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THEMA: Gegen das Vergessen... Neue Website zu den Nuernberger Kriegsverbrecherprozessen
27 Antwort(en).
Wolfgang
begann die Diskussion am 02.08.03 (11:37) mit folgendem Beitrag:
Vor fast 60 Jahren am 20.11.1945 begann in Nürnberg eine Serie von Prozessen - die sogenannten Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse vor einem internationalen Gericht und vor nationalen (amerikanischen) Gerichten. Verbrecher aus HITLER's Bande wurden angeklagt und (die meisten von ihnen) verurteilt wegen Verschwörung und Verbrechen gegen den Frieden (z. B. Führen eines Angriffskrieges), Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Die Universität Harvard stellt dieser Tage erstmals Dokumente und Fotos von diesen Prozessen ins Internet (s. Link):
Harvard Law School Library Nuremberg Trials Project https://nuremberg.law.harvard.edu/
Internet-Tipp: https://nuremberg.law.harvard.edu/
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Alfred Wolkenull
antwortete am 02.08.03 (13:45):
Hi,
und einige weitere "diesbezügliche" Daten-Zugänge gegen das Vergessen:
https://www.shoa.de und https://www.juden.de
Einige der vielen - meist nicht in Tageszeitung (!) veröffentlichen Informationen:
Zeitzeuge des deutschen Judentums ... und er ist einer der wenigen, die noch von den letzten Jahren der Blüte des deutschen Judentums berichten können.... https://www.juden.de/newsarchiv/ vom Mo 14. Jul 03
Oder
Rückgabe von NS-Raubkunst auch nach Ende des Rechtsweges ... Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter insbesondere aus jüdischem Besitz» gehören acht Fachleute an: Der Kunsthistoriker Thomas Gaethgens,... https://www.juden.de/newsarchiv/ am 14.Juli03
Gibt noch so viel "deutsche - nicht erledigte..." Angelegenheiten: ...nicht vergessen...! - Mo 14. Jul 14:28
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Jan Harder
antwortete am 02.08.03 (17:43):
Hallo,
ja, die Seite ist äusserst bekannt und die Arbeit gegen das vergessen entsheidend. Weitere Informationen rund um das Thema Völkerstrafrecht und die jüngsten entwicklungen der Internationalen Strafgerichtsbarkeit sind übrigens zu finden unter https://www.coeicl.de/. Auch für Veranstaltungen, Vorträge kann man das Komitee für ein effektives Völkerstrafrecht e.V. in Konstanz kontaktieren. Wir suchen eure Unterstützung, um unsere Arbeit auf diesem wichtigen Gebiet fortsetzen zu können.
Mit freundlichen Grüssen.
Jan C. Harder
Internet-Tipp: https://www.coeicl.de/
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Angelika
antwortete am 02.08.03 (20:14):
In dem Zusammenhang möchte ich auf eine TV Dokumantarsendung morgen Sonntag im ORB bzw RBB Brandenburg hinweisen:
22.20 Uhr | ORB Der Tag, an dem die Bücher brannten ... Wie auf dem Opernplatz in Berlin, so brannte am 10. Mai 1933 auch in anderen deutschen Univeritätsstädten "undeutsches Schrifttum". Ein zeitgeschichtliches Bild der Bücherverbrennung.
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Philanthrop
antwortete am 05.08.03 (18:37):
Bei aller berechtigten Verurteilung nationalsozialistischen Unrechts darf nicht vergessen werden, daß hier die Sieger über die Besiegten aufgrund nachträglich konstruierter Gesetze wegen Verbrechen zu Gericht saßen, die sie teilweise auch selbst begangen hatten. Die Nürnberger Prozesse hatten mit rechtsstaatlichen Grundsätzen wirklich nichts gemein, weshalb auch in der juristischen Fachwelt dieses Militärtribunal lediglich als "Rachejustiz der Sieger" katalogisiert ist - ohne jegliche Verknüpfung zum Völkerrecht.
