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THEMA: Verkehrte Welt
21 Antwort(en).
Wolfgang
begann die Diskussion am 24.10.03 (13:15) mit folgendem Beitrag:
Noch nie in der deutschen Geschichte ging es den deutschen RentnerInnen so gut wie jetzt. Aber ausgerechnet diese RentnerInnen-Generation fuehlt sich schlecht und jammert laut (wenn sie, zum Beispiel wie gerade, im Schnitt 10 Euro von ihrer Rente abzweigen sollen).
Verkehrte Welt, meine ich, und bin ratlos, woran das liegt.
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tiramisusi
antwortete am 24.10.03 (13:27):
vielleicht, weil das Jammern zu intensiv kultiviert wurde und zum deutschen Wesen gehört wie das Jodeln zu den bayern? ...
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York65
antwortete am 24.10.03 (13:42):
Die Regierung macht Tempo und die Rentnerinnen ziehem den Karren mit ihren 10 Euro wieder aus dem Dreck. Die Kabinettsmitglieder spielen derweil weiter ihre Kindergartenspiele wie Dosenpfandgesetze oder Mautpleiten weiter. Die Sozialministerin soll den bestehenden 300 Krankenkassen noch weitere hinzufügen es sind noch viel zuwenige. Warum kommen die lieben Nachbarn Österreich mit einer aus und 8% Gesamtkassenbeitrag? Die Wirtschaft muss auch darauf achten,ihren Versagern nicht zu knappe Entschädigung zu zahlen damit sie nicht der Sozialhilfe zur Last fallen.Dies gilt natürlich auch für doe Politiker aller Parteien. Die Arbeitsämter werden um 93 000 Mitarbeiter aufgestockt,um die Arbeitslosigkeit zu verwalten ein Gutes hat, dass die Arbeitslosenzahl wird nach unten reduziert wird.. Nun Wolfgang,ich hätte noch weitere Tipps,die will ich aber hier nicht weiter verbreiten, es würde der Platz nicht ausreichen. Ich erwähnte ja eingangs schon,dass wir Rentner mit unserem 10 Euro den Karren aus dem Dreck ziehen werden,aber nur noch an der Wahlurne. Übrigens langt meine Rente nicht um meine Wohnung zu bezahlen.Hätte ich nicht andere Einkünfte....hätte ich mir schon längst einen Strick gekauft,um mich aufzuhängen. Gruss York
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Wolfgang
antwortete am 24.10.03 (13:58):
Ich will nicht zu persoenlich werden, York, denn das widerstrebt mir in einer politischen oeffentlichen Diskussion... Aber ich hoffe doch, dass Du Deine geringe Rente nicht zum Anlass einer Generalabrechnung mit den MitgliederInnen unserer politischen Klasse machst.
Ich glaube, da liegt der Hund begraben: Dass allzuoft gedacht wird, der Staat haette sich irgendwie um die persoenliche Alterssicherung zu kuemmern. Dass gedacht wird, eine kollektive Alterssicherung ersetze jede persoenliche Vorsorge (Gott sei Dank hast Du ja, wie Du schreibst, noch andere Einkuenfte, aber viele andere eben nicht).
Dieses in Deutschland beliebte Bild vom "Vater" Staat... Also der Staat, der sich in praktisch allen Belangen sorgt um einen und einem die Verantwortung fuer sich selbst abnimmt... Liegt es vielleicht daran, dass diesem "Vater" Staat eine Rolle zugemutet wurde, die er auf Dauer gar nicht zu spielen in der Lage ist ?
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mart
antwortete am 24.10.03 (14:12):
Kann der Aktienmarkt diese Rolle übernehmen?
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dino9
antwortete am 24.10.03 (16:00):
also erstens sind es bei mir nicht 10 sondern 35,-eur. dannkommt noch die pflegeversicherung dazu u. jenes von der gesundheitsreform. jahrelang wurde uns eingehämmert "unsere renten sind sicher" da ich angestellter war habe ich eine zusatzversicherung u.daher jetzt auch mehr rente nach 44 arbeitsjahren.in den zehn jahren die ich rente bekomme ist sie schon drei mal umgestellt worden u. das nicht zu unserem vorteil. das schlimmste aber ist das gesagt wird "das ist ja erst der anfang" u. wenn es nach der christlichen merkel geht noch 528,-eur. weniger. all jene welche über 5000,- netto haben werden schon dafür sorge tragen das ihnen nichts gekürzt wird. wäre ja sonst auch gelacht. wer anders denkt ist voll von sozialneid.
