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THEMA:   Ein Feind wird gemacht... Fallbeispiel: Der Islam und die Muslime

 22 Antwort(en).

Wolfgang begann die Diskussion am 16.08.03 (16:36) mit folgendem Beitrag:

Aus vielerlei Gruenden sind Feinde praktisch... Feinde sind identitaetsstiftend. Feinde schaffen ein 'Wir'-Gefuehl. Mit der Existenz von Feinden kann begruendet werden, warum auf eigene Freiheiten verzichtet werden muss. Feinde machen Angst. Feinde sind gut fuer Kriegsminister und fuer die hinter ihnen stehenden Kriegsindustrien. Feinde sind gut fuers Geschaeft.

Wer keinen Feind hat, muss ihn sich konstruieren. Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre kam der westlichen Welt der Feind abhanden. Der Kommunismus implodierte und Kommunisten gab es kaum noch welche. Das war ein grosses Unglueck... Ein Feind musste her.

Er war schnell gefunden. Denker in amerikanischen Think Tanks konstruierten einen: Der Islam war ab jetzt der Feind, die Muslime die Feinde.

Ueberall in der westlichen der Welt, auch in Deutschland, wird seit der Zeit am Feindbild 'Islam' gebastelt. Jede(r) kann eine persoenliche Geschichte bei der Konstruktion des Feindes beisteuern. Wie gut, dass es viele Muslime gibt. Sonst haetten wir keine Feinde.


Barbara antwortete am 16.08.03 (19:17):

Leider schreibst Du die Wahrheit, Wolfgang.

Ganze Gesellschaften ließen sich ihre Bürgergesetze kappen. Wie hypnotisiert starrten sie auf die Gesichter der schnell ausgemachten "Gotteskrieger". Wie praktisch, dass sie ihre Autos gleich vor dem Flughafen stehen ließen, komplett mit den Plänen über die Anschläge. Sehr gelegen auch, dass sie aus dem ölreichsten Gebiet der Erde stammten, deren Länder man schon Jahre vorher zur Achse des Bösen erkoren hatte.

Wollen wir hoffen, dass die Menschen so ganz allmählich aus ihrer Hypnose erwachen. Vielleicht hilft der bevorstehende Wahlkampf in den USA dabei. Man soll die Hoffnung ja nie aufgeben...


Karl antwortete am 16.08.03 (20:37):

Bitte keine Verschwörungstheorien, Barbara.
Ich glaube auch keineswegs, dass Diskutanten hier im ST sich bewußt einen Feind konstruieren wollen oder dass sie fremdgesteuert sind. Nein, die Ängste sind real und müssen deshalb diskutiert werden. Es sind die Ängste vor dem Fremden, die sich früher auf das Judentum und nun auf den Islam konzentrieren. Nun haben wir Moslemviertel, keine Judenviertel mehr. Die gleichen Ängste vor dem Verlust der eigenen Identität kochen wieder hoch. Hoffen wir, dass unsere jetzige Gesellschaft eine andere ist als diejenige Deutschlands und Österreichs vor (nur) 70 Jahren. Tragen wir dazu bei!!


hl antwortete am 16.08.03 (21:35):

und..

Gut, dass wir einmal darüber gesprochen haben. Jetzt geht es uns allen doch viel viel besser!

*würg*


hl antwortete am 16.08.03 (21:41):

Durch hoffen und wegsehen hat sich noch nie etwas geändert.

Da legt jemand seinen Finger in offene Wunden und fast jedermann/frau ist bemüht, schnellstens ein Pflaster darauf zu kleben. Heile, heile Segen, es wird schon wieder gut.

Erst wenn die Wunde infiziert ist und droht den ganzen Körper zu infizieren, dann schreit mann/frau nach dem Chirurgen.

Biedermann ist tot, es lebe der Biedermann..


Karl antwortete am 16.08.03 (21:42):

@ hl,

deine Alternative - nicht reden?

Karl


hl antwortete am 16.08.03 (21:51):

Reden?

Über gezüchtete, eingeredete, hochgepuschte Ängste vor den schrecklichen "Muselmännern"?

Ich bitte dich, Karl! Bestenfalls noch im Thema Gesundheit unter Psychosen, Neurosen und sonstigen Seelenschmerzen.


mechtild antwortete am 16.08.03 (21:54):

Das ist das Wissen, was aus der Gruppendynamik kommt. Um die Kraft, die für eine Gruppe entsteht, wenn sie einen gemeinsamen Feind hat positiv zu nutzen, muss man jedoch auch das Wir-Gefühl der Gruppe stärken. Das macht aber keiner. Auch sind die Unterschiede zwischen den Nicht-Moslems zu groß, als dass sie ein Wir-Gefühl entwickeln. Die Moslems entwickeln ein Wir-Gefühl, bei dem Hass der ihnen überall entgegenkommt verständlich. Auch die nicht gläubigen Moslems entwickeln eine Solidarität. Das Feindbild “Islam“, das in der westlichen Welt bastelt, macht die Moslems stark.