Folgerichtig hat das Justizministerium der BRD in seiner offiziellen Stellungnahme vom 2.1.1961 ausdrücklich klargestellt, daß "das Urteil des Internationalen Militärgerichtshofs in Nürnberg vom 1.10.1946 nach dem Recht der Bundesrepublik keine Rechtswirkungen begründet und lediglich von deklaratorische Bedeutung ist." Schon 1955 hatte die BRD die Anerkennung der allierten Richtersprüche verweigert (ßß 6 f. Überleitungsvertrag vom 30.3.1955).
Meine ganz persönliche Meinung: Es gibt keine Kriegsverbrechen. DER KRIEG IST DAS VERBRECHEN!
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Mart
antwortete am 05.08.03 (19:34):
an Philantrop:
" Es gibt keine Kriegsverbrechen, der Krieg ist das Verbrechen."
Meinst Du damit auch, daß es keine Kriegsverbrecher gibt?
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Philanthrop
antwortete am 06.08.03 (14:54):
An Mart: Es ist doch allgemein bekannt, und die kriegerischen Auseinandersetzungen haben es bis in die heutigen Tage immer wieder aufgezeigt : Im Krieg verstummt das Recht, und insoweit sind in Kriegszeiten rechtlose Handlungen die logische Konsequenz. Dabei erscheint es mir eine traurige Tatsache zu sein, daß nur die Verliererseite wegen "Kriegsverbrechen" unter Anklage gestellt wird. Mit anderen Worten: Pech, wenn man als Zweiter durch´s Ziel geht.
Deshalb: DER KRIEG IST DAS VERBRECHEN! Weil er schreckliche Verbrechen (mit grausamen Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung) zuläßt und die Handlungstäter danach - sofern sie der Siegerpartei angehören - noch als Kriegshelden feiert. Das ist megapervers!
Wenn jetzt Einwände kommen sollten, daß manchmal Kriege unausweislich wären, so kann ich mich als Pazifist auf eine solche Diskussion allerdings nicht einlassen. Selbstverständlich war das Hitlerregime ein faschistisches Verbrecherregime, aber es gab zu dieser Zeit einige Nationen, denen Hitler für ihre Zwecke gar nicht so ungelegen kam. Auch diese Aussage kann man mittlerweile geschichtlich belegen - es ist hierzulande nur unerwünscht, diese Tatsachen offenzulegen.
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Mart
antwortete am 07.08.03 (07:18):
Mit allem einverstanden, Philanthrop, aber trotzdem möchte ich folgendes zu bedenken geben:
Im Krieg, an denen die meisten Soldaten nicht freiwillig teilnehmen, kann sich der einzelne unterschiedlich verhalten: er muß nicht vergewaltigen, foltern und Kinder ermorden! Also etwas tun, was auch durch das Kriegsrecht nicht legitimiert wird. Warum sollen solche Verbrechen nicht angeklagt werden?
Daß die Sieger über die Besiegten zu Gericht sitzen und nicht a u c h umgekehrt, ist leider richtig. Aber gerade bei den Nürnberger Prozeßen wurden, soviel ich weiß, die Verhandlungen relativ objektiv geführt?
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schorsch
antwortete am 07.08.03 (09:30):
@ Mart: "...er muß nicht vergewaltigen, foltern und Kinder ermorden! Also etwas tun, was auch durch das Kriegsrecht nicht legitimiert wird..."
Ich denke, da irrst du dich. Wir kennen es aus Jugoslawien: Wer nicht mitmachte, der wurde selber gekillt! Warum? Weil die Urheber der Vergewaltigungen und Ausrottungsaktionen keine unschuldigen Mitwisser haben wollen, die später keinen Dreck am Stecken haben und damit als Zeitzeugen gegen die Vergewaltiger und Ausrotter aussagen können!
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Wolfgang
antwortete am 07.08.03 (10:54):
Ja, Mart, die sogenannten Nuernberger Kriegsverbrecherprozesse waren rechtsstaatliche Prozesse, die den Angeklagten eine Chance zur Verteidigung gaben (es wurden auch nicht alle Angeklagten verurteilt und nicht jeder Verurteilte wurde hingerichtet).
