


BarbaraH antwortete am 11.11.03 (18:12):

Roberto,

könnte es sein, dass Du mich verwechselt hast? Ich bin weder Akademikerin noch stolz darauf, Deutsche zu sein.

Zum ersten Punkt: jeder Mensch darf hier frei seine Meinung äußern, sofern sie nicht gegen die Regeln verstößt. Satzbau, Rechtschreibfehler, Ausdrucksform sind in meinen Augen nebensächlich. Der Inhalt ist für mich weitaus wichtiger als die Form.

Zum zweiten Punkt: das sehe ich ganz genau wie Du, Roberto. Wie kann ich stolz darauf sein, in diesem Land geboren worden zu sein? Man hat mich nicht um Erlaubnis gebeten, und ich habe auch nichts dazu beigetragen. Das Wort "stolz" mag ich sowieso nicht; es klingt für mich überheblich. Wenn überhaupt könnte ich auf eine Leistung stolz sein, die ich vollbracht habe, aber nicht über den Ort meiner Geburt.

Inzwischen leben viele Menschen in unserem Land, die ebenfalls hier geboren wurden, sogar die deutsche Staatsangehörigkeit haben, und trotzdem als Ausländer angesehen werden. In diesem Forum wurde wiederholt darauf hingewiesen, dass durch die Völkerwanderungen im Laufe der Jahrhunderte ständig eine Vermischung verschiedenster Volksgruppen auf diesem Fleckchen Erde stattfand. Diese Tatsache hat die Fähigkeiten und Horizonte der Menschen erweitert. Insofern sehe der weiteren Vermischung mit den unterschiedlichsten Kulturen und Religionen positiv entgegen.


Tobias antwortete am 11.11.03 (18:30):

Ja jeder kann hier seine Meinung sagen. Barbara und Roberto, wir haben sogar einsichtigen Mitschreiber der macht uns, den Nichtakademikern ein Angebot : Damit es nicht zu anspruchsvoll wirkt.

Ein ganz neuer Zug, den man von unten nach oben schon begrüssen muss.
Tobias


roberto antwortete am 11.11.03 (19:20):

Liebe BarbaraH,

Sollte mein Beitrag den Anschein erweckt haben, Dir Nationalismus, oder Chauvinismus zu unterstellen so tut es mir aufrichtig leid. Das war zu keiner Zeit meine Absicht.
Zum Anderen danke ich für den Beitrag, der mir aus der Seele gesprochen hat.

Nachzutragen wäre nur noch, dass ich das erste Mal in meinem Leben, so etwas wie Freude empfunden habe, dass meine Landsleute und die deutsche Regierung den US Krieg so eindeutig abgelehnt haben.

Das war sehr ermutigend und ich war meinem Schicksal dankbar Bürger dieses Landes zu sein.

Roberto


julchen antwortete am 12.11.03 (05:33):

trux
auf sein Land und seine Leute stolz zu sein heisst
noch lange nicht sich ueber andre erheben zu wollen.
Es ist nichts als eine natuerliche reaktion eines
"Rudel" tieres.
Ich habe es noch niemals so gesehen dass Stolz
gleich ist mit Ueberheben.

Uebrigens, nach 18 jahren Ehe mit einem Mexikaner
kann ich ruhigen Gewissens folgendes sagen:
Ihr hab noch keine Patrioten erlebt, bevor Ihr nicht
mal einen Mexikaner nache Mexiko gefragt habt!
Man Moechte meinen sie seien die Herren der Welt -
dabei wissen sie sehr wohl dass fast alles in Mexico
ziemlich im Argen liegt.
Trotzdem sind sie sehr sehr stolz auf Land und Leute.

Mit den Beitraegen von Barbara und Roberto weiss ich
absolut nix mit anzufangen, ausser dass mir klar ist,
dass diese Denkweise ein Teil des Problems darstellt.


Mechtild antwortete am 12.11.03 (13:40):

Ich bin nicht stolz darauf in Deutschland geboren zu sein, aber dankbar dafür, dass ich hier lebe und nicht in einem Staat, in dem es keine soziale Absicherung gibt. Ich kann auch verstehen, dass Menschen Angst haben, dass wenn wir zu viele Menschen teilhaben lassen an diesem sozialen Netz, dass es dann reißt. Zu Zeiten in denen die Kassen leer sind, werden diese Ängste größer und man sucht verzweifelt Kriterien Menschen auszugrenzen und zu begründen, warum der oder die nicht aus unseren Sozialkassen finanziert werden soll. Die meisten suchen Ausgrenzungskriterien, die für sie und ihre Familie nicht zutreffen. Man ist oft erschrocken über die Vorschläge die man hört. Neu ist keiner dieser Vorschläge und das Verweise auf ähnliche Situationen in der Geschichte und die Folgen daraus gemacht werden halte ich für richtig. Man kann aus der Geschichte lernen, auch wenn sich Geschichte nicht total wiederholt. Doch lernen ist ein mühsamer Prozess und für Veränderungen muss man Mehrheiten haben, sonst können Vorschläge noch so richtig sein, aber nicht umgesetzt werden.


mart antwortete am 12.11.03 (15:33):

Der designierte Bundespräsident Rau machte in seiner ersten Rede 1999 folgende lehrreiche Unterscheidung:


Patrioten liebten ihr Land, Nationalisten verachteten die Länder anderer.

„Ich will nie ein Nationalist sein ­ wohl aber ein Patriot."


