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THEMA:   Bittere Ernte

 4 Antwort(en).

Wolfgang begann die Diskussion am 01.09.01 (19:11) mit folgendem Beitrag:

ALMERIA ist eine Hafenstadt, weit drunten im südlichen Spanien. Diese Stadt hat eine alte islamische Geschichte und Kultur (die man al-Andalus nennt). ALMERIA ist auch das Zentrum einer wirtschaftlich wachsenden und blühenden Region. Die aufgezogene Landwirtschaft bestimmt hier das Leben... Blumen, Gemüse, Obst, vor allem Wassermelonen werden hier grossindustriell erzeugt. Die Region hat zwei Gesichter... Ein schönes Gesicht, das die Touristen sehen wollen. Aber auch ein hässliches Gesicht gibt es. Eines, das täglich die dort in der Landwirtschaft arbeitenden Tagelöhner sehen.

Fuera Moros! Moros raus... So steht es an fast jeder Häuserwand dort unten. - Moros, das sind die nordafrikanischen Tagelöhner... Meist sind sie illegal im Land, schuften für einen Hungerlohn, werden augebeutet und diskriminiert und gejagt. Ab und zu inszeniert man ein Pogrom gegen sie und verletzt sie oder tötet den einen oder anderen von ihnen. - Fuera Moros! Moros raus... Dieser Spruch ist nur scheinheiliges Getue der Spanier; machen doch viele gute Geschäfte mit den Moros. - Im Euroland gilt: Die Würde des Menschen ist antastbar. Vor allem im Arbeitsleben in ALMERIA und anderswo...

taz Magazin vom 1. 9. 01
Bittere Ernte (von Francisco CONDE)
https://www.taz.de/pt/2001/09/01/a0227.nf/text.name,asksZc9pA.n,0

(Internet-Tipp: https://www.taz.de/pt/2001/09/01/a0227.nf/text.name,asksZc9pA.n,0)


e-l-e-n-a antwortete am 02.09.01 (15:45):

Was du da berichtest möchte ich noch ergänzen.

In der letzten Woche sind allein in Tarifa 800 Marokkaner angelandet, die nach Versorgung wieder zurückgeschickt wurden. Spanien will jetzt ein neues Einwanderungsgesetz schaffen, indem es die Zahl der Aufnahme der aus Marokko kommenden Menschen begrenzen will. Bisher wurden jährlich 20.000 Personen aufgenommen.

Das Not ausgenutzt wird ist hinlänglich bekannt und die Marokkaner leben zum Teil wirklich unter unmenschlichen Bedingungen. Bis zu 10 Personen in Schichten auf 12-14 qm, nur ein Blechdach über dem Kopf und eine Pappe auf der geschlafen wird. Das ist die Kehrseite dieses schönen Landes von der ruhig gesprochen werden soll.

Eine weitere Meldung war: dass in den letzten 5 Jahren allein über 7.300 Menschen bei dem Versuch die Meerenge zu überqueren ums Leben gekommen sind. 801 wurden allein in span. Hoheitsgewässern gefunden und das ist nur die bekannte Zahl, sicher gibt es eine hohe Dunkelziffer von der niemand spricht.

Allerdings muss die Frage erlaubt sein: warum fliehen so viele Menschen aus ihrem Heimatland? Glauben sie den Schleusern, die ihnen in Spanien "goldene Berge" versprechen, oder ist es die schiere Not in Marokko,die sie dazu veranlasst?

Von den Betreiber der Obst- und Gemüseplantagen ist zu hören, dass mit span. Arbeitern die Preise nicht gehalten werden können,- ein schlechtes Argument und ein unmenschliches dazu, wie ich meine. Die Einwohner von Edijo kämpfen mit aller Brutalität gegen die völlige Überfremdung mit der sie nicht klarkommen, weil ihnen niemand hilft.

(Internet-Tipp: /seniorentreff/de/hp/kluge/)


Georg Segessenmann antwortete am 04.09.01 (09:04):

"Das ist der Fluch der bösen Tat, dass sie fortwährend Böses tut gebären...."

Vor noch nicht allzulanger Zeit holten sich Spanien, England, Portugal und andere ihren Wohlstand aus den unterjochten Kolonien. Heute ergrimmen sich die Nachkommen der Usurbatoren darüber, dass die Ausgebeuteten sich ein Stücklein des von ihnen erarbeiteten Ertrages zurückholen möchten.

Das menschliche Elend wird erst dann ein Ende haben, wenn sich die Rassen und Sprachen so vermischt haben, dass es nur noche eine einzige gibt - oder keinen einzigen Menschen mehr!

Schorsch


Manfred Franz antwortete am 04.09.01 (20:00):

Obwohl ich etwas vom konkretem Theme abweiche: es ist aber so: Jeder will so billig wie möglich einkaufen, egal ob dafür andere Hungerlöhne erdulden müssen. Jammert aber dann selbst, wenn von ihm höhere Leistungen bei stangnierendem oder gar sinkendem Lohn verlangt werden. Gerade hier in den östlichsten Bundesländern (Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen) ist die Angst vor der kommenden polnischen und tschechischen Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt groß. Noch freuen sich viele an den "billigen" Einkaufsmöglichkeiten- aber wird das so bleiben, wenn die östlichen Nachbarn erst EU-Mitglieder sind, gar den EURO haben? Auch hier nehemen angeblich polnische Erntearbeiter den Deutschen die Arbeit weg. Aber auf den Erntefeldern, wo noch viel Handarbeit zu leisten ist (Erdbeeren, Spargel u.a.) herrscht "Arbeitskräftemangel"! Einfach, weil die Deutschen nicht bereit sind, für die Löhne zu arbeiten, die die Preise, die sie zu zahlen bereit, sind erfordern.


Gerlinde antwortete am 04.09.01 (22:35):

Warum fliehen so viele Menschen aus ihrer Heimat....war deine Frage liebe Ellen.Dazu gab es unlängst auf Ö1 einen interessanten Beitrag. Viele Menschen in den afrikanischen Ländern haben zwar kaum Essen und eine ärmliche Hütte. Aber sie haben Fernseher. Da werden ihnen amerikanische Serien gezeigt. Alle reich und schön. Keiner arbeitet, alle haben was sie brauchen im Überfluss. Bestimmt denken viele, wenn sie nach Europa flüchten, geht es ihnen genauso gut. Es gibt bestimmt noch andere Gründe, das ist aber mit Sicherheit ein wesentlicher.
Liebe Grüße, Gerlinde