Das war keine Sieger- oder gar Rachejustiz... In eine rechtliche Form gegossen hat man damals die ziemlich alten Bestrebungen, Verschwörung und Verbrechen gegen den Frieden (z. B. Führen eines Angriffskrieges), Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu ahnden.
Vielleicht kann Jan etwas zum Einfluss der Nuernberger Kriegsverbrecherprozesse auf die aktuelle internationale Strafgerichtsbarkeit sagen.
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Barbara
antwortete am 07.08.03 (11:00):
Gestern habe ich auf ndr 3 "Der Führer ging - die Nazis blieben / Nachkriegskarrieren in Norddeutschland" gesehen. Derartige Dokumentationen müssten häufiger gesendet werden, damit wachgehalten wird, wie moralisch verwerflich der Start der BRD gehandhabt wurde.
Namhafte Regierungsmitglieder des NAZI-Deutschlands setzten sich nach dem Selbstmord Hitlers nach Schleswig-Holstein ab. Da die Briten keine Leute hatten, die die Verwaltung aufbauen konnten, übergab man die Macht wieder an die Verantwortlichen für viele der vergangenen Greueltaten.
Eine Ärztin, die in der NAZI-Zeit grauenhafte Forschungen mit der Einpflanzung von Glasscherben in Frauenbeine geführt hatte... viele der Frauen starben qualvoll daran... wurde mit dem Aufbau der Gesundheitsbehörde betraut Richter, die Tausende in den Tod geschickt hatten, bauten das neue Rechtssystem auf Ärzte, die für die Vergasung Behinderter gesorgt hatten, erstellten Gutachten über Opfer... oftmals ihre eigenen Opfer...
Erst die 68er sorgten dafür, dass wenigstens einige der Täter angeklagt wurden... die wenigsten wurden verurteilt. Die meisten genossen ihr Leben in gehobenen Positionen oder mit dicken Pensionen und wurden von inzwischen regierenden Mittätern geschützt...
Man muss etwas gegen das Vergessen tun, um daraus zu lernen und wachsam zu bleiben.
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Philanthrop
antwortete am 07.08.03 (21:44):
Also, lieber Wolfgang, es nützt nichts, wenn du darauf beharrst, daß die N.P. "rechtsstaatliche Prozesse" gewesen sind, da es juristisch nun mal unbestritten ist, daß die N.P. mit rechtststaatlichen Grundsätzen nichts gemein hatten. Hier, als Ergänzung zu meinen bereits geposteten Nachweisen, ein paar weitere Beispiele gefällig : Artikel 1 des Status des Internationalen Militärgerichtshofs (ITM) bestimmte Richter, die gleichzeitig Partei waren. Nach Art.3 konnten die Richter nicht wegen Befangenheit abgelehnt werden. Nach Art.8 galt eine Befehlshandlung nicht als Strafausschließungsgrund. Art.19 gab dem Gericht freie Handhabe in der Beweisführung unter Mißachtung allgemeingültiger Prozeßregeln. Nach Art.21 konnte das Gericht Tatsachen beweislos für wahr unterstellen... usw. usw. Und der amerikanische Richter Ch.Wennerstrum setzt noch eins drauf, indem er am 26.2.1948 der Tageszeitung "Die Welt" offenbarte : "Die Anklagevertretung hat es nicht fertiggebracht, Objektivität zu wahren und von Rachsucht und persönlichem Ehrgeiz frei zu bleiben. Wenn ich vor sieben Monaten gewußt hätte, was ich heute weiß, wäre ich niemals herübergekommen." Beispielhaft möchte ich auch zitieren, wie sich der Bischof von Berlin und Brandenburg, Dr.Otto Dibelius, ein strikter Anti-Nationalsozialist, 1946 in der Schweizer Zeitschrift "DER BUND" äußerte : "Als Christen weigern wir uns rundweg, die Nürnberger Urteile als gerecht anzuerkennen. Diese Urteile sind nichts anderes als eine Vergeltungsmaßnahme, die ein besiegtes Volk gegen seinen Willen über sich ergehen lassen muß, und das Völkerrecht wird in ihnen durch den brutalen Egoismus der modernen Staaten mit Füßen getreten. Ein neues barbarisches Zeitalter hat begonnen."