Weitere mögliche Unterscheidungen zwischen dem "Nationalisten" und dem "Patrioten" auf folgendem Link:

Internet-Tipp: https://www.inidia.de/vaterland.htm


roberto antwortete am 12.11.03 (17:13):

Eine Frage an die „Patrioten“ oder die, welche die Auffassung vertreten, dass die Identifikation mit dem Nationalstaat zu vertreten ist. (Stolz auf die Nation!)
Bitte helfen sie mir!
Was ist die deutsche Nation?
Alle die deutsch lesen und schreiben? (Ob wir Bayern und die Badener oder Württemberger deutsch sprechen wird ja mancherorts bestritten)
Gehören unsere baiuwarischen Stammesbrüder im angrenzenden Österreich auch zur deut-schen Nation? Wie ist es mit den Alemannen in der Schweiz und im Elsass, gehören die auch zur zur deutschen Nation?? Wie steht’s mit den Südtirolern und den Liechtensteinern und den deutschsprechenden Belgiern?
Wegen der Definition wer zum deutschen Nationalstaat gehört, gab es 1866 einen erbitterten Krieg innerhalb der deutschsprechenden Länder mit tausenden von Toten.

Ist der preußisch - Deutsche Staat, der von Bismarck 1871 gegründet wurde, das deutsche Vaterland? (Patria)
Ist die deutsche Nation begründet in einem Nationalstaat? Oder territorial definiert? ( Von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt?)

Es wäre sicher von Interesse, ob man sich als Mensch mit deutschsprachigen Vorfahren die nicht aus dem Staat Deutschland stammen, überhaupt, wenn man so wollte, als deutscher Patriot bezeichnen kann.

Roberto


Wolfgang antwortete am 12.11.03 (19:28):

Man sollte noch weiter fragen, Roberto: Die Millionen Tuerken (darunter viele hunderttausend jetzt Deutsche), die seit langem in Deutschland leben oder sogar schon hier geboren sind und auch nicht weggehen werden... Gehoeren die auch zur deutschen Nation ?

Meine Antwort: Fuer mich gehoert zu Deutschland, wer laenger hier lebt - egal, welche Herkunft er hat, welche Sprache er spricht, welchen Glaubens er ist. Und wenn noch mehr Menschen dazukommen wollen: Bitte schoen ! :-)


julchen antwortete am 13.11.03 (06:09):

Na bitte Wolfgang,

nun haste es! Wer dort lebt... Richtig!

Aber es gehoert ein bisschen mehr dazu:

Zugehoerigkeits gefuehl, z.B., und entsprechend zu
handeln. Die sprache des neuen landes zu erlernen
ist da erste Gebot. Die interessen des Neuen
Landes vor die Interessen des alten Landes zu stellen
ein Weiteres.
Auf 2 Hochzeiten kann man nicht tanzen, ohne dass ein
Brautpaar dabei zu kurz kommt.
Religion, kulturelle Gepflogenheiten innerhalb der
Familie sind unantastbar und gehen keinen was an.
Aber wer im Tor stehen moechte, muss auch Fussball
spielen koennen (oder wollen).

Danke Mart! Sehr schlaue Worte von diesem Rau:

„Ich will nie ein Nationalist sein - wohl aber ein Patriot."

Roberto's Frage kann ich nicht beantworten, ich verstehe selber nicht wie die Inner-Deutsche-Dynamik
so funktioniert. Und eine rechte Antwort darauf habe ich
in ueber 2 jahren (in verschiedenen verwandten Themen) noch nie bekommen koennen.


trux antwortete am 13.11.03 (12:36):

Ich habe das Wort „Stolz“ nicht verwandt, es passt auch nicht zu mir. Wenn ich bei einer meiner Aktivitäten Erfolg hatte, fühle ich mich gut, aber nicht wie ein erfolgreicher oder stolzer Mensch.

Wenn hier gefragt wird, zu welcher Nation man im Zweifelsfall gehört, dann glaube ich kaum, daß es darauf eine rationale Antwort gibt. Ich fühle mich jedenfalls der deutschen Nation zugehörig und möchte nicht, dass dies jemand in Frage stellt. Inmitten deutscher Menschen bin ich zu Hause. Nie werde ich den Augenblick vergessen, als ich im Spätsommer 1949 aus schlimmer, polnischer Kriegsgefangenschaft kam. In Friedland liefen uns sauber gekleidete, lachende Krankenschwestern entgegen, nahmen uns in die Arme, sprachen Deutsch und drückten uns liebevoll ein Päckchen mit schönen Sachen in die Hand. Wir waren ihnen auf Holzschuhen in die Arme gelaufen. Heute bin ich immer noch gerne Deutscher, auch wenn ich den Gürtel wieder enger schnallen muß, auch wenn man sich um allen möglichen Kram herumstreitet, auch wenn die Probleme mit der deutschen Vergangenheit in mir nicht ausgelöscht sind.
Meine Güte! Patriot, Nationalist. Wenn jemand meint, dass er sich dazu machen will, kann ich es sowieso nicht ändern. Allerdings habe ich etwas gegen einen übersteigerten Nationalismus, da mache ich jedenfalls nicht mehr mit, davon habe ich restlos die Schnauze voll. Diese Worte würden auch die Gefallenen an der Front, die toten Mütter und Kinder im Bombenhagel daheim und die, die auf der Flucht starben sowie die Toten, die in den Kriegsgefangenenlagern umkamen sprechen, da bin ich mir sehr sicher.


mart antwortete am 13.11.03 (14:44):

Trux,

danke für Deine Beschreibung.

Das Gefühl, wieder zuhause zu sein ist schön - beim einen fängt es bei der Salurner Klause an (nicht Etsch wie fälschlicherweise gesagt wurde) beim anderen 100 km vor der Haustüre.

Wobei eben manche "Weltbürger" kein oder kaum ein Gefühl dafür haben --