Karl antwortete am 16.08.03 (22:03):

Heidi,

Du kannst doch nicht alle gleich zu Kranken erklären, die Ängste haben. Wie stellst Du Dir die Moderation eines Forums vor? Soll ich bei den geringsten Andeutungen, es könnten irrationale Ängste bestehen zum Löschknopf greifen? Soll ich gleich alle "Kranken" aus dem ST rauswerfen?

Sorry, aber was für eine Mentalität steht da denn dahinter? Dazu fällt mir auch ein Ausdruck aus der Medizin ein, aber lassen wir das.

Was hat die Verordnung der Fremdenfreundlichkeit in der DDR gebracht? Es geht nicht um das Totschweigen von Ängsten, sondern um deren Überwindung durch Aufklärung. Verbote führen da nicht weiter. Ich muss mich deshalb nicht als Biedermann beschimpfen lassen, denn ausruhen lasse ich die Brandstifter hier in den Foren nicht und ich biete ihnen auch nicht mein Haus zur Übernahme an.

Die Beschimpfung als Biedermann (mit Bezug auf die uns beiden gut bekannte Quelle, s. Link) empfinde ich als unfair.

Karl

Internet-Tipp: https://www.zum.de/Faecher/D/Saar/real/Biederma.htm


Barbara antwortete am 16.08.03 (22:33):

Als Denkanstoß zum Thema "Kampf der Kulturen" habe ich auf der Seite der Studiengesellschaft für Friedensforschung e.V, München folgenden Abschnitt aus einem Beitrag gelesen, den ich hier einfügen möchte:

>>Die zweite Strömung, die in der öffentlichen Debatte den Ton angibt, ist gewissermaßen die Stammtisch-Variante der gerade erläuterten. (Anm.: erste = Huntington: "Kampf der Kulturen") Ihr prominentester Vertreter ist der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi, der nach den Terror-Anschlägen im September 2001 erklärte:

"Wir müssen uns der Überlegenheit unserer Kultur bewusst sein - die aus Prinzipien und Werten besteht, die zu einem beträchtlichen Wohlstand für die Gesellschaft geführt haben. Bei uns gibt es Respekt für die Menschenrechte, die religiösen und politischen Rechte, den es sicher nicht in islamischen Ländern gibt. Bei uns gibt es Verständnis für die Verschiedenheit und Toleranz. Die Fähigkeit der Integration, der Toleranz, der Solidarität macht unsere Kultur zu etwas, worauf wir stolz sein können. Der Westen wird weiterhin Völker erobern, so wie es ihm gelungen ist, die kommunistische Welt und einen Teil der islamischen Welt zu erobern, aber ein anderer Teil davon ist um rund 1400 Jahre zurückgeblieben. Die Freiheit des Einzelnen ist sicher nicht Allgemeingut der islamischen Welt. Diese Zivilisationen sind zu Taten fähig, die mich erschaudern lassen. Man muss nur sehen, wie die Frauen behandelt werden. Daher kann man die beiden Zivilisationen nicht auf dieselbe Stufe stellen."

Man darf die Gefährlichkeit solcher Äußerungen nicht unterschätzen. Es trennt sie nur noch ein kleiner Schritt vom Generalverdacht gegen alles islamische: Jeder Muslim ist minderwertig und ein potentieller Terrorist, auch der türkische Gemüsehändler um die Ecke. Globaleinschätzungen "des Islam" als fundamentalistische Bedrohung sind gefährlich, weil sie den Zielen der Islamisten (=islamischen Fundamentalisten) entgegenkommen. Sie akzeptieren nämlich mehr oder weniger stillschweigend die Behauptung der islamistischen Ideologen, nach welcher sie und ihre Anhänger "den Islam schlechthin" vertreten, und sie nehmen auch insofern die Ideologie der Islamisten an, als sie unterstellen, zwischen diesem Islam und dem Westen bestünde eine Art Erbfeindschaft und eine Unvereinbarkeit, die beide unvermeidlich zu Todfeinden abstempeln. Solches trifft jedoch nicht zu. Die Islamisten sind nur eine kleine Gruppe innerhalb des Islam.<<

https://www.studiengesellschaft-friedensforschung.de/texte/da_47.pdf

Internet-Tipp: https://www.studiengesellschaft-friedensforschung.de/texte/da_47.pdf


hl antwortete am 16.08.03 (22:45):

Karl,

wo bitte, spreche ich von löschen oder rauswerfen?