Weise, prophetische Worte eines bedeutenden Kirchenmannes, der schon 1933 von den Nazis aller seiner Ämter enthoben wurde.
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Wolfgang
antwortete am 08.08.03 (02:39):
Einen 'strikten Anti-Nationalsozialistenn' nennst Du einen Deiner Kronzeugen gegen die Nuernberger Krigesverbrecherprozesse... Dabei ist OTTO DIBELIUS eine ziemlich ueble Gestalt gewesen - waehrend des '3. Reiches' und vor allem im Nachkriegsdeutschland... Ein Wendehals, der anlaesslich der Uebergabe der Macht an ADOLF HITLER lobende Worte fuer diesen und fuer seine nationalsozialistische Bewegung fand:
"Jetzt sind Macht und Masse wieder bei denen, die die Kirche bejahen und zu denen sich die treuen Besucher der Kirche in ihrer erdrueckenden Mehrheit politisch bejahen ... Es werden unter uns nur wenige sein, die sich dieser Wendung nicht von ganzem Herzen freuen." (OTTO DIBELIUS, Generalsuperintendent der Kurmark, in einem vertraulichen Rundbrief an 'seine' Pfarrer am 08.03.1933; zit. nach Kl. Schoenhoven, "Deutsche Christen und Bekennende Kirche", in: Neue Gesellschaft/ Frankfurter Hefte, 12/1998, S. 1089)
"für die letzten Motive, aus denen die voelkische Bewegung hervorgegangen ist, werden wir alle nicht nur Verstaendnis, sondern volle Sympathie haben. Ich habe mich trotz des boesen Klanges, den das Wort vielfach angenommen hat, immer als Antisemiten gewusst. Man kann nicht verkennen, dass bei allen zersetzenden Erscheinungen der modernen Zivilisation das Judentum eine fuehrende Rolle spielt." (OTTO DIBELIUS als Reaktion auf den Boykott juedischer Geschäfte am 01.04.1933; zit. nach W. Gerlach, "Als die Zeugen schwiegen", in: J. Wollenberg, "Niemand war dabei und keiner hat’s gewusst", Muenchen 1989, S. 95)
Du argumentierst aus der rechten Ecke heraus, Philantrop... Dein Kronzeuge OTTO DIBELIUS stinkt gegen den Wind nach dem rechten Gestank.
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Philanthrop
antwortete am 08.08.03 (23:04):
Also, lieber Wolfgang, es ist schon interessant, wieder mal feststellen zu müssen, wie schnell du bei der Hand bist, dir unbekannte Mitmenschen in irgendwelche politische Ecken zu stellen. Ich habe das bei deinen Beiträgen schon öfter beobachtet, daß du äußerst rasch diffamierst, wenn dir bestimmte Aussagen nicht in den Kram passen. Es wäre bestimmt viel interessanter gewesen, du hättest mir erklärt, weshalb nach deiner Meinung die N.P. rechtsstaatlich korrekt gewesen sind. Ich habe genug Beweise angeführt, daß sie es nicht waren.
Im übrigen ist dein "Schubladendenken" mit links und rechts doch längst überholt. Ich habe keine Schwierigkeiten, sog. linke, aber auch rechte Positionen zu vertreten, wenn sie für mich ehrlich und überzeugend sind. Während der Irak-Krise haben wir beide den gleichen Standpunkt eingenommen; da hast du mich nicht als "Linken" diffamiert. Es ist ohnehin paradox, mich als überzeugten Pazifisten in die rechte Ecke stellen zu wollen - eigentlich ein "starkes Stück"!