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Karl
antwortete am 24.10.03 (16:22):
@ Wolfgang,
das Problem ist vielschichtig. Einerseits dürfen wir nicht mit Durchschnitten rechnen, denn davon kann keiner leben, dessen Einkommen eben weit unterhalb liegt. Zudem gaukelt der mathematische Durchschnitt uns etwas vor, denn es gibt einige die sehr sehr weit oberhalb des Durchschnitts liegen und diesen nach oben ziehen. Aussagekräftiger wäre mathematisch den Meridian zu verwenden, 50% der Rentner und Pensionäre liegen darüber, 50% darunter.
Andererseits weiß ich, dass die Kriegsgeneration extrem sparsam erzogen wurde und damals war der objektive Zwang zum Sparen wohl auch überlebenswichtig. Bei manchen dieser Generation hat sich diese Verhaltensweise so verfestigt, dass noch heute über 10 EURO gejammert wird, auch wenn das Zigtausenfache auf der Bank liegt.
Der Zusammenbruch all unser Berechnungen steht übrigens kurz bevor, falls sich Ergebnisse am Wurm auf den Menschen übertragen lassen ;-))
Internet-Tipp: https://www.spiegel.de/wissenschaft/erde/0,1518,271081,00.html
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York65
antwortete am 24.10.03 (16:52):
@Wolfgang
WOW...da hast Du meine Zeilen aber gewaltig in den falschen Hals bekommen..... Ich bin ja auch wie Du dafür,dass der "Vater Staat" nicht für alles bluten soll..er kann es übrigens auch nicht. Nein,es sollen nur die falschen pol.Entscheidigungen und Gesetze mal auf den Prüfstand. Solche Fälle,wie der von" Florida Rolf" und ähnliches darf es einfach nicht mehr geben. Du sprichst meine sonstigen Einkünfte an...wenn ich nicht in jungen Jahren nicht auf einiges verzichtet hätte(Urlaub etc.)und das in freiwilliger Vorsorge..könnte ich mit tatsächlich den Strick nehmen. Übrigens habe ich gelesen,dass 56 % der jetzigen jungen generation so verfahren wie ich damals. Was wird eigentlich mit den restlichen 44%??(Die fahren wahrscheinlich nach Bali und Mallorca etc.) Gruß York
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heinzdieter
antwortete am 24.10.03 (17:37):
Nur ein paar Zahlen, aus denen jeder dann ableiten kann wie gut es den meisten Rentner und -innen geht: Durchschnittsrente für Rentner West Euro 978,Ost Euro 1031
Durchschnittsrente für Rentnerinne West Euro 479,Ost Euro 655 Quelle:dpa,VDR Noch ein paar Details 43,9% Rentner im Westen erhalten Rente zwischen 600 - 1200 EURO, im Osten sind dies 69,3%
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hugo1
antwortete am 24.10.03 (18:02):
,, das monatliche Einkommen der Bundesbürgers liegt zwischen mehreren Millionen ä (z.B Aldibrüder)und Null ä wenn also bei 100 Betrachteten Bürgern einer von dieser Sorte dabei ist, liegt der Durchschnitt aller Betrachteter vielleicht bei mehreren Hunderttausend ä ,, die monatliche staatliche Höchstrente dürfte theoretisch bei etwas über 2500ä liegen, also: "Bemessungsgrenze durch Durchschnittsgehalt mal aktuell. Rentenwert (Entgeldpunkt West )mal Anzahl der Arbeitsjahre" Nach meiner Schätzung bekommen (auf 100 Rentner bezogen-je 50 weibl, 50 männl),ca 18 über 1250 ä und 82 liegen darunter. Also bekommen über 80% aller Rentner eine z.T weit unter dem Durchschnitt liegende Rente. Die oft gebrauchten Beispiele und Vergleiche mit der Annahme Fifti/fifti gehen daher an der Wirklichkeit weit vorbei und täuschen ein ziemlich günstiges Verhältnis vor.
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wanda
antwortete am 24.10.03 (18:39):
@wolfgang, vielleicht kennst du nur die "falschen" Rentnerinnen.
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Medea.
antwortete am 24.10.03 (19:53):
Heinzdieter und hugo1:
Was Ihr schreibt, ist die Realität .... und da ich viele alleinstehende Frauen als Rentnerinnen mit einer Durchschnittsrente kenne, ist leicht zu errechnen, was nach Abzug von Miete, Heizung, Tageszeitung, TV-Gebühren, Straßenbahnkarte, Versicherungen noch für den Lebensunterhalt und die Bekleidung bleibt .... Konzert- und Theaterbesuche sind nicht mehr drin, die Kinokarte muß dreimal überlegt werden, mal nach dem Einkauf einen Kaffee-trinken -gehen ebenfalls. Genau so sieht es leider bei den weitaus meisten aus... :-((
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BarbaraH
antwortete am 24.10.03 (20:06):
Wir alle wissen, dass unbedingt Geld in die leeren öffentlichen Kassen kommen muss. 10,00 Euro pro Kopf bringen in der Masse mehr als eine Konzentration der Sparmaßnahmen auf die Bestverdiener. Obwohl die Masse der Rentner dieses "Opfer" kaum spüren wird, braucht der Bürger trotzdem zur Akzeptanz das Gefühl, es ginge bei notwendigen Sparmaßnahmen gerecht zu.