Du hast mich nach "reden" oder "nicht reden" gefragt und ich habe geantwortet. Die geschilderten irrationalen Ängste (tatsächlich vorhandene ) sind ein Thema im Rahmen Gesundheit.

Die herbeigeredeten Ängste sind Mittel zum Zweck und haben eine braune Farbe.

Falls der dir eingefallene Ausdruck aus der Medizin "Euthanasie" heisst, so weisst du wohl selbst am besten, dass es lächerlich ist, ausgerechnet mir so etwas zu unterstellen.

Überwindung von Ängsten durch Aufklärung? Aber gerne doch.
Geht aber nicht, wenn Aufklärer als Eiferer und aufklärende Beiträge als polarisierend abgetan werden. Das sind Mittel der Biedermänner/frauen.

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Rassistische oder rechtsradikale Beiträge kann man nicht schönmoderieren. Da zeigt man deutlich mit dem Finger darauf und grenzt sich genauso deutlich davon ab. Und wenn der entsprechende Beitrag so verdeckt ist, dass man den braunen Hintergrund nicht sofort sieht, sollte man sich erst gründlich informieren ehe man über polarisieren, eifern oder schlimmeres redet.


Karl antwortete am 16.08.03 (23:02):

Liebe Heidi,

der mir eingefallene medizinische Ausdruck war "paranoid". Ich finde deinen letzten Absatz auch etwas ärgerlich. Wo bitte schön moderiere ich etwas schön?

Ich erinnere mich, dass hier in den Foren mir von Wolfgang schon einmal ein ähnlicher Biedermann-Vorwurf gemacht wurde. für mich gibt es rechtsradikale Ansichten, die ich kompromißlos bekämpfe. Aber Menschen, die solche Ansichten vertreten, haben auch ein Recht darauf, vom Gegenteil überzeugt zu werden, sie haben zumindest ein Recht darauf, dass mit ihnen geredet wird! Häufig sind sie nämlich Ausgegrenzte, die ihre Sicherheit darin suchen, nun eine noch rangniedere Underdog-Gruppe zu finden. Ein Mensch ist mehr als seine Meinung. Wenn man mit ihm redet, merkt man das.

Mit freundlichen Grüßen

Karl


juttam antwortete am 17.08.03 (06:33):

Ausgegrenzte, Underdogs, Rang-Niedrigere zu suchen... stimmt genau karl.
diese Art von "Rechtsradikal" faellt in die Gehirnlose
Spalte "Skinheads" - "Neo Nazis" - what ever!
Die Links-Radikalen sind ebenso gefaehrlich,
denn die sind ueberzeugt dass nur sie alleine wissen
was fuer alle das Beste ist!

Gottseidank ist die Welt aber voller "Mittel-Rechter"
und "Mittel-Linker", die noch klar - und vor allem selber - denken koennen und nicht jedem Mist aufsaugen
der mit dem naechsten Hochwasser zum Fluss
runter kommt!

Waere das nicht so.....nicht auszudenken wenn die
Welt voller Wolfgangs waere - egal auf welcher Seite!


Wolfgang antwortete am 17.08.03 (07:34):

Die Begruendungen fuer die angebliche oder tatsaechliche Angst sind nicht real (und Diskussionen darueber sind, das sehe ich auch so, bestenfalls im Forum 'Gesundheit' richtig plaziert)... Fremde, Feinde und die Angst vor ihnen werden konstruiert. Die Juden sind unsere Feinde (das gilt nicht mehr, galt aber mal bei uns als schick). Die Muslime sind unsere Feinde (das wird zunehmend schicker). Eine bittere Erkenntnis: Biedermann lebt.

"[...] Nur beim Abschied, als du gewisse Hoffnungen ausdrueckst, dass die Menschen einander naeher kommen und einander helfen, bitten sie [die Brandstifter] dich nochmals um Streichhoelzer. Ohne Zigaretten. Du sagst dir mit Recht, dass ein Brandstifter, ein wirklicher, besser ausgeruestet waere, und gibst auch das, ein Heftlein mit gelben Streichhoelzern, und am andern Morgen, siehe da, bist du verkohlt und kannst dich nicht einmal ueber deine Geschichte wundern."