Und was dein Pamphlet-Posting gegenüber eine der führenden Persönlichkeiten der Bekennenden Kirche in der Nazizeit betrifft, kann ich nur den Kopf schütteln. Ich zitiere nachstehend aus der Brockhaus-Enzyklopädie 1988 : "...Dibelius vertrat die Eigenständigkeit der Kirche dem nat.-soz. und dem kommunistischen Herrschaftsanspruch gegenüber. Wegen seiner kritischen Stellungnahme zum Problem der Obrigkeit in totalitären Staaten heftig angegriffen, wurde ihm 1960 die Ausübung seiner bischöflichen Aufgaben im Ostteil seiner Diözese verwehrt..." Wie 1933 bei den Nazis wurde er nun von den Kommunisten aus seinen Kirchenämtern gejagt. Dibelius war kein "Rechter" und kein "Linker", sondern Demokrat und damit Gegner jeglicher politischen Diktatur. Diesen Anspruch erhebe ich auch für meine Person.
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Wolfgang
antwortete am 09.08.03 (11:04):
@Philantrop... Ich kenne die offizösen schöngeschriebenen (Selbst-)Darstellungen vieler angeblicher Antifaschisten aus dem Nachkriegsdeutschland. Nach diesen Darstellungen wimmelte es nur so von WiderstandskämpferInnen. Tatsache ist: Es gab nur wenige WiderstandskämpferInnen. OTTO DIBELIUS stiess erst in den 50er Jahren zu ihnen. *fg*
Lies selbst aus seinen Schriften Anfang der 30er Jahre (die zwei Zitate sind O-Ton DIBELIUS)... DIBELIUS - der ein Antisemit war - hat die nationalsozialitische HITLER-Bande freudig begruesst und aktiv unterstützt. Wenn Du so einen als Zeugen für Deine Botschaft benennst, bist Du ganz tief drin in der rechten Schmuddelecke.
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Mart
antwortete am 09.08.03 (14:58):
Ich möchte auf folgenden Satz von Philanthrop bezug nehmen:
<<Und der amerikanische Richter Ch.Wennerstrum setzt noch eins drauf, indem er am 26.2.1948 der Tageszeitung "Die Welt" offenbarte : "Die Anklagevertretung hat es nicht fertiggebracht, Objektivität zu wahren und von Rachsucht und persönlichem Ehrgeiz frei zu bleiben. Wenn ich vor sieben Monaten gewußt hätte, was ich heute weiß, wäre ich niemals herübergekommen."<<
Ich kann zu den Prozessen nichts sagen, da ich mich damit nicht beschäftigt habe.
Aber ich möchte anmerken, daß im anglikanischen Rechtssystem die Rolle des Staatsanwaltes (= Anklagevertretung) eine völlig andere ist als bei uns. Dort ist der STaatsanwalt n i c h t wie in den europäischen Systemen zur O b j e k t i v i t ä t v e r p f l i c h t e t. Bei uns m u ß ein Staatsanwalt sagen, daß er im Laufe eines Prozesses zur Erkenntnis gekommen ist, der Angeklagter ist unschuldig.
Im anglikanischen Rechtssystem wird man das nie hören! (Es gibt ja genug Bücher und Filme über Gerichtsverhandlungen). Er ist verpflichtet, die Anklage auf jeden Fall durchzubringen.
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Philanthrop
antwortete am 09.08.03 (16:32):
Lieber Wolfgang, leider hast du erneut keine Argumente geliefert, wonach die N.P. "rechtsstaatlich" gewesen sein sollen. Ich bleibe also dabei und behaupte aufgrund der bekannten Tatsachen nach wie vor, daß die N.P. allen Rechtsgrundsätzen widersprachen und es sich dabei um (Rache-)Prozesse der Sieger gegen die Besiegten handelte. Aus guten Gründen haben die Siegermächte ein unparteiisches Tribunal abgelehnt, weil dann auch die eigenen Verbrechen Gegenstand des Verfahrens gewesen wären. Insoweit ist in diesem Zusammenhang auch die ganz persönliche Meinung des Kirchenmannes Otto Dibelius völlig unwichtig. Da ich kein Apologet des "Dritten Reichs" bin, kannst du mir auch nicht O.D. als "Kronzeugen" aufoktroyieren.