Klaus Bölling (SPD) wies z.B. gestern auf die enormen Ruhegehälter der Ministerialräte hin. Obwohl sie für die meisten von uns eine unvorstellbare Höhe haben, bekommen die Bezieher zu Weihnachten noch eine 13. Zahlung hinzu. Wenn bei derartigen Ungerechtigkeiten weiter nichts unternommen wird, muss man sich nicht wundern, wenn die Volksseele zu kochen beginnt.
In Notzeiten waren die Deutschen immer zu solidarischem Handeln bereit. Ich erinnere mich an die Ölkrise im Winter 1973. Damals wurde ein Fahrverbot an Sonntagen ausgesprochen, um Benzin zu sparen. Als man den damaligen Wirtschaftsminister Friedrichs fragte, wie er denn dieses Verbot durchsetzen wolle und welche Strafen es bei Missachtung gäbe, sagte er in etwa: "Wir brauchen keine Strafen. Die Deutschen sind vernünftig und werden sich an das Verbot halten." An den Sonntagen waren die Straßen nahezu autofrei...
Als zweites Beispiel fällt mir die Hochwasser-Katastrophe im Osten Deutschlands ein. Anfangs war es einfach unvorstellbar, wie den betroffenen Menschen geholfen werden sollte. Als man die ganze Not sah, war jeder zu Spenden bereit. In kürzester Zeit kamen Millionen zusammen. Man sah die Notwendigkeit und Helfen war selbstverständlich.
Dieses Solidaritätsgefühl fehlt z.Zt. noch. Vielleicht müsste man den Menschen noch viel deutlicher vor Augen führen, welche Risiken derart leere Kassen für unser Land bergen....
und dann ein Spendenkonto einrichten, Stichwort "Rettet unsere Sozialsysteme"... :-)
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York65
antwortete am 24.10.03 (21:53):
Von wegen Spendenkonto einrichten.....füt die Sicherung der Drogenmafia und der Ölwege der Amerikaner in Kundus ist doch genug Geld da......Soldaten kosten schließlich auch Geld ..Geld vom Steuerzahler und die Kassen sind doch leer ...die größten Schulden seit dem 2.Weltkrieg werden gemacht...
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Wolfgang
antwortete am 25.10.03 (05:59):
@wanda... Ich kenne persoenlich ueberhaupt keine RentnerInnen... Aber, ist das so wichtig ? Oder mit anderen Worten: Muss man RentnerInnnen kennen, um ueber die Tatsache zu reden, dass es den meisten RentnerInnen sehr gut geht - so gut, wie es nie einer RentnerInnengeneration vorher gegangen ist und vermutlich auch nie einer RentnerInnengeneration nachher gehen wird ?
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Wolfgang
antwortete am 25.10.03 (06:23):
Da hast Du recht, Karl, das waere der endgueltige Zusammenbruch unserer staatlichen Sozialsysteme... Wir haben eh' schon zu viele Alte, die extrem lange Renten beziehen und viel zu wenig Junge, die das bezahlen koennen.
Wen es interessiert:
Healthy Animals with Extreme Longevity (by NUNO ARANTES-OLIVEIRA, JENNIFER R. BERMAN and CYNTHIA KENYON), Science 2003 October 24; 302: 611 - https://www.sciencemag.org/
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dino9
antwortete am 25.10.03 (08:29):
der jugend ging es auch noch nie so gut ! habe neulich eine sendung gesehen wo beschrieben wurde wieviel rabatte presseleute beim kauf von autos kleidung usw. bekommen.diese berufsgruppe fand es ganz normal, ich nicht.solidarität u.mitgefühl sind schon lang im eimer.