Quelle... MAX FRISCH: Biedermann und die Brandstifter, Burleske


Medea. antwortete am 17.08.03 (07:57):

@ Karl

Hier läuft vorwiegend sachlich eine Diskussion zu einem sehr schwierigen, emotionsgeladenen und auch mit Ängsten besetzten Thema, in das die unterschiedlichsten Ansichten Eingang finden. Es wird ja nicht nur im ST darüber diskutiert, mit Sicherheit auch in anderen Foren und ebenso in der breiten Öffentlichkeit. Gewissermaßen brennt es unter den Nägeln, weil auch viele Menschen verunsichert sind. Du gibst uns die Möglichkeit, Stellungen zu nehmen und ich finde es mehr als ungezogen, daß Du nun solchen Diffamierungen ausgesetzt wirst.
Mir fällt auf, daß sich nur noch ein sehr kleiner Kreis von Diskutanten bereit findet, hierzu etwas zu sagen - und es liegt auf der Hand, daß sie sich den vielen "Schlagetod"-Argumenten nicht mehr aussetzen möchten, die unweigerlich auf sie herniederprasseln, sobald sie eine andere Sichtweise auch nur in Erwägung ziehen.
Dir bleibt als webmaster wirklich auch nur wenig erspart :-(,
daß Du dennoch nicht aufgibst, bemerke ich voller Respekt.


Karl antwortete am 17.08.03 (09:07):

@ Wolfgang und Heidi,


eure Kritik an mir löst bei mir z.B. folgende Fragen aus:

1. Wie, wenn man nicht den röntgenstarken Durchblick wie ihr habt, erkennt man - bestenfalls bevor das erste Wort geschrieben - wurde, wer hier Brandstifter ist?

2. Ist die Einteilung der Welt in drei Schubladen, Biedermann und Brandstifter (und Psychiatrieeinweiser) wirklich so simpel? Gibt es nicht auch ernsthaft Fragende und Suchende?

3. Erinnert Eure Methode Andersdenkende als Kranke einzusortieren nicht sehr an Methoden in der stalinistischen Sowjetunion?

Hier in den Foren hat braunes Gedankengut keinen Platz. Ebensowenig mag ich die unbarmherzige "Political Correctness", die nur Schwarz-Weiß malen kann und keinen Platz hat für menschliche Ängste und Angst hat mit diesen umzugehen.

Fremdenfreundlichkeit kann nicht verordnet werden, sie muss durch Information und Aufklärung erarbeitet werden.


Barbara antwortete am 17.08.03 (11:03):

Karl,

aber auch folgenden Fragen müssen wir uns stellen:

Wie sähe der Seniorentreff ohne den kompromisslosen Einsatz von Wolfgang aus?

Ist nicht gerade er es, der uns schon so oft die Augen... auch gegen unseren Willen... geöffnet hat?

Tendieren wir nicht in der Tat sehr viel lieber zum Biedermann, weil es sich mit ihm so viel leichter lebt?

Hinterher sagen wir dann wieder, "Das habe ich ja alles gar nicht gewusst", und reißen erstaunt die Augen auf.


Karl antwortete am 17.08.03 (11:57):

Hallo Barbara,


es liegt mir fern die Verdienste Wolfgangs schmälern zu wollen. Er hat vieles richtig gesehen. Ich erinnere mich z.B. an die Diskussion vor 1,5 Jahren darüber, ob der Irak-Krieg beschlossene Sache sei oder nicht. Wolfgang lag richtig und er wurde dafür sehr hart angegangen.

Aber Wolfgang kann bekanntlich selbst hart austeilen und deshalb muss er auch einstecken können. Ich z.B. wehre mich, wenn ich in meinen Augen zu Unrecht kritisiert werde. Insbesondere weil er keinerlei praktikablen Weg aufzeigen kann, wie man als Webmaster anders handeln könnte.

Mit freundlichen Grüßen

Karl


schorsch antwortete am 17.08.03 (17:02):

Ein Sprichwort, vor hunderten von Jahren vielleicht erfunden und heute noch gültig: "Und willst du nicht mein Bruder sein, dann schlag ich dir den Schädel ein!"


Barbara antwortete am 17.08.03 (17:44):

Nein, schorsch, denn dann gäbe es ja irgendwann keine Feinde mehr. Diese sind jedoch enorm wichtig, um die Menschen widerstandslos führen und manipulieren zu können.


Medea. antwortete am 17.08.03 (23:55):

Sollte ich da in ein Loch gestolpert sein, ohne es zu sehen?
Nun denn, wer fällt, kann auch wieder aufstehen - ich bin nicht für's Liegenbleiben ......


schorsch antwortete am 18.08.03 (09:17):

Richtig Barbara: Ohne Feindbild keine Armeen, ohne Armeen keine Führer......


Barbara antwortete am 18.08.03 (09:38):

Ohne Feinde keine Gewinne aus der Rüstungsindustrie....