Trotzdem zur Ehrenrettung des Otto Dibelius : Wenn O.D. bei der Machtübernahme Hitlers noch lobende Worte fand, so muß man wissen, daß Deutschland sich seit 1929 in einer großen wirtschaftliche Depression mit über 7 Mio Arbeitslosen befand und der Wunsch nach einer starken autoritären Staatsführung in fast allen Bevölkerungskreisen evident war. Jedenfalls hat O.D. - Im Gegensatz zu vielen anderen Persönlichkeiten - sich dann doch recht bald von diesem despotisch-verbrecherischen Staatsregime abgewandt, was ihn immerhin seine Kirchenämter kostete. Und was die antisemitische Einstellung von O.D. betraf : die war zu dieser Zeit und lange davor (leider) politisch korrekt, inbesondere in den Kirchengemeinden (Martin Luthers Kampfschrift von 1543 : "Von den Juden und ihren Lügen"). Auch gab es in Deutschland seit etwa 1880 politische Parteien, die sich ausdrücklich als "antisemitisch" bezeichneten und dies auch stolz im Parteinamen dokumentieren durften. für uns aufgeklärte Menschen von heute völlig unbegreiflich.
Ich mache jetzt zwei Wochen Urlaub und beende für meine Person mit diesem Posting den Disput in diesem Thread. Ganz sicher werde ich mich irgendwann mal wieder in einem anderen Thread zu einem anderen Thema (dann vielleicht ein "wolfgangfreundliches" mit linker Positionierung) hier melden. Bis dahin dir, Wolfgang, und allen übrigen Personen des ST eine gute Zeit.
Nachtrag an Mart : Es ist richtig, was du hinsichtlich der Rolle des Staatsanwalts im US-Rechtssystem anführst. Das bedeutet allerdings nicht, daß die Anklage unsachlich, rachsüchtig, mit Siegermentalität eben, geführt werden darf. Nur das wurde von dem Zeitzeugen - und vielen anderen - beanstandet.
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Mart
antwortete am 09.08.03 (21:35):
Gehört nicht gerade zum Thema, aber da Otto Dibelius als Zeuge genannt wurde, habe ich versucht über den Mann etwas herauszufinden und bin auf folgende für mich total neue und erschütternde Tatsachen getroffen:
"Welche Verantwortung tragen die evangelische Lehre und die evangelische Kirche für den Völkermord an den Juden? DER THEOLOGE Nr. 4 veröffentlicht bisher wenig bekannte Dokumente und Hintergrundinformationen und vergleicht sie mit einigen Fakten der Gegenwart."
https://www.theologe.de/theologe4.htm
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Karl
antwortete am 09.08.03 (22:39):
Hallo Mart,
dieser Link ist so informativ, dass ich ihn hier auch noch anklickbar mache (s. Linktipp).
Ich wurde evangelisch pietistisch erzogen. Ich bin dieser Gehirnwäsche unterzogen worden, habe mich aber davon befreien können. Die pietistischen Kreise waren später übrigens diejenigen, die ihre Mitschuld am Holocaust durch die bedingungslose, reflexhafte Unterstützung des Staates Israel löschen wollten. Aber die Denkmuster blieben die alten. Heute werden dieselben diffusen Ängste wie damals gegen die Juden gegen die Palästinenser formuliert "ich mag die Palästinenser nicht, sie sind auch eine Gefahr für uns (im Rahmen der geplanten Islamisierung Europas)".
Es ist wichtig, dass die Geschichte möglichst unverfälscht wiedergegeben wird. Die "Geschichtsschreibung" darf nicht nur den Kirchen selbst überlassen bleiben.
Mit freundlichen Grüßen
Karl
Internet-Tipp: https://www.theologe.de/theologe4.htm
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pilli
antwortete am 09.08.03 (23:38):
@ Mart
ich bin dem von dir vorgestellten link soeben aus zeitlichen gründen nur oberflächlich gefolgt und doch haben sich nur beim anlesen des textes entsetzen und fassungslosigkeit eingestellt.
"gegen das vergessen kämpfen" wird m.e. immer mehr zur pflicht und da ist es hilfreich, so viel information wie nur möglich anzubieten."
aus den antworten in den vergangenen tagen von denen, die immer noch nicht eingang zu multikulturellem denken fanden, sehe ich, es ist doch noch einiges, das offensichtlich gerne "vergessen" wird.