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Medea.
antwortete am 25.10.03 (10:29):
Wolfgang - auch wenn Du von den vielen persönlichen Schicksalen nichts hören möchtest oder keine Rentnerinnen und Rentner kennst - ich kenne genügend von ihnen, denen es nicht leicht wird, durchs Leben zu kommen. Drei davon sind bereits siebzig! Jahre alt und arbeiten noch, weil es ihnen widerstrebt, zum Sozialamt zu gehen und sich dort in die Reihe der Bittsteller zu stellen. Sie würden auch lieber in Ruhe und zu Hause ihren Lebensabend verbringen ..... Ich habe mancherlei Einblick in die Haushalte der Reichen wie in die der wirklich kleinen Leute mit ihren sich vom Munde abgesparten kleinen Reihenhäuschen. Deutschlands Karre steckt im Dreck - sie muß für die nachfolgenden Generationen darausgezogen werden, das ist unstrittig - und Solidarität mit dieser Situation wird ja nicht grundsätzlich verweigert. Aber vielleicht sollte es eine untere Grenze geben, ab der "genommen" wird und meinetwegen einen prozentual angemessenen Betrag bei denen, deren Renteneinkommen die 2.500er Grenze übersteigt. ? Denn irgendwoher muß ja die Aussage, Deutschlands Rentnern geht es so gut wie nie zuvor, kommen.
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Mechtild
antwortete am 25.10.03 (14:14):
Es geht doch nicht darum, dass der Einzelne nicht bereit ist zu sparen. Nur sparen allein bringt es nicht. Es werde systematisch die Sozialsysteme kaputt geschlagen mit der Begründung: Privat geht das alles besser. Der Staat (die Allgemeinheit) muss die Absicherung der großen Lebensrisiken übernehmen (Krankheit, Arbeitslosigkeit und Alter), damit man beruhigt leben kann. Es wird uns vorgegaukelt, privat ginge das alles besser. Leider stimmt das nur bedingt. Der Staat (die Menschen, die in dieses Amt gewählt werden) müssen auch ihren Job gut machen. Wenn solche Pannen wie mit der Maut passieren, wird man misstrauisch. Wenn die Rentenkassen leer sind wegen der demografischen Entwicklung, sagt man auch mit Recht da stimmt was nicht, das konnte man vorher errechnen. Die Zahl der Reichen steigt stetig und die der Armen auch. Da ist doch in der Verteilung etwas falsch und es geht nicht darum ob ich 10 EURO weniger verkraften kann oder nicht. Private Vorsorge trifft eh ein großer Teil der Bevölkerung. Mit der Angst der Bürger machen die Versicherungen (Private) zur Zeit gute Geschäfte. Daran verdienen manche Privatleute ganz gut. Jammern tun meist nur die Menschen, die nichts zu jammern haben. Denen es echt dreckig geht, die jammern selten. Deswegen jammert noch ein wenig, dann geht es Euch ganz gut. :-))
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heinzdieter
antwortete am 25.10.03 (16:29):
Die ganze Misere, die aus dem Unvermögen des Handels unsere Politiker stammt, kann man nicht durch Reden und Hau-Ruck-Maßnahmen lösen. Es begann schon 1957, also zu Zeiten unseres großen Bundeskanzelers Adenauer, der die trotz besseren Wissen die Vollrente propagierte. 1976 trat H. Arend zurück, weil H.Schmidt wiederum trotz bessern Wissen am Rentensystem festhielt. H. Kohl trieb alles auf die Spitze als er die Rentengelder an Nichteinzahler ausgab und nicht die Deckung über Steuereinnahmen vornahm. Und was passiert jetzt: nach meiner Auffasseung nichts, garnichts. Keine Analyse und keine Maßnahmen diese System zu ändern, sondern sparen und warten was dann noch kommt.
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Wolfgang
antwortete am 25.10.03 (16:44):
Nun, ja, heinzdieter, es wird schon etwas geandert und natuerlich auch gespart. Allen ist auch klar, dass das nur Massnahmen sind, um den drohenden Kollaps abzuwenden.
Soziale Sicherungssysteme grundlegend zu aendern, oder gar neue Systeme aufzubauen, ist eine Aufgabe von Jahrzehnten. Waehrend dieser Zeit muessen die alten Systeme, so miserabel sie auch sind, weiterlaufen... D. h., man muss sie stuetzen und stabilisieren. Genau das wird gerade gemacht. Und das ist schwer genug.
Das heisst jedoch nicht, dass nicht noch mehr getan werden muss. Aber, Du kannst in diesen Foren lesen, wie sich Menschen aengstlich an Strukturen klammern und alles tun, damit sich moeglichst wenig aendert. ;-)
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mart
antwortete am 25.10.03 (20:04):
Sie klammern sich dann an, wenn ihnen kopflose Politiker heute das morgen jenes draufknallen wollen.
Ein ordentliches Konzept ordentlich vermittelt wird von der Mehrzahl der Leute nicht von vornherein abgelehnt werden.
Aber Vorsicht, gerecht sollten sich die nötigen Einschneidungen schon anhören!!
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