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Wolfgang
antwortete am 10.08.03 (09:51):
Manche Vertreter der evangelischen Kirche (OTTO DIBELIUS wurde schon genannt) waren in der Tat nicht gut zu sprechen auf die 'Nuernberger Prozesse'. Der Grund: Viele (vor allem fuehrende) evangelische Pfarrer hatten antisemitischen und faschistischen Dreck am Stecken. Und in Nuernberg wurde auch ehemaligen evangelischen Pfarrern der Prozess gemacht... Pfarrer, die schon in den 20er Jahren mit den Nationalsozialisten sympatisierten und mit ihnen zusammen mobil machten gegen die 'Weimarer Republik' und gegen die Juden.
Ein besonders uebler Vertreter dieser Pfarrer war ERNST SZYMANOWSKI (der sich spaeter ERNST BIBERSTEIN nannte). Der trat 1926 der NSDAP bei (als er schon Pfarrer war) und machte schnell Karriere in der evangelischen nordelbischen Kirche - erst als Probst von Neumünster und dann als Probst von Segeberg.
Woanders machte SZYMANOWSKI alias BIBERSTEIN auch Karriere: Im Sicherheitsdienst (SD) der SS. "[...] Im gleichen Jahr [1941] wurde er Leiter der Gestapostelle Oppeln und war dort u.a. für Judendeportationen verantwortlich. 1942 wurde er zum Chef des Einsatzkommandos 6 in Rostow, Ukraine, ernannt. Bis 1943 befehligte er dort die Ermordung von mindestens 2.000 bis 3.000 Menschen, hauptsächlich Juden." (Quelle... 'Kirche, Christen, Juden in Nordelbien 1933-1945', https://www.kirche-christen-juden.org/ ).
für diese Morde wurde er in Nuernberg von einem US-Militaergerichtshof zum Tode verurteilt (Fall 9: Einsatzgruppen, Urteil vom 10. April 1948). Das Urteil wurde spaeter in lebenslaenglich umgewandelt. 1955 bat er die schleswig-holsteinische Landeskirche, sich für seine Freilassung einzusetzen. Seine Taten leugnete er. Propst RICHARD STEFFEN (Neumuenster) setzte sich fuer ihn ein und sprach dem US-Militaergericht die Legitimation ab zu richten. Dank des Engagements von Propst RICHARD STEFFEN wurde SZYMANOWSKI alias BIBERSTEIN 1957 entlassen und voruebergehend in der Neumuensteraner Kirchenverwaltung beschaeftigt.
Webtipp...
WIKIPEDIA Die freie Enzyklopaedie Stichwort: Nürnberger Prozesse https://de.wikipedia.org/wiki/Nürnberger_Prozesse
Internet-Tipp: https://de.wikipedia.org/wiki/Nürnberger_Prozesse
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schorsch
antwortete am 10.08.03 (16:31):
@Wolfgang
Da muss ich mich fragen: Warum musste denn SZYMANOWSKI seinen Namen in BIBERSTEIN umändern, wenn er sich doch für unschuldig hielt?
Sich schuldig zu verhalten ist ein Kapitel. Ein anderes ist, wenn - wie es der Vatikan tat - der Klerus die Augen schliesst, wenn es um die Verfolgung von missliebigen "Konkurrenten" (wie z.B. den Juden) geht.....
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Mart
antwortete am 10.08.03 (17:07):
Wenn ich das Zusammenspiel der evangelischen Kirchen mit den Nazis nachlese, von denen ich bis gestern nichts gewußt habe, dann sind dagegen die Katholiken einschließlich Papst die reinsten Waisenkinder.
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Felix
antwortete am 11.08.03 (02:12):
Die beiden christlichen Kirchen haben sich gegenseitig rein gar nichts vorzumachen. Ihr Verhalten war im Grossen und Ganzen einfach kläglich und schändlich .... da gibt es keine Ausrede! Erstaunlich, wie man danach alles beschönigt hat. Konsequenzen wurden eigentlich keine gezogen!
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Mart
antwortete am 11.08.03 (08:01):
Den Unterschied, den ich sehe, ist, daß die kath. Kirche schon vor einiger Zeit begonnen hat, ihre Involvierung zu untersuchen und aufzuarbeiten.
Die von kath. Seite gegebene Unterstützung der Nazis und des Hitlerregimes erscheint mir im Vergleich zu der Förderung, die die evangelische Seite in Deutschland Hitler angedeihen ließ, um einiges geringer.
Vielleicht ist mir an der Aufarbeitung der evangel. Kirchen etwas entgangen, aber ich habe noch nie davon etwas gehört.
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Wolfgang
antwortete am 11.08.03 (14:29):
Ich meine auch: Die evangelische Kirche war staerker eingebunden ins Unterdrueckungs- und Vernichtungssystem der HITLER-Bande, als es die katholische Kirche war (die sich auch hat viel zuschulden kommen lassen).
Beide Organisationen bemuehen sich seit einigen Jahren, ihre Verstrickungen aufzudecken. Spaet, aber nicht zu spaet..
Ein Beispiel, Mart, ist die von mir bereits erwaehnte von der evangelischen Nordelbischen Kirche betriebene Wanderausstellung 'Kirche, Christen, Juden in Nordelbien 1933-1945'. Die begleitende Website kann sich wirklich sehen lassen und ist ein Quell fuer bisher versteckte oder verschuett' gegangene Informationen:
Kirche, Christen, Juden in Nordelbien 1933-1945 https://www.kirche-christen-juden.org/
Internet-Tipp: https://www.kirche-christen-juden.org/
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Barbara
antwortete am 11.08.03 (15:39):
Manchmal kann es weh tun, den Links zu folgen.
Ich bin ganz erschüttert, was ich über einen kirchlichen Gutmenschen meiner Kindheit, Bischof Wilhelm Kieckbusch (1891-1987), lesen muss:
>>Kritische Biographie des Eutiner Landespropsten (Bischof) Wilhelm Kieckbusch, aus seinem Nachlaß erarbeitet. Die Studie besteht aus 2 Teilen: im ersten wird der berufliche Werdegang geschildert und die ausgewählten Predigten kritisch analysiert, im zweiten Transkriptionen handschriftlicher Predigtmanuskripte abgedruckt. Kieckbusch begrüßte den Nationalsozialismus uneingeschränkt, distanzierte sich aber von den ’Deutschen Christen’ und stand eher der ’Bekennenden Kirche’ nahe, ohne ihr jedoch anzugehören. Sein theologisches Denken wurde zeittypisch beherrscht von den Begriffen ’Volksgemeinschaft’ und Vaterlandsliebe. Das Verhältnis zu den Juden war von traditionellem christlichen Antijudaismus geprägt, rassistischer Antisemitismus war ihm fremd. für das Schicksal der wenigen Juden in Eutin im Nationalsozialismus scheint er kein Interesse aufgebracht zu haben.<<
Er ist mir als Übervater... als kirchliches Vorbild... meiner Kindheit in Erinnerung. Nun lese ich: für die Juden in seinem Umfeld scheint er kein Interesse aufgebracht zu haben.
Das tut weh....
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Barbara
antwortete am 11.08.03 (15:50):
und ich lese weiter:
>>Die Eutiner Landeskirche blieb von dem innerkirchlichen Streit weitgehend unberührt. Der 1930 von der "Evangelisch-lutherischen Kirche des Landesteiles Lübeck im Freistaat Oldenburg" zum Landespropst gewählte Wilhelm Kieckbusch sympathisierte bereits vor 1933 mit dem Nationalsozialismus. Sein eher gemäßigter Kurs sicherte ihm seine Position über das Kriegsende hinaus, ohne daß nach dem Weltkrieg an ihm Kritik geübt wurde. Berühmt wurde er nach 1945, weil er führende Vertreter der Nationalkirche einstellte, die keine andere Landeskirche mehr beschäftigen wollte. Kieckbusch amtierte bis 1976.